Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage einer Teilwertabschreibung bei Gebäuden wegen Fallens des Baukostenindex.
Normenkette
EStG § 6 Ziff. 1
Tatbestand
Die im Jahre 1951 verstorbene Steuerpflichtige begann in der zweiten Hälfte des Jahres 1949 mit dem Wiederaufbau des kriegszerstörten Kontorhauses, das in den Monaten Januar bis März 1950 von ihrer Firma und mehreren Mietern bezogen wurde. Die gesamten Wiederaufbaukosten betrugen 266 500 DM. Auf die zum 31. Dezember 1949 aktivierten Aufbaukosten von 154 668 DM schrieb die Steuerpflichtige einen Betrag von 16 168 DM ab und setzte das Gebäude zum 31. Dezember 1949 nur mit (154 668 ./. 16 168 =) 138 500 DM an. Den Betrag bezeichnete sie als den niedrigeren Teilwert und begründete ihn damit, daß der Baukostenindex während der Bauzeit bis zum Bilanzstichtag gesunken sei. Das Finanzamt erkannte die Abschreibung nicht an. Der Einspruch blieb erfolglos.
In der angefochtenen Entscheidung bestätigte das Finanzgericht in diesem Punkt die Auffassung des Finanzamts und führte aus: Es sei nicht nachgewiesen, daß wegen Sinkens des Baukostenindex der Teilwert niedriger sei als die Herstellungskosten. Zum 31. Dezember 1949 seien nur etwa 60 v. H. der gesamten Herstellungskosten aktiviert gewesen. Bei unfertigen Bauten könnten aus Veränderungen des Baukostenindex keine zwingenden Schlüsse für die Bewertung der aktivierten Teilleistungen gezogen werden. überdies seien schon im September 1949 auf die Angebote der Bauunternehmer Preisabschläge vereinbart worden. Es sei anzunehmen, daß damit etwaigen Preissenkungen Rechnung getragen worden sei. Die Aufträge seien in den Monaten April bis Dezember 1949 erteilt worden. Da die Teilwertabschreibung schon zum 31. Dezember 1949 vorgenommen werden solle, sei der Vergleichszeitraum so kurz und uneinheitlich, daß ein annähernd sicheres Bewertungsergebnis für die aktivierten Bauleistungen nicht zu erzielen sei. Eine Teilwertabschreibung wegen Sinkens des Baukostenindex käme nur bei wesentlichen Abweichungen in Betracht, wie sie in stark deflationistischen Perioden vorkämen. So seien die Verhältnisse aber am 31. Dezember 1949 nicht gewesen. Die Beteiligten hätten sie auch nicht so aufgefaßt. Sie hätten für alle Bauaufträge Festpreise vereinbart, vielfach mit der Abrede, daß Preissteigerungen zu Lasten der Bauunternehmer gingen. Das Gutachten des Architekten, von dem die Teilwertberechnung der Steuerpflichtigen ausgehe, lege die Preisverhältnisse von Anfang bis Mitte 1950 zugrunde. Eine Rückbeziehung dieser Preise auf den 31. Dezember 1949 sei nicht möglich. Das Finanzgericht ließ dahingestellt, ob eine Teilwertabschreibung nicht schon deshalb entfiele, weil der Teilwert von Grund und Boden und Gebäude zusammen nicht unter dem Buchwert lägen, weil einem niedrigeren Gebäudewert ein höherer Bodenwert gegenüberstehe.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) mit der die Versagung der Teilwertabschreibung und die Kostenentscheidung des Finanzgerichts beanstandet werden, ist nicht begründet.
Betriebsgrundstücke sich nach § 6 Ziff. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Absetzungen für die Abnutzung (ß 7 EStG) zu bewerten. Ist der Teilwert niedriger, so ist dieser anzusetzen. Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelnen Wirtschaftsgut ansetzen würde, vorausgesetzt, daß er den Betrieb unverändert fortführt. Bewertungsmaßstab sind also in erster Linie die Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Behauptet ein Steuerpflichtiger, daß der Teilwert unter den Anschaffungs- oder Herstellungskosten liege, so hat er entsprechende Tatsachen anzuführen. In der Regel kann davon ausgegangen werden, daß im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung die aufgewendeten Kosten dem Teilwert entsprechen (Urteil des Reichsfinanzhofs I A 297/30 vom 28. März 1933, Reichssteuerblatt 1933 S. 1259; Urteil des Bundesfinanzhofs IV 142/53 U vom 19. November 1953, Slg. Bd. 58 S. 264, Bundessteuerblatt - BStBl - 1954 III S.16). Denn ein Kaufmann wendet gewöhnlich für einen Gegenstand nicht mehr auf, als er ihm für den Betrieb wert ist. Ein Erwerber, der den ganzen Betrieb unverändert fortführen würde, würde vermutlich gewöhnlich auch den gleichen Betrag aufzuwenden bereit sein, da er sich von den gleichen wirtschaftlichen Erwägungen leiten lassen würde.
Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten decken sich im Zeitpunkt der Herstellung dann nicht mit dem Teilwert, wenn eine Fehlmaßnahme vorliegt. Eine Fehlmaßnahme kann im Einzelfall auch mit dem Sinken des Baukostenindex begründet werden, sofern anzunehmen ist, daß ein Erwerber des ganzen Betriebes weniger für den Gegenstand aufwenden würde, weil die Wiederbeschaffungskosten unter dem Buchwert liegen. Eine Teilwertabschreibung wegen Fallens des Baukostenindex bedarf aber einer sorgfältigen Begründung. Denn der Baukostenindex ist ein nur mit Vorsicht zu handhabender Vergleichswert. Vor allem für die erste Zeit nach der Währungsumstellung ist er kaum eindeutig zu bestimmen, weil sich das Preisbild auch in der Bauwirtschaft nur langsam klärte. Es muß auch berücksichtigt werden, daß der Baukostenindex ein Durchschnittswert ist, weil der Indexberechnung nur ein begrenztes Material zugrunde gelegt wird und die individuellen Verhältnisse eines Bauwerks darin keinen Ausdruck finden können. Bei einem Gebäude beeinflussen aber die baulichen und betrieblichen Besonderheiten, die im Index keinen Ausdruck finden können, die tatsächlichen Baukosten oft entscheidend, zumal wenn es sich nicht um ein Serienobjekt, sondern um ein Bauwerk mit individuellen Eigenheiten handelt. Es muß ferner beachtet werden, daß der Baukostenindex nach dem durch die unsicheren Preisverhältnisse bedingten starken Schwankungen in II/1948 und 1949 ab Oktober 1950 dauernd gestiegen ist (vgl. Weil "Grundstücksschätzung" S.64) und schon Mitte 1951 den Höchststand von 1949 überschritten hatte. Da, wie ausgeführt, der Baukostenindex einen etwas groben Vergleichswert darstellt, tritt der Senat der Auffassung des Finanzgerichts bei, daß Teilwertabschreibungen wegen Fallens des Baukostenindex nur zulässig sind, wenn es sich um erhebliche und nachhaltige Abweichungen vom Buchwert handelt.
Das Finanzgericht erkennt an, daß an sich ein Fallen des Baukostenindex eine Teilwertabschreibung rechtfertigen kann. Es verneint aber, daß die von ihm festgestellten Tatsachen für ein Absinken des Teilwerts gegenüber den Herstellungskosten sprechen. Diese Entscheidung bewegt sich im wesentlichen auf dem Gebiet der tatsächlichen Feststellungen und der freien Beweiswürdigung, an die der Senat gebunden ist (§§ 288, 296, Abs. 1 der Reichsabgabenordnung). Das Finanzgericht konnte auf Grund seiner Feststellungen annehmen, daß etwaige Preisrückgänge schon bei den laufend erteilten Bauaufträgen berücksichtigt worden seien und die allgemeine Vermutung, daß Herstellungskosten und Teilwert übereinstimmten, nicht widerlegt sei, zumal die maßgebenden Verträge verhältnismäßig kurz vor dem Bilanzstichtag abgeschlossen worden waren.
Das Finanzgericht konnte, weil es ein Absinken des Teilwerts beim Gebäude verneinte, mit Recht die Frage offen lassen, ob ein Absinken des Teilwerts beim Gebäude nicht gegebenenfalls durch eine stille Reserve im Boden ausgeglichen worden wäre.
Fundstellen
Haufe-Index 408414 |
BStBl III 1956, 102 |
BFHE 1956, 274 |
BFHE 62, 274 |
BB 1956, 297 |
DB 1956, 272 |