Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträgliche Prüfung von Ursprungsnachweisen
Leitsatz (amtlich)
Für eine in der Form des Verwaltungsakts getroffene zollamtliche Feststellung, der Ausführer habe für eine nach Rumänien exportierte Ausfuhrsendung die Ursprungserklärung auf der Rechnung zu Unrecht abgegeben, enthält das Abkommen EG-Rumänien keine Rechtsgrundlage.
Normenkette
GG Art. 20 Abs. 3; AO 1977 § 118; FGO § 40 Abs. 1; EWGV 2913/92 Art. 4 Nr. 5; EGAbk ROM Prot
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) führte Altkleider und andere Sammelware in Drittländer aus. Anlässlich einer von Seiten der rumänischen Zollverwaltung erbetenen Prüfung durch den Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt ―HZA―) vertrat der Prüfer die Ansicht, dass die von der Klägerin abgegebene präferenzrechtliche Ursprungserklärung auf der für einen rumänischen Empfänger bestimmten Rechnung vom 21. Februar 2000 nicht zutreffend sei, da die ausgeführten Altkleider aus Straßensammlungen stammten und ihre ursprüngliche Herkunft nicht feststellbar sei.
Mit einem mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben vom 16. Juni 2000 übersandte das HZA den Prüfungsbericht, stellte fest, dass es sich bei den mit der Ursprungserklärung auf der Rechnung vom 21. Februar 2000 ausgeführten Altwaren nicht um Ursprungswaren i.S. des Abkommens EG-Rumänien (Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Rumänien andererseits, veröffentlicht mit Beschluss des Rates und der Kommission vom 19. Dezember 1994, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ―ABlEG― Nr. L 357/1) gehandelt habe, erklärte des Weiteren die Ursprungserklärung auf der Rechnung vom 21. Februar 2000 für zu Unrecht abgegeben und wies darauf hin, dass die Ausstellung von Präferenznachweisen für Altwaren, die nicht zur Gewinnung von Rohstoffen dienten, keinesfalls in Betracht komme und künftig zu unterlassen sei. Den Einspruch der Klägerin wies das HZA als unbegründet zurück.
Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) aus den in der Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern (ZfZ) 2004, 276 veröffentlichen Gründen ab.
Mit ihrer Revision hält die Klägerin die Auffassung des FG für unzutreffend, wonach es sich bei der vom HZA getroffenen Feststellung, dass es sich bei den streitigen Ausfuhrwaren nicht um Ursprungserzeugnisse gehandelt habe, um einen Verwaltungsakt handele, und dass das HZA berechtigt gewesen sei, eine solche Feststellung zu treffen. Diese rechtliche Bewertung obliege vielmehr der jeweiligen drittländischen Zollverwaltung; die deutsche Zollverwaltung habe sich bei der Mitteilung des Nachprüfungsergebnisses auf Tatsachenmitteilungen zu beschränken und dürfe nicht die rechtliche Bewertung vorwegnehmen. Im Übrigen habe es sich entgegen der Ansicht des FG bei den ausgeführten Altkleidern um Erzeugnisse mit Ursprung in der Gemeinschaft gehandelt. Der Gebrauch von Kleidung, der neue Kleidung zu Altkleidern mache, bewirke einen Tarifsprung, der eine ursprungserzeugende Wirkung zur Folge habe. Eine bloße Minimalbehandlung liege insoweit nicht vor. Darüber hinaus sei die vom Verbraucher in einen Textilcontainer entsorgte Altkleidung zolltarifrechtlich als Abfall anzusehen; auch diese Umwandlung von Kleidung zu Abfall sei keine Minimalbehandlung. Somit lägen, wenn anschließend durch das Aussortieren der noch tragbaren Kleidung aus diesem Abfall dieser wieder zu einer handelbaren Ware werde, sogar zwei Tarifsprünge vor, welche die Ursprungseigenschaft der Altkleider begründeten.
Das HZA ist der Ansicht, dass es eine Möglichkeit geben müsse, den Ausführer in der rechtsverbindlichen Weise des Verwaltungsakts auf eine unzutreffende Erklärung auf der Rechnung hinzuweisen. Zwar enthalte Art. 21 des Protokolls Nr. 4 zum Abkommen EG-Rumänien hierfür keine ausdrückliche Befugnis; jedoch könne der Vorschrift eine solche Befugnis im Wege der Auslegung entnommen werden. Nach Art. 21 Abs. 3 Protokoll Nr. 4 habe der Ausführer, der eine Erklärung auf der Rechnung abgebe, der Zollbehörde des Ausfuhrlandes auf Verlangen jederzeit alle zweckdienlichen Unterlagen zum Nachweis der Ursprungseigenschaft vorzulegen. Wenn die Überprüfung der Unterlagen zu dem Ergebnis komme, dass diese den Ursprung der Waren nicht belegten, müsse es möglich sein, den Ausführer über dieses Ergebnis zu unterrichten. Gegenüber den Partnerstaaten müsse sichergestellt werden, dass keine Waren mit unzutreffenden Ursprungserklärungen ausgeführt würden. Da die Zollbehörde nach Art. 22 Abs. 5 Protokoll Nr. 4 die Möglichkeit habe, die einem ermächtigten Ausführer erteilte Bewilligung zur Ausfertigung von Erklärungen auf der Rechnung zu widerrufen, sei es gleichsam als "Minusmaßnahme" zulässig, den ermächtigten Ausführer im Wege des Verwaltungsakts darauf aufmerksam zu machen, dass die Voraussetzungen für den Widerruf erfüllt seien.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Klägerin ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung sowie des angefochtenen Verwaltungsakts in Gestalt der Einspruchsentscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO― i.V.m. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.
Wie sich aus dem Klageantrag und dem Klagevorbringen ergibt, richtet sich die Klage gegen die in dem Schreiben des HZA vom 16. Juni 2000 getroffenen Feststellungen, dass es sich bei den mit der Rechnung vom 21. Februar 2000 ausgeführten Altwaren nicht um Ursprungswaren i.S. des Abkommens EG-Rumänien gehandelt habe und dass die Ursprungserklärung auf der Rechnung vom 21. Februar 2000 daher zu Unrecht abgegeben worden sei.
1. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 40 Abs. 1 FGO zulässig, da die Klägerin die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt. Bei den angefochtenen Feststellungen in dem Schreiben des HZA vom 16. Juni 2000 handelt es sich sowohl inhaltlich als auch nach der Form ihrer Bekanntgabe um einen Verwaltungsakt i.S. des § 118 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) sowie um eine zollrechtliche Entscheidung i.S. des Art. 4 Nr. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex ―ZK―) des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABlEG Nr. L 302/1), die nach Art. 243 Abs. 1 Satz 1 ZK mit einem Rechtsbehelf angefochten werden kann.
Soweit die Revision unter Berufung auf die Rechtsprechung des FG Hamburg zu vergleichbaren Fällen (vgl. Urteile vom 10. April 2002 IV 276/00, ZfZ 2002, 419; vom 23. April 2002 IV 146/00, nicht veröffentlicht ―n.v.―, und vom 20. Januar 2004 IV 252/00, n.v.) meint, dass es sich bei der mit Schreiben des HZA vom 16. Juni 2000 getroffenen Feststellung, dass die streitigen Ausfuhrwaren keine Ursprungserzeugnisse gewesen seien, nicht um einen Verwaltungsakt handele, folgt der Senat dieser Ansicht nicht, da mit der Begründung dieser Auffassung die Frage, ob die Behörde durch Verwaltungsakt gehandelt hat, und die Frage, ob dieser Verwaltungsakt zu Recht ergangen ist, in nicht zulässiger Weise miteinander vermengt werden.
Ob ein Verwaltungsakt oder lediglich ―wie vom FG Hamburg in den genannten Entscheidungen angenommen― eine behördliche Meinungsäußerung ohne Regelungscharakter vorliegt, ist ―in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs― danach zu beurteilen, wie der Adressat nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der behördlichen Äußerung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., Vor § 40 Rz. 44, m.w.N.; Klein/Brockmeyer, Abgabenordnung, 8. Aufl., § 118 Rz. 26; Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 22. Oktober 1986 I R 254/83, BFH/NV 1988, 10; vom 30. November 1999 IX R 57/98, BFH/NV 2000, 678, m.w.N.).
Im Streitfall konnte aus der Sicht der Klägerin als Adressat des Schreibens vom 16. Juni 2000 kein Zweifel bestehen, dass das HZA eine verbindliche Regelung treffen wollte, soweit es die Feststellungen des Prüfers übernahm, dass es sich bei den mit der Rechnung vom 21. Februar 2000 ausgeführten Altwaren nicht um Ursprungswaren i.S. des Abkommens EG-Rumänien gehandelt habe. Verwaltungsakte können auch einen rechtsfeststellenden Inhalt haben und das Bestehen bzw. Nichtbestehen von Rechtsverhältnissen verbindlich feststellen (Gräber/von Groll, a.a.O., Vor § 40 Rz. 47; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 118 AO 1977 Rz. 33; vgl. zur zollrechtlichen Entscheidung: Friedrich in Schwarz/Wockenfoth, Zollrecht, Art. 4 ZK Rz. 32). Nach dem objektiven Erklärungsinhalt des Schreibens vom 16. Juni 2000 bestanden aus der Sicht des Empfängers keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass das HZA mit dieser Feststellung lediglich eine unverbindliche Meinung zur Frage der Ursprungseigenschaft der ausgeführten Altkleider äußern wollte, zumal auf dieser Feststellung die Erklärung des HZA, dass die Ursprungserklärung zu Unrecht abgegeben worden sei, sowie die Aufforderung beruhten, die Abgabe solcher Ursprungserklärungen künftig zu unterlassen.
Auch mit diesen beiden letztgenannten Äußerungen in dem Schreiben vom 16. Juni 2000 wollte das HZA erkennbar eine für die Klägerin rechtsverbindliche Regelung treffen und nicht lediglich eine Rechtsmeinung äußern. Der Wortlaut des Schreibens konnte nur so verstanden werden, dass das HZA einen Einzelfall einer auf einer Rechnung ausgefertigten Ursprungserklärung mit der rechtlich bindenden Wirkung des Verwaltungsakts regeln wollte und dass diese Regelung zugleich Grundlage für die angekündigten außenwirtschaftlichen bzw. bußgeldrechtlichen Bescheide sein sollte.
Insoweit gleichwohl bestehende Zweifel wurden jedenfalls durch die dem Schreiben des HZA vom 16. Juni 2000 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung beseitigt. Zwar verleiht nicht allein eine beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung einer behördlichen Äußerung den Charakter eines Verwaltungsakts (Senatsurteil vom 25. Februar 1997 VII R 129/95, BFH/NV 1997, 542); jedoch gibt jedenfalls in Zweifelsfällen die Behörde mit der Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung unmissverständlich zu erkennen, dass sie eine Mitteilung als Regelung verstanden wissen will (Senatsurteil vom 16. Oktober 1986 VII R 122/83, BFHE 148, 372; BFH-Urteil in BFH/NV 1988, 10, m.w.N.). Im Streitfall wird dieser Wille zudem durch den Umstand bestätigt, dass das HZA mit der Einspruchsentscheidung den Einspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 16. Juni 2000 als unbegründet zurückwies. Das HZA hat im Revisionsverfahren auch ausdrücklich vorgetragen, dass es gegenüber der Klägerin einen Verwaltungsakt habe erlassen wollen.
2. Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), da er sich auf keine Rechtsgrundlage stützen lässt.
Der aus Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes i.V.m. den Grundrechten folgende Vorbehalt des Gesetzes, wonach behördliche Eingriffe in Freiheit und Eigentum eine gesetzliche Grundlage erfordern, gilt auch für einen feststellenden Verwaltungsakt, soweit sich dieser als belastender Verwaltungsakt darstellt. Eine förmliche Feststellung des Bestehens bzw. Nichtbestehens eines bestimmten Rechtsverhältnisses im Wege des Verwaltungsakts, die damit die Rechtsfolge möglicher Bestandskraft beansprucht, ist jedenfalls dann als belastender Verwaltungsakt, der einer gesetzlichen Grundlage bedarf, anzusehen, wenn der Inhalt der Feststellung für den Adressaten ungünstig ist und etwas als rechtens festgestellt wird, was der Adressat für nicht rechtens hält (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ―BVerwG― vom 29. November 1985 8 C 105.83, BVerwGE 72, 265; vgl. für die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen: Senatsurteil vom 17. März 1992 VII R 70/90, BFHE 167, 478). Der Senat folgt dieser Rechtsprechung des BVerwG. Soweit der Senat in einem mit dem Streitfall vergleichbaren Klageverfahren mit dem Urteil in BFHE 148, 372 die zollamtliche Feststellung, dass die von einem Ausführer im sog. vereinfachten Verfahren erstellte Warenverkehrsbescheinigung zu Unrecht ausgestellt worden sei, allein mit der Begründung als rechtmäßig angesehen hat, dass die getroffene Feststellung des HZA zutreffend sei, hält er an dieser Rechtsprechung nicht fest.
Im Streitfall erweist sich daher das Urteil des FG als nicht mit der Rechtslage übereinstimmend, weil das FG in Anlehnung an jenes Senatsurteil in BFHE 148, 372 lediglich die Frage geprüft ―und bejaht― hat, ob das HZA mit seinem Schreiben vom 16. Juni 2000 zu Recht festgestellt hat, dass die ausgeführten Altkleider keine Ursprungserzeugnisse der Gemeinschaft waren, nicht aber die Frage, ob das HZA berechtigt war, eine solche Feststellung förmlich und mit bindender Wirkung im Wege des Verwaltungsakts zu treffen. Diese Frage lässt sich indes nicht bejahen.
Die für den Streitfall maßgebenden Rechtsvorschriften finden sich in dem zum Abkommen EG-Rumänien gehörenden Protokoll Nr. 4 über die Bestimmung des Begriffs "Erzeugnisse mit Ursprung in" oder "Ursprungserzeugnisse" und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen (Protokoll Nr. 4), veröffentlicht mit Beschluss des Rates und der Kommission vom 19. Dezember 1994 (ABlEG Nr. L 357/1, 96), in der Fassung des Beschlusses Nr. 1/97 des Assoziationsrates, Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Rumänien andererseits, vom 31. Januar 1997 (ABlEG Nr. L 54/1).
Nach Art. 16 Abs. 1 Protokoll Nr. 4 erhalten Ursprungserzeugnisse der Gemeinschaft bei der Einfuhr nach Rumänien die Begünstigungen des Abkommens, sofern entweder (Buchst. a) eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 vorgelegt oder (Buchst. b) in den in Art. 21 Abs. 1 Protokoll Nr. 4 genannten Fällen von dem Ausführer eine Erklärung auf einer Rechnung, einem Lieferschein oder einem anderen Handelspapier gemäß Anhang IV zum Protokoll Nr. 4 abgegeben wird, in der die Erzeugnisse so genau bezeichnet werden, dass die Feststellung der Nämlichkeit möglich ist. Diese "Erklärung auf der Rechnung" kann nach Art. 21 Abs. 1 Protokoll Nr. 4 entweder (Buchst. a) von einem ermächtigten Ausführer i.S. des Art. 22 oder (Buchst. b) für Sendungen mit Ursprungserzeugnissen mit einem Wert von nicht mehr als 6 000 € von jedem Ausführer ausgefertigt werden.
Um eine solche "Erklärung auf der Rechnung" gemäß Art. 21 Abs. 1 Buchst. b Protokoll Nr. 4 geht es im Streitfall. Das FG hat die Ansicht des HZA, dass die streitige Erklärung der Klägerin von dieser nicht hätte abgegeben werden dürfen, weil es sich bei den entsprechenden Erzeugnissen nicht um Ursprungserzeugnisse der Gemeinschaft gehandelt habe (Art. 21 Abs. 2 Protokoll Nr. 4), für zutreffend gehalten und hat geurteilt, dass das HZA diese Feststellung gegenüber der Klägerin mit Verwaltungsakt vom 16. Juni 2000 habe treffen dürfen.
In dem Protokoll Nr. 4 lässt sich allerdings eine Rechtsgrundlage für eine rechtsverbindliche Feststellung der Zollbehörde, welche die Richtigkeit der Ursprungserklärung des Ausführers verneint, nicht finden. In Art. 31 Abs. 2 Protokoll Nr. 4 ist lediglich vorgesehen, dass die Gemeinschaft und Rumänien einander durch ihre Zollverwaltungen Amtshilfe bei der Prüfung der Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 und der Erklärungen auf der Rechnung sowie der Richtigkeit der in diesen Nachweisen enthaltenen Angaben leisten. Im Rahmen dieser Amtshilfe erfolgt nach Art. 32 Abs. 1 Protokoll Nr. 4 eine nachträgliche Prüfung der Ursprungsnachweise entweder stichprobenweise oder immer dann, wenn die Zollbehörden des Einfuhrlandes, wie im Streitfall, begründete Zweifel an der Echtheit des Papiers, der Ursprungseigenschaft der betreffenden Erzeugnisse oder der Erfüllung der übrigen Voraussetzungen des Protokolls Nr. 4 haben. Diese Prüfung wird nach Art. 32 Abs. 3 Protokoll Nr. 4 von den Zollbehörden des Ausfuhrlandes durchgeführt; diese haben nach Art. 32 Abs. 5 Protokoll Nr. 4 den Zollbehörden des Einfuhrlandes das Ergebnis der Prüfung so bald wie möglich mitzuteilen. Ob nach dem Ergebnis dieser Prüfung die Präferenzbehandlung für die betreffenden Erzeugnisse gewährt werden kann oder nicht, ist daher eine Entscheidung der Zollbehörden des Einfuhrlandes, welche diese gegenüber dem Einführer der Erzeugnisse treffen. Hingegen sehen es die Vorschriften des Protokolls Nr. 4 nicht vor, dass die Zollbehörde des Ausfuhrlandes auf der Grundlage der durchgeführten Prüfung rechtsverbindliche Regelungen gegenüber dem Ausführer trifft. Anders als das HZA meint, ergibt sich eine Rechtsgrundlage für rechtsverbindliche Regelungen gegenüber dem Ausführer auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Vorschriften des Protokolls Nr. 4. Auch wenn der Ausführer nach Art. 21 Abs. 3 Protokoll Nr. 4 den Zollbehörden des Ausfuhrlandes auf Verlangen Unterlagen zum Nachweis der Ursprungseigenschaft der betreffenden Erzeugnisse vorzulegen hat, ändert dies nichts daran, dass es ―falls er nicht über ausreichende Unterlagen verfügt― nach den Regelungen des Protokolls Nr. 4 nicht Sache der ―lediglich Amtshilfe leistenden― Behörden des Ausfuhrlandes, sondern der Behörden des Einfuhrlandes ist, hieraus die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen.
Zwar besteht gegenüber einem ermächtigten Ausführer, der unzutreffende Ursprungserklärungen auf der Rechnung abgibt, nach Art. 22 Abs. 5 Protokoll Nr. 4 die Möglichkeit, die erteilte Ermächtigung zu widerrufen (vgl. dazu: FG Hamburg, Urteil vom 20. Juni 2002 IV 43/00, ZfZ 2003, 55). Will die Zollbehörde des Ausfuhrlandes, bevor sie diese Maßnahme ergreift, den Ausführer darauf hinweisen, dass ein solcher Widerruf droht, gibt es allerdings ―anders als das HZA meint― weder eine rechtliche Grundlage noch ein Bedürfnis, diesen Hinweis in der Form des Verwaltungsakts zu erteilen.
Gemäß Art. 32 Abs. 5 Satz 1 Protokoll Nr. 4 hat die Zollbehörde des Ausfuhrlandes der Zollbehörde des Einfuhrlandes, die die Prüfung beantragt hat, das Ergebnis der Prüfung mitzuteilen. Anders als die Klägerin meint, lässt sich dieser Vorschrift nicht entnehmen, dass die Zollbehörde des Ausfuhrlandes sich dabei auf Tatsachenmitteilungen beschränken und sich einer rechtlichen Bewertung enthalten muss; vielmehr folgt aus Art. 32 Abs. 5 Satz 2 Protokoll Nr. 4, dass die Stellungnahme eindeutig zu sein hat. Es bleibt der Zollbehörde des Ausfuhrlandes auch unbenommen ―vielmehr erscheint es sogar angezeigt―, den Ausführer über das Prüfungsergebnis zu unterrichten; eine Regelungsbefugnis der Zollbehörde des Ausfuhrlandes gegenüber dem Ausführer ergibt sich jedoch ―abgesehen von Art. 22 Abs. 5 Protokoll Nr. 4― aus den Vorschriften des Protokolls Nr. 4 nicht.
Inzwischen ist dies offenbar auch die Auffassung der Bundesfinanzverwaltung. Denn während es in Abs. 11 der früheren Fassung der Dienstvorschrift "Nachträgliche Prüfung von Präferenznachweisen" (Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung Z 42 15) noch hieß, dass bei zu Unrecht ausgestellten Präferenznachweisen deren Unrichtigkeit in einem schriftlichen mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid unter Angabe der Gründe festzustellen sei, heißt es nunmehr in Abs. 14 der aktuellen Fassung dieser Dienstvorschrift (lediglich), dass bei zu Unrecht ausgefertigten Ursprungserklärungen auf der Rechnung das HZA dem Ausführer unter Angabe der Gründe mitzuteilen habe, dass die Waren keine Ursprungswaren seien. Um Rechtsschutz zu erlangen und die streitige Ursprungsfrage gerichtlich klären zu lassen, ist es für den Ausführer auch nicht erforderlich, dass die Zollbehörde des Ausfuhrlandes einen Verwaltungsakt an ihn richtet.
Fundstellen
Haufe-Index 1465696 |
BFH/NV 2006, 466 |
BFHE 2007, 297 |
BFHE 212, 297 |
BB 2006, 202 |
DStRE 2006, 490 |
DStZ 2006, 100 |
HFR 2006, 299 |