Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Steuerbefreiung nach § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969
Leitsatz (NV)
Die Steuerbefreiung gemäß § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 setzt voraus, daß das Vermögen eines Unternehmens als Ganzes, ein Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil bis zum Abschluß des Ersterwerbs der Gesellschaftsrechte (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972) zivilrechtlich auf die Kapitalgesellschaft im Sinne des KVStG übertragen wird.
Normenkette
KVStG 1972 § 2 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 5 Abs. 2 Nr. 3; UmwStG 1969 § 29 S. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Klägerin ist eine durch Gesellschaftsvertrag vom 28. Dezember 1972 gegründete GmbH & Co. KG, die das frühere Einzelunternehmen ihres jetzigen Kommanditisten fortführte. Persönlich haftender Gesellschafter wurde eine GmbH. Der Kommanditist versprach im Gesellschaftsvertrag, als Sacheinlage im Nominalwert von . . . DM sein schon am 1. Januar 1968 bestehendes Einzelunternehmen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Das FG hat im Streitfall zutreffend einen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) 1972 steuerbaren Ersterwerb von Gesellschaftsrechten angenommen.
Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972 unterliegt der Ersterwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft der Gesellschaftsteuer. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG 1972 gelten als Kapitalgesellschaften auch Kommanditgesellschaften, zu deren persönlich haftenden Gesellschaftern eine der in § 5 Abs. 1 oder Abs. 2 Nrn. 1 und 2 KVStG 1972 bezeichneten Gesellschaften gehört. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, die nicht mit Revisionsrügen angefochten wurden und deshalb den Senat binden (§ 118 Abs. 2 FGO), entstand durch Gesellschaftsvertrag vom 28. Dezember 1972 die heutige Klägerin als KG. An ihr war eine GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt. Außerdem war ein Kommanditist vorhanden. Die Klägerin führte das bisherige Einzelunternehmen ihres Kommanditisten fort. Damit wurde die Klägerin Kapitalgesellschaft i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG 1972. Ihre Gründung als KG löste bei dem Kommanditisten den ,,Ersterwerb" von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972 aus (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6. März 1986 I R 389/83, BFHE 146, 531, BStBl II 1986, 758, 759, m. w. N.). Der Begriff ,,Erwerb" i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972 umfaßt nicht nur den derivativen, sondern ebenso den originären Erwerb. Er ist im gesellschaftsteuerrechtlichen Sinne zu verstehen und erfaßt auch die erstmalige Entstehung von Gesellschaftsrechten.
2. Das FG hat für den Streitfall zu Recht die Steuerfreiheit des Erwerbs von Gesellschaftsrechten gemäß § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 verneint.
a) Nach § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 sind Rechtsvorgänge i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972 von der Gesellschaftsteuer befreit, wenn und soweit als Gegenleistung für den Ersterwerb von Gesellschaftsrechten das Vermögen eines Unternehmens als Ganzes, ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil auf die Kapitalgesellschaft übertragen wird. Dazu hat der erkennende Senat durch Urteil vom heutigen Tage I R 386/83 entschieden, daß die Tatbestandsvoraussetzungen des § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 nur dann erfüllt sind, wenn als Gegenleistung für den Erwerb der Gesellschaftsrechte das Vermögen eines Unternehmens als Ganzes, ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil auf die Kapitalgesellschaft bis zu deren Gründung übertragen wird. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die dortigen Entscheidungsgründe Bezug genommen. An den genannten Voraussetzungen fehlt es im Streitfall, weil der Kommanditist der Klägerin nach den tatsächlichen Feststellungen des FG nicht das gesamte Vermögen seines Einzelunternehmens auf die Klägerin vor dem Abschluß des Ersterwerbs der Gesellschaftsrechte übertragen hat.
b) Der erkennende Senat hat ferner in seinem Urteil vom heutigen Tage I R 386/83 entschieden, daß von der Übertragung des Vermögens eines Unternehmens bzw. von der Übertragung eines Betriebes i. S. des § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 nicht schon dann gesprochen werden kann, wenn das Vermögen zwar seinem Werte nach, nicht jedoch zivilrechtlich übertragen wird. Aus den dort genannten Gründen genügt es für die Anwendung des § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 nicht, daß der Kommanditist der Klägerin - wovon das FG ausgegangen ist - die Grundstücke, die die wesentliche Grundlage seines Einzelunternehmens bildeten, auf die Klägerin zumindest ihrem Wert nach übertrug.
3. Das FG hat schließlich das von dem Kommanditisten in die Klägerin eingebrachte Vermögen des Einzelunternehmens zutreffend nach dem Stuttgarter Verfahren bewertet (vgl. BFH-Urteil vom 12. März 1980 II R 143/76, BFHE 130, 336, BStBl II 1980, 463). Dazu kann dahinstehen, ob die Überlassung der Grundstücke ihrem Werte nach - wie es das FG meint - in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden muß oder nicht. Das in § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO enthaltene Verböserungsverbot macht Ausführungen zu dieser Frage entbehrlich.
Fundstellen
Haufe-Index 415142 |
BFH/NV 1987, 674 |