Leitsatz (amtlich)

1. In der nach § 104 LAG in Verbindung mit der 18. AbgabenDV-LA aufzustellenden Wirtschaftlichkeitsberechnung sind unverzinsliche Mieterdarlehen nicht als Eigenkapital zu behandeln; sie sind vielmehr echte Fremdmittel.

2. Die Sonderregelung in § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 der 18. AbgabenDV-LA ist nur anwendbar, wenn ein echter Zwischenkredit durch einen endgültigen Kredit abgelöst wird.

 

Normenkette

LAG § 104; 18. AbgabenDV-LA § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, §§ 6-7

 

Tatbestand

Die Abgabeschuldnerin (Revisionsklägerin) hatte das von Kriegsschäden betroffene Gebäude ihres Grundstücks in den Jahren 1949 und 1950 als Dauerbau wiederaufgebaut. Das Gebäude war am 15. November 1950 bezugsfertig. Den Antrag auf Wiederaufbauvergünstigung lehnte das FA ab, weil nach dem Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsberechnung ein Überschuß verbleibe, der dazu ausreiche, die jährlichen HGA-Leistungen zu erbringen.

Einspruch und Berufung waren ohne Erfolg. FA und FG kamen bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung deshalb zu einem Grundstücksüberschuß, weil sie zwei unverzinsliche Mieterdarlehen, die die Abgabeschuldnerin von zwei gewerblichen Mietern in den Jahren 1949 und 1950 mit der Verpflichtung erhalten hatte, die Beträge in monatlichen Raten durch Verrechnung auf die Mieten zurückzuzahlen, als Fremdkapital und nicht als Neueigenleistungen bzw. nicht als Zwischenfinanzierung mit nachfolgender Eigenfinanzierung behandelt haben.

Die Revisionsklägerin ist demgegenüber der Ansicht, wirtschaftlich betrachtet seien die beiden kurzfristigen Mieterdarlehen nicht wie die übrigen Fremdmittel zu behandeln, vielmehr seien sie als Mietvorauszahlungen Vorausverfügungen über Eigenmittel. Gegenüber den übrigen Fremdmitteln bestehe bei Aufstellung der Wirtschaftlichkeitsberechnung und des nachhaltigen Ertrages der wesentliche Unterschied, daß die übrigen Fremdmittel in Höhe des Nennbetrages zu verzinsen seien und der Zins in die Wirtschaftlichkeitsberechnung eingesetzt werde, während Mieterdarlehen unverzinslich seien und deshalb als Eigenmittel zu verzinsen seien. Sehe man die beiden Mieterdarlehen aber nicht als Neueigenleistungen an, so müßten sie als Zwischenkredit behandelt werden. In der Nachkriegszeit hätten neben den Finanzierungsbeiträgen der Kreditinstitute in verstärktem Maße Mieterdarlehen und Mietvorauszahlungen der vorübergehenden Deckung einer ungesicherten Restfinanzierung gedient. Dies sei auch im Streitfall geschehen. § 4 Abs. 2 Nr. 2 der 18. AbgabenDV-LA setze zwar voraus, daß ein Zwischenkredit durch einen nachhaltigen Kredit abgelöst werde. Es sei jedoch fraglich, ob die Bestimmung sich ausschließlich auf diesen einzigen Fall der Ablösung einer Zwischenfinanzierung beschränke oder vielmehr auf sämtliche Fälle der Zwischenfinanzierung anzuwenden sei. Die Bestimmung habe den Zweck, eine nachhaltige Wirtschaftlichkeitsberechnung aufzustellen, zumal die HGA langfristig sei. Die Vorschrift müsse auf alle wirtschaftlichen Möglichkeiten der Ablösung eines Zwischenkredits angewendet werden, also auch auf den Fall, daß der Eigentümer den Zwischenkredit durch Eigenkapital ersetze. Im Runderlaß des BdF zur Erläuterung der 18. AbgabenDV-LA (IV C/5 - LA 2559 - 10/56 vom 15. November 1956, BStBl I 1956, 473), und zwar in den Ausführungen der Nr. 6 zu § 4, werde ausgeführt, bei einem Verwandtendarlehen und dessen endgültiger Ersetzung durch Eigenmittel entspreche es dem § 4, daß für die im Endergebnis später eingesetzten Eigenmittel Kapitalkosten nach § 7 angesetzt würden, während es beim zinslosen Zwischenkredit an gemäß § 6 berücksichtigungsfähigen Kapitalkosten gefehlt haben würde. Auch in Nr. 5 Abs. 3 zu § 6 der Erläuterungen werde der gleiche Grundsatz betont, daß ungesicherte Verbindlichkeiten durch Eigenmittel ersetzt werden könnten und Kapitalkosten für die Eigenmittel anzusetzen seien. Wenn im Beispiel der Nr. 6 zu § 4 nur eine Laufzeit von ein bis zwei Jahren genannt werde, so sei daraus nicht zu schließen, daß ein Zwischenkredit auf diese Zeit beschränkt sein müsse. Denn die Nachhaltigkeit der Wirtschaftlichkeitsberechnung umfasse einen wesentlich längeren Zeitraum. Wenn FA und FG es ablehnten, die an sich kurzfristigen Mieterdarlehen als Zwischenfinanzierung zu werten, so sei dabei außer acht gelassen worden, daß die tatsächliche Laufzeit der beiden Mieterdarlehen nicht fünf und acht Jahre betrage; die Mieterdarlehen würden in gleichen Jahresraten durch Eigenleistungen ersetzt. Die wirtschaftlich mittlere Laufzeit der Darlehen betrage daher nur 2 1/2 und 4 Jahre. Beziehe man diese Laufzeit auf die Dauer der Erhebung der HGA von 30 Jahren, so liege die mittlere Laufzeit der Darlehen bei rund 1/12 bzw. 1/7,5 der Zeitspanne, auf welche die Nachhaltigkeit der Wirtschaftlichkeitsberechnung bezogen werde. Der Begriff der Zwischenfinanzierung umfasse nicht nur eine vorübergehende Finanzierung für mehrere Monate. Man werde die erwähnte mittlere Laufzeit der beiden Darlehen ebenfalls noch unter den Begriff der Zwischenfinanzierung einordnen müssen, wenn die Nachhaltigkeit des Ergebnisses der Wirtschaftlichkeitsberechnung berücksichtigt werde. Sicherlich sei jedenfalls der fünfjährige Finanzierungsbeitrag mit der mittleren Laufzeit von zweieinhalb Jahren als Zwischenfinanzierung anzusprechen. Bei einem Vergleich mit langfristigem Hypothekenkredit, welcher allein für die Finanzierung von Gebäuden bei Einzelpersonen in Betracht komme, sei auch eine achtjährige Laufzeit eine Zwischenfinanzierung, weil eine Hypothek in der Regel mit 1 bis 2 % zuzüglich ersparter Zinsen getilgt werde und damit eine Laufzeit von 25 bis 33 Jahren habe. Diese Gesichtspunkte habe das FG verkannt. Die Rechtsbeschwerde werde daher auf unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts gestützt.

Die Revisionsklägerin hat beantragt, die Einspruchsentscheidung des FA und das Urteil des FG aufzuheben und die Streitsache an das FA zurückzuverweisen.

Das FA (Revisionsbeklagter) hat beantragt, die Rechtsbeschwerde, die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist, als unbegründet zurückzuweisen, da den beiden Mieterdarlehen nicht Zwischenkreditcharakter zugesprochen werden könne. Die Rechtsansicht der Revisionsklägerin, Mieterdarlehen seien Zwischenkredite und diese seien durch Eigenkapital ersetzbar, würde dazu führen, sämtliche Mieterdarlehen und Mietvorauszahlungen zu Eigenleistungen des Grundstückseigentümers zu stempeln, womit der Wille des Gesetzgebers in sein Gegenteil verkehrt würde.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

Die Vorinstanz hat es mit zutreffenden Gründen abgelehnt, die beiden Mieterdarlehen wie Neueigenleistungen der Abgabeschuldnerin zu behandeln und für sie in der Wirtschaftlichkeitsberechnung entsprechend der für Eigenleistungen in § 7 Abs. 1 der 18. AbgabenDV-LA getroffenen Regelung Kapitalkosten anzusetzen. Unverzinsliche Mieterdarlehen sind, auch wenn die Darlehnsrückzahlung mit der laufenden Miete jeweils verrechnet wird, Fremdmittel und keine Eigenleistungen des Grundstückseigentümers, des Bauherrn oder des Vermieters. Dies ergibt sich bereits aus der gemäß § 104 Abs. 4 Nr. 3 LAG insoweit für anwendbar erklärten Ersten Berechnungsverordnung (I. BVO) vom 20. November 1950 (BGBl 1950, 753), die in § 12 Abs. 3 Nr. 2 bestimmt, daß zu den im Finanzierungsplan ausdrücklich als Fremd mittel zu kennzeichnenden Finanzierungsmitteln die von bestimmten Mietern oder zu ihren Gunsten erbrachten Leistungen, namentlich Baukostenzuschüsse und unverzinsliche Darlehen (Mieterleistungen) gehören (vgl. auch Bormann-Flender-Thiele, Handbuch über Kosten und Wirtschaftlichkeit in der Wohnungswirtschaft, § 13 I. BVO Anm. 2c). Es handelt sich hierbei um Darlehen, die der Bauherr von Mietern zur Finanzierung einer bestimmten Wirtschaftseinheit, für eine bestimmte Wohnung oder für bestimmte Räume erhält. Auch wenn beim öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau gemäß § 15 Abs. 4 Nr. 2 I. BVO unter bestimmten Voraussetzungen Mieterdarlehen und Mietvorauszahlungen als sogenannte Ersatzeigenleistungen anerkannt werden können, müssen gemäß § 17 I. BVO als Kapitalkosten in der Wirtschaftlichkeitsberechnung die Beträge eingesetzt werden, die zwischen Gläubiger und Schuldner vereinbart sind, nicht etwa die für echte Eigenleistungen vorgesehenen Kapitalkosten (vgl. auch Bormann-Flender-Thiele, a. a. O., § 15 I. BVO Anm. 7d). Ausgehend von dem Grundgedanken, daß die genannten Mieterleistungen Fremdmittel und nicht etwa Eigenleistungen des Bauherrn darstellen, bestimmt § 17 Abs. 4 Satz 2 und 3 I. BVO, daß unter gewissen Voraussetzungen bei unverzinslichen Mieterdarlehen Tilgungsleistungen als fiktive Kapitalkosten abgesetzt werden können. Dem entspricht es auch, daß in § 6 Abs. 4 der 18. AbgabenDV-LA, der von den Kapitalkosten für Fremd mittel handelt, bei unverzinslichen Mieterdarlehen unter den dort näher bestimmten Voraussetzungen ebenfalls Tilgungsleistungen als fiktive Kapitalkosten, und zwar als fiktive Fremd kapitalkosten angesetzt werden können. Die Vorinstanz hat zutreffend auf diese Bestimmung hingewiesen und die beiden Mieterdarlehen als Fremdkapital charakterisiert. Wenn diese Mieterdarlehen sich durch die laufende Verrechnung mit den Mietzinsverpflichtungen laufend verringern, so ändert dies nichts daran, daß sie in dem für die Anwendung des § 104 LAG in Verbindung mit § 4 Abs. 2 der 18. AbgabenDV-LA maßgeblichen Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit nicht vom Eigentümer erbrachte, sondern von den Mietern bereitgestellte Mittel darstellen. Neueigenleistungen des Bauherrn und Abgabeschuldners, für die Kapitalkosten anzusetzen wären, sind gemäß § 7 Abs. 3 der 18. AbgabenDV-LA aber nur die Leistungen, die vom Eigentümer nach dem 20. Juni 1948 erbracht werden und Herstellungsaufwand im Sinne des Einkommensteuerrechts sind. Aus dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit im Sinn des § 4 der 18. AbgabenDV-LA können insoweit keine für die Revisionsklägerin günstigen Folgerungen gezogen werden, denn im maßgeblichen Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit waren die beiden Mieterdarlehen nachhaltig unverzinslich und daher waren nachhaltig für sie keine Kapitalkosten anzusetzen.

Auch den von der Revisionsklägerin aus § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 der 18. AbgabenDV-LA abgeleiteten Erwägungen, die beiden Mieterdarlehen wären als Zwischenkredite zu werten, deren Unverzinslichkeit daher noch nicht als nachhaltig angesehen werden könne, vermochte der Senat in Übereinstimmung mit der Vorinstanz nicht zu folgen. Nach der genannten Bestimmung sind anstelle der für einen Zwischenkredit ausbedungenen Leistungen die Leistungen, die voraussichtlich für den endgültigen Kredit ausbedungen werden oder bei der Entscheidung über den Herabsetzungsantrag bereits ausbedungen sind, anzusetzen. Diese Regelung kommt also zur Anwendung, wenn Kapitalkosten für Fremdmittel nur deshalb nicht als nachhaltig anzusehen sind, weil sie im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit noch nicht die Kosten der endgültigen Kreditierung darstellten, sondern nur der Zwischenfinanzierung dienten. In diesen Fällen sollen, um die wirklich nachhaltigen Kapitalkosten für Fremdmittel zu erfassen, bereits die Kapitalkosten des endgültigen Kredits in der Wirtschaftlichkeitsberechnung angesetzt werden. Diese Bestimmung spricht jedoch nicht schlechthin von Kosten der Finanzierung, zu der auch die Kosten des Eigenkapitals rechnen würden, sondern ausdrücklich nur von den Kosten des einen Zwischenkredit ablösenden endgültigen Kredits. Unter diese Sonderregelung kann entgegen der Auffassung der Revisionsklägerin nicht der Fall gerechnet werden, daß ein Zwischenkredit durch Eigenkapital abgelöst wird.

Kann hiernach schon die Sonderregelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 der 18. AbgabenDV-LA auf den Streitfall nicht zur Anwendung kommen, so kann die Frage, ob es sich bei den Mieterdarlehen überhaupt um einen Zwischenkredit handelte, dahingestellt bleiben. Gegen die Charakterisierung beider Mieterdarlehen als Zwischenkredit spricht jedenfalls, daß die Laufzeit der Darlehen trotz der im November 1950 erfolgten Beendigung des Wiederaufbaus von vornherein weit über den Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit hinausgeschoben wurde und die Rückzahlung durch Verrechnung mit den laufenden Mieten, d. h. überhaupt erst nach Bezugsfertigkeit begonnen werden sollte. Demgegenüber dienen Zwischenkredite im allgemeinen der vorläufigen Finanzierung des Baufortgangs und werden in der Regel im Anschluß an die Bezugsfertigkeit des Baues durch die endgültige Finanzierung abgelöst.

Zu Unrecht beruft sich die Revisionsklägerin auf die Erläuterungen des BdF zur 18. AbgabenDV-LA im Runderlaß vom 15. November 1956 (a. a. O.). Die von ihr zitierten Ausführungen in Nr. 6 zu § 4 des Runderlasses betreffen den Fall, daß einem Abgabeschuldner für Wiederaufbauzwecke von Verwandten ein zinsloses Darlehen für ein bis zwei Jahre zur Verfügung gestellt wurde, bis der Abgabeschuldner genügend eigene Mittel aus seinem Betrieb aufgebracht hatte, um die Finanzierung selbst durchzuführen. Werden solche Verwandtendarlehen rein persönlich ohne eine vertragliche Verknüpfung mit dem wiederaufzubauenden Wohnraum gegeben, so kann es vertretbar sein, wirtschaftlich nicht von Fremdmitteln im Sinne der 18. AbgabenDV-LA zu sprechen. Handelt es sich um Mittel, die der Abgabeschuldner persönlich aus seinem Verwandtenkreis aufgebracht hat, so mag es in solchen Fällen gerechtfertigt sein, für die erst nach Eintritt der Bezugsfertigkeit eingesetzten Eigenmittel unter dem Gesichtspunkt des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 der 18. AbgabenDV-LA in der Wirtschaftlichkeitsberechnung Eigenkapitalkosten nach § 7 der 18. AbgabenDV-LA zu berücksichtigen, weil wirtschaftlich gesehen auch bereits im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit persönliche aus dem Verwandtenkreis aufgebrachte Mittel vorhanden waren. Eine solche Ausnahme lag aber im Streitfall nicht vor, weil die beiden Mieterdarlehen echte Fremdmittel darstellten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68444

BStBl II 1969, 240

BFHE 1969, 549

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