Leitsatz (amtlich)
Verwendet ein Unternehmer zu Beförderungen im Güterfernverkehr ein Kraftfahrzeug, für das ihm nicht die Genehmigung zum Güterfernverkehr erteilt ist (§ 11 Satz 1 GüKG), dann liegt keine Beförderung im genehmigten Güterfernverkehr vor. Dies gilt auch dann, wenn das Kraftfahrzeug lediglich an Stelle eines Kraftfahrzeugs, für das dem Unternehmer eine Genehmigung erteilt ist, als Ersatzfahrzeug verwendet wird, ohne daß die Genehmigungsbehörde zuvor die Genehmigungsurkunde entsprechend berichtigt hat (§ 15 Abs. 3 GüKG).
Normenkette
BefStG 1955 § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b
Tatbestand
Streitig ist ein Beförderungsteuerbetrag von 5096,85 DM, der durch Steuerbescheid vom 29. April 1958 für 1957 infolge Anwendung des erhöhten Satzes von 4 Pfennig je t/km gegen den Bf. mehr festgesetzt wurde.
Der Bf. betrieb die Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im Güterfernverkehr und Güternahverkehr. Nach Feststellung der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr, Außenstelle Westfalen-Lippe, -- BAG -- durch Betriebsprüfung vom September 1957 führte der Bf. in der Zeit vom 23. Juli bis 19. September 1957 in 41 Fällen mit einem nicht zum Güterfernverkehr zugelassenen Kraftfahrzeug Beförderungen im Güterfernverkehr durch. Er setzte dieses Kraftfahrzeug als Ersatz eines Fahrzeugs ein, für das eine Genehmigung für den Güterfernverkehr erteilt war, das aber infolge größeren Motorschadens am 21. Juli 1957 ausgefallen war. Eine Berichtigung der Genehmigungsurkunde gemäß § 15 Abs. 3 Sätze 2, 3 des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG) hat nicht stattgefunden. Das Finanzamt sah die Fernverkehrsbeförderungen mit dem Ersatzfahrzeug als solche im nichtgenehmigten Güterfernverkehr an und setzte die Steuer nach dem höheren Satz von 4 Pfennig je t/km fest.
Der gegen den Beförderungsteuerbescheid eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
Auch die vom Bf. eingelegte Berufung wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzgericht sah gleichfalls die in Betracht kommenden Beförderungen als solche im nichtgenehmigten Güterfernverkehr an, die mit 4 Pfennig je t/km zu versteuern seien. Damit folgte es einer grundsätzlichen Stellungnahme des Bundesministers für Verkehr.
Entscheidungsgründe
Auch die Rb. führt nicht zum Erfolg.
Das Finanzgericht hat zutreffend die in Betracht kommenden Beförderungen als solche im nichtgenehmigten Güterfernverkehr angesehen. Die Genehmigung zum Güterfernverkehr wird gemäß § 11 Satz 1 GüKG jeweils für bestimmte Kraftfahrzeuge erteilt, und zwar durch Aushändigung einer Genehmigungsurkunde (§ 15 Abs. 1 GüKG). Die Genehmigung ist für den Unternehmer rechtsbegründend (vgl. auch das Urteil des erkennenden Senats II 5/58 U vom 30. September 1959, BStBl 1960 III S. 228, Slg. Bd. 70 S. 610; Balfanz, Güterkraftverkehrsgesetz 1960, Bem. 1 zu § 15). Ein genehmigter Güterfernverkehr liegt mithin nur insoweit vor, als er mit einem Kraftfahrzeug durchgeführt wird, auf das sich die dem Unternehmer erteilte Genehmigung bezieht (§ 11 Satz 1 GüKG), das also nach § 15 Abs. 2 Nr. 3 GüKG in der Genehmigungsurkunde bezeichnet ist. Wird an dessen Stelle ohne Beachtung der Vorschriften des § 15 Abs. 3 Sätze 2, 3 GüKG -- gleichviel aus welchen Gründen -- ein anderes Kraftfahrzeug benutzt, für das eine Genehmigung nicht vorliegt, so ist nichtgenehmigter Güterfernverkehr gegeben. Will der Unternehmer ein anderes Fahrzeug an Stelle dessen setzen, für das die Genehmigung zum Güterfernverkehr erteilt ist, so muß er nach § 15 Abs. 3 Sätze 2, 3 in Verbindung mit Satz 1 GüKG vor Einsatz des Fahrzeugs -- vgl. in § 15 Abs. 3 Satz 2 GüKG die Worte "treten soll" -- die Umschreibung der Genehmigung auf das andere Kraftfahrzeug beantragen und zu diesem Zweck der Genehmigungsbehörde die Genehmigungsurkunde vorlegen. Das Gesetz verlangt allerdings in diesen Fällen nicht ein neues, förmliches Genehmigungsverfahren, sondern eine "Berichtigung" der Genehmigungsurkunde; hierzu ist nur zu prüfen, ob das andere Kraftfahrzeug nach Bauart und technischem Zustand für den Güterfernverkehr geeignet ist (§ 15 Abs. 3 Satz 3 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Nr. 3 GüKG; vgl. hierzu nach Hallbauer, Güterkraftverkehrsgesetz zu § 15). Die Berichtigung der Genehmigungsurkunde im Falle des Fahrzeugwechsels, d. h. in den Fällen des § 15 Abs. 3 Sätze 2, 3 GüKG, ist rechtsbegründend, da die Genehmigung nach § 11 Satz 1 GüKG nur für bestimmte Kraftfahrzeuge erteilt wird, gegenständlich also beschränkt ist (so auch Hein-Eichhoff-Pukall-Krien, Güterkraftverkehrsgesetz, Bem. 2 zu § 15). Die Verwendung des anderen Kraftfahrzeugs vor Berichtigung der Genehmigungsurkunde ist hiernach nichtgenehmigter Güterfernverkehr. Alles dies gilt auch für diejenigen Fälle, in denen ein Ersatzfahrzeug bei Ausfall des genehmigten Kraftfahrzeugs eingesetzt wird, ohne daß zuvor die nach § 15 Abs. 3 Sätze 2, 3 GüKG erforderliche Berichtigung der Genehmigungsurkunde vorgenommen ist (so auch Balfanz, a. a. O., Bem. 1 zu § 11; vgl. auch Ruwe, Güterkraftverkehrsgesetz, 1952, Bem. 2 zu § 11). Entgegen den Ausführungen des Bf. tritt das Ersatzfahrzeug im Sinne des § 15 Abs. 3 Satz 2 GüKG "an die Stelle" eines Kraftfahrzeugs, für das eine Genehmigung bereits erteilt ist. Das Gesetz macht für Ersatzfahrzeuge keine Ausnahme. Auf die Länge des Ausfalls des genehmigten Kraftfahrzeugs kommt es nicht an; überdies hat sich im Streitfall der Ausfall über längere Zeit erstreckt. Der Bf. übersieht ferner bei seinen Ausführungen, daß dem Gesetzgeber nach Sinn und Zweck der Vorschriften der §§ 11 Satz 1, 15 GüKG nicht nur an der Zahl der Genehmigungen zum Güterfernverkehr gelegen ist, sondern auch daran, daß sichergestellt, also die Gewähr dafür geboten ist, der Unternehmer werde nur das eine, in der -- gegebenenfalls berichtigten -- Genehmigungsurkunde bezeichnete Kraftfahrzeug zum Güterfernverkehr verwenden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Im Interesse der Sicherstellung der Durchführung der Vorschriften der §§ 11 und 15 GüKG bestimmt § 28 Abs. 3 denn auch, daß u. a. die Genehmigungsurkunde auf allen Fahrten mitzuführen ist. Der Bf. gibt in seiner Rechtsbeschwerdebegründung auch selbst zu, daß der Gesetzgeber dem Unternehmer nicht das Recht einräumen wollte, ohne vorherige Einschaltung der Genehmigungsbehörde Kraftfahrzeuge auszuwechseln. Verwendet der Unternehmer das Ersatzkraftfahrzeug, ohne daß zuvor die Genehmigungsurkunde berichtigt worden ist (§ 15 Abs. 3 Sätze 2, 3 GüKG), so hat er nicht nur gegebenenfalls mit der Auferlegung einer Geldbuße nach § 99 Nr. 1 GüKG zu rechnen, sondern es tritt auch die Folge der Besteuerung als nichtgenehmigter Güterfernverkehr nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BefStG 1955 ein.
Im Streitfall hat der Bf. das Ersatzfahrzeug verwendet, ohne daß die Genehmigungsurkunde berichtigt worden war. Es lag also nichtgenehmigter Güterfernverkehr vor. Ununtersucht bleiben kann, ob nachträglich eine rückwirkende Berichtigung der Genehmigungsurkunde zulässig ist und ob sie beförderungsteuerrechtliche Wirkung haben würde; denn das Finanzgericht hat zutreffend festgestellt, daß im Streitfall eine solche nachträgliche Berichtigung nicht gegeben ist.
Fundstellen
Haufe-Index 410324 |
BStBl III 1962, 178 |
BFHE 1962, 472 |