Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Einem Steuerpflichtigen ist gemäß § 32 Abs. 4 Ziff. 3 EStG 1955 Kinderermäßigung zu gewähren, wenn er sein Kind im Kalenderjahr vier Monate im wesentlichen auf seine Kosten unterhalten und ausgebildet hat. Eigene Einkünfte des Kindes während der übrigen Monate des Kalenderjahres scheiden in der Regel für die Beurteilung aus.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 Ziff. 3; EStG § 32/2/2/a/aa
Tatbestand
Der 23jährige Sohn des Bf. studiert an einer Technischen Hochschule Maschinenbau. Er hat im Streitjahr 1956 als Werkstudent folgenden Arbeitslohn verdient:
Januar --------------- 114,40 DM Februar -------------- 29,92 DM März ----------------- 337,92 DM April ---------------- 422,40 DM Mai ------------------ 144,88 DM Juni ------------------- 0 -- DM Juli ----------------- 86,88 DM August --------------- 347,52 DM September ------------ 403,63 DM Oktober -------------- 370,-- DM November ------------- 70,-- DM Dezember ------------- 70,-- DM Insgesamt: --------- 2.397,55 DM.Das Finanzamt und das Finanzgericht haben dem Bf. die beantragte Kinderermäßigung für den Sohn nicht gewährt, weil der Sohn erhebliche eigene Einkünfte gehabt habe.
Der Bf. meint, es seien nur die Einkünfte in den Monaten anzusetzen, in denen der Sohn die Vorlesungen besucht habe; die Einkünfte in den Ferienmonaten müßten außer Betracht bleiben. Er verlangt außerdem, 101,60 DM für die Krankenversicherung seines Sohnes als Sonderausgabe zu berücksichtigen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Steuerpflichtigen ist begründet.
Nach § 32 Abs. 4 Ziff. 3 EStG 1955 ist einem Steuerpflichtigen eine Kinderermäßigung zu gewähren, wenn das Kind mindestens vier Monate lang auf Kosten des Steuerpflichtigen unterhalten und für einen Beruf ausgebildet worden ist. Es ist nicht erforderlich, daß der Steuerpflichtige die Kosten der Berufsausbildung allein getragen hat; es genügt, wenn er die Kosten im wesentlichen bestritten hat (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 503/52 U vom 25. Juni 1953, BStBl 1953 III S. 281, Slg. Bd. 57 S. 737). Nach dem Wortlaut des Gesetzes steht dem Steuerpflichtigen, der während eines Zeitraumes von vier Monaten im Kalenderjahr die Kosten der Berufsausbildung im wesentlichen getragen hat, ein Anspruch auf die Kinderermäßigung zu. Die Verhältnisse während der anderen Monate des Kalenderjahres sind für die Beurteilung grundsätzlich nicht maßgebend. Dies hat der Senat bereits in anderem Zusammenhang ausgesprochen. Nach § 32 Abs. 2 Ziff. 2 a bb EStG 1958 wird Kinderermäßigung gewährt, auch wenn die Berufsausbildung durch die Einberufung zum Wehrdienst unterbrochen wird. Der Senat hat aus dem Zusammenhang der Vorschriften des § 32 Abs. 2 Ziff. 2 a aa (Kinderermäßigung bei Berufsausbildung) und bb EStG 1958 (Kinderermäßigung bei Einberufung zum Wehrdienst) gefolgert, daß die Kinderermäßigung dem Steuerpflichtigen auch zusteht, wenn er im Veranlagungszeitraum nur einen Monat lang vor der Einberufung des Sohnes die Kosten der Ausbildung im wesentlichen getragen hat und der Sohn dann mindestens weitere drei Monate im Veranlagungszeitraum Wehrdienst geleistet hat (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 231/61 U vom 11. Mai 1962, BStBl 1962 III S. 340). In dieser Entscheidung ist es abgelehnt worden, Monate, in denen der Sohn vor der Einberufung zur überbrückung eines Zwischenzeitraums in Lohn gestanden hat, in die Berechnung einzubeziehen, ob der Sohn in den entscheidenden vier Monaten der Ausbildungszeit (einschließlich Wehrdienst) im wesentlichen auf Kosten des Steuerpflichtigen unterhalten worden ist. In dem Urteil VI 118/61 U vom 13. Oktober 1961 (BStBl 1962 III S. 48) hat der Senat ferner ausgesprochen, daß eine Kinderermäßigung auch zu gewähren ist, wenn das Kind aus bescheidenen eigenen Ersparnissen seine Ausbildung hätte bestreiten können. Wie bei hohem Vermögen des Kindes zu entscheiden ist, hat der Senat dahingestellt sein lassen. Er läßt auch dahingestellt, wie bei hohen eigenen Einkünften des Kindes zu entscheiden sein würde.
In den maßgebenden vier Monaten sind nur solche Einkünfte des Kindes zu berücksichtigen, die dem Kinde während dieser Zeit zufließen. Welche Einkünfte dem Kind in den übrigen Monaten des Kalenderjahres zugeflossen sind, könnte für die Frage, auf wessen Kosten der Unterhalt und die Ausbildung des Kindes gegangen ist, allenfalls bedeutsam sein, soweit die Einkünfte zu erheblichen Ersparnissen des Kindes geführt haben. Hinsichtlich der Ersparnisse ist aber eine großzügige Beurteilung geboten, da keinesfalls Eltern benachteiligt werden dürfen, deren Kinder strebsam sind und den Eltern durch Nebenarbeit die Kosten der Ausbildung tragen helfen (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 231/61 U a. a. O.). Es ist jedenfalls nicht zulässig, die Einkünfte der Kinder für das ganze Kalenderjahr zu ermitteln und daraus einen monatlichen Durchschnitt zu berechnen.
Im Streitfall hat der Bf. den Sohn mindestens vier Monate im wesentlichen auf seine Kosten unterhalten und ausgebildet. Daß der Sohn in einigen Monaten - im übrigen nur bescheidene - Einkünfte aus unselbständiger Arbeit gehabt hat, kommt demgegenüber nicht in Betracht.
Der Bf. hat daher Anspruch auf die beantragte Kinderermäßigung. Er kann auch die Krankenkassenbeiträge für seinen Sohn als Sonderausgabe absetzen, da ihm Kinderermäßigung zusteht (ß 10 Abs. 3 Ziff. 1 EStG 1955). Die Vorentscheidungen, die diesen Grundsätzen nicht entsprechen, waren demnach aufzuheben. Die Sache wird zur anderweiten Steuerberechnung an das Finanzamt zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 410518 |
BStBl III 1962, 417 |
BFHE 1963, 412 |
BFHE 75, 412 |