Leitsatz (amtlich)
Bei ausgeführten Seeschiffen kann Umsatzsteuervergütung insoweit nicht gewährt werden, als bereits für die zum Einbau verwendeten Teile (z. B. Schiffsmotoren) anderen Lieferanten Umsatzsteuervergütung gewährt worden war.
Normenkette
UStG 1951 § 16; UStDB 1951 § 70 Abs. 1 Nr. 1, § 77 Abs. 1, §§ 71, 76
Tatbestand
In der Revision ist nur noch streitig, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt – FA –) die Ausfuhrvergütung für von der Klägerin und Revisionsklägerin (Antragstellerin) ausgeführten Schiffe in Höhe eines Teilbetrages von … DM zurückfordern kann. In dieser Höhe ist die Ausfuhrvergütung für Schiffsmotoren gewährt worden, die im Freihafen in die Schiffe eingebaut worden waren und für die die Lieferanten bereits Ausfuhrvergütung erhalten hatten.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg, auch die Klage blieb in dem hier noch streitigen Punkt erfolglos.
Mit der Revision beantragt die Antragstellerin, den Rückforderungsbescheid des FA herabzusetzen. Sie rügt Verletzung des § 76 Abs. 1 UStDB 1951 in der ab 1. April 1957 geltenden Fassung der Achten Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 7. Februar 1957 (BGBl I 1957, 6, BStBl I 1957, 131). Sie trägt hierzu vor, das Finanzgericht (FG) habe sich zu Unrecht auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) V 189/63 vom 7. Oktober 1965 berufen. Der BFH habe mit dieser Entscheidung in dem damaligen Rechtsstreit der Antragstellerin nicht, wie das FG meine, dessen Auffassung bestätigt, sondern lediglich die damalige Rechtsbeschwerde aus formellen Gründen abgewiesen. Nach der damaligen Entscheidung des BFH komme es für die Frage der Versagung bzw. Rückforderung der Vergütung, wenn für den ausgeführten Gegenstand schon Vergütung gewährt worden sei, auf die Identität des Gegenstandes nach den gestellten Anträgen an.
Im vorliegenden Falle seien Gegenstand des Vergütungsantrags Schiffe gewesen, während der frühere Vergütungsantrag sich nur auf Schiffsmotoren bezogen habe.
Die Antragstellerin macht ferner gellend, daß nach der Überschrift sowie nach dem sachlichen Inhalt des § 76 Abs. 1 UStDB 1951 kein Zweifel bestehe, daß diese Vorschrift sich auf einen vergütungsfähigen Vorgang in seiner Gesamtheft beziehe. Wenn man die Gegenstandsidentität nicht nach den gestellten Anträgen beurteile, so müsse man jedenfalls die tatsächlichen Ausfuhrgegenstände miteinander vergleichen. Sei die Gegenstandsidentität zu bejahen, so entfielen Vergütungen in vollem Umfang, sei dies nicht gegeben, so kämen für den Ausfuhrgegenstand „in seiner Totalität” Vergütungen in Betracht.
Die Antragstellerin wendet sich schließlich gegen die Auffassung des FA, daß nach § 76 Abs. 1 UStDB 1951 die Vergütung sowohl bei Identität als auch bei Nichtidentität des Ausfuhrgegenstands zu versagen bzw. zurückzufordern sei. Auszugehen sei davon, daß Ausfuhrlieferungen und die sonstigen Bewegungen von Gegenständen über die Zollgrenze die allein maßgebenden Vergütungstatbestände seien, nicht aber Werklieferungen. Dies beachte das FA nicht, wenn es den für den Begriff der gewerblichen Verwendung im Sinne des § 71 UStDB 1951 rechtserheblichen Tatbestand der Werklieferung zum Vergütungstatbestand erhebe. Die auf die ausgeführten Stoffe bezügliche Regelung in § 76 Abs. 1 UStDB 1951 könne nur bedeuten, daß eine Freihafenwerft Vergütung für die von ihr selbst bewirkten Vergütungstatbestände, d. h. für die von ihr selbst in den Freihafen verbrachten Materialien zustehen sollen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
1. Der Senat hat in dem Urteil V 71/64 vom 20. Oktober 1966 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 87 S. 57 – BFH 87, 57 –, BStBl III 1967, 39) entschieden, daß die Versagung bzw. die Rückforderung der Umsatzsteuervergütung dann in Betracht kommt, wenn die Motoranlage eines ausgeführten Seeschiffes, für die bereits Vergütung gewährt worden war, in die Bemessungsgrundlage der Vergütung für das Schiff einbezogen worden ist. Der Senat ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, daß nach § 76 Abs. 1 UStDB 1951 (§ 22 Abs. 1 UStG 1951) zwei Fälle der Versagung bzw. Rückforderung der Vergütung zu unterscheiden sind. In dem einen Fall kommt es auf die Identität des Gegenstandes nach dem Vergütungsantrag an (BFH-Entscheidungen V 151/61 U vom 10. Mai 1962, BFH 75, 73, 76, BStBl III 1962, 295; V 189/63 vom 7. Oktober 1965, Umsatzsteuer-Rundschau 1966 S. 115). Im Falle einer Werklieferung ist die Anwendung dieses Grundsatzes jedoch nicht möglich, weil hier nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung die Vergütung dann zu versagen ist, wenn für die Ausfuhr der verwendeten Stoffe ein anderer als der Antragsteller vergütungsberechtigt ist oder ein Vergütungsantrag bereits gestellt worden ist. In diesem Fall ist das fertige Werk vergütungsrechtlich nicht als Einheit anzusehen, sondern aufzuteilen in einen Teil, zu dessen Herstellung Stoffe verwendet wurden, für die eine Vergütung gewährt worden ist, und in einen Teil, bei dem dies nicht zutrifft. Es bleiben somit bei der vergütungsrechtlichen Behandlung des fertigen Werks dessen Stoffe, für die eine Vergütung bereits gewährt wurde, außer Betracht. Der Senat hält an dieser Auffassung auch gegenüber den Einwendungen der Antragstellerin fest.
2. Soweit die Antragstellerin aus dem Urteil V 189/63 vom 7. Oktober 1965 (a. a. O.) den Umkehrschluß zieht, daß bei Verschiedenheit der Bezeichnung des Ausfuhrgegenstandes in den Anträgen eine Vergütung zu gewähren sei, ist diese Auffassung bereits durch das Urteil V 71/64 vom 20. Oktober 1966 (a. a. O.) widerlegt worden.
3. Der weitere Einwand der Antragstellerin, daß die Werklieferung nicht zu den vergütungsfähigen Tatbeständen gehöre, trifft nicht zu. Die Antragstellerin übersieht, daß Ausfuhrlieferungen (§ 70 Abs. 1 Nr. 1, § 77 Abs. 1 Nr. 1 UStDB 1951) grundsätzlich auch Werklieferungen umfassen. Dies wird noch besonders durch den Hinweis in § 71 Abs. 1 Nr. 1 UStDB 1951 auf § 3 des Gesetzes verdeutlicht. Darüber hinaus ist beim Vergütungstatbestand des § 70 Abs. 1 Nr. 2 und des § 77 Abs. 1 Nr. 2 UStDB 1951 – Verbringen eines Gegenstands zwecks gewerblicher Verwendung in das Ausland – die Werklieferung vergütungsrechtlich insoweit von Bedeutung, als die gewerbliche Verwendung in den Fällen des § 71 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 UStDB 1951 in einer Werklieferung im Ausland bestehen muß. Gerade in diesen Fällen sind, wie sich aus dem Wortlaut der einzelnen Tatbestände eindeutig ergibt, nur die vom Antragsteller ausgeführten Stoffe vergütungsfähig, nicht aber der gesamte Gegenstand der Werklieferung. An diese Regelung knüpft § 76 Abs. 1 UStDB 1951 an. Er versagt im Falle der Werklieferung die Vergütung für die ausgeführten Stoffe, wenn dafür ein anderer als der Antragsteller vergütungsberechtigt ist oder ein Vergütungsantrag bereits gestellt worden ist.
4. Nach den Feststellungen des FG hat die Antragstellerin Schiffe gebaut und sie an in- und ausländische Abnehmer geliefert. Nach dem Zusammenhang der Feststellungen des FG werden die Schiffe im Ausland an die ausländischen bzw. inländischen Abnehmer übergeben. Der Tatbestand des Verbringens in das Ausland zwecks gewerblicher Verwendung liegt somit vor (§ 70 Abs. 1 Nr. 2 UStDB 1951), wobei dies in der Form der Werklieferung im Ausland (§ 71 Abs. 1 Nr. 1 und 5 UStDB 1951) geschieht.
Wie der Senat in der Entscheidung V 71/64 vom 20. Oktober 1966 (a. a. O.) ausgeführt hat, ist der Wortlaut des § 76 Abs. 1 „für die Ausfuhr der verwendeten Stoffe” ganz allgemein gehalten. Zum richtigen Verständnis dieses Wortlauts ist der Sinn und Zweck der Vorschrift heranzuziehen. Er besteht darin, zu verhindern, daß Doppelvergütungen gewährt werden. Bei Werklieferungen würde es aber eine Doppelvergütung bedeuten, wenn sowohl der Werkunternehmer als auch der Lieferer des Werkunternehmers für die zur Herstellung des Werkes verwendeten Stoffe Vergütungen erhielte.
Für den Streitfall bedeutet dies: Die Schiffe sind Gegenstand von Werklieferungen. Nach dem weiten Wortlaut des § 76 Abs. 1 UStDB 1951 sind als Stoffe, die für die Herstellung der Schiffe verwendet worden sind, auch die Schiffsmotoren anzusehen. Da für die Schiffsmotoren bereits Lieferanten Vergütung erhalten haben, kann die Antragstellerin dafür nicht mehr Vergütung beanspruchen. Das FA hat damit zu Recht die insoweit gewährte Vergütung zurückgefordert. Damit erweist sich aber die Revision als unbegründet.
Fundstellen