Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdeckte Mitunternehmerschaft und Sonderbetriebsvermögen im Bewertungsrecht; Tantieme - Rückstellung als Betriebsschuld
Leitsatz (NV)
1. Die im Einkommensteuerrecht entwickelten Voraussetzungen für eine verdeckte Mitunternehmerschaft und für die Annahme von Sonderbetriebsvermögen gelten für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens in gleicher Weise (Anschluß an bisherige Rechtsprechung).
2. Die Annahme einer - verdeckten - Mitunternehmerstellung setzt ein gemeinsames Handeln zu einem gemeinsamen Zweck einander gleichgeordneter Personen voraus. Mitunternehmerinitiative und -risiko dürfen nicht lediglich auf einzelne Schuldverhältnisse als gegenseitige Austauschverhältnisse zurückzuführen sein. Die Bündelung von Risiken aus derartigen Austauschverhältnissen unter Vereinbarung angemessener und leistungsbezogener Entgelte begründet noch kein gesellschaftsrechtliches Risiko (Anschluß an BFH-Urteil vom 13. Juli 1993 VIII R 50/92, BFHE 173, 115, BStBl II 1994, 282).
3. Rückstellungen für Gewinntantiemen, die eine Komplementär-GmbH ihrem Geschäftsführer schuldet, und die die KG als Aufwendungsersatz zu leisten hat, stellen passives Sonderbetriebsvermögen der GmbH dar.
Normenkette
AO 1977 § 179 Abs. 2 S. 2, § 180 Abs. 1 Nr. 1, § 360 Abs. 3; FGO § 60 Abs. 3, § 122 Abs. 1; BewG 1974 § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2, § 95 Abs. 1, § 97 Abs. 1 Nr. 5, § 103
Tatbestand
Der Tatbestand des Urteils stimmt praktisch mit dem des Urteils vom gleichen Tage VIII R 50/92 (BFHE 173, 115, BStBl II 1994, 282) überein, so daß von seiner Wiederholung abgesehen wird.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend über die Höhe der als Schuldposten zu berücksichtigenden Tantieme-Rückstellungen und Darlehensverbindlichkeiten der KG gegenüber X entscheiden.
1. a) Es kann dahingestellt bleiben, ob das FG im Rahmen der einheitlichen Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens der KG (§§ 180 Abs. 1 Nr. 1, 179 Abs. 2 Satz 2 AO 1977, § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 BewG) die Beigeladenen zu 1 bis 3 zu Recht beigeladen hat. Die Beigeladenen bleiben am Revisionsverfahren beteiligt (§ 122 Abs. 1 FGO; Urteil des erkennenden Senats vom 11. April 1989 VIII R 302/84, BFHE 157, 275, BStBl II 1989, 697).
b) Die unterlassene notwendige Hinzuziehung im Rechtsbehelfsverfahren (§ 360 Abs. 3 AO 1977), insbesondere des Beigeladenen zu 1, ist im übrigen durch die nachfolgende Beiladung im finanzgerichtlichen Verfahren geheilt worden (Urteil des erkennenden Senats vom 22. November 1988 VIII R 62/85, BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359).
2. Das FG hat im Ergebnis zutreffend die Stellung des Beigeladenen zu 1 als Mitunternehmer der Klägerin verneint. Der Beigeladene zu 1 trug kein Mitunternehmerrisiko; denn er war nicht als Mitunternehmer am Gewinn der Klägerin beteiligt.
Nach §§ 95 Abs. 1, 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG in der im Streitfall maßgebenden Fassung vom 26. September 1974 (BGBl I 1974, 2369) - jetzt § 97 Abs. 1 Nr. 5a i.d.F. vom 1. Februar 1991 (BGBl I 1991, 230) - bilden einen gewerblichen Betrieb alle u.a. einer GmbH & Co. KG gehörenden Wirtschaftsgüter, bei welcher die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. November 1991 II R 123/87, BFHE 166, 380, BStBl II 1992, 277).
Die im Einkommensteuerrecht entwickelten Merkmale für eine Mitunternehmerschaft gelten im Bewertungsrecht entsprechend (Urteil des erkennenden Senats vom 15. Dezember 1992 VIII R 42/90, BFHE 170, 345), ebenso die Voraussetzungen für die Annahme von Sonderbetriebsvermögen (BFH-Beschluß vom 24. April 1991 II B 99/90, BFHE 164, 458, BStBl II 1991, 623 m.w.N.).
Der Senat nimmt zur weiteren Begründung auf seine Entscheidung vom gleichen Tag in der Sache VIII R 50/92 Bezug (BFHE 173, 115, BStBl II 1994, 282).
3. Wird die Mitunternehmerschaft des Beigeladenen zu 1 verneint, so können sowohl die Restkaufpreisforderung als auch die Tantieme-Rückstellungen nicht mehr als Eigenkapital des Beigeladenen zu 1 erfaßt werden. Die Restkaufpreisforderung hat das FG zu Recht gemäß § 103 Abs. 1 BewG als Betriebsschuld der KG abgezogen. Hingegen gehören die Rückstellungen für die Gewinntantiemen zu dem Sonderbetriebsvermögen der Komplementär-GmbH. Auf die Begründung in der Sache VIII R 50/92 Ziff.II 4b wird Bezug genommen.
Besteht - wie im Streitfall - ein Rechtsanspruch auf eine Tantieme und ist lediglich die Höhe vom Geschäftsergebnis abhängig, so kann dafür ein Schuldposten abgesetzt werden, sofern das maßgebende Geschäftsjahr abgelaufen ist (BFH-Urteil vom 11. Oktober 1968 III 246/64, BFHE 94, 261, BStBl II 1969, 123; ferner Urteil vom 5. März 1986 II R 211/84, BFH/NV 1987, 633; Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Kommentar 15. Aufl., § 103 Rz. 38-40).
4. Der Senat kann indessen mangels hinreichender Feststellungen nicht abschließend über Grund und Höhe der Rückstellungen entscheiden. Darin liegt ein materieller Fehler der Urteilsfindung, der ohne Rüge zur Aufhebung der Vorentscheidung führt (BFH-Urteil vom 29. November 1988 VIII R 226/83, BFHE 155, 259, BStBl II 1989, 259). Die Tantiemen für 1979 sind ausbezahlt, diejenigen für 1980 sind gutgeschrieben und möglicherweise von X der KG darlehensweise überlassen worden. In diesem Fall wäre eine Verbindlichkeit der KG als Schuldposten anzusetzen. Die zu berücksichtigenden Tantieme-Rückstellungen sind bei der Ermittlung des Einheitswerts des Betriebsvermögens zu den jeweiligen Stichtagen nicht beim Betriebsvermögen der KG, sondern beim Sonderbetriebsvermögen der GmbH abzusetzen und bei der Aufteilung vorweg der Komplementär-GmbH zuzurechnen (vgl. Rössler/ Troll, a.a.O., § 97 BewG Tz. 45; Abschn. 18 Abs. 2 der Vermögensteuer-Richtlinien 1989, BStBl I 1989, Sondernummer 1).
Fundstellen
Haufe-Index 419319 |
BFH/NV 1994, 610 |