Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Auslegung der Begriffe „Einfuhr” und „Ausfuhr” im Branntweinmonopolgesetz ist von den zollrechtlichen Bestimmungen über den Inhalt dieser Begriffe auszugehen.
2. Der Senat hält an der im Urteil vom 22. März 1977 VII R 48/74 (BFHE 122, 194) vertretenen Auffassung fest, daß die Gewährung der Ausfuhrvergütung für Trinkbranntwein nach § 135 VwO nicht von einem Nachweis abhängig zu machen ist, daß der Trinkbranntwein im Ausland in den freien Verkehr gelangt und dem Endverbraucher als deutsches Erzeugnis angeboten worden ist.
Normenkette
BranntwMonG § 1 Nrn. 1, 3, 5, §§ 2-3, 105; VwO § 135
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) führte im Februar 1973 mit einem Kesselwagen 59 900 Liter „deutschen Branntwein aus Wein, 40 Vol.-%” aus und beantragte dabei „Abfertigung zur Ausfuhr in die Schweiz”. Der Branntwein gelangte jedoch nach Italien. Die Klägerin beantragte bei der Beklagten und Revisionsklägerin (Bundesmonopolverwaltung für Branntwein – BMV –), ihr für den Branntwein Ausfuhrvergütung zu gewähren. Die BMV teilte ihr durch Verfügung vom 7. März 1973 mit, die Ausfuhrvergütung könne erst gezahlt werden, wenn sie nachweise, daß der Branntwein im Empfangsland zollrechtlich zum freien Verkehr abgefertigt worden sei und nach Abfüllung auf Flaschen dem ausländischen Endverbraucher als deutscher Trinkbranntwein angeboten werde. Die Klägerin legte daraufhin eine Bestätigung der Firma B in T (Italien) vor, wonach die Ware zum freien Verkehr abgefertigt und eingelagert worden sei; sie sei dazu bestimmt, nach Abfüllung auf Flaschen den Abnehmern in Italien als deutscher Branntwein angeboten zu werden. Die BMV wandte sich daraufhin zur Aufklärung des Verbleibs der Ware an das Zollfahndungsamt München. Dieses teilte ihr im November 1973 mit, laut Auskunft der italienischen Behörden befinde sich die Ware in einem allgemeinen Zollager der Firma A in D (Italien). Im Juli 1974 berichtete es, die Firma C in E (Italien) habe den Branntwein zur Erzeugung von Wermut verwendet, der in Drittländer ausgeführt werden solle; beweiskräftige Unterlagen habe es bisher nicht erhalten.
Die BMV lehnte mit Verfügung vom 6. Juni 1974 die Gewährung der Ausfuhrvergütung ab. Mit der dagegen erhobenen Klage beantragte die Klägerin, die Verfügung aufzuheben und die BMV für verpflichtet zu erklären, ihr 51 034,80 DM Ausfuhrvergütung nebst 0,5 v. H. Zinsen gem. § 5 des Steuersäumnisgesetzes (StSäumG) seit Klageerhebung zu zahlen. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage durch Urteil vom 9. Dezember 1974 mit folgender Begründung statt:
Die Klägerin habe bereits nach dem unstreitigen Sachverhalt hinsichtlich der in Rede stehenden Branntweinmenge die Voraussetzungen des auf § 105 des Branntweinmonopolgesetzes (BranntwMonG) beruhenden § 135 der Branntweinverwertungsordnung (VwO) erfüllt. Den von der BMV geforderten Nachweis, daß der Branntwein im Empfangsland zum freien Verkehr abgefertigt worden und dort als deutsches Erzeugnis auf den Markt gekommen sei, habe die Klägerin nicht zu erbringen brauchen.
Das FG habe bereits im Urteil vom 12. März 1974 VII 22/72 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1974 S. 455 – EFG 1974, 455 –) darauf hingewiesen, daß nach den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) definierten Regeln für die Auslegung von Normen in erster Linie auf den objektivierten Willen des Gesetzgebers abzustellen sei, wie er sich aus dem Wortlaut der Bestimmung und dem Sinnzusammenhang ergebe. Auf den Zweck einer Vorschrift könne nur insoweit abgestellt werden, als dieser sich aus Wortlaut und Sinnzusammenhang ermitteln lasse.
Entgegen der Auflassung der BMV lasse sich aus den Bestimmungen des Branntweinmonopolgesetzes und der Branntweinverwertungsordnung nicht entnehmen, daß die Vergütung nur zu gewähren sei, wenn der Antragsteller beweise, daß der Branntwein im Empfangsland zum freien Verkehr abgefertigt worden sei. Dieses vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften – EGH – (Urteil vom 27. Oktober 1971 Rs. 6/71, EGHE 1971, 823, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 1972 S. 14 – ZfZ 1972, 14 –) für die Ausfuhr von Marktordnungsgütern als Voraussetzung für Erstattungen im Rahmen der EWG-Marktordnungen aufgestellte Erfordernis könne nicht auf die Ausfuhr i. S. des § 105 BranntwMonG und des § 135 VwO übertragen werden. Der Ausfuhrbegriff des Branntweinmonopolgesetzes sei an dem zollrechtlichen Begriff der Ausfuhr zu messen und deswegen als unmittelbare Verbringung der Ware in das Zollausland oder in einen Zollausschluß zu definieren. Zu den in § 135 VwO normierten materiellen Voraussetzungen für die Gewährung der Ausfuhrvergütung gehöre weder der Nachweis noch die Versicherung, daß der Branntwein im Empfangsland zum freien Verkehr abgefertigt worden und als deutsches Erzeugnis in den Handel gekommen sei.
Der mit der Ausfuhrvergütung verfolgte Zweck könne es nicht rechtfertigen, die Vorschriften des § 135 VwO einengend auszulegen. Die Ausfuhrvergütung diene nicht nur dazu, deutschen Branntweinerzeugnissen den Wettbewerb auf ausländischen Märkten zu ermöglichen, sondern auch den deutschen Branntweinmarkt zu entlasten. Es hätte demnach nahegelegen, die Gewährung der Ausfuhrvergütung durch Gesetz auf im Inland gewonnenen Branntwein zu beschränken. Das sei jedoch nicht geschehen.
Aus § 151 Abs. 1 Satz 2 und § 152 Abs. 2 BranntwMonG ergebe sich, daß für ausgeführte Branntweinerzeugnisse die Ausfuhrvergütung selbst dann zu gewähren sei, wenn die Erzeugnisse wieder eingeführt worden seien. In diesen Fällen werde die Ausfuhrvergütung bei der Bemessung des Monopolausgleichs berücksichtigt. Wenn ausgeführter Branntwein zu Wermutwein verarbeitet und dieses Erzeugnis eingeführt werde, konnten sich möglicherweise aus der Gewährung der Ausfuhrvergütung nach deren Zweck ungerechtfertigte Vorteile ergeben, die jedoch verhältnismäßig gering seien. In dieser Hinsicht bestehende Lücken in den Rechtsnormen über die Gewährung der Ausfuhrvergütung könnten nicht von den Gerichten, sondern nur vom Gesetz- oder vom Verordnungsgeber geschlossen werden.
Da die Höhe der zu gewährenden Vergütung unstreitig sei, brauche das FG insoweit keine eigenen Berechnungen anzustellen.
Mit der Revision macht die BMV geltend:
Das FG-Urteil beruhe auf der Verletzung materiellen Bundesrechts, nämlich auf einer falschen Auslegung der für die Gewährung von Ausfuhrvergütung gellenden Vorschriften, insbesondere des § 105 BranntwMonG und der §§ 133 bis 135 VwO.
Nach den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. Oktober 1952 V z B 4/51 S (BFHE 56, 825, Bundeszollblatt 1953 S. 238 – BZBl 1953, 238 –, BStBl III 1952, 316) und vom 29. Februar 1972 VII K 4/69 (BFHE 105, 551) sei die Ausfuhrvergütung eine typische monopolrechtliche Regelung, die dazu dienen solle, dem inländischen Monopolrecht unterworfenen Erzeugnissen mit Hilfe von Monopolmitteln den Wettbewerb auf ausländischen Märkten zu ermöglichen, und über eine Erstattung der inländischen Abgaben wesentlich hinausgehe. Die Auffassung des FG, der Begriff Ausfuhr i. S. der monopolrechtlichen Vorschriften sei dem zollrechtlichen Begriff der Ausfuhr und damit dem körperlichen Verbringen aus dem Zollgebiet (§ 1 Abs. 2 des Zollgesetzes – ZG –) gleichzusetzen, stehe nicht im Einklang mit der vom Gesetzgeber beabsichtigten Zweckbestimmung der Ausfuhrvergütung. Das FG setze sich in Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung, die als Voraussetzung der Gewährung der Ausfuhrvergütung neben dem Verbringen zumindest die Nutzung des wirtschaftlichen Wertes des Branntweins im Ausland fordere (BFH-Urteil VII K 4/69). Die Auffassung des FG könne auch nicht darauf gestützt werden, daß die Einlagerung in ein Zollager oder in ein Ausfuhrlager nach § 136 bzw. § 147 VwO als Ausfuhr gelte. Nach § 136 Abs. 1 Satz 2 VwO, der nach § 147 Satz 2 VwO auch für die Ausfuhr über ein Ausfuhrlager sinngemäß gelte, würden die Vergünstigungen nach § 105 BranntwMonG ausdrücklich davon abhängig gemacht, daß die Erzeugnisse unter zollamtlicher Überwachung aus dem Monopolgebiet ausgeführt würden. Aus diesen Bestimmungen ergebe sich somit eindeutig der Unterschied der monopolrechtlichen Regelung zu den Vorschriften über die Steuerbefreiung oder Steuererstattung bei der Ausfuhr verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die in der Regel der Ausfuhr bereits die Abfertigung zu einem beliebigen Zollverkehr ohne Überwachung des weiteren Verbleibs gleichsetzten.
Wenn ausgeführter Branntwein zu Wermutwein verarbeitet und dieses Erzeugnis eingeführt werde, handele es sich nicht um eine unter § 152 Abs. 2 BranntwMonG lallende Wiedereinfuhr des Branntweins, sondern um die Einfuhr einer neuen Ware, für die sich der Monopolausgleich nach § 152 Abs. 1 BranntwMonG bemesse. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem regelmäßigen Monopolausgleich (1 573 DM/hl W) und der regelmäßigen Ausfuhrvergütung (1 730 DM/hl W) von zur Zeit 1,57 DM/l W sei beträchtlich und rechtfertige die Befürchtungen, die sie hinsichtlich eines Karussellverkehrs hege.
Zur Verhinderung eines Karussellverkehrs halte sie es weiterhin für geboten, bei der Ausfuhr von Trinkbranntwein in anderen als Kleinbehältnissen die Gewährung der Ausfuhrvergütung nach § 105 BranntwMonG von dem Nachweis abhängig zu machen, daß der Trinkbranntwein im Ausland zum freien Verkehr abgefertigt und als deutsches Erzeugnis angeboten werde. Diese Forderung halte sich im Rahmen einer zulässigen Rechtsauslegung des § 135 VwO, weil auch bei Trinkbranntwein, der in Originalkleinverkaufsbehältnissen ausgeführt werde, dieser Forderung entsprochen werde.
Die BMV beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Nach § 105 Satz 1 BranntwMonG kann bei der Ausfuhr von Branntwein oder von Branntweinerzeugnissen nach näherer Bestimmung des Bundesministers der Finanzen (BdF) der Verkaufspreis (vgl. §§ 88 ff. BranntwMonG) ermäßigt oder erstattet werden. In gleicher Weise kann gem. § 105 Satz 2 BranntwMonG bei der Ausfuhr von Branntwein, der dem Branntweinaufschlag oder dem Monopolausgleich unterlegen hat, oder von Erzeugnissen aus solchem Branntwein der Branntweinaufschlag oder der Monopolausgleich erlassen oder erstattet werden. Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen näheren Bestimmungen zu § 105 BranntwMonG enthalten die §§ 132 ff. VwO i. d. F. der Verordnung zur Änderung der Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über das Branntweinmonopol vom 1. Juni 1962 (BGBl I 1962, 379, BZBl 1962, 594). Bei der Ausfuhr bestimmter Branntweinerzeugnisse, zu deren Herstellung Branntwein von der Bundesmonopolverwaltung zu einem höheren Verkaufspreis als dem Ausfuhrpreis bezogen worden ist, wird der Unterschied zwischen dem höheren Verkaufspreis und dem Ausfuhrpreis als „Ausfuhrvergütung” erlassen oder erstattet (§ 133 Abs. 1 Satz 1 VwO). Für Trinkbranntwein, weingeisthaltige Fruchtsäfte und weingeisthaltige Essenzen wird der Unterschied zwischen dem regelmäßigen Verkaufspreis und dem Ausfuhrpreis als „regelmäßige Ausfuhrvergütung” erlassen oder erstattet (§ 133 Abs. 1 Satz 2 VwO). Ein solcher Trinkbranntwein ist das von der Klägerin ausgeführte Erzeugnis.
Der erkennende Senat tritt der Auffassung des FG bei, daß der Inhalt des in § 105 BranntwMonG und in den §§ 132 ff. VwO verwendeten Begriffes „Ausfuhr” auf der Grundlage des Zollrechts zu bestimmen ist. Das ergibt sich aus den Vorschriften des § 1 Nr. 1, 3 und 5 sowie der §§ 2 und 3 BranntwMonG. Nach § 1 Nr. 1, 3 und 5 BranntwMonG umfaßt das Branntweinmonopol u. a. die Übernahme des im Monopolgebiet hergestellten Branntweins, die Einfuhr von Branntwein sowie die Verwertung von Branntwein. Monopolgebiet ist nach § 2 Satz 1 BranntwMonG das „Zollgebiet, soweit in ihm das Branntweinmonopol nach diesem Gesetz durchgeführt wird”. Nach § 2 Satz 2 BranntwMonG wird der BdF ermächtigt, durch Rechtsverordnung Zollausschlüsse und andere Zollfreigebiete als die Freihäfen in das Monopolgebiet einzubeziehen. § 3 BranntwMonG regelt das Recht der Einfuhr in das Monopolgebiet. Zu den in § 1 Nr. 5 BranntwMonG erwähnten, die Verwertung von Branntwein betreffenden „§§ 83 ff.” gehört der die „Ausfuhr” regelnde § 105 BranntwMonG. Da also das Monopolgebiet in § 2 BranntwMonG auf das Zollgebiet abgestellt ist, ist bei der Auslegung der Begriffe „Einfuhr” und „Ausfuhr” im Branntweinmonopolrecht von den zollrechtlichen Bestimmungen über den Inhalt dieser Begriffe auszugehen. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 ZG ist Einfuhr das Verbringen von Waren in das Zollgebiet, Ausfuhr das Verbringen aus dem Zollgebiet.
Der erkennende Senat hat zwar in seinem bereits zitierten Urteil VII K 4/69 aus der Zugehörigkeit des § 105 BranntwMonG zu den Vorschriften über die Branntweinverwertung geschlossen, daß mit der „Ausfuhr” i. S. des § 105 BranntwMonG und damit auch i. S. der §§ 132 ff. VwO nicht nur das bloße Verbringen aus dem Monopolgebiet gemeint sein kann, sondern auch die Nutzung des wirtschaftlichen Wertes der Erzeugnisse, und daß deshalb eine nur der Vernichtung der Erzeugnisse dienende Verbringung aus dem Monopolgebiet mit der „Ausfuhr” nicht gemeint sein kann. Das bedeutet jedoch nur, daß dem Verbringen aus dem Monopolgebiet eine wirtschaftliche Verwertung des Erzeugnisses zugrunde liegen muß, nicht aber, daß nach der Verbringung aus dem Monopolgebiet noch weitere Bedingungen in bezug auf die Behandlung oder Verwendung des Erzeugnisses erfüllt werden müßten.
Der Verordnungsgeber war nicht ermächtigt, in den auf § 105 BranntwMonG gestützten §§ 132 ff. VwO über die Ausfuhr von Branntwein dem bereits in § 105 BranntwMonG enthaltenen, aus dem Zollrecht hergeleiteten und nur dem Gesichtspunkt der Branntweinverwertung angepaßten Begriff „Ausfuhr” einen anderen Inhalt zu geben. Die Vorschriften der §§ 132 ff. VwO lassen auch nicht erkennen, daß der Verordnungsgeber den Begriffsinhalt hätte ändern wollen. Er hat zwar durch § 136 Abs. 1 Satz 2 VwO die Gewährung der Vergünstigungen des § 105 BranntwMonG für Erzeugnisse, die zur Ausfuhr in ein Zollgutlager oder Zollaufschublager aufgenommen werden, davon abhängig gemacht, daß die Erzeugnisse unter zollamtlicher Überwachung aus dem Monopolgebiet ausgeführt werden. Damit kommt aber nicht ein Wille zum Ausdruck, dem Begriff der Ausfuhr einen anderen Inhalt zu geben als den, den er bereits vom Gesetzgeber durch § 105 BranntwMonG erhalten hat. Eine von dieser Vorschrift abweichende Anwendung des Begriffes „Ausfuhr” in der Branntweinverwertungsordnung ergibt sich auch nicht daraus, daß die Vorschriften des § 136 Abs. 1 Satz 2 und des § 147 Satz 2 VwO im Gegensatz zu verbrauchsteuerrechtlichen Regelungen über die Steuerbefreiung oder Steuererstattung für auszuführende Erzeugnisse nicht schon die Abfertigung zu einem Zollverkehr der Ausfuhr gleichsetzen. Denn die Frage, ob der Ausfuhr ein anderer Vorgang rechtlich gleichzusetzen ist oder nicht, läßt den Begriff der Ausfuhr unberührt.
Die Vorschriften des § 1 Nr. 5 und des § 105 BranntwMonG lassen es nicht zu, den Inhalt des monopolrechtlichen Begriffes „Ausfuhr” nach Vorschriften der EWG-Marktordnung zu bestimmen. Die Rechtsprechung des EGH muß hier schon deshalb außer Betracht gelassen werden, weil der EGH nur zur Auslegung des EWG-Rechts zuständig ist (vgl. Art. 164 ff. des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft).
§ 135 VwO, der bestimmt, unter welchen Voraussetzungen die Ausfuhrvergütung für Trinkbranntwein gewährt wird, ist wie jede andere Rechtsnorm mit dem Ziel auszulegen, aus ihrem Wortlaut und aus dem Sinnzusammenhang, in dem sie steht, den objektivierten Willen des Verordnungsgebers festzustellen (vgl. Entscheidung des BVerfG vom 21. Mai 1952 2 BvH 2/52, BVerfGE 1, 299, 312; BFH-Urteil vom 1. Februar 1973 I R 87/71, BFHE 108, 366, BStBl II 1973, 410, mit weiteren Nachweisen). Weder dem Wortlaut des § 135 VwO noch dem Sinnzusammenhang mit anderen Vorschriften läßt sich ein objektivierter Wille des Verordnungsgebers entnehmen, die Gewährung der Ausfuhrvergütung für Trinkbranntwein nicht nur von der Ausfuhr selbst, sondern noch von einem Nachweis abhängig zu machen, daß der Trinkbranntwein im Ausland in den freien Verkehr gelangt und dem Endverbraucher als deutsches Erzeugnis angeboten worden ist. An dieser schon im Urteil vom 22. März 1977 VII R 48/74 (BFHE 122, 194) vertretenen Auffassung hält der Senat fest. Sie entspricht auch § 152 Abs. 2 BranntwMonG, der davon ausgeht, daß für ausgeführten Branntwein die auf § 105 BranntwMonG beruhende Ausfuhrvergütung auch dann gewährt wird, wenn der Branntwein gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 2 ZG seine Zugehörigkeit oder enge Beziehung zur Wirtschaft des Zollgebietes nicht verloren hat.
Weder der durch § 105 BranntwMonG und § 135 VwO erkennbare Zweck der Ausfuhrvergütung, dem inländischen Monopolrecht unterliegenden Erzeugnissen den Wettbewerb auf inländischen Märkten zu ermöglichen (vgl. die Urteile des erkennenden Senats VII K 4/69 und vom 19. Februar 1974 VII K 17/70, BFHE 112, 98), noch die Gefahr, daß ausgeführter Trinkbranntwein zur Erzeugung von Wermutwein verwendet und dieser in das Monopolgebiet eingeführt wird, kann es rechtfertigen, § 135 VwO gegen seinen Wortlaut und Sinnzusammenhang auszulegen und als Voraussetzung für die Gewährung der Ausfuhrvergütung neben der Ausfuhr auch noch zu fordern, daß das Erzeugnis im Ausland in den freien Verkehr gelangt und den Endverbrauchern als deutsches Erzeugnis angeboten worden ist. Der Zweck der Ausfuhrvergütung ist bereits dadurch erfüllt, daß sie dem Erzeugnis den Wettbewerb auf ausländischen Märkten ermöglicht, nicht erst mit der Verwirklichung dieser Möglichkeit. Der Anreiz zu einem „Karussellverkehr” des im ausgeführten Branntwein enthaltenen Weingeistes entsteht, wenn für den Weingeist die Ausfuhrvergütung höher ist als der Monopolausgleich. Es hat in der Hand des Verordnungsgebers gelegen, in die Branntweinverwertungsordnung Bestimmungen aufzunehmen, die einen solchen Anreiz vermeiden. Das FG hat zu Recht darauf hingewiesen, daß es nicht Aufgabe der Gerichte sein kann, vom Verordnungsgeber in Kauf genommene Lücken durch eine Auslegung seiner Vorschriften zu schließen, die dem widersprechen, was der Verordnungsgeber durch ihren Wortlaut und Sinnzusammenhang als seinen objektivierten Willen zum Ausdruck gebracht hat.
Da nach dem festgestellten Sachverhalt keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, daß etwa der Trinkbranntwein nur zu seiner Vernichtung ausgeführt worden sein könnte, ist das FG zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, daß eine Ausfuhr i. S. des § 135 VwO stattgefunden und damit die Klägerin den Anspruch auf Gewährung der Ausfuhrvergütung gegenüber der BMV erworben hat.
Die Vorschriften des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft standen der Gewährung der Ausfuhrvergütung nicht entgegen (vgl. das Urteil des Senats VII R 48/74).
Fundstellen
Haufe-Index 514712 |
BFHE 1978, 461 |