Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Bewertet ein Steuerpflichtiger seine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft auf den 21. Juni 1948 nach Maßgabe des Vermögens dieser Gesellschaft ohne Berücksichtigung der es belastenden Vermögensabgabe (§§ 4 Abs. 3, 2 Abs. 5 des 3. DMBEG), so bietet die Belastung mit der Vermögensabgabe keinen Anlaß, die Beteiligung gleichzeitig mit dem niedrigeren Teilwert anzusetzen.
Normenkette
DMBG § 5; DMBEG § 2 Abs. 5; DMBEG § 4/3; DMBEG § 7/1; DMBEG § 11/1; DMBEG § 12/11
Tatbestand
Die Bfin. hält zu 100 v. H. die Geschäftsanteile der Firma "S-Werke AG"
In ihrer DM-Eröffnungsbilanz (DMEB) hatte sie ihre Beteiligung zunächst mit 2,6 Millionen DM bewertet. Auf Grund der Vorschriften der §§ 4 Abs. 3 und 2 Abs. 5 des Dritten D-Markbilanzergänzungsgesetzes (3. DMBEG) setzte sie die Beteiligung gemäß § 7 Abs. 1 a. a. O. zum 31. Dezember 1955 mit 6,335 Millionen DM an; zum gleichen Zeitpunkt schrieb sie sie um 2,335 Millionen DM auf 4 Millionen DM als den niedrigeren Teilwert ab. Streitig ist, ob der Betrag von 2,335 Millionen DM den Verlust dieses Jahres erhöht und damit im Streitjahr (1956) ein um diesen Betrag höherer Verlustabzug gegeben ist.
Das Finanzamt hat diese Frage verneint, da keine Umstände erkennbar seien, die den Ansatz der Beteiligung zum 31. Dezember 1955 mit dem niedrigeren Teilwert rechtfertigten. Auch die Sprungberufung der Bfin. blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht begründet seine Entscheidung wie folgt:
Im Streitfall könne die Beteiligung noch den Vorschriften des 3. DMBEG mit dem Kapital des Beteiligungsunternehmens angesetzt werden, wie es sich seinerseits aus dem Ansatz der es bestimmenden Wirtschaftsgüter nach den Vorschriften des D-Markbilanzgesetzes (DMBG) ergebe. Dieses Kapital stimme indessen nicht notwendig mit dem Wert des Beteiligungsunternehmens überein, der den Wert der Beteiligung bestimme. Im Gegensatz zur Auffassung der Bfin., die die Vorschriften der §§ 6 bis 34 DMBG und des 3. DMBEG als Spezialvorschriften ansehe, die der allgemeinen Bewertungsvorschrift des § 5 DMBG gegenüber Vorrang hätten, begrenzten sie als spezielle Höchstwertvorschriften nicht den Wertansatz der von ihnen betroffenen Wirtschaftsgüter schlechthin, sondern in Ansehung eines ohne sie möglichen (noch) höheren Wertansatzes nach § 5 DMBG. Der allgemeine Zeitwertgedanke des § 5 DMBG sei auch in ihnen wirksam.
Die Bfin. sei deshalb gehalten, entsprechende Umstände darzutun, wenn sie behaupten wolle, daß der Teilwert ihrer Beteiligung (als deren Zeitwert) zwischen dem 21. Juni 1948 und dem 31. Dezember 1955 von 6,335 Millionen DM auf 4 Millionen DM gesunken sei. Als ein solcher den Wertrückgang begründender Umstand könne indes nicht die Berücksichtigung des Zeitwerts der von dem Beteiligungsunternehmen zu leistenden Vermögensabgabe angesehen werden. Es sei zwar richtig, daß bei der Bewertung einer Beteiligung die Vermögensabgabe des Beteiligungsunternehmens zu berücksichtigen sei. Das habe auch bereits für den 21. Juni 1948 gegolten, da nur das Beteiligungsunternehmen selbst die Vermögensabgabe gemäß § 14 Abs. 1 DMBG nicht habe auszuweisen brauchen. Alle übrigen von der Bfin. vorgetragenen Umstände beträfen die wirtschaftlichen Verhältnisse, die am 21. Juni 1948 bereits vorgelegen hätten und deshalb bei der Anteilsbewertung auf diesen Stichtag zu berücksichtigen gewesen seien. Ungeachtet der Frage, ob der Wertansatz mit 6,335 Millionen DM zu hoch sei, genüge im Streitfall die Feststellung, daß der Wert der Beteiligung am 31. Dezember 1955 nicht niedriger als am 21. Juni 1948 gewesen sei.
Schließlich sei die Vermögensabgabe nach § 211 Abs. 1 Nr. 1 LAG beim Beteiligungsunternehmen selbst mit einem Drittel der von ihm entrichteten Vierteljahrsbeträge vom steuerpflichtigen Gewinn abzugsfähig. Daraus folge aber, daß es nicht der Wille des Gesetzgebers sein könne, auch bei der Bfin. über die Bewertung ihrer Beteiligung bei tatsächlich unverändert gebliebenen Wertverhältnissen die Vermögensabgabe des Beteiligungsunternehmens in voller Höhe gewinnmindernd zum Abzug zuzulassen.
Hiergegen richtet sich die Rb. der Bfin., zu deren Begründung sie folgendes vortragen läßt:
§ 4 Abs. 3 des 3. DMBEG enthalte eine klare, einer einengenden Auslegung nicht zugängliche Regelung, die auch nicht dem Zeitwert- (Teilwert-) Gedanken des allgemeinen Bewertungsgrundsatzes des § 5 DMBG unterliege. Diese Regelung entnehme den Begriff des Eigenkapitals des Beteiligungsunternehmens aus § 2 Abs. 5 des 3. DMBEG, demzufolge die Vermögensabgabe ausdrücklich unberücksichtigt bleibe, selbst wenn das Unternehmen sie passiviert habe. Daß die Bfin. den Wert der Beteiligung am 21. Juni 1948 mit 6,335 Millionen DM auch heute noch uneingeschränkt für zutreffend erachte, habe sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Berichterstatter des Finanzgerichts ausdrücklich erklärt.
Die Gründe, die die zum 31. Dezember 1955 vorgenommene Bewertung mit dem niedrigeren Teilwert rechtfertigten, habe sie in verschiedenen Stellungnahmen und Schriftsätzen dargelegt, so vor allem die nach dem Währungsstichtag erfolgte Verpachtung des Beteiligungsunternehmens an die M-Werke AG, deren völlig anders geartetes Produktionsprogramm eine rentable Ausnutzung der Anlagen des Unternehmens nicht zugelassen habe. Auch die nach Auflösung des Pachtverhältnisses einsetzenden Bemühungen der Bfin., das Unternehmen zu verkaufen, durch Verpachtung und schließlich mit Hilfe erheblicher eigener Kapitalinvestitionen selbst zu nutzen, seien fehlgeschlagen und erwiesen damit die Berechtigung der Abschreibung. Diese Umstände und die aus ihnen resultierenden geringen Pachteinnahmen und die Verluste des Beteiligungsunternehmens, die am 21. Juni 1948 noch nicht voraussehbar gewesen seien, lägen zeitlich nach dem 21. Juni 1948, so daß keine Rede davon sein könne, daß die Ausführungen der Bfin. die wirtschaftlichen Verhältnisse beträfen, wie sie am 21. Juni 1948 bereits vorgelegen hätten und deshalb bei der Bewertung der Beteiligung auf diesen Zeitpunkt zu berücksichtigen gewesen seien.
Angesichts des Sachvortrags der Bfin., mit dem diese den niedrigeren Teilwert der Beteiligung zum 31. Dezember 1955 nach verschiedenen Berechnungsmethoden dargetan habe, habe das Finanzgericht gegebenenfalls weitere Sachaufklärung verlangen können, nicht aber die Bfin. als beweisfällig behandeln dürfen, zumal es im finanzgerichtlichen Verfahren keinerlei Beweislast bzw. Beweisregeln gebe.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das Finanzgericht.
Der Bfin. ist darin zuzustimmen, daß die Vorschriften der §§ 4 Abs. 3 und 2 Abs. 5 des 3. DMBEG es ihr im Streitfall erlauben, ungehindert durch den allgemeinen Bewertungsgrundsatz des § 5 DMBG den Wert ihrer Beteiligung in ihrer steuerlichen DMEB zum 21. Juni 1948 nachträglich mit dem vom Finanzamt rechnerisch nicht beanstandeten Kapital des Beteiligungsunternehmens von 6,335 Millionen DM anzusetzen. Selbst wenn es das Anliegen des Gesetzgebers gewesen sein sollte, in den besonderen Bewertungsvorschriften der §§ 6 bis 34 DMBG und des 3. DMBEG lediglich den für die Bewertung der jeweiligen Wirtschaftsgüter in Betracht kommenden allgemeinen Bewertungsmaßstab zu konkretisieren (Urteil des Bundesfinanzhofs I 146/54 U vom 12. Juli 1955, BStBl 1955 III S. 264, Slg. Bd. 61 S. 168), sind im einzelnen Abweichungen zwischen den Ergebnissen der Bewertung nach dem speziellen und nach dem allgemeinen Bewertungsmaßstab möglich. In diesen Fällen kommt der Bewertung nach dem speziellen Bewertungsmaßstab der Vorrang zu.
Die Frage, ob dieser Wert auch in die auf den 31. Dezember 1955 aufzustellende handelsrechtliche Berichtigungsbilanz aufgenommen werden kann, beantwortet sich nach handelsrechtlichen Grundsätzen (ß 4 Abs. 4 des 3. DMBEG); diese stehen seiner Aufnahme entgegen, wenn der Wertansatz den Tageswert der Beteiligung am 31. Dezember 1955 übersteigt und deshalb seine gleichzeitige Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert erfordern würde.
Der Bfin. ist ferner darin zuzustimmen, daß eine berechtigte Bewertung der Beteiligung mit dem niedrigeren Teilwert in der Handelsbilanz auf den 31. Dezember 1955 eine entsprechende Bewertung in der Steuerbilanz zur Folge hat, bedingt durch die nunmehr wieder wirksame Wertverknüpfung, die durch § 11 Abs. 1 des 3. DMBEG für die Wirtschaftsjahre, die vor dem 31. Dezember 1955 endeten, ausgesetzt war, bzw. bedingt durch den Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz, soweit nicht besondere steuerliche Bewertungsvorschriften dem entgegenstehen.
Den sowohl in der Handelsbilanz als auch in der Steuerbilanz ausgewiesenen Wert der Beteiligung mit 4 Millionen DM hat die Bfin. nach dem Betriebsprüfungsbericht dergestalt ermittelt, daß sie das nach § 2 Abs. 5 des 3. DMBEG berechnete Kapital des Beteiligungsunternehmens um den Zeitwert der Vermögensabgabe und die Verluste des Beteiligungsunternehmens in der Zeit vom 21. Juni 1948 bis 31. Dezember 1953 - die Gewinne der Jahre 1954 und 1955 wurden auf Grund Organschaft mit Gewinn- und Verlustausschlußvertrag an die Bfin. abgeführt - gekürzt und um rückgängig gemachte Abschreibungen und einen Paketzuschlag erhöht hat.
Dem Finanzamt ist darin zuzustimmen, daß allein die Tatsache der Belastung des Beteiligungsunternehmens mit der Vermögensabgabe kein Grund ist, eine Abschreibung der Beteiligung auf den niedrigeren Teilwert zu rechtfertigen. Denn die Belastung bestand bereits am 21. Juni 1948 und war deshalb bei der Bewertung der Beteiligung von der Bfin. zu berücksichtigen, selbst wenn sie bei der Bemessung des Höchstwerts der Beteiligung außer Betracht gelassen werden konnte. Wenn § 4 Abs. 4 Satz 2 des 3. DMBEG für die steuerliche DMEB rückwirkend einen höheren Wertansatz zuläßt als § 4 Abs. 1 Satz 1 a. a. O. für die handelsrechtliche Berichtigungsbilanz auf den 31. Dezember 1955, so folgt dies daraus, daß die Steuerbilanzen vom 21. Juni 1948 bis zum 31. Dezember 1955 grundsätzlich (wenn auch mit Einschränkungen: § 11 Abs. 1 des 3. DMBEG; Urteil des Bundesfinanzhofs I 72/60 U vom 28. Februar 1961, BStBl 1961 III S. 181, Slg. Bd. 72 S. 495) mit allen steuerlichen Folgen, insbesondere auch für die Ertragsteuern (ß 12 Nr. 11 a. a. O.) berichtigt werden konnten, die Handelsbilanzen dagegen nicht; es bedeutet aber nicht, daß ein auf den 21. Juni 1948 zurückbezogener Steuerbilanzansatz nicht auch handelsrechtlich bei Rückbeziehung auf diesen Zeitpunkt hätte vertretbar sein müssen. Damit sollte solchen Wertänderungen, die in der Zeit vom 21. Juni 1948 bis zum 31. Dezember 1955 an Beteiligungen eingetreten waren, steuerlich zum 31. Dezember 1955 Rechnung getragen werden. Eine solche Wertänderung kann aber nicht in der Belastung des Beteiligungsunternehmens mit der Vermögensabgabe gesehen werden.
Das Finanzgericht hat bisher lediglich die rechnerische Berücksichtigung der Vermögensabgabe auf den 31. Dezember 1955 als Grund für die Bewertung der Beteiligung mit dem niedrigeren Teilwert behandelt. Zu den übrigen von der Bfin. vorgebrachten tatsächlichen Umständen und ihrer Bedeutung für die Bewertung der Beteiligung auf den 31. Dezember 1955 hat es bisher nicht Stellung genommen. Die Entscheidung war daher aufzuheben und die Sache insoweit zur Ergänzung an das Finanzgericht zurückzugeben.
Fundstellen
Haufe-Index 411777 |
BStBl III 1965, 699 |
BFHE 1966, 550 |
BFHE 83, 550 |
BB 1965, 1444 |
DB 1966, 326 |