Leitsatz (amtlich)
Ein Finanz- und Kreditberater ist nicht freiberuflich i.S. des § 18 Abs.1 Nr.1 EStG, sondern gewerblich i.S. des § 15 Abs.1 Nr.1 EStG tätig.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), der von seiner Ausbildung her Bankkaufmann ist, war im Streitjahr 1975 als "Firmen- und Unternehmensberater" für drei Firmen selbständig tätig. Nach seinen eigenen Angaben erstreckte sich sein Aufgabenbereich auf die Beratung bei Auftrags-, Export- und Investitionsfinanzierungen, des Avalbedarfs, der Beschaffung von Krediten sowie der Verwaltung des Rechnungswesens und Fragen der Führung, des Personalwesens und des Unternehmensbestandes. Der Kläger stellt seine berufliche Qualifikation, die er nach seiner Darstellung im wesentlichen durch Selbststudium erworben hat, der eines beratenden Betriebswirtes gleich, zumal er durch den zuständigen Verband und durch das Bundesaufsichtsamt für Banken die Zulassung als "alleiniges geschäftsführendes Vorstandsmitglied einer Bank" erhalten habe.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) behandelte demgegenüber den Kläger als Gewerbetreibenden. Dies hatte Auswirkung auf die mit der Revision angefochtenen Steuerbescheide (Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Gewerbesteuermeßbescheid).
Die Einsprüche und die Klagen blieben in dem heute noch streitigen Punkt ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) würdigte den Sachverhalt dahin, daß der Kläger vornehmlich als Finanz- und Kreditberater tätig geworden sei. Er habe auf dem Gebiet der Organisation des Rechnungswesens nur in geringfügigen Randfragen beraten.
Mit seiner Revision rügt der Kläger sinngemäß die Verletzung der § 15 Abs.1 Nr.1 und § 18 Abs.1 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Der Kläger beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidungen vom 3. und vom 6.April 1979
1. den Umsatzsteuerbescheid 1975 vom 18.November 1977 dahin zu ändern, daß die Steuer nach einem Umsatzsteuersatz von 5,5 v.H. berechnet wird,
2. den Einkommensteuerbescheid 1975 vom 18.November 1977 dahin zu ändern, daß der Freibetrag für freie Berufe gemäß § 18 Abs.4 EStG gewährt wird,
3. den Gewerbesteuermeßbescheid 1975 vom 18.November 1977 ersatzlos aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Kläger keinen der Berufstätigkeit des beratenden Betriebswirtes ähnlichen Beruf i.S. des § 18 Abs.1 Nr.1 EStG ausgeübt hat.
1. Ein Beruf ist einem sog. Katalogberuf ähnlich, wenn er in wesentlichen Punkten mit ihm verglichen werden kann (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17.November 1981 VIII R 121/80, BFHE 135, 421, BStBl II 1982, 492) oder wenn das typische Bild des Katalogberufs mit allen seinen Merkmalen dem Gesamtbild der zu beurteilenden Tätigkeit vergleichbar ist (BFH-Urteile vom 31.Juli 1980 I R 66/78, BFHE 132, 22, BStBl II 1981, 121; vom 4.August 1983 IV R 6/80, BFHE 139, 84, BStBl II 1983, 677).
2. Das Berufsbild des beratenden Betriebswirtes ist nicht eindeutig, weil es gesetzlich nicht geregelt ist. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist jedoch ein Beruf dem Berufsbild des beratenden Betriebswirtes nur dann ähnlich, wenn er auf einer vergleichbar breiten Vorbildung beruht und die Beratungstätigkeit sich auf einen vergleichbar breiten betrieblichen Bereich erstreckt (vgl. BFH-Urteile vom 12.August 1965 IV 61/61, 100/61, 336/64 U, BFHE 83, 237, BStBl III 1965, 586; vom 16.Januar 1974 I R 106/72, BFHE 111, 316, BStBl II 1974, 293; vom 27.Mai 1975 VIII R 199/73, BFHE 116, 30, BStBl II 1975, 665; vom 25.April 1978 VIII R 149/74, BFHE 125, 369, BStBl II 1978, 565; vom 3.Dezember 1981 IV R 79/80, BFHE 134, 565, BStBl II 1982, 267; vom 11.Juni 1985 VIII R 254/80, BFHE 144, 62, BStBl II 1985, 584). Die notwendige Breite der Betätigung ist allerdings schon dann vorhanden, wenn sich die Beratung wenigstens auf einen betrieblichen Hauptbereich der Betriebswirtschaft bezieht. Zu den Hauptbereichen der Betriebswirtschaftslehre zählen die Führung, die Produktion, die Materialwirtschaft, der Vertrieb und das Verwaltungs- und Rechnungswesen (vgl. Urteil in BFHE 116, 30, BStBl II 1975, 665).
3. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG war der Kläger im wesentlichen auf dem Gebiet der Finanz- und Kreditberatung tätig. Zwar beriet er die Firma R auch auf dem Gebiet der Organisation des Rechnungswesens. Das FG hat jedoch die Überzeugung gewonnen, daß es sich hierbei nur um eine geringfügige Randtätigkeit gehandelt haben kann, die sich aus der Berufsausbildung des Klägers als Bankkaufmann ergab. Zwar wendet der Kläger gegenüber den Feststellungen ein, es handele sich um Mutmaßungen des FG, die durch nichts belegt seien. Diese Rüge greift jedoch nicht durch. Aus den Entscheidungsgründen des FG-Urteils (Seite 12) ergibt sich, daß das FG seine diesbezügliche Beurteilung auf das Schreiben des Klägers an das FA vom 16.Dezember 1978 und auf den Beratungsvertrag mit der Firma R vom 17.September 1975 gestützt hat. In dem Schreiben vom 16.Dezember 1978 ist eine Beratungstätigkeit des Klägers auf dem Gebiet der Organisation des Rechnungswesens nicht erwähnt. In dem Beratungsvertrag vom 17.September 1975 ist für die Beratung auf dem Gebiet der Organisation des Rechnungswesens keine Vergütung vorgesehen. Daraus konnte das FG ohne Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze den Schluß ziehen, daß die Beratungstätigkeit des Klägers auf dem Gebiet der Organisation des Rechnungswesens für dessen praktische Berufstätigkeit keine große Rolle spielte. Dem steht die schriftliche Aussage des Zeugen D nicht entgegen, weil diese keine Angaben über den Umfang und die Bedeutung der vom Kläger auf dem Gebiet der Organisation des Rechnungswesens ausgeübten Beratungstätigkeit enthält. Ist aber die Würdigung des Sachverhaltes durch das FG nach den Denkgesetzen und nach den Erfahrungssätzen möglich, so ist der erkennende Senat als Revisionsgericht an diese Würdigung gebunden (§ 118 Abs.2 FGO).
4. War der Kläger im Streitjahr 1975 in erster Linie als Finanz- und Kreditberater tätig, so sind seine Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren. Der Finanz- und Kreditberater verwendet kaufmännische Kenntnisse (gewerbliche Erfahrungen), die auf eine spezielle Ausbildung im Bankbereich (Bankkaufmann) zurückgehen. Die Kreditfinanzierung gehört als solche nicht zu den Hauptbereichen der Betriebswirtschaftslehre. Eine auf diesem Gebiet auszuübende Beratungstätigkeit setzt eine weitgehende Spezialisierung voraus. Diese vom FG festgestellte Spezialisierung schließt die Annahme einer umfassenden betriebswirtschaftlichen Beratung für den Streitfall aus (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 18 EStG Anm.200, Stichwort "Finanzberater"; Sommer in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 18 Anm.136, Stichwort "Finanzberater"). Bei dieser Sach- und Rechtslage ist es entscheidungsunerheblich, ob das FG die Erklärungen des Klägers gegenüber der Gemeinde M sowie in seiner berichtigten Einkommensteuererklärung in einer rechtlich möglichen Weise gewürdigt hat.
Fundstellen
Haufe-Index 62339 |
BStBl II 1988, 666 |
BFHE 153, 222 |
BFHE 1989, 222 |
BB 1988, 1511-1512 (LT1) |
DB 1988, 1731-1731 (ST) |
HFR 1988, 513 (LT1) |