Leitsatz (amtlich)
Ist in der Erstattungszusage die auszuführende Ware nach dem Abschöpfungstarif bezeichnet worden, so ist die Frage, ob eine später ausgeführte Ware unter die Zusage fällt, auf Grund der bei der Einfuhr von Waren geltenden Bestimmungen des Abschöpfungstarifs zu entscheiden.
Normenkette
EWGVtr Art. 177 Abs. 1; EWGV 19/62 Art. 1, 19-20; EWGV 55/62 Art. 5, 16; EWGV 92/62; ErstVO 1963 § 1 Abs. 1, §§ 4-5, 6 Abs. 1; Abschöpfungstarif Vorbem. 1; DZT ATV 3 b
Tatbestand
Die Einfuhr- und Vorratsstelle (EVSt) erteilte am 14. März 1963 der Klägerin auf deren Antrag eine Genehmigung zur Ausfuhr von 7 070 kg „perlförmig geschliffener” Gerstengraupen nach Drittländern, in der als Erstattung die abschöpfungsfreie Einfuhr von 250 Teilen Gerste für 100 Teile geschälter und perlförmig geschliffener Getreidekölner von Gerste zugesagt wurde. Auf Grund dieser Genehmigung führte die Klägerin im März 1963 7 070 kg Gerstengraupen aus. Die Bundesforschungsanstalt für Getreideverarbeitung in Berlin (nachstehend Bundesforschungsanstalt) untersuchte die bei der Ausfuhr gezogene Graupenprobe und erteilte darüber verschiedene Atteste. Im letzten Attest vom 15. Mai 1963 sah sie die untersuchte Probe zu etwa 55 % aus geschälter, perlförmig geschliffener Gerste und zu etwa 45 % aus geschälter, geschliffener Gerste bestehend an. Die EVSt gewährte nur die Erstattung für den Anteil an perlförmig geschliffener Gerstenkörnern und lehnte die Erstattung für die anteilige Menge „Gerste, geschält, geschliffen” ab, weil sie unter eine andere Tarifstelle falle.
Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Nach Ansicht der Klägerin trifft die Annahme des FG, die Säcke hätten eine Mischung von geschälter, perlförmig geschliffener und geschälter, geschliffener Gerste enthalten, nicht zu. Eine Mischung liege nur vor, wenn zwei verschiedene Erzeugnisse künstlich zusammengemischt werden. Gerste könne man nicht so schälen und schleifen, daß eine bestimmte Sorte Graupen anfalle. Vielmehr bestehe das beim Schälen und Schleifen der Gerste anfallende Erzeugnis aus Körnern der verschiedendsten Siebgrößen. Nur durch ein Aussieben unter Verwendung verschiedener Siebe konnte man kleinere, mittlere und große Graupen gewinnen. Nach Ansicht der Bundesforschungsanstalt sei das ausgeführte Getreideerzeugnis offenbar nicht so weit ausgesiebt gewesen, daß alle darin befindlichen Körner als geschält, perlförmig geschliffen zu bezeichnen gewesen wären. Das FG hätte hierzu einen Sachverständigen hören müssen. Dies hätte ergeben, daß es sich um ein natürliches einheitliches Erzeugnis und nicht um eine Mischung gehandelt habe. Die Allgemeine Tarifierungs-Vorschrift (ATV) 3 b komme deshalb nicht in Betracht. Entsprechend angewendet würde aber auch danach das ausgeführte Gut nach dem überwiegenden und damit charakterbestimmenden Teil als perlförmig geschliffene Gerste anzusehen sein, wenn man mit der Bundesforschungsanstalt einen Anteil bis zu 45 % geschälter, geschliffener Gerste annehmen würde. Wäre die Ansicht des FG richtig, so wäre für die eingeführte „Mischung” als geschälte, geschliffene Gerste eine Abschöpfung von 370 DM/t zu erheben gewesen und nicht von 560 DM/t für geschälte, perlförmig geschliffene Gerste. Auch die Annahme das FG, die ausgeführten Getreideerzeugnisse seien eine andere als in der Zusage genannte Ware gewesen, beruhe auf der mangelnden Aufklärung darüber, wie diese Erzeugnisse entstanden sind. Diese würden nämlich in einem Arbeitsgang in der Schälmüllerei anfallen. Der Unterschied zwischen geschälter, geschliffener und geschälter, perlförmig geschliffener Gerste trete erst durch ein Absieben in Erscheinung. Dadurch werde die Ware aber keine andere, sondern es würden Graupen anfallen, die sich nur in ihrer Größe und damit in ihrem Handelswert unterscheiden. Nach der Verkehrsauffassung, die das FG auch nicht festgestellt habe, werde nicht zwischen beiden Arten unterschieden. Vielmehr würden die Graupen nach den verschiedenen Typen und Siebgrößen klassifiziert, aber als ein und dasselbe Erzeugnis angesehen, das sich nur in der Qualität und Größe in seinem Verkaufswert unterscheide. Die Unterscheidung im Abschöpfungstarif innerhalb der Tarifnr. 11.02 beruhe darauf, daß die Abschöpfungen verschieden hoch seien, je nachdem, ob die eine oder die andere Qualität eingeführt werde. Im Erstattungsrecht seien die Tarifnummern des Gemeinsamen Zolltarifs (ZT) maßgebend, die in den Bekanntmachungen und ErstVOen und in den Verordnungen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG-VOen) angeführt sind. Unter der in ihnen angeführten Tarifnr, 11.02–A des Gemeinsamen ZT würden sowohl Getreidekörner geschält, geschliffen wie auch perlförmig geschliffen fallen. Nach dem Gemeinsamen ZT sei also perlförmig geschliffene Gerste und geschälte, geschliffene Gerste ein einheitliches Gut, dessen Zusammensetzung sich nur in der Qualität und damit in ihrem Wert voneinander unterscheide.
Die EVSt beantragt, die Revision kostenpflichtig zurückzuweisen.
Nach Ansicht der EVSt kann die Klägerin aus der Existenz mehrerer Untersuchungsatteste über die ausgeführte Ware mit scheinbar unterschiedlichem Inhalt nichts für sich herleiten. Aus ihnen ergebe sich kein Wider Spruch. Die Graupen-Muster seien wegen ihres Schälungsgrades, der Form und der rauhen Oberfläche zunächst als Gerste, geschält beurteilt worden. Dies gehe aus den betreffenden Attesten hervor.
Der Begriff „perlförmig geschliffen” sei ein Rechtsbegriff des Erstattungsrechts. Perlförmig geschliffene Gerste sei erstattungsrechtlich eine andere Ware als geschälte, geschliffene Gerste, weil für beide Arten andere Erstattungen gewährt werden. Entgegen der Meinung der Klägerin gebe es auch eine handelsübliche Anschauung darüber, was perlförmig geschliffene Gerste sei, welche Mindestanforderungen sie erfüllen müßte. Gerade wenn die gesetzlichen Bestimmungen inhaltlich lückenhaft seien, müsse ergänzend auf die Handelsüblichkeit der Ware abgestellt werden, die zugleich die Auffassung der Fachwelt widerspiegele. Die Gerste lasse sich nicht immer so gleichmäßig bearbeiten, daß die in Frage kommenden Kornschichten an allen Seiten in gleichem Maße entfernt werden, da Größe und Härte der Ausgangsgerste verschieden sein können. Infolgedessen werde das Erzeugnis sorgfältig nach der Körnung sortiert. Diese Auffassung liege auch hinsichtlich den Attesten zugrunde, so daß die Sachbearbeiterin der Bundesforschungsanstalt nicht noch als sachverständige Zeugin habe vernommen werden müssen. Dagegen würden die Ausbeute/Umrechnungsschlüssel das in Rede stehende Getreideerzeugnis und die von Gesetzes wegen gestellten Anforderungen an den Bearbeitungsgrad nicht bestimmen. Die Ausbeute gebe dem Hersteller über die durchschnittliche Qualität einer Ware für den Fall Auskunft, daß er das Rohmaterial kenne. Dagegen sei der Erstattungssatz je 100 kg eine marktpolitische Größe, die mit der Ausbeute nicht notwendig in einem unmittelbaren Zusammenhang stehe.
Nach dem Erstattungsrecht könne für die Tarifierung nicht auf den überwiegenden Teil eines Gemisches abgestellt werden. Entscheidend könne nur die Handelsüblichkeit sein. Ein Erzeugnis, das zu 55 % aus perlförmig geschliffener Gerste und zu 45 % aus geschälter, geschliffener Gerste bestehe, könne nicht in seiner Gesamtheit als perlförmig geschliffene Gerste angesehen werden. Erstattungsrechtlich sei eine solche Ware eine andere Ware als geschälte, geschliffene Gerste oder ein Gemisch aus beidem, so daß die Klägerin nicht die Ware ausgeführt habe, die in der ihr erteilten Zusage genannt sei. Erstattungsrechtlich sei auch nicht der ZT für die Frage maßgebend, wann es sich um die nämliche Warenart handele bzw. wann eine andere Ware vorliege, für die keine Erstattungszusage gegeben wäre. Die EWG-Erstattungsbestimmungen würden exakt hinsichtlich der Warenarten differenzieren, was im deutschen Abschöpfungstarif wiederkehre. Da es für geschälte, geschliffene Gerste einerseits und perlförmig geschliffene Gerste andererseits höchst unterschiedliche Abschöpfungs- und Erstattungssätze gebe, habe der EWG-Verordnungsgeber diese unterschiedlichen Erzeugnisse abschöpfungs- und erstattungsrechtlich durchaus als selbständige Waren gesehen und behandelt, so daß schon aus diesem Grunde hinsichtlich der Abschöpfungen Vergleiche mit Zollerhebungen nach dem Zollwert verfehlt seien.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Die für den Streitfall geltende ErstVO Getreide und Reis vom 8. März 1963 (BGBl I, 149, BZBl 1963, 178) ist auf Grund des § 8 des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung Nr. 19 (Getreide) des EWG-Rates vom 26. Juli 1962 (BGBl I 1962, 455, BZBl 1962, 643) ergangen. Danach ist der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ermächtigt, die Voraussetzungen, die Höhe und das Verfahren bei Erstattungen nach Art. 19 Abs. 2 und Art. 20 Abs. 2 der VO (EWG) Nr. 19 zu bestimmen. Nach Art. 19 Abs. 2 und Art. 20 Abs. 2 der unterdessen außer Kraft getretenen VO (EWG) Nr. 19 vom 4. April 1962 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften – ABlEG – Nr. 30/62 S. 933, BZBl 1962, 618) sind die Mitgliedstaaten berechtigt, unter gewissen Voraussetzungen bei der Ausfuhr der in Art. 1 Buchst. d – Anlage – genannten Getreideerzeugnisse, wozu auch Getreidekörner der Nr. 11.02 des Gemeinsamen ZT gehören, Erstattungen zu gewähren. Diese sollen wie die Abschöpfungen den Erzeugern der Mitgliedstaaten bestimmte Preise sichern, wobei die Abschöpfungen niedrigere Einfuhrpreise auf das Inlandspreisniveau hinaufschleusen und die Erstattungen die Ausfuhr zu den niedrigeren Weltmarktpreisen ermöglichen sollen. Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, von der Möglichkeit, Erstattungen zu gewähren, Gebrauch zu machen. Tun sie dies aber, so richten sich die Berechnungsweise und die Höchstsätze der zu gewährenden Erstattungsbeträge gemäß Art. 14 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 19 nach den gemeinschaftsrechtlichen Durchführungsbestimmungen der VO (EWG) Nr. 55 vom 30. Juni 1962, Art. 14 ff. (ABlEG S. 1583/62) sowie der VO (EWG) Nr. 92/62 vom 25. Juli 1962 (ABlEG S. 1906/62). Den Mitgliedstaaten ist es aber überlassen, ob, für welche Waren und wie sie die Gewährung der Erstattungen, insbesondere die Voraussetzungen des erforderlichen Antrags, regeln. Die ErstVO enthält demgemäß u. a. in § 1 Abs. 1 eine Aufzählung der erstattungsfähigen Erzeugnisse, in § 4 Bestimmungen über die Form der Erstattungen und in § 6 Bestimmungen über die Voraussetzungen, unter welchen eine Erstattung beantragt werden kann, während hinsichtlich der Höhe der Erstattung grundsätzlich auf die Höchstsätze der betreffenden EWG-VOen in § 5 verwiesen wird.
Da sich somit der Bereich der EWG-VOen klar von dem der ErstVO abhebt und sich keine Frage der Gültigkeit oder Auslegung einer Bestimmung einer EWG-VO ergibt, bedarf es keiner Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EGH) nach Art. 177 Abs. 1 und 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV). Soweit aber die EWG-VOen den Mitgliedstaaten die Regelung der Voraussetzungen und des Verfahrens der Erstattungsgewährung überlassen, hat nur das nationale Gericht die Übereinstimmung der betreffenden nationalen Bestimmungen mit den EWG-VOen zu prüfen (s. Entscheidung des EGH Rs. 6/64 vom 15. Juli 1964, Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften X S. 1251; Entscheidung des Bundesfinanzhofs – BFH – VII 198/63 vom 10. Juli 1968, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 93 S. 102). Im vorliegenden Fall ist streitig, ob und inwieweit für eine ausgeführte Ware mit einer bestimmten Zusammensetzung Erstattung gewährt werden kann. Der jeweilige Erstattungssatz ist in den VOen (EWG) Nrn. 55/62 und 92/62 geregelt (§ 5 Abs. 2 ErstVO). Nach Art. 16 der VO (EWG) Nr. 55/62 darf die Erstattung für verarbeitete Erzeugnisse im Handel mit dritten Ländern den Betrag der Erstattung nicht überschreiten, der zur gleichen Zeit bei der Ausfuhr derjenigen Menge des Grunderzeugnisses, hier der Gerste, gewährt werden kann, die der Berechnung des beweglichen Teilbetrags zugrunde gelegt wurde. Der auf 100 kg anzuwendende bewegliche Teilbetrag entspricht bei perlförmig geschliffener Gerste dem Abschöpfungsbetrag, der auf 250 kg Gerste anzuwenden ist, bei anderer geschälter und geschliffener Gerste dem Abschöpfungsbetrag, der auf 167 kg Gerste anzuwenden ist (Art. 5 Abs. 1 Buchst. d und e der VO – EWG – Nr. 55/62). Gegenüber dritten Ländern kann der Erstattungsbetrag in Form einer Genehmigung gewährt werden, auf Grund deren die nach Art. 16 der VO (EWG) Nr. 55/62 festgesetzte Menge des Grunderzeugnisses ohne Erhebung des Abschöpfungsbetrages eingeführt werden kann. Demnach unterscheiden sich geschälte, perlförmig geschliffene Gerstenkörner und lediglich geschälte und geschliffene Gerstenkörner zwar hinsichtlich der in den EWG-VOen geregelten Erstattungssätze. Diese VOen und auch die grundlegende VO (EWG) Nr. 19/62 enthalten jedoch keine Bestimmungen darüber, wie diese beiden Warenarten voneinander abzugrenzen sind. Sie beschränken sich darauf, die abschöpfungspflichtigen bzw. erstattungsfähigen Erzeugnisse (Art. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 Buchst. d der VO – EWG – Nr. 19/62) sowie die Art der Berechnung und die Höchstsätze der Erstattungen festzulegen (VOen – EWG – Nrn. 55/62 und 92/62). Die Regelung der Erstattungsfähigkeit und der Gewährung der Erstattung für die in diesen Rahmen fallenden Warenarten ist den Mitgliedstaaten überlassen geblieben; darunter fällt auch mangels besonderer Abgrenzungen durch den Gemeinsamen ZT und durch andere EWG-Bestimmungen die Differenzierung und die Abgrenzung der einzelnen in Betracht kommenden Warenarten. In § 6 Abs. 1 ErstVO 1963 ist diese Regelung in der Weise vorgenommen, daß Erstattung nur beantragen kann, wer vor der Ausfuhr eine schriftliche Erstattungszusage erhalten hat und durch eine Ausfuhrbescheinigung nachweist, daß die Waren innerhalb der in der Erstattungszusage bestimmten Frist ausgeführt worden sind.
Der Senat hat in dem Urteil VII R 74/67 vom heutigen Tage (BFH 98, 105) entschieden, daß die Vorschaltung einer Erstattungszusage nicht über den den Mitgliedstaaten überlassenen Regelungsbereich hinausgeht. Soweit Bestimmungen über die Erstattungsfähigkeit der ausgeführten Waren in den EWG-VOen und in der ErstVO fehlen, ist der Inhalt der Erstattungszusage maßgebend, wie er nach seinem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang zu verstehen ist, ggf. ist auch der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen.
Im Streitfall war die auszuführende Ware in der die Erstattungszusage enthaltenden Ausfuhrgenehmigung von der EVSt als „Getreidekörner, geschält und perlförmig geschliffen, von Gerste” sowie durch die Nr. 11.02–A–III–2–c–3–b des Gebrauchs-Abschöpfungstarifs näher bezeichnet worden. Was unter geschälten und perlförmig geschliffenen Gerstenkörnern zu verstehen ist und wie sie sich von geschälten und lediglich geschliffenen Gerstenkörnern unterscheiden, ist weder in der ErstVO noch in der ihr zugrunde liegenden VO (EWG) Nr. 55/62 bestimmt worden. Beide Bearbeitungsgrade von geschälten Gerstenkörnern gehören zu den in § 1 Abs. 1 ErstVO in Verbindung mit Art. 1 Buchst. d – Anlage – der VO (EWG) Nr. 19/62 aufgeführten erstattungsfähigen Getreideerzeugnissen aus Nr. 11.02 des Gemeinsamen ZT. Sie erscheinen jedoch in den Endstellen „2–b” und „3–b” der Nr. 11.02–A–III–c des deutschen Abschöpfungstarifs, der auf Grund von § 9 Abs. 2 des Abschöpfungserhebungsgesetzes (AbG) in Verbindung mit der Abschöpfungstarif-VO vom 13. August 1962 (BGBl II 1962, 1033, BZBl 1962, 782) ergangen ist. Nach der in diesem Tarif befindlichen Vorbemerkung Nr. 1 finden die im Deutschen Zolltarif (DZT) geltenden Tarifierungsvorschriften für die Tarifierung abschöpfungspflichtiger Waren Anwendung, soweit im Abschöpfungstarif nicht etwas anderes bestimmt ist. Bei Gemischen von geschälten, geschliffenen und geschälten, perlförmig geschliffenen Gerstenkörnern ist demnach in sinngemäßer Anwendung der ATV 3 b der charakterbestimmende Bestandteil maßgebend.
Im Streitfall kann dahinstehen, ob der Bearbeitungsgrad bzw. – im tariflichen Sinne – das Gemisch ausgeführter Waren unmittelbar nach den in Art. 5 Abs. 1 Buchst. d und e der VO (EWG) Nr. 55/62 für die Erstattungssätze getroffenen Unterscheidungen oder nach der ATV 3 b, die im übrigen inhaltlich mit der entsprechenden ATV des Gemeinsamen ZT 1963 übereinstimmt, zu beurteilen ist. Denn da die EVSt die auszuführende Ware in der erteilten Erstattungszusage entsprechend Art. 6 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 102/62 durch die Nr. 6 des Gebrauchs-Abschöpfungstarifs näher bezeichnet bat, müssen für die Frage, ob die ausgeführte Ware unter die Erstattungszusage fällt, auch die für den Tarif geltenden ATV maßgebend sein. Denn Sinn und Zweck der Erstattungszusage ist es auch, dem Ausführer eine sichere Kalkulationsgrundlage für seine Preise zu geben, da die Inlandspreise über dem Weltmarktpreisniveau liegen und auf dieses mittels der Erstattungen herabgeschleust werden sollen.
Hinzu kommt auch folgendes. Die Klägerin, die im Streitfall auch die Einfuhr durchführen wollte und daher mit den Abschöpfungsbestimmungen vertraut ist, mußte im Falle der Einfuhr der von ihr ausgeführten Gerstengraupen damit rechnen, daß diese in entsprechender Anwendung der ATV 3 b der Tarifstelle 11.02–A–III–2–c–3–b des Abschöpfungstarifs zugewiesen würden. Denn auch hier bestanden damals keine entgegenstehenden besonderen Rechtsvorschriften. Entgegen dem etwa in Betracht kommenden § 6 Abs. 1 der ErstVO vom 28. November 1964 (BZBl 1965, 2) in der Fassung vom 19. März 1965 (BZBl 1965, 279) ist in § 6 Abs. 1 ErstVO 1963 auch nicht gefordert, daß Art, Beschaffenheit und Zusammensetzung der ausgeführten Waren nach den handelsüblichen Gepflogenheiten und nach den Richtlinien der EVSt nachzuweisen sind. Auch die Verwaltungsanweisungen des Bundesministers der Finanzen zur Erläuterung der Nr. 11.02 des Gemeinsamen ZT sind erst am 20. November 1964 (BZBl 1964, 997) ergangen. Daher konnte jedenfalls die Klägerin die Angabe der Tarifstelle des Abschöpfungstarifs in der Erstattungszusage nur dahin verstehen, daß damit auch die für die Tarifierung von Gemischen entsprechend geltende ATV 3 b anzuwenden ist. Denn im Hinblick auf die gleiche Berechnungsweise des beweglichen Teilbetrags für Abschöpfungen und Erstattungen nach Art. 16 der VO (EWG) Nr. 55/62 läßt sich eine unterschiedliche Tarifierung von abschöpfungspflichtigen und von erstattungsfähigen Waren nur auf Grund von besonderen Rechtsvorschriften rechtfertigen. Demnach kann für den Begriff „perlförmig geschliffen” weder auf die aus den Umrechnungssätzen herleitbaren Ausbeutesätze, wie die Klägerin vorträgt, noch auf die Handelsüblichkeit, wie die EVSt vorträgt, abgestellt werden. Die alleinige Anwendung der Tarifvorschriften entsprach offensichtlich auch der damaligen Handhabung durch die EVSt und den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Denn die EVSt hatte in ihrem angegriffenen Bescheid vom 10. September 1963 die Ablehnung der Erstattung unter Berufung auf die Entscheidung dieses Ministers damit begründet, daß die tatsächlich ausgeführte Ware einer anderen Tarifstelle des Gebrauchs-Abschöpfungstarifs als der in der Erstattungszusage angegebenen zuzuordnen sei.
Eine Aufteilung der Ware in geschälte, geschliffene Gerstenkörner, wie sie von der EVSt bei der Erstattungsgewährung vorgenommen wurde, wäre nur dann gerechtfertigt gewesen, wenn die Gerstenkörner erneut ausgesiebt und nach der Siebung gesondert in Säcke gefüllt, also weiter bearbeitet worden wären. Denn auch für die Erstattung kann – wie nach der Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 2 des Zollgesetzes – nur die objektive Beschaffenheit der Ware bzw. deren Zusammensetzung im Zeitpunkt der Ausfuhr maßgebend sein. Für Waren der im Streitfall vorliegenden Art unterscheiden auch der ZT und entsprechend der Abschöpfungstarif nicht, wie die Klägerin vorträgt, danach, ob eine Ware künstlich oder auf Grund der Herstellung eine bestimmte Zusammensetzung erhalten hat. Der Vorinstanz ist vielmehr insoweit zuzustimmen, als sie die ausgeführte Ware tariflich als einheitliche Ware angesehen hat, weil die einzelnen Säcke nicht etwa die eine oder die andere Art von Gerstenkörnern enthielten, sondern weil jeder Sack ein Gemisch der beiden Arten enthielt. Die Vorinstanz hat den Inhalt der Säcke auch zutreffend als Gemisch im Sinne der ATV 3 b angesehen. Denn wenn eine Handelsware, wie im Streitfall der Inhalt der Säcke, in einem bestimmten Verhältnis aus Körnern verschiedener Siebgrößen besteht, die für die tarifliche und erstattungsrechtliche Unterscheidung von Bedeutung sind, so sind solche gemischte Waren mangels einer Tarifnummer mit einer genaueren Warenbezeichnung im Sinne der ATV 3 a entsprechend der ATV 2 Satz 3 nach den Grundsätzen der ATV 3 b zu tarifieren. Maßgebend ist danach der charakterbestimmende Bestandteil, nicht aber, wie die Vorinstanz annimmt, die den beiden Mischungsbestandteilen gemeinsame Bearbeitungsweise des Schälens und Schleifens. Da der Charakter des Gerstengraupengemisches entsprechend der Warenart nur nach dem überwiegenden Bestandteil zu bestimmen ist, wäre das Gemisch insgesamt als perlförmig geschliffene Körner der Nr. 11.02–A–III–2–c–3–b des damals geltenden Abschöpfungstarifs zuzuweisen, wenn die perlförmig geschliffenen Gerstenkörner überwiegen. In diesem Fall hätte die EVSt die Erstattung für die dem Anteil von 45 % an geschälten und geschliffenen Gerstenkörnern entsprechende Teilmenge nicht ablehnen dürfen, weil eine Ware, wie oben ausgeführt wurde, tariflich oder erstattungsrechtlich nur einheitlich behandelt werden kann und die ausgeführte Ware die tariflichen Merkmale der in der Erstattungszusage beschriebenen Ware aufgewiesen hatte. Auch aus der Passung der Erstattungszusage hinsichtlich der Art der Erstattung „abschöpfungsfreie Einfuhr von 250 Teilen Gerste für 100 Teile Getreidekörner, geschält und perlförmig geschliffen, von Gerste” läßt sich nicht etwa herleiten, daß die Zusage nur für die perlförmig geschliffenen Teile der Warenpartie erteilt gewesen sei. Denn bei der Gegenüberstellung von 250 Teilen Gerste, dem Grunderzeugnis, und 100 Teilen perlförmig geschliffenen Gerstenkörnern handelt es sich lediglich um den Umrechnungsschlüssel für den Umfang der abschöpfungsfreien Einfuhr, nicht aber um gesondert zu behandelnde Teile einer einheitlich zu beurteilenden Ware. Dies wäre nur dann möglich, wenn diese Teile vorher durch Siebung voneinander gesondert und dann getrennt als Ware für sich ausgeführt worden wären.
Die Vorinstanz hat hierzu jedoch wegen ihrer anderen Auffassung keine eindeutigen Feststellungen getroffen. Sie hat dahingestellt bleiben lassen, in welcher Zusammensetzung die Gerstengraupen tatsächlich ausgeführt worden waren, weil es sich in jedem Falle um eine andere als die in der Erstattungszusage beschriebene Ware gehandelt habe.
Fundstellen
Haufe-Index 514805 |
BFHE 1970, 113 |