Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage des Verhältnisses zwischen den §§ 7 c und 33 EStG 1949.

 

Normenkette

EStG §§ 7c, 33

 

Tatbestand

Der Steuerpflichtige (Stpfl.) ist Assistenzarzt in einem Krankenhaus und wird gemäß § 46 Abs. 1 Ziff. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1950 veranlagt. Er hat durch Kriegseinwirkung seine Wohnung mit Einrichtung verloren. Seine Frau und seine beiden Kinder haben infolgedessen bis zum Jahre 1949 in X gelebt.

Im Jahre 1949 hat er einem Hauseigentümer in Y zum Aufbau einer Wohnung von 4 Räumen mit einer Wohnfläche von 84 qm einen Baukostenzuschuß von DM 2.000 gegeben. Die Mittel für diesen Zuschuß hat er sich durch Aufnahme eines Darlehns von 1.000 DM und zwei weiteren Darlehen von je 500 DM verschafft. Er begehrt den Abzug der im Jahre 1950 geleisteten Tilgungsraten gemäß § 33 EStG.

Das Finanzamt hat den Abzug nicht zugelassen, dagegen hat das Finanzgericht dem Antrag stattgegeben.

Das Finanzgericht hat ausgeführt, daß die Tilgungsraten dann abzugsfähig seien, wenn die Schuldaufnahme eine Belastung im Sinne des § 33 EStG darstelle. Das ist vom Finanzgericht bejaht worden. Der Stpfl. sei total fliegergeschädigt und habe jahrelang von seiner Familie getrennt leben müssen. Die Beschaffung einer Familienwohnung an seinem Dienstort sei eine sittliche Verpflichtung gegenüber seiner Familie und somit zwangsläufig gewesen. Die Aufwendungen für die Tilgung des Darlehns stellten auch eine außerordentliche Belastung dar, da ihm hierdurch größere Aufwendungen als der Mehrzahl der Stpfl. gleicher Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erwachsen seien. Das Finanzgericht hat an Hand des statistischen Jahrbuches Nordrhein-Westfalen 1950/51 nachgewiesen, daß die Wohnungssuchenden eine Minderheit gegenüber den im Besitz einer Wohnung befindlichen Personen darstellten.

 

Entscheidungsgründe

Die auf das Urteil des erkennenden Senats IV 449/51 U vom 27. März 1952 (Bundessteuerblatt - BStBl. - 1952 Teil III S. 123) gestützte Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts ist unbegründet.

In dem zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmten Urteil IV 376/51 S vom 16. Oktober 1952 ist ausgeführt, daß der in der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Obersten Finanzgerichtshofs herausgestellte Grundsatz, daß vom Begriff des Außergewöhnlichen her nur eine qualifizierte (betonte, große) Mehrzahl gemeint sei, nicht für das Einkommensteuergesetz 1950 gilt. Es genügt die einfache Mehrzahl der Stpfl. Die dementsprechende Feststellung des Finanzgerichts ist daher nicht zu beanstanden. Ebenso ist die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen zutreffend bejaht worden.

Die Berufung des Finanzamts auf das Urteil IV 449/51 U geht fehl. Wenn der erkennende Senat in diesem Urteil ausgeführt hat, daß die Vergünstigungsvorschrift des § 7 c EStG für Baukostenzuschüsse in der Regel eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG ausschließt, so geschah dies, wie die Urteilsgründe unter Herausstellung der besonderen tatsächlichen Verhältnisse dieses Streitfalles ausführen, um eine unzulässige Erweiterung der Vorschrift des § 7 c EStG auf dem Wege über § 33 EStG zu verhindern. Der erkennende Senat wollte damit jedoch keineswegs die Anwendung des § 33 EStG neben der Vorschrift des § 7 c EStG grundsätzlich ausschließen. Bei einer Gegenüberstellung der §§ 7 c und 33 EStG ist folgendes zu berücksichtigen: § 7 c EStG gibt die Vergünstigung dem in dieser Vorschrift genannten Personenkreis ohne Rücksicht auf seine finanziellen Verhältnisse, während § 33 EStG dem Stpfl. eine Ermäßigung der Einkommensteuer nur beim Vorliegen außergewöhnlicher Belastungen zugesteht. Die Vorschrift des § 7 c EStG will den Wohnungsbau fördern, hat also objektiven Charakter; die Vorschrift des § 33 EStG will dagegen den in Bedrängnis geratenen Stpfl. eine steuerliche Erleichterung gewähren, ist also subjektiver Art.

Zur Zeit der Gewährung des Baukostenzuschusses, d. h. im Jahr 1949, waren Arbeitnehmer grundsätzlich von der Vergünstigung des § 7 c EStG ausgeschlossen. Eine Aushöhlung des § 7 c EStG auf dem Umwege des § 33 EStG kommt daher von vornherein nicht in Betracht. Durch die Schaffung des § 7 c EStG 1949 sind die steuerrechtlichen Verhältnisse der Arbeitnehmer nicht berührt worden. Hatten sie vorher - beim Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen - bei der Gewährung eines Baukostenzuschusses einen Anspruch auf die Steuerermäßigung des § 33 EStG, so konnte durch die Schaffung der im Jahre 1949 nur für Stpfl. mit ordnungsmäßiger Buchführung geltenden Vorschrift des § 7 c EStG 1949 eine Beeinträchtigung ihrer Ansprüche auf die Steuerermäßigung des § 33 EStG nicht eintreten.

Hiernach war der Rb. des Vorstehers des Finanzamts der Erfolg zu versagen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407566

BStBl III 1953, 68

BFHE 1954, 171

BFHE 57, 171

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