Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Wird bei der überführung der Wirtschaftsgüter einer Einzelfirma in eine neugegründete juristische Person zu den Buchwerten ein Teil des Kapitals der Einzelfirma in ein Gesellschafterdarlehen umgewandelt, so liegt insoweit eine steuerschädliche Entnahme vor.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Ziff. 3, § 6/4
Tatbestand
Die Steuerpflichtige (Stpfl.) wandelte am 1. Oktober 1949 ihr Unternehmen, an dessen Gewinn ihre Tochter zu 50 % beteiligt war, in eine GmbH unter Fortführung der bisherigen steuerlichen Buchwerte um. Das Stammkapital der GmbH beträgt 24 000 DM und entfällt zu je 50 % auf die Stpfl. und ihre Tochter. Das Kapitalkonto der Stpfl. ist in der Schlußbilanz des Personenunternehmens mit 29 568 DM ausgewiesen. Hiervon wurde ein Betrag von 12 000 DM auf die Stammeinlage der Stpfl. angerechnet, die damit als bewirkt galt. Der Restbetrag in Höhe von 17 568 DM wurde in ein Gesellschafterdarlehen umgewandelt. Die Kapitalbeteiligung der Tochter an dem früheren Unternehmen, die 12 800 DM betrug und aus stehengebliebenen Gewinnen herrührte, wurde ebenfalls in Gesellschafterdarlehen umgewandelt. Die Stammeinlage in Höhe von 12 000 DM wurde von der Tochter in bar geleistet.
Das Finanzamt hat in der Umwandlung des Personenunternehmens in eine GmbH eine Entnahme der Stpfl. in Höhe ihres Kapitalkontos (29 568 DM) erblickt und die Vergünstigung des nicht entnommenen Gewinnes versagt, da nach Hinzurechnung dieses Betrages zu den betrieblichen Entnahmen die Gesamtentnahmen den Gewinn überstiegen.
Das Finanzgericht gab der Berufung statt. Die Umwandlung einer Einzelfirma in eine Körperschaft stelle dann keine Entnahme dar, wenn die Werte der Einzelfirma zu den Buchansätzen in die Eröffnungsbilanz der GmbH übernommen würden. Das Finanzgericht trat in dieser Frage der vom Finanzgericht Schleswig-Holstein in der Entscheidung FG I 95-96/52 vom 24. März 1953 - Entscheidungen der Finanzgerichte Jahrgang 1953 Heft 2 - vertretenen Ansicht bei. Die gegenteilige Auffassung in dem Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 950/34 vom 12. Dezember 1935 (Steuer und Wirtschaft 1936 Nr. 83) lehnte es ab.
Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts beantragt die Wiederherstellung der Einspruchsentscheidung. Sie sieht in der Umwandlung einer Einzelfirma bzw. einer OHG in eine Körperschaft eine steuerschädliche Entnahme.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Der Senat hat wohl in den Entscheidungen IV 347/53 S vom 4. Februar 1954, Slg. Bd. 58 S. 528, Bundessteuerblatt - BStBl. - III S. 112, und IV 346/53 U vom 9. Dezember 1954, Slg. Bd. 60 S. 226, BStBl. 1955 III S. 88, gleichartige Auffassungen ausgesprochen, wie sie der Entscheidung des Finanzgerichts zugrunde liegen. Im vorliegenden Falle muß aber beachtet werden, daß ein Teil des Kapitals der Stpfl. an dem bisherigen Unternehmen in Höhe von 17 568 DM in ein Gesellschafterdarlehen umgewandelt worden ist. Diese Umwandlung stellt eine steuerschädliche Entnahme dar (siehe Urteil des Bundesfinanzhofs IV 574/53 U vom 9. September 1954, Slg. Bd. 59 S. 275, BStBl. III S. 317). Die Vorentscheidung sieht in dem Besitz der Anteile die Fortführung des Gewerbebetriebes und nimmt eine betriebliche Forderung an. Sie stützt sich hierbei auf die Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 1559/32 vom 12. April 1934, Reichssteuerblatt 1934 S. 838. Dieses Urteil enthält den Satz: "Das in Aktien umgewandelte Betriebsvermögen bleibt auch weiter gewerbliches Vermögen". Hieraus wird die Fortführung eines Gewerbebetriebes gefolgert. Der Grundsatz des Reichsfinanzhofs erschöpft sich aber in der Frage der Gewinnrealisierung der in dem bisherigen Einzelunternehmen enthaltenen stillen Reserven. Er verändert den wirtschaftlichen Vorgang nicht, nachdem der Betrieb der natürlichen Person auf eine Körperschaft übergegangen ist. Die Rechtslage kann anders sein, wenn nur Teile einer Einzelfirma an eine Körperschaft übergehen (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 346/53 U vom 9. Dezember 1954). Da ein gewerblicher Betrieb der Stpfl. im vorliegenden Fall nicht mehr besteht, konnte die Forderung an die Körperschaft auch nicht Betriebsvermögen werden.
Die Vorentscheidung hat dies verkannt und muß deshalb aufgehoben werden. In den streitigen Steuerabschnitten hat somit die Entnahme eine Höhe von 39 710 DM + 17 568 DM = 57 278 DM erlangt und den Gewinn in Höhe von 48 650 DM überschritten. Im Ergebnis hat das Finanzamt somit die Veranlagung zutreffend durchgeführt. Die Berufung gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts ist deshalb als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 408268 |
BStBl III 1955, 345 |
BFHE 1956, 376 |
BFHE 61, 376 |
DB 1955, 1154 |