Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen für Grünanlagen gehören in aller Regel nicht zu den Gebäudeherstellungskosten.
Normenkette
EStG § 7b/1, § 9/1, § 21/1
Tatbestand
Die Bgin., eine OHG, hat in den Jahren 1957 und 1958 auf zwei ihr gehörenden Grundstücken je ein Mietwohnhaus errichtet. In den Herstellungskosten sind die Aufwendungen für die Grünanlagen mit 29.546,72 DM bzw. 11.581,54 DM enthalten.
Bei der einheitlichen Feststellung der Einkünfte für 1958 ließ das Finanzamt die erhöhten Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 b EStG für die Grünanlagen nicht zu, weil diese Kosten den Boden beträfen und nicht zu den Herstellungskosten der Häuser gerechnet werden könnten. Der Einspruch hatte in diesem Punkt keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht Berlin gab der Berufung statt und rechnete die streitigen Aufwendungen voll zu den Herstellungskosten der Häuser. Eine weite Auslegung des Begriffs der "Gebäudeherstellungskosten", so führte es aus, entspreche dem Zweck der § 7 b EStG, den Bau von Wohnungen durch Gewährung von Steuervorteilen zu fördern. Dieser Zweck werde "möglichst wirksam" nur erreicht, wenn der Begriff "Herstellungskosten" mit dem Begriff "Baukosten gleichgesetzt werde, so daß alle aus Anlaß der Gebäudeerrichtung entstehenden Kosten darunter fielen, soweit sie nicht Aufwendungen auf den Boden seien. Diese Abgrenzung finde sich auch sinngemäß in § 5 und in der Anlage 1 der Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (II. BVO) vom 17. Oktober 1957 (GVBl Berlin 1957 S. 1726), in denen die Kosten für Gartenanlagen zutreffend als Baukosten für sogenannte Außenanlagen bezeichnet würden. Aus dem Zusammenhang der II. BVO ergebe sich zugleich, daß diese Kosten "zur Erwerbung der Einnahmen" (§ 9 EStG) aufgewendet würden, weil sie in die Berechnung der Kostenmiete eingingen (§§ 4 Abs. 1 a, 5 Abs. 1, 72, 105 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes - II. WoBauG -, §§ 2 und 5 der II. BVO). Die Einbeziehung der Garten- und Grünanlagenherstellungen in die Baukosten sei auch deswegen notwendig, weil nach § 8 Nr. 20 und 22 der Bauordnung für Berlin (in der Fassung vom 21. November 1958, GVBl Berlin 1958 S. 1087, 1104) die unbebauten Flächen mit Gebäuden, die Wohnzwecken dienten, gärtnerisch anzulegen seien. Damit werde der Tatsache Rechnung getragen, daß es mit der Wohnkultur in deutschen Städten unvereinbar wäre, unbebaute Flächen ungeordnet liegen zu lassen.
Entscheidungsgründe
Die Rb., mit der das Finanzamt unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts rügt, muß zur Aufhebung der Vorentscheidung führen.
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, kann die Bgin. für die Kosten der Grünanlagen die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG nur in Anspruch nehmen, wenn diese Kosten einen Teil der Herstellungskosten der Häuser bilden. Dem Verwaltungsgericht ist aber nicht darin beizutreten, daß die Aufwendungen zu den Gebäudeherstellungskosten rechnen.
Wenngleich § 7 b EStG, weil er den Wohnungsbau fördern will, nicht engherzig ausgelegt werden sollte, so ist das doch kein Grund, den Begriff Herstellungskosten weiter auszulegen als in anderen Vorschriften des Einkommensteuerrechts, insbesondere in § 7 EStG. Zu den Herstellungskosten rechnen die zur Herstellung eines Wirtschaftsguts unmittelbar aufgewendeten Kosten. Zu den Herstellungskosten eines Hauses können, wie das Verwaltungsgericht einräumt, die Kosten der Anschaffung des Bodens nicht gerechnet werden, obwohl die Herstellung eines Hauses ohne Boden unmöglich ist. Geht man davon aus, daß für die Bemessung der Absetzungen nach § 7 und § 7 b EStG zwischen dem Boden, der keinem Wertverzehr unterliegt, und dem Gebäude, das einem Wertverzehr unterworfen ist, zu unterscheiden ist, so kann man als Herstellungskosten des Gebäudes nur solche Kosten bezeichnen, die unmittelbar bestimmt und geeignet sind, das Gebäude für den ihm gesetzten Zweck nutzbar zu machen. Unter diesem Gesichtspunkt liegt es nahe, die Aufwendungen für die Grünanlagen zu den Aufwendungen auf den Boden zu rechnen, dessen Verschönerung oder Nutzbarmachung sie dienen. Die hier streitigen Ausgaben ähneln in gewisser Weise den Anliegerbeiträgen und Kanalisationsanschlußgebühren. Die Anschlußgebühren rechnet der Senat zu den Herstellungskosten des Gebäudes (Urteil VI 249/64 U vom 6. August 1965, BStBl 1965 III S. 615), während er die Anliegerbeiträge zu den Anschaffungskosten für den Boden zählt (Urteil VI 100/63 S vom 18. September 1964, BStBl 1965 III S. 85, Slg. Bd. 81 S. 233). Das Unterscheidungsmerkmal sieht der Senat darin, welchem Wirtschaftsgut - dem Boden oder dem Gebäude - die Aufwendungen unmittelbar zugute kommen. Dieselbe Erwägung war auch dafür entscheidend, daß die an die Gemeinden nach der Reichsgaragenordnung gezahlten Ablösungen zu den Herstellungskosten des Gebäudes gerechnet wurden (Urteile des Bundesfinanzhofs IV 149/62 S vom 27. Mai 1964, BStBl 1964 III S. 477, Slg. Bd. 80 S. 5, und VI 37/63 U vom 18. September 1964, BStBl 1965 III S. 10, Slg. Bd. 81 S. 28).
Daß Grünanlagen den Benutzern des Hauses zugute kommen und daß ein Haus mit Grünanlagen besser zu vermieten ist, unterliegt keinem Zweifel. Das ist aber für die Frage, ob die Aufwendungen der Grünanlagen zu den Herstellungskosten des Gebäudes rechnen, nicht ausschlaggebend. Wenn auch die räumliche Trennung einer Anlage, z. B. einer Garage, vom Gebäude nicht ohne weiteres ausschließt, Aufwendungen für das Wirtschaftsgut zu den Herstellungskosten des Gebäudes zu rechnen, so sind doch Aufwendungen für Wirtschaftsgüter, die zu Bestandteilen des Bodens geworden sind, in der Regel dem Boden zuzurechnen. Wer den unbebauten Teil eines Hausgrundstücks planieren, mit Humus auffüllen, mit Gras besäen und mit Bäumen bepflanzen läßt, macht Aufwendungen auf den Boden, nicht auf das Gebäude. Wird der Boden, um einen Gehweg um das Haus zu schaffen, mit Platten belegt oder wird zur Verhinderung des freien Zutritts das Grundstück eingezäunt, so mag man, weil Weg und Zaun zur sachgemäßen Nutzung des Hauses selbst notwendig sind, die Aufwendungen für den Weg und den Zaun, wenn die unbebaute Fläche nicht unverhältnismäßig groß ist, noch zu den Herstellungskosten des Gebäudes rechnen können. Die Kosten der Grünanlagen können aber nicht schon deswegen als Herstellungskosten des Gebäudes betrachtet werden, weil sie den Bewohnern des Hauses zugute kommen.
Daß Aufwendungen für Grünanlagen nicht zu den Herstellungskosten des Gebäudes rechnen, hat der Senat bereits in dem Urteil VI 60/57 vom 3. Juli 1959 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1961 S. 74) ausgesprochen. Davon geht offenbar auch der IV. Senat des Bundesfinanzhofs in dem Urteil IV 318/59 U vom 16. März 1962 (BStBl 1962 III S. 302, Slg. Bd. 75 S. 89) aus, bei dem die Behandlung der Aufwendungen eines Gartenarchitekten für die Ausgestaltung des Gartens seines Einfamilienhauses streitig war. Damals wurden diese Aufwendungen nicht als Teil der Herstellungskosten des Einfamilienhauses angesehen. Trotz der Bedenken, die das Verwaltungsgericht gegen das Urteil VI 60/57 (a. a. O.) anführt, sieht der Senat keinen Anlaß, den Begriff "Herstellungskosten des Gebäudes" anders auszulegen.
Daß Grünanlagen zum Boden rechnen, besagt allerdings nicht ohne weiteres, daß die Kosten für Grünanlagen den Anschaffungskosten des Bodens zuzuschlagen sind. Es muß zwischen dem Boden als solchem und den Anlagen auf dem Boden unterschieden werden. Soweit es um selbständige Anlagen geht, kann man sie unter Umständen als selbständig bewertbares Wirtschaftsgut betrachten und für die AfA gesondert behandeln. Davon geht auch der Erlaß der Finanzbehörde Hamburg vom 9. August 1965 - 52 - S 2132 b - 6 - aus (Der Betrieb 1965 S. 1267), der zuläßt, gärtnerische Anlagen als selbständige Wirtschaftsgüter zu behandeln. Darin liegt eine zutreffende Auslegung des Gesetzes.
Wenn das Verwaltungsgericht im Gegensatz zum Urteil des Bundesfinanzhofs VI 60/57 (a. a. O.) ausführt, es sei nicht zu erkennen, wie bei Aufwendungen der vorliegenden Art ohne Willkür zwischen sofort abzugsfähigen, verteilbaren und nicht abzugsfähigen Kosten unterschieden werden solle, so mögen Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen. Dies ist aber kein Grund, Aufwendungen auf Grünanlagen kurzerhand zu den Herstellungskosten des Gebäudes zu rechnen.
Das angefochtene Urteil, das mit diesen Grundsätzen nicht in Einklang steht, war aufzuheben. Weil es im wesentlichen nur noch um die Berechnung der Einkünfte geht, ist die Sache an das Finanzamt zurückzuverweisen, das die einheitlichen Gewinnfeststellungen nach den obigen Grundsätzen im Einspruchsverfahren vorzunehmen hat.
Fundstellen
Haufe-Index 411809 |
BStBl III 1966, 12 |
BFHE 1966, 33 |
BFHE 84, 33 |