Leitsatz (amtlich)
Die Gewährung der Steuervergünstigung nach § 14 Abs. 1 des 2. VermBG setzt voraus, daß der Unternehmer die vermögenswirksamen Leistungen allen Arbeitnehmern seines Betriebs angeboten hat. Ein Ausschluß einzelner Arbeitnehmer von dem Angebot ist auch dann nicht zulässig, wenn im Zeitpunkt des Angebots das Arbeitsverhältnis gekündigt war.
Normenkette
2. VermBG § 5 Abs. 1, § 14 Abs. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Inhaber eines Ingenieurbüros. Mit seiner Einkommensteuererklärung 1966 beantragte er, ihm für die seinen Arbeitnehmern gewährten vermögenswirksamen Leistungen von 1 560 DM eine Steuerermäßigung von 468 DM zu gewähren. Der Beklagte und Revisionskläger (FA) stellte fest, daß der Kläger eine Arbeitnehmerin von dem Angebot der vermögenswirksamen Leistung im Dezember 1966 ausgeschlossen hatte und versagte deshalb die Steuervergünstigung. Der Kläger machte geltend, daß die ausgeschlossene Arbeitnehmerin im Zeitpunkt des Angebots das Arbeitsverhältnis am 15. Dezember 1966 zum Ablauf der Mutterschutzfrist am 15. März 1967 gekündigt hatte, und daß sie seit dem 19. November 1966 krank gewesen sei. Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Die Klage hatte Erfolg. Das FG führte in seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1974 S. 134 veröffentlichten Urteil aus, nach einer in Übereinstimmung mit den übrigen Bundesländern ergangenen Entschließung des Bayerischen Staatsministeriums für Finanzen (BStMF) vom 10. Dezember 1965 S 2176 - 76/217 - 70531 (BStBl II 1966, 30 i. V. m. BStBl II 1965, 187 unter VII.) hätte eine Rückzahlungsklausel im Zusammenhang mit der Gewährung der vermögenswirksamen Leistungen vereinbart werden können. Es wäre widersprüchlich, das Angebot der vermögenswirksamen Leistung an einen Arbeitnehmer zu fordern, der die Zuwendung bei Vereinbarung einer Rückfallklausel wieder zurückzahlen müßte.
Mit der von dem FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung des § 5 2. VermBG und beantragt, unter Aufhebung des FG-Urteils die Klage als unbegründet abzuweisen. Es trägt vor:
Das Angebot von vermögenswirksamen Leistungen dürfe nicht auf bestimmte Arbeitnehmer beschränkt werden. Der Gesetzgeber habe durch die Änderung des § 3 des 1. VermBG bewußt in Kauf genommen, daß ein Ausschluß bestimmter Arbeitnehmergruppen nicht mehr möglich sei. Es könne dahinstehen, ob die Entschließung des BStMF (a. a. O.) mit § 5 des 2. VermBG vereinbar sei, da hier ein anderer Sachverhalt vorliege.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klagabweisung.
Nach § 14 Abs. 1 des 2. VermBG kann ein Unternehmer seine Einkommensteuer um 30 v. H. der Beträge kürzen, die er seinen Arbeitnehmern als vermögenswirksame Leistungen zugewendet hat. Die Steuervergünstigung wird nur gewährt, wenn die vermögenswirksamen Leistungen nach § 5 Abs. 1 des 2. VermBG allen Arbeitnehmern eines Betriebs oder Betriebsteils angeboten worden sind (vgl. Urteil des BFH vom 28. Februar 1975 VI R 74/73, BFHE 115, 567, BStBl II 1975, 710). Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, läßt § 5 Abs. 1 des 2. VermBG einen Ausschluß bestimmter Arbeitnehmergruppen von diesem Angebot nicht zu. So muß auch ein Arbeitnehmer, der erkrankt oder dessen Arbeitsverhältnis wirksam gekündigt ist, in das Angebot einbezogen werden (vgl. Fitting-Hentrich-Schwedes, Drittes Vermögensbildungsgesetz, 8. Aufl., 1975, Anm. 2 und 3 zu § 5; Schieckel, Vermögensbildungsgesetz, 31. Lfg., Anm. 3 zu § 5 des 3. VermBG). Diese Auslegung nach dem Wortlaut der Vorschrift entspricht dem erklärten Willen des Gesetzgebers. Während § 3 des 1. VermBG und auch der Regierungsentwurf des § 5 Abs. 1 des 2. VermBG ausdrücklich die Möglichkeit vorsahen, das Angebot vermögenswirksamer Leistungen auf bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern zu beschränken, enthält die endgültige Fassung des § 5 Abs. 1 des 2. VermBG auf Vorschlag des Ausschusses für Arbeit des Deutschen Bundestages diese Einschränkung nicht mehr. Der Ausschuß befürchtete, daß sonst Spannungen im Betrieb entstehen könnten (vgl. Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit, Bundestagsdrucksache IV/3224, Teil A, II. zu § 5 Abs. 1).
Eine andere rechtliche Beurteilung kann nicht mit dem Hinweis auf Abschn. VII des gemeinsamen Ländererlasses (a. a. O.) begründet werden, in dem Rückzahlungsklauseln beim vorzeitigen Ausscheiden eines Arbeitnehmers in beschränktem Umfang für zulässig angesehen werden. Es kann dahinstehen, ob der Erlaß überhaupt mit der gesetzlichen Regelung vereinbar ist (teilweise ablehnend Fitting-Hentrich-Schwedes, a. a. O., Anm. 10 zu § 3). Selbst wenn man ein Angebot vermögenswirksamer Leistungen unter dem Vorbehalt einer Rückzahlungsklausel für zulässig ansieht, so kann deshalb bei Personen, bei denen eine Rückzahlungsklausel - sollte sie vereinbart sein - voraussichtlich zum Zug kommen könnte, nicht von vornherein von einem Angebot abgesehen werden. Durch das Erfordernis des Angebots an alle zu diesem Zeitpunkt dem Betrieb angehörenden Arbeitnehmer soll sichergestellt werden, daß kein Arbeitnehmer übergangen wird und Willkürmaßnahmen auf jeden Fall ausgeschlossen sind. Durch die damit verbundene Offenlegung der geplanten Sozialmaßnahmen gegenüber der gesamten Arbeitnehmerschaft wird erreicht, daß jeder Arbeitnehmer seine Rechte selbst erkennen und beurteilen kann. Das Angebot an alle Arbeitnehmer hat somit eine selbständige Bedeutung im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern, da es der Sicherung des sozialen Friedens in dem Betrieb dient. Es spielt deshalb keine Rolle, ob im Einzelfall der Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer die Rückzahlung der vermögenswirksamen Leistung verlangen kann.
Das Urteil des FG, das auf einer anderen Rechtsauffassung beruht, war aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif. Da der Kläger unstreitig einer Arbeitnehmerin in seinem Betrieb die vermögenswirksame Leistung nicht angeboten hat, hat ihm das FA zu Recht die Gewährung der Steuervergünstigung nach § 14 Abs. 1 des 2. VermBG versagt. Die Klage war somit als unbegründet abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 71916 |
BStBl II 1976, 583 |
BFHE 1977, 106 |