Leitsatz (amtlich)
1. § 8 Abs. 1 DurchfG EWG Milch und die darauf gestützte ErstVOMilch verstoßen nicht gegen Art. 80 Abs. 1 GG.
2. Der Vorgang der Ausfuhr nach dritten Ländern im Sinne von § 1 Abs. 2 ErstVOMilch ist nicht mit dem Verbringen der Ware über die Grenze des Wirtschaftsgebiets, sondern erst mit deren Überführung in den freien Verkehr des Verbraucherlandes beendet.
3. Wird eine Ware auf dem Wege vom Ausfuhrland in das Verbrauchsland in Ihrer für die Erstattungsfähigkeit maßgebenden Beschaffenheit verändert, so ist ihre Ausfuhr erstattungsrechtlich nicht anders zu behandeln als diejenige von Waren, die schon bei Beginn der Ausfuhr die veränderte Beschaffenheit aufwiesen.
Normenkette
EWGVtr Art. 31; EWGV Art. 40; EWGV 13/64 Art. 14; GG Art. 80 Abs. 1; DurchfG EWG Milch § 8 Abs. 1; ErstVOMilch § 1 Abs. 1-2, § 2 Abs. 3; AWG § 4 Abs. 2 Nr. 3; AHStatDV § 10 Abs. 6
Tatbestand
Der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) waren für die Ausfuhr von Sprühvollmilchpulver und Sprühmagermilchpulver in der Zeit vom März bis September 1966 Erstattungen gewährt worden. Diesen lagen Erstattungszusagen der Einfuhr- und Vorratsstelle für Fette – EVSt Fette – (Beklagte und Revisionsbeklagte), Ausfuhrbescheinigungen und Erstattungsbescheide zugrunde, in denen jeweils als Verbrauchsland „Spanien” angegeben war. Den Ausfuhrsendungen lagen Kaufverträge mit der spanischen Firma X zugrunde, die durch die belgische Firma Y als Makler fob Antwerpen vermittelt worden waren. In Antwerpen wurden das ausgeführte Vollmilch- und Magermilchpulver auf einem Zollfreilager miteinander vermischt und das daraus gewonnene halbfette Milchpulver mit einem Fettgehalt von 13–14 Gewichtshundertteilen (Gew%) von der Firma Y mittels der von der Klägerin gelieferten Einwiegemaschinen in 1-kg-Beutel, davon je 20 in einen Pappkarton, abgepackt. Dieses Erzeugnis wurde nach Chile weitergeliefert.
Die EVSt Fette widerrief die gewährten Erstattungen, weil das Milchpulver nicht, wie beantragt, nach Spanien ausgeführt worden und nicht nachgewiesen sei, daß das bezogene Milchpulver inländischer Herkunft gewesen sei.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab.
Mit der Revision macht die Klägerin geltend, daß die Verordnung über Erstattungen bei der Ausfuhr von Milcherzeugnissen vom 11. Dezember 1964 – ErstVOMilch – (Bundesanzeiger – BAnz – Nr. 234 vom 15. Dezember 1964, Bundeszollblatt 1965 S. 6 – BZBl 1965, 6 –) gegen Art. 80 Abs. 1 GG verstoße. Sie werde nicht durch § 8 Abs. 1 des Durchführungsgesetzes EWG Milch und Milcherzeugnisse vom 28. Oktober 1964 – DurchfG EWG Milch – (Bundesgesetzblatt I S. 821 – BGBl I, 821 –, BZBl 1964, 831) gedeckt. Sei die ErstVOMilch nichtig, so sei jede Anspruchsgrundlage entfallen, da weder die Verordnung (EWG) Nr. 13/64 vom 5. Februar 1964 – VO (EWG) 13/64 – (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1964 S. 549 – ABlEG 1964, 549 –, BZBl 1964, 821) noch das DurchfG EWG Milch Rechte der Ausführer auf Erstattung begründe. Der Rücknahme eines aus verfassungsrechtlichen Gründen gesetzwidrigen Verwaltungsaktes stehe jedoch der Rechtsgrundsatz des Vertrauensschutzes entgegen.
Ziel der Ausfuhr sei nach dem ganzen Sachverhalt Chile gewesen. In Belgien sei das Milchpulver zum Zwecke des Mischens und Verpackens nur durchgelaufen. § 10 Abs. 6 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Statistik des grenzüberschreitenden Warenverkehrs (AHStatDV) in der Fassung vom 13. Januar 1964 (BGBl I, 10) enthalte nur die Begriffe „bearbeitet oder verarbeitet”, nicht aber das Vermischen von Waren. Das Mischen der beiden Milchpulver sei nicht der Verarbeitung gleichzustellen. Es liege auch keine untrennbare Vermischung im Sinne des § 948 BGB vor. Vollmilchpulver falle wie Magermilchpulver und wie das Gemisch von beiden unter die Nr. 04.02 des Zolltarifs (ZT). Belgien sei auch deshalb nicht Verbrauchsland, weil die ausgeführte Ware dort nicht zum freien Verkehr abgefertigt wurde. Im Zollfreilager Antwerpen sei die Ware unter Zollverschluß geblieben. Das in Antwerpen vollzogene Zusammenschütten und Abpacken des Milchpulvers seien schlichte Beförderungshandlungen, die ebensogut in Chile oder während des Schilftransports nach Chile hätten durchgeführt werden können.
Spanien sei lediglich Käuferland, nicht aber Verbrauchsland gewesen. Verbrauchsland sei Chile. Die Angaben von Spanien in den Erstattungsanträgen sei nicht tatsächlicher Art, sondern rechtlicher Art. Dadurch, daß Anträge, Zusagen, Ausführungsbescheinigungen und Bescheide auf die Ausfuhr in ein Drittland abgestellt gewesen seien, seien die Voraussetzungen des § 5 ErStVOMilch erfüllt. Der Erstattungsanspruch sei dem Grunde nach entstanden, weil die Ausfuhr durchgeführt worden sei. Die Angabe von Spanien als Drittland beruhe auf einer rechtsirrigen Beurteilung der Klägerin über das Empfangs- (Verbrauchs-)land.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Die von der Klägerin gegen die Ermächtigungsvorschrift des § 8 Abs. 1 DurchfG EWG Milch und die darauf gestützte ErstVOMilch in der Fassung der 6. ÄndVO vom 3. Januar 1966 (BAnz Nr. 2 vom 5. Januar 1966) erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken kann der erkennende Senat nicht teilen. Nach § 8 Abs. 1 DurchfG EWG Milch kann der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Einvernehmen mit den Bundesministern für Wirtschaft und der Finanzen durch Rechtsverordnung Bestimmungen über die Voraussetzungen, die Höhe und das Verfahren bei Erstattungen nach Art. 14 der VO (EWG) 13/64 erlassen. Diese Ermächtigung steht in engem Zusammenhang mit der den Mitgliedstaaten in Art. 14 Abs. 1 und 2 der VO (EWG) 13/64 erteilten Befugnis, in gewissem Umfang Erstattungen bei der Ausfuhr von Milcherzeugnissen zu gewähren. Inhalt, Zweck und Ausmaß einer gesetzlichen Bestimmung im Sinne von Art. 80 GG können auch mit Hilfe einer Verweisung auf EWG-Vorschriften näher bestimmt sein (siehe Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Oktober 1970 2 BvR 618/68, BVerfGE 29, 198, Steuerrechtsprechung Karteiform, Grundgesetz, Art. 80, Rechtsspruch 90). Der mögliche Inhalt der ErstVOMilch, nämlich Erstattungen im Rahmen der VO (EWG) 13/64 zu gewähren, wird durch die Überschrift des DurchfG EWG Milch und den Text des § 8 Abs. 1 DurchfG EWG Milch hinreichend bestimmt. Der Zweck der Ermächtigung des § 8 Abs. 1 DurchfG EWG Milch, nämlich im Rahmen der schrittweisen Errichtung eines gemeinsamen Marktes für Milch und Milcherzeugnisse Erstattungen zu gewähren, um den Mitgliedstaaten die weitere Teilnahme am internationalen Handel mit Milcherzeugnissen zu ermöglichen, ergibt sich aus der Präambel der VO (EWG) 13/64. Das Ausmaß der Erstattung war durch die in Art. 14 der VO (EWG) 13/64 festgelegte Berechnungsweise begrenzt worden.
Allerdings ist es dem deutschen Verordnungsgeber überlassen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Erstattung festzulegen. Jedoch sind bei Ermächtigungen für Subventionen und ähnliche staatliche Zuwendungen, als welche die Erstattungen anzusehen sind, nicht so strenge Anforderungen als an Eingriffsgesetze zu stellen (vgl. Beschluß des BVerfG vom 5. April 1960 1 BvL 31/57, BVerfGE 11, 50; Entscheidung des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 12. Dezember 1969 VI R 66/68, BFHE 97, 576, BStBl II 1970, 231). Auch mag es fraglich sein, ob die Gewährung von Wirtschaftssubventionen und insbesondere die Bestimmung der Voraussetzungen und des Verfahrens gesetzlich geregelt sein müssen. Dies erscheint nur dann erforderlich, wenn es um einen Eingriff in die Freiheiten und Rechte der Wettbewerber geht, allenfalls noch unter dem Gesichtspunkt der sozialen Staatsgestaltung (siehe Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen 1966 S. 281 f., 289). Eine gesetzliche Ermächtigung darf jedenfalls nicht zu sachwidrigen Diskriminierungen oder zu einer sachwidrigen Privilegierung bestimmter Ausführer benutzt werden können.
Bei der ErstVOMilch war es dem Verordnungsgeber nicht etwa uneingeschränkt überlassen, die Voraussetzungen festzulegen, sondern nur in den Grenzen der VO (EWG) 13/64 gestattet. Danach konnten unterschiedliche Erstattungen für die Ausfuhr nach Mitgliedsstaaten und nach Drittländern gewährt werden. Nach Art. 14 Abs. 2 der VO (EWG) 13/64 konnte für Ausfuhren nach dritten Ländern der Unterschiedsbetrag zwischen den Preisen im ausführenden Mitgliedsstaat und den Preisen im internationalen Handel erstattet werden. Im Handel unter den Mitgliedstaaten konnten Erstattungen gezahlt werden, soweit der ausführende Mitgliedsstaat dem einzuführenden Mitgliedstaat gegenüber berechtigt war, eine Abschöpfung zu erheben (Art. 14 Abs. 1 der VO [EWG] 13/64). An diese Zielsetzung war der Verordnungsgeber gebunden.
Die von der Klägerin als Mängel bezeichneten Regelungen der ErstVOMilch kann der erkennende Senat nicht als sachwidrig ansehen. Nach § 2 Abs. 3 dieser Verordnung wurden Erstattungen nicht gewährt für die Ausfuhr von eingeführten und von aus eingeführten Waren gewonnenen Milcherzeugnissen. Darin kann jedoch keine Diskriminierung gegenüber den Ausführern von eingeführtem Getreide gesehen werden. Denn Getreide unterlag grundsätzlich anderen Marktordnungsregeln als Milch und Milcherzeugnisse. Dies konnte daher vom nationalen Verordnungsgeber je nach den marktpolitischen Gegebenheiten der einzelnen Agrarmärkte verschieden geregelt werden. Das ist auch in Art. 40 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) vorgesehen. Der von der Klägerin angezogene Art. 31 EWGV betrifft das Verbot der mengenmäßigen Beschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten untereinander, nicht aber die Beschränkung von Erstattungen gegenüber allen Staaten. Da schließlich den Mitgliedstaaten nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EGH) überlassen blieb, ob und in welchem Umfang sie Erstattungen gewährten, ist auch insoweit kein Verstoß gegen EWG-Recht ersichtlich (vgl. Entscheidungen des EGH vom 17. Februar 1970 Rs. 31/69, Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften 1970 S. 25 – Slg. EGH 1970, 25 –; vom 15. Dezember 1971, Rs. 21/71, Slg. EGH 1971, 1069; Entscheidung des BFH vom 13. Januar 1970 VII R 75/67, BFHE 98, 113). Nach allem ist von der Rechtsgültigkeit der ErstVOMilch auszugehen.
II.
Der angefochtene Widerruf der Erstattung wäre dann nicht gerechtfertigt, wenn die Klägerin die Waren, für die sie die Erstattung erhalten hat, in das von ihr angegebene Drittland Spanien ausgeführt hätte und dieses auch das Verbrauchsland gewesen wäre (§ 1 Abs. 2 ErstVOMilch). Nach der vom EGH in seinem Urteil vom 27. Oktober 1971 Rs. 6/71 (Slg. EGH 1971, 823) gegebenen Auslegung des in der VO (EWG) 19/62 enthaltenen gemeinschaftsrechtlichen Begriffs der Ausfuhr nach einem bestimmten Land lag eine Ausfuhr nach einem Drittland vor, wenn die Ware in einem Drittland in den freien Verkehr überführt wurde oder werden würde. Diese sich auf den Bereich der Marktordnung für Getreide beziehende Auslegung ist nach Auffassung des erkennenden Senats auch bei Erstattungen im Rahmen der Milchmarktordnung anzuwenden. Der EGH hielt es für zulässig, wenn Mitgliedstaaten über diese gemeinschaftsrechtliche Mindestvoraussetzung hinausgingen und forderten, daß die Ware in dem betreffenden Lande ge- oder verbraucht, be- oder verarbeitet wurde (Verbrauchsland im Sinne des § 10 Abs. 6 AHStatDV). Demgemäß ist, wie der erkennende Senat in seinem Urteil vom 9. Mai 1972 VII R 22/69 (BFHE 106, 150) entschieden hat, die Voraussetzung für die Gewährung der Drittlanderstattung nach § 1 Abs. 2 ErstVOMilch nicht erfüllt, wenn die Ware nicht in das von dem Erstattungsberechtigten in dem Antrag auf Erstattungszusage angegebene bekannte Verbrauchsland ausgeführt wurde. Allerdings wird, wenn die Ware in ein anderes als das in der Erstattungszusage angegebene Land ausgeführt wurde, in der Regel nicht jeder Anspruch auf Erstattung dem Grunde nach beseitigt; denn dem Ausführer stand bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch in diesem Falle ein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer entsprechenden Erstattungszusage zu (vgl. das zur Veröffentlichung bestimmte BFH-Urteil vom 8. November 1972 VII R 98/68). Der Erstattungsanspruch beschränkt sich jedoch auf die für Ausfuhren nach dem wirklichen Verbrauchsland zu gewährende Erstattung.
Im Streitfall stand der Klägerin jedoch kein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Erstattungszusage für die Ausfuhr von Milchpulver mit einem Fettgehalt von 13 bis 14 Gew% nach Chile zu. Dies hatte das FG bereits in einem anderen Rechtsstreit durch rechtskräftiges Urteil vom 21. November 1967 entschieden. Für Milchpulver mit einem Fettgehalt zwischen 1,5 und 24 Gew% war in der ErstVOMilch grundsätzlich keine Erstattung für die Ausfuhr nach dritten Ländern vorgesehen. Nur ausnahmsweise konnte nach der 6. ÄndVO vom 3. Januar 1966 eine Erstattung auf Grund des Zuschlages bei einer Staatsausschreibung für Ausfuhren in solche Länder gewährt werden. Diese Beschränkung widersprach nicht dem Art. 14 der VO (EWG) 13/64, da es den Mitgliedstaaten während der Übergangszeit überlassen war, Erstattungen zu gewähren und gegebenenfalls besondere Voraussetzungen vorzusehen, wie oben ausgeführt wurde. Hat die BRD die Erstattungsfähigkeit auszuführender Milcherzeugnisse in dieser Weise eingeschränkt, so kann der Klägerin ein Erstattungsanspruch nicht etwa deshalb zustehen, weil nach der Präambel zur VO (EWG) 13/63 allgemein den Mitgliedstaaten die weitere Teilnahme am internationalen Handel mit Milcherzeugnissen ermöglicht werden sollte. Mit Recht weist hierzu die EVSt Fette darauf hin, daß die BRD bei den beschränkt verfügbaren Haushaltsmitteln grundsätzlich nur für die Ausfuhren von solchen Milchpulversorten, nämlich Voll- und Magermilchpulver der Abschöpfungstarifstellen 04.02 – A – (III) – a – 4 mit einem Fettgehalt von mehr als 24 bis 27 Gew% und 04.02 – A – (III) – b – 1 und – 2 mit einem Fettgehalt von 1,5 Gew% oder weniger, Erstattungen vorsehen konnte, für die sie eine Chance für die Erschließung von Absatzmärkten sah. Waren für Milchpulver mit einem dazwischen liegenden Fettgehalt Erstattungen nur im Falle von Staatsausschreibungen vorgesehen, so war es zweckgerecht, wenn die EVSt Fette bereits bei Erteilung der Erstattungszusage feststellen konnte, ob die in dieser angegebene Ware mit ihrem Fettgehalt erstattungsfähig war, und wenn sie überwachen konnte, ob sie in dieser Form auch auf den Auslandsmarkt gelangt ist.
Gaben aber die erstattungsrechtlichen Vorschriften keinen Anspruch auf Erstattung für die Ausfuhr von Milchpulver mit einem Fettgehalt von 13 bis 14 Gew% nach Chile, konnte die Klägerin einen solchen Anspruch auch nicht dadurch erwerben, daß sie unter Angabe eines anderen Verbrauchslandes Erstattungszusagen für die Ausfuhr von getrennten Sendungen mit Magermilchpulver und Vollmilchpulver beantragte und diese Milchpulversorten in einem Zollfreilager in Antwerpen zu einem Milchpulver mit 13 bis 14 Gew% Fettgehalt vermischen und verpacken ließ und von dort aus dann weiter nach Chile verbrachte. Allerdings hatte die Vermischung der beiden Milchpulversorten in Antwerpen nicht, wie das FG meint, zur Folge, daß eine Ausfuhr nach Belgien, also einem Mitgliedstaat, vorlag. Die Vermischung führte zwar zu einer Veränderung der Beschaffenheit der vermischten Sorten, weil deren Fettgehalt und damit ein für die Erstattungsfähigkeit wesentliches Merkmal geändert wurde. Da aber das Mischprodukt nicht in Belgien, sondern unstreitig erst in Chile in den freien Verkehr gelangte, lag nach dem Gemeinschaftsrecht keine Ausfuhr nach Belgien im Sinne des Erstattungsrechts vor.
Der für die Erstattungsberechtigung maßgebende Ausfuhrvorgang endete nicht mit dem nach § 1 Abs. 1 ErstVOMilch in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Nr. 3 des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) vom 28. April 1961 (BGBl I, 481) geforderten Verbringen der Ware über die Grenze des deutschen Wirtschaftsgebiets, sondern erst mit ihrer Überführung in den freien Verkehr des Verbrauchslandes. Dies ergibt sich aus den Worten „Ausfuhr nach Drittländern” in § 1 Abs. 2 und 3 ErstVOMilch in Verbindung mit der Auslegung dieses auch im Gemeinschaftsrecht vorkommenden Begriffs durch den EGH in seinem o. a. Urteil. Wird die Ware nach dem Verbringen über die deutsche Grenze, aber vor der Überführung in den freien Verkehr des Drittlandes hinsichtlich ihrer für die Erstattungsfähigkeit maßgebenden Beschaffenheit verändert, so kann sich der Ausführer nicht darauf berufen, daß die Ware sich im Zeitpunkt des Verbringens aus dem Wirtschaftsgebiet in einem erstattungsfähigen Zustand befand, das kommt insbesondere dann nicht in Betracht, wenn er diese Veränderung im Wege der Vermischung verschiedener Sorten und der Verpackung mit von ihm gestellten Maschinen und Materialien veranlaßt. Die Ausfuhr kann in einem solchen Fall erstattungsrechtlich nicht anders (und zwar günstiger) behandelt werden als Ausfuhren von Milchpulver, das schon bei der Verbringung über die Grenze des deutschen Wirtschaftsgebiets einen Fettgehalt von 13 bis 14 Gew% aufwies, nach Chile. Andernfalls würde durch eine Manipulation während des Ausfuhrvorganges etwas erlangt werden, was die Rechtsvorschriften nicht vorsehen.
Da für Milchpulver mit dem genannten Fettgehalt bei der Ausfuhr nach Chile – abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Ausnahmefall der Ausfuhr auf Grund von Staatsausschreibungen – eine Erstattung nicht vorgesehen war, hat die Beklagte mit Recht die gewährte Ausfuhrerstattung in vollem Umfange widerrufen.
Fundstellen
Haufe-Index 514728 |
BFHE 1973, 80 |