Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Hat ein Gläubiger in Ansehung derselben Forderung zwei Schuldner, und fordert er den Betrag von Schuldner A, geht der von A gezahlte Betrag sodann durch die Hand des Schuldners B an den Gläubiger, so ist der Betrag bei B ein durchlaufender Posten.
Normenkette
UStG § 5 Abs. 3, § 10/1
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) führt in ihrem Schlachtereibetrieb auch Lohnschlachtungen für Landwirte durch, welche die von ihnen aufgezogenen Schlachttiere bei der Bfin. schlachten lassen und das Fleisch dieser Tiere durch die Zentralgenossenschaft für Viehverwertung (ZG) bestmöglich verwerten. Die Tiere gelangen vom Landwirt in das Schlachthaus der Bfin. und werden dort geschlachtet, für den Landwirt kühl gelagert und später an die von der ZG dem Landwirt vermittelten Käufer gesandt. Die gesetzlich vorgeschriebene Schlachttier- und Fleischbeschau wird im Schlachthaus der Bfin. vorgenommen. Für die gemäß der Niedersächsischen Verordnung betreffend die Kosten und Gebühren der Schlachttier- und Fleischbeschau sowie der Trichinenschau bei Schlachtungen im Inland außerhalb der öffentlichen Schlachthäuser vom 5. November 1951 (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1951 S. 189) entstehenden Beschaugebühren haben die Fleischbeschauer jeweils die Gebührenrechnung auf den Namen des Landwirts ausgestellt und sie der Bfin. gegeben. Diese gab die Rechnungen täglich an die ZG weiter. Die ZG zog bei ihrer Abrechnung über die verwerteten Tiere von dem einzelnen Landwirt den Gebührenbetrag auf Grund der Gebührenrechnung durch Verrechnung mit dem Fleischverwertungsbetrag ein und übersandte die einbehaltenen Gebührenbeträge, meist in Zeitabschnitten von einer Woche, an die Bfin. Die Beschauer stellten die Gebührenrechnungen monatlich in einer Liste zusammen, die sie der Bfin. gaben. Diese führte dann auf Grund dieser Liste die (von ihr schon über die ZG vereinnahmten) Gebührenbeträge der Landwirte an die Beschauer, die sie für das Land erheben, ab. - Das Finanzamt hat die so bei der Bfin. eingegangenen und von ihr weitergeleiteten Gebührenbeträge für 1953 142.413 DM mit 5.696,52 DM zur Umsatzsteuer herangezogen und die Eigenschaft als durchlaufende Posten gemäß § 5 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der Einspruchsentscheidung verneint. Ebenso hat das Finanzgericht die Berufung als unbegründet zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen.
Die Vorinstanzen haben die Anerkennung durchlaufender Posten abgelehnt, weil gemäß § 21 Abs. 2 Satz 2 der obengenannten Verordnung vom 5. November 1951 die Bfin. als Schuldnerin der Beschaugebühren anzusprechen sei. Diese Auffassung kann nicht gebilligt werden. Die Vorschrift lautet: "Zur Deckung der Kosten sind von den Besitzern der Schlachttiere und des Fleisches Gebühren zu erheben." Diese Fassung ist unklar. Unklar ist zunächst, ob die Vorschrift, daß von den Besitzern Gebühren zu erheben sind, bedeutet, daß die Besitzer Schuldner der Gebühr sind. Man wird dies wohl annehmen müssen. Es ergibt sich aber die weitere Frage, was unter "Besitzer" der Schlachttiere und des Fleisches im Sinne dieser Vorschrift zu verstehen ist. Ist darunter der unmittelbare oder der mittelbare Besitzer oder sind beide darunter zu verstehen? Die Tatsache, daß die Beschauer die Rechnungen auf den Namen der Landwirte ausgeschrieben haben, spricht dafür, daß die mit der Beschau und der Gebühreneinziehung befaßten Stellen den Eigentümer der Schlachttiere und des Fleisches, also den mittelbaren Besitzer im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), als Gebührenschuldner angesehen haben; denn andernfalls hätten sie die Rechnung auf den Namen der Bfin. ausstellen müssen. Aus dieser tatsächlichen Handhabung muß geschlossen werden, daß unter "Besitzer" im Sinne der Vorschrift und damit als Gebührenschuldner jedenfalls nicht die Bfin. als die unmittelbare Besitzerin allein anzusehen ist. Im Zweifel muß angenommen werden, daß sowohl der unmittelbare als auch der mittelbare Besitzer als Gebührenschuldner in Frage kommen; denn beide sind im Sinne des bürgerlichen Rechts "Besitzer". Dies ist wohl auch der Sinn der Verordnung, zwecks weitestgehender Sicherung der Gebührenforderung sich an jeden "Besitzer" halten zu können. Die Gebühreneinzugstellen (Beschauer) hätten ihre Gebührenrechnung also, statt an die Landwirte, möglicherweise an die Bfin. richten können. Offenbar auf Grund dienstlicher Anweisung haben sie aber die Rechnung und damit die Gebührenforderung an die Landwirte gerichtet, die damit eindeutig als Schuldner der Gebühren festgelegt wurden. Wenn sodann die durch die ZG im Verrechnungswege von den Landwirten eingezogenen Gebührenbeträge, welche die TG an die Bfin. weiterleitete, von der Bfin. an die einziehungsberechtigten Beschauer abgeführt wurden, so geschah diese Zahlung (Verausgabung) der Gebühren von der Bfin. im fremden Namen, nämlich im Namen der Landwirte als Schuldner, von denen die Gebühren durch Rechnung eingefordert worden waren. Aber auch die (auf dem Umweg über die ZG) erfolgte Vereinnahmung der Beträge auf Grund der auf die Namen der Landwirte gestellten Gebührenrechnungen geschah durch die Bfin. im fremden Namen, nämlich im Namen des Staates. Es liegen für die Beschaugebühren also bei der Bfin. alle Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 UStG, Vereinnahmung und Verausgabung im fremden Namen und auch für fremde Rechnung, vor. Daß die Gebührenforderungen durch die einziehungsbefugten Stellen statt an die Landwirte an die Bfin. hätten gerichtet werden können, ändert nichts daran, daß die Bfin. die Gebühren im fremden Namen und für fremde Rechnung (Staat) vereinnahmt und im fremden Namen und für fremde Rechnung (Landwirte) verausgabt hat. Die Gebührenbeträge waren also bei der Bfin. durchlaufende Posten, und demnach gemäß § 5 Abs. 3 UStG nicht Teile des Entgelts.
Die Entscheidungen über den Einspruch und die Berufung waren daher aufzuheben. Die Umsatzsteuer 1953 der Bfin. war um 5.696 DM herabzusetzen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 309 der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 409013 |
BStBl III 1958, 158 |
BFHE 1958, 412 |
BFHE 66, 412 |