Entscheidungsstichwort (Thema)
Anschlußkosten an Stromversorgung
Leitsatz (NV)
1. Erstmalige Beiträge für die Erschließung eines Grundstücks entfallen auf den Grund und Boden und können deshalb keine Herstellungskosten eines Gebäudes sein (Anschluß an ständige Rechtsprechung).
2. Dies gilt auch für die erstmaligen Kosten des Anschlusses des Grundstücks an die Stromversorgung, hier einen Baukostenzuschuß an das Elektrizitätswerk zur teilweisen Abdeckung der notwendigen Kosten für die Erstellung oder Verstärkung der örtlichen Stromverteilungsanlage außerhalb des Grundstücks des Steuerpflichtigen (Abweichung vom BFH-Urteil vom 15. 1. 1965 VI 115/63 U, BFHE 81, 628, BStBl III 1965, 227).
Normenkette
EStG § 7 Abs. 5, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, § 21
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) war Eigentümerin eines Grundstücks, das sie im Streitjahr 1984 mit einem Wohngebäude bebaute. Sie erzielte hieraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Anläßlich des Anschlusses des Grundstücks an die Stromversorgung zahlte sie im Streitjahr an ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen einen Baukostenzuschuß von 2 474 DM, der zur teilweisen Abdeckung der notwendigen Kosten für die Erstellung oder Verstärkung der örtlichen Stromverteilungsanlagen außerhalb des Grundstücks der Klägerin bestimmt war (§ 9 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden - AVBEltV - vom 21. Juni 1979, BGBl I 1979, 684).
Die Klägerin beantragte in ihrer Einkommensteuererklärung 1984, diesen Betrag in die Bemessungsgrundlage für die Absetzung nach § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einzubeziehen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) rechnete diese Aufwendungen jedoch zu den Anschaffungskosten für den Grund und Boden. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es führte aus, zu den Herstellungskosten eines Gebäudes zählten alle Aufwendungen, die erforderlich seien, um ein zu Wohnzwecken errichtetes Gebäude benutzbar zu machen. Hierzu gehörten auch die Kosten für den Anschluß des Hauses an das Stromversorgungsnetz (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15. Januar 1965 VI 115/63 U, BFHE 81, 628, BStBl III 1965, 226), und zwar nicht nur die unmittelbaren Hausanschlußkosten, sondern auch die für die Erstellung oder Verstärkung von Verteileranlagen notwendigen, zum Teil durch Baukostenzuschüsse der Grundstückseigentümer abzudeckenden Aufwendungen; denn der Baukostenzuschuß könne nur im Zusammenhang mit der Errichtung eines Gebäudes verlangt werden, so daß ein unmittelbarer Bezug zum Gebäude bestehe (Hinweis auf FG Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart, Urteil vom 30. September 1983 IX 147/79, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1984, 225, rechtskräftig).
In der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision führt das FA aus, der Baukostenzuschuß zähle zu den Anschaffungskosten für den Grund und Boden.
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Das angefochtene Urteil war aufzuheben, weil der an das Elektrizitätsversorgungsunternehmen gezahlte Baukostenzuschuß entgegen der Rechtsauffassung des FG nicht zu den Herstellungskosten für das Gebäude, sondern zum Aufwand für den Grund und Boden gehört.
Der Senat ist mit der ständigen Rechtsprechung des BFH der Auffassung, daß erstmalige Beiträge des Steuerpflichtigen für die Erschließung seines Grundstücks auf den Grund und Boden entfallen (vgl. zur Erstanlage einer Straße Urteil vom 18. September 1964 VI 100/63 S, BFHE 81, 233, BStBl III 1965, 85; zur Erstanlage einer Fußgängerzone Urteil vom 16. November 1982 VIII R 167/78, BFHE 137, 55, BStBl II 1983, 111). Hierbei kann es offenbleiben, ob es sich um (nachträgliche) Anschaffungskosten (so z. B. BFH-Urteil in BFHE 137, 55, BStBl II 1983, 111) oder um (nachträgliche) Herstellungskosten des Grund und Bodens handelt (so Schmidt / Glanegger, Einkommensteuergesetz, 7. Aufl., § 6 Anm. 34 ,,Erschließungskosten"), da sich die steuerrechtlichen Folgen nicht unterscheiden. Erstmalige Erschließungsbeiträge beziehen sich in erster Linie auf das Grundstück, weil sie dazu dienen, es baureif zu machen (Bordewin in Lademann / Söffing / Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 21 Anm. 264 ,,Erschließungsbeiträge"). Sie gehören als Voraussetzung für die Bebaubarkeit des Grundstücks noch nicht zu den Herstellungskosten des Gebäudes.
Dasselbe gilt nach der BFH-Rechtsprechung für die Kosten des erstmaligen Anschlusses an die Wasserversorgung (Urteil vom 4. November 1986 VIII R 322/83, BFHE 148, 513, BStBl II 1987, 333), soweit es sich nicht um Aufwendungen für Anlagen auf dem Grundstück des Steuerpflichtigen handelt (sog. Hausanschlußkosten, vgl. BFH-Urteil vom 24. November 1967 VI R 302/66, BFHE 91, 42, BStBl II 1968, 178) oder dadurch bereits vorhandene Einrichtungen ersetzt werden (sog. Ergänzungsbeiträge, vgl. BFH-Urteil in BFHE 148, 513, BStBl II 1987, 333). Dabei spielt es keine Rolle, wann die Beiträge erhoben werden. Insbesondere ist unerheblich, ob die Beiträge erst bei der Bebauung des Grundstücks zu zahlen sind.
Die beim erstmaligen Anschluß eines Grundstücks an die Stromversorgung anfallenden Kosten können entgegen dem FG-Urteil nicht anders beurteilt werden als die Aufwendungen für den Wasseranschluß; denn es handelt sich jeweils um Anlagen zur Versorgung des Grundstücks, für die die gleichen Maßstäbe gelten. Die Bebaubarkeit des Grundstücks setzt sowohl den Anschluß an die Wasserversorgung als auch an das Stromnetz voraus. Soweit der VI. Senat in seinem Urteil in BFHE 81, 628, BStBl III 1965, 226 Stromanschlußkosten einschließlich des Netzkostenbeitrags als Gebäudeherstellungskosten beurteilt hat, sieht der erkennende Senat diese Entscheidung als durch das BFH-Urteil in BFHE 91, 42, BStBl II 1968, 178 überholt an. Einer Anfrage beim VI. Senat wegen Abweichung vom Urteil in BFHE 81, 628, BStBl III 1965, 226 bedarf es jedenfalls deshalb nicht, weil dieses Urteil vor Inkrafttreten der Finanzgerichtsordnung (FGO) - 1. Januar 1966 - ergangen und nicht gemäß § 64 der Reichsabgabenordnung veröffentlicht worden ist (vgl. § 184 Abs. 2 Nr. 5 FGO; Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Mai 1965 2 BvR 259/63, BVerfGE 19, 38).
2. Die Vorentscheidung, die von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Da das FA den Baukostenzuschuß zu Recht als Aufwand auf den Grund und Boden behandelt hat, war die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 62495 |
BFH/NV 1989, 633 |