Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Ist für eine Zugmaschine ohne Güterladeraum gemäß § 55 Abs. 3 in Verb. mit § 54 Abs. 4 KraftStDB eine auf den Zeitraum von zwei Jahren lautende Bescheinigung über die Steuerbefreiung erteilt worden und wird die Zugmaschine während dieses Zeitraums vorübergehend für nicht steuerbegünstigte Zwecke verwendet, so ist die Kraftfahrzeugsteuer nur für die Zeit der vorübergehenden Verwendung der Zugmaschine zu den nicht steuerbegünstigten Zwecken unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 13 Abs. 4 KraftStG zu erheben.
Normenkette
KraftStG § 13 Abs. 4, § 13/5, § 2/6/a
Tatbestand
Für die Zugmaschine der Beschwerdeführerin (Bfin.) war vom Finanzamt das Vorliegen der Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift des Art. I Ziff. 2 des Kontrollratsgesetzes (KontrRG) Nr. 51 (ausschließliche Verwendung der Zugmaschine in einem landwirtschaftlichen Betrieb) unter Erteilung einer Bescheinigung über die Steuerbefreiung für die Zeit vom 1. Januar 1950 - 31. Dezember 1951 anerkannt worden. Die Polizei stellte am 8. Januar 1951 fest, daß die Zugmaschine an diesem Tage zur Beförderung von Eis auf zwei nicht zugelassenen Anhängern verwendet worden ist. Das Eis war aus dem der Bfin. gehörenden Weiher entnommen worden und war für den Brauereibetrieb der Bfin., der nach Lager der Akten kein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb ist, bestimmt. Das Finanzamt sah diese Verwendung der Zugmaschine als eine die Befreiungsvorschrift ausschließende Verwendung an und forderte die Kraftfahrzeugsteuer für die Zugmaschine und die beiden Anhänger zunächst für die Zeit vom 8. Januar 1951 bis 7. April 1951 durch Bescheid vom 13. März 1951 in Höhe von 188,20 DM, dann auch noch für die Zeit vom 8. April 1951 bis 7. Januar 1952 durch Bescheid vom 30. Januar 1952 in Höhe von 548,50 DM. Für die Zeit ab 1. Januar 1952 stellte das Finanzamt die Zugmaschine wieder als ausschließlich landwirtschaftlich verwendet steuerfrei. Die Bfin. wendet sich gegen die Steuerbescheide.
Entscheidungsgründe
Einspruch und Berufung blieben erfolglos.
Was zunächst die Frage anlangt, ob die Verwendung der Zugmaschine zur Beförderung des Eises für die Zwecke des Brauereibetriebes der Bfin. am 8. Januar 1951 eine die Befreiungsvorschrift ausschließende Verwendung ist, so ist entgegen der Auffassung des Finanzgerichts nicht gleichgültig, ob der Weiher, aus dem das Eis gewonnen wurde, zum landwirtschaftlichen Betrieb der Bfin. gehört oder nicht. Gehört der Weiher zum landwirtschaftlichen Betrieb der Bfin., wofür die Zurechnung des Weihers zum landwirtschaftlichen Betrieb bei der Einheitsbewertung sprechen würde, so würde die Beförderung des Eises zum Brauereibetrieb als eine im landwirtschaftlichen Betrieb anfallende Tätigkeit anzusehen sein. Daß in diesem Falle das Eis einem gewerblichen Betrieb zugeführt werde, schließt die Anwendung der Befreiungsvorschrift ebensowenig aus, wie dies bei der Zuführung beispielsweise von im landwirtschaftlichen Betrieb erzeugten Zuckerrüben zum gewerblichen Betrieb einer Zuckerfabrik der Fall wäre.
Es kann dem Finanzgericht ferner nicht zugestimmt werden, wenn es die Steuerfestsetzungen auch insoweit als richtig bestätigt, als diese sich auf die Zeit nach dem 7. Februar 1951 beziehen.
Das Finanzgericht begründet diese seine Auffassung einmal damit, daß die Bescheinigung über die Steuerfreiheit "für den festen Zeitraum von zwei Jahren" ausgestellt sei. Dies lasse nach der Verkehrsauffassung die logische Folgerung zu, daß im Falle einer nicht steuerbegünstigten Verwendung der Zugmaschine für den Rest dieses Zeitraums die Vergünstigung verwirkt sei, so daß also beim Widerruf einer vom Finanzamt nach § 55 Abs. 3 in Verbindung mit § 54 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen zum Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStDB) auf die Dauer von zwei Jahren anerkannten Steuerbefreiung dieselbe Zugmaschine erst nach Ablauf dieses Zeitraums wieder steuerfrei gestellt werden könne. Im Gegensatz zur Auffassung des Finanzgerichts aber handelt es sich nicht um eine Befreiung für den festen Zeitraum von zwei Jahren. Die Bescheinigung ist nach § 54 Abs. 4 KraftStDB jeweils nur unter dem Vorbehalt des Widerrufs zu erteilen und war im Streitfall zweifellos auch so erteilt worden. In dem Vordruck der Bescheinigung ist ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Bescheinigung nur so lange gilt, als die darin angegebenen Voraussetzungen zutreffen. Die Befreiung beruht auch gar nicht auf der Bescheinigung, sondern auf dem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Befreiung. Der Bescheinigung mit der Beschränkung der Steuerbefreiung längstens auf die Dauer von zwei Jahren kommt also keine die Befreiung begründende, sondern nur eine verwaltungsmäßige Bedeutung zu. Der für die Gültigkeit der Bescheinigung jeweils vorzusehende Zeitraum von zwei Jahren hat lediglich die Bedeutung, den Halter der Zugmaschine nach Ablauf des Zeitraums erneut zur Stellung eines Antrages auf Anerkennung der Steuerbefreiung unter Darlegung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung und das Finanzamt zur erneuten Prüfung zu veranlassen. Aus dem in der Bescheinigung angegebenen Zeitraum von zwei Jahren läßt sich mithin nicht der vom Finanzgericht gezogene Schluß ziehen.
Das Finanzgericht begründet weiter seine Auffassung mit dem gesetzlichen Erfordernis der Ausschließlichkeit der Verwendung der Zugmaschine für landwirtliche Zwecke. Es folgert aus dem Erfordernis der Ausschließlichkeit, daß eine bisher ausschließlich landwirtschaftlich verwendete Zugmaschine, die von ihrem Halter vorübergehend (z. B. für die Wintermonate) auch zu nicht landwirtschaftlichen Zwecken verwendet werden soll, wenigstens für längere Zeit nicht mehr steuerfrei gestellt werden könne, auch wenn sie in der Folgezeit wieder lediglich landwirtschaftlichen Zwecken dient. Das gleiche gelte für den hier vorliegenden Fall der Verletzung der Befreiungsvorschrift. Dabei sieht das Finanzgericht als längeren Zeitraum "hilfsweise" den Zeitraum von zwei Jahren (Gültigkeitsdauer der Bescheinigung über die Steuerbefreiung) an, soweit er zu Beginn der Verwendung der Zugmaschine zu nicht landwirtschaftlichen Zwecken noch nicht abgelaufen war. Diese Auffassung findet im Gesetz keine Stütze. Das Gesetz stellt diejenigen Zugmaschinen von der Steuer frei, die ausschließlich auf Bauernhöfen oder Landgütern gebraucht werden. Es macht die Befreiung nicht davon abhängig, daß die Zugmaschine vor einem solchen Gebrauch - wenigstens für einen gewissen Zeitraum - von demselben Halter nicht anderweitig verwendet worden ist. Die vom Gesetz geforderte Ausschließlichkeit der Verwendung der Zugmaschine zu landwirtschaftlichen Zwecken kann sich also jeweils nur auf eine Verwendung in der Zeit beziehen, für die die Steuerfreiheit in Anspruch genommen wird, nicht jedoch auch auf eine in der Vergangenheit oder in der Zukunft liegende Verwendung der Zugmaschine. Die Auslegung des Wortes "ausschließlich" im Sinne des Finanzgerichts würde dazu führen, daß beispielsweise einem Landwirt, der seine Zugmaschine zunächst für seinen landwirtschaftlichen und seinen gewerblichen Betrieb verwendet hatte und nunmehr nach Aufgabe des gewerblichen Betriebes diese Zugmaschine ausschließlich in seinem landwirtschaftlichen Betriebe verwenden will, die Vergünstigung für einen "längeren Zeitraum" zu versagen wäre. Die erwähnte Auslegung würde ferner dazu führen, daß eine bisher gewährte Steuerbefreiung im Falle einer anderweitigen Verwendung der Zugmaschine rückwirkend beseitigt wird; denn die Anerkennung der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung durch das Finanzamt gibt einem gesetzlichen Freistellungsanspruch statt, sie würde also entgegen der Meinung des Finanzgerichts nicht unter § 96 der Reichsabgabenordnung (AO) fallen. Die Auffassung des Finanzgerichts würde mithin zu einer untragbaren Einschränkung der Befreiungsvorschrift führen, die vom Gesetzgeber nach dem Sinn und dem Zweck der Vorschrift nicht gewollt sein kann. Das Finanzgericht läßt sich bei seiner Auffassung von dem Gesichtspunkt leiten, die bei einer anderen Auffassung eintretende Verminderung des steuerlichen Risikos könnte dazu führen, daß sich die Landwirte leichter über Bedenken gegen eine bestimmungswidrige Verwendung ihrer Zugmaschine hinwegsetzen. Es kann dahingestellt bleiben. ob ein vermindertes Risiko tatsächlich die vom Finanzgericht befürchtete Folge haben würde. Jedenfalls kann die vom Finanzgericht befürchtete Folge für sich allein nicht rechtlich eine Auffassung begründen, die - wie dargelegt - im übrigen im Gesetz keine Stütze findet.
Steuerlich steht ein zugelassenes Kraftfahrzeug, das unter eine gesetzliche Befreiungsvorschrift fällt, einem nicht zugelassenen Kraftfahrzeug, das nicht zum Verkehr auf öffentlichen Straßen benutzt wird, gleich. Beide Fahrzeuge unterliegen nicht der Kraftfahrzeugsteuer. Wird nun ein nicht zugelassenes Kraftfahrzeug widerrechtlich benutzt, so entsteht die Steuerpflicht für die Dauer der widerrechtlichen Benutzung (ß 5 Ziff. 3 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes - KraftStG -). Dauert die widerrechtliche Benutzung eines nicht zugelassenen Kraftfahrzeugs kürzere Zeit als einen Monat oder dauert sei einen Monat, so ist die Steuer nur für einen Monat als den kürzesten Steuerzeitraum zu erheben. Es liegt kein innerer Grund vor, den Fall der Benutzung eines bisher steuerbefreiten Kraftfahrzeugs zu nicht steuerbegünstigten Zwecken steuerlich anders zu behandeln als den Fall der widerrechtlichen Benutzung eines nicht zugelassenen Kraftfahrzeugs. Vgl. hierzu auch die Entscheidung des Reichsfinanzhofs II A 370/26 vom 5. Oktober 1926 (Reichsfinanzhof Slg. Bd. 19 S. 301).
Hiernach war die Entscheidung des Finanzgerichts aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif, da nach den obigen Ausführungen festzustellen ist, ob der Weiher aus dem das Eis entnommen worden ist, zum landwirtschaftlichen Betrieb der Bfin. gehört oder nicht. Die Sache war daher an das Finanzgericht zur anderweitigen Entscheidung zurückzuverweisen, wobei vom Finanzgericht auch noch die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes auf 710 DM zu überprüfen wäre.
Fundstellen
Haufe-Index 407507 |
BStBl III 1952, 311 |
BFHE 1953, 813 |
BFHE 56, 813 |