Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen einer Ehegatten-Mitunternehmerschaft in der Land- und Forstwirtschaft
Leitsatz (NV)
Zur stillschweigenden Begründung einer Mitunternehmerschaft zwischen Landwirts-Ehegatten genügt es nicht, daß dem einen Ehegatten ein Hof zu Eigentum gehört, während der andere Ehegatte Pächter eines weiteren selbständigen Betriebs ist.
Normenkette
EStG § 13
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten und wohnen in A auf dem Hof Nr. 9, der mit 59,80 ha im Eigentum des Onkels und Adoptivvaters des Klägers steht. Der Kläger hat den Hof seit 1. Januar 1981 gepachtet. Die Klägerin ist seit 1976 Eigen tümerin eines 20,47 ha großen landwirtschaftlichen Betriebs in B. Auf beiden Höfen wurde eine intensive Schweine- und Rindermast betrieben. Die Klägerin ermittelte den Gewinn für den Betrieb in B nach § 13 a des Einkommensteuergesetzes (EStG), während der Kläger für den Hof in A einen Betriebsvermögensvergleich durchführte. In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1981 bis 1983 gaben die Kläger an, in beiden Betrieben jeweils zu 50 v. H. beschäftigt gewesen zu sein.
Anläßlich einer Betriebsprüfung stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) u. a. fest, daß der Betrieb in B mit Maschinen des etwa 15 km entfernten Hofes A bewirtschaftet worden war. Die für beide Betriebe angefallenen Aufwendungen wurden zunächst in der Buchführung des Pachtbetriebs A erfaßt und dann die anteiligen Aufwendungen für B im Schätzungswege umgebucht. Inhaber der Betriebskonten war in den Streitjahren allein der Kläger, verfügungsberechtigt waren beide Ehegatten. Der Kläger war auch bei der landwirtschaftlichen Alterskasse und der landwirtschaftlichen Krankenkasse als Unternehmer gemeldet. Das FA folgerte daraus, daß die beiden Hofstellen als einheitliches Unternehmen von den Klägern gemeinsam in Form einer BGB-Gesellschaft geführt worden seien und der Gewinn einheitlich zu ermitteln sei. Mangels genauer Angaben über die Jahresbestände in der Bullen- und Schweinemast wurden die Viehbestände geschätzt. Ausgehend von einer durchschnittlichen Jahreserzeugung von 160 Bullen und 3 000 Mastschweinen überstiegen die Tierbestände die in § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorgesehenen Grenzen. Das FA setzte daher die Einkünfte aus der Schweinezucht als gewerbliche Einkünfte an und erließ entsprechende Einkommensteuer- Änderungsbescheide und Bescheide über den Gewerbesteuermeßbetrag für die Streitjahre 1981 bis 1983. Die dagegen erhobenen Einsprüche und Klagen hatten insoweit keinen Erfolg. Der Klage gegen den Ein kommensteuerbescheid 1983 wurde nur hinsichtlich der für dieses Streitjahr erhöhten Kinderfreibeträge stattgegeben. Im Streitpunkt führte das Finanzgericht (FG) zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen aus: Ein Gesellschaftsverhältnis sei zwar nicht ausdrücklich durch schriftlichen oder mündlichen Vertrag begründet worden. Das FA sei jedoch zu Recht von einer stillschweigend begründeten Ehegatten-Mitunternehmerschaft ausgegangen, denn im Streitfall seien die landwirtschaftlichen Flächen gemeinschaftlich bewirtschaftet worden. Beide Ehegatten hätten Mitunternehmerinitiative entfaltet und Unternehmerrisiko getragen. Dies gelte auch dann, wenn nur einer der Ehegatten zivilrechtlicher Eigen tümer der bewirtschafteten Flächen sei, der andere aber für den gemeinsamen Betrieb wesentliche Wirtschaftsgüter beisteuere. Dies könnten Stallgebäude, aber auch zugepachtete Flächen sein (Hinweis auf Schmidt/Seeger, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl. 1991, § 13 Anm. 13 m. w. N.). Auch hätten beide Ehegatten im Betrieb mitgearbeitet. Da von einem einheitlichen Unternehmen der Mitunternehmerschaft auszugehen sei, habe man die Tierbestandsgrenzen überschritten, so daß die Einkünfte aus der Schweinemast als gewerbliche Einkünfte anzusetzen seien (Hinweis auf Abschn. 124 a Abs. 3 der Einkommensteuer-Richtlinien -- EStR --).
Mit ihrer dagegen gerichteten, vom Senat zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Sie tragen vor: Zu Recht habe das FG fest gestellt, daß ein Gesellschaftsverhältnis zwischen ihnen, den Klägern, nicht zustande gekommen sei. Aber auch ein konkludent geschlossener Gesellschaftsvertrag könne nicht bejaht werden, da er, der Kläger, als Pächter des von ihm bewirtschafteten Hofs keine Eigentumsflächen zur Nutzung habe einbringen können.
Die Kläger beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung sowie die angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheide und die Einkommensteuerbescheide 1981 bis 1983 aufzuheben und die Einkommensteuer 1983 auf X DM herabzusetzen. Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Es trägt vor, in der Regel sei zwar der Eigentümer des landwirtschaftlichen Grundbesitzes der Unternehmer eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs; dies gelte jedoch nicht für den Fall, daß das Nutzungsrecht vertraglich vom Eigentum abgespalten sei (Hinweis auf die Senatsurteile vom 30. Juni 1983 IV R 206/80, BFHE 138, 561, BStBl II 1983, 636; vom 14. August 1986 IV R 248/84, BFHE 147, 438, BStBl II 1987, 17, und vom 2. Februar 1989 IV R 96/87, BFHE 156, 163, BStBl II 1989, 504). Als Pächter und zukünftiger Erbe des von seinem Adoptivvater gepachteten Betriebs stehe der Kläger daher einem Eigentümer gleich, der im Rahmen der Ehegatten-Mitunternehmerschaft sein Nutzungsrecht als Vermögen einsetze.
Entscheidungsgründe
Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Revisionen der Kläger (§ 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) sind begründet. Die Urteile des FG und die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1981 und 1982 sowie die Gewerbesteuermeßbescheide 1981 bis 1983 sind aufzuheben und die Einkommensteuer 1983 antragsgemäß herabzusetzen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
1. Nach dem Beschluß des Großen Senats vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, 439, BStBl II 1984, 751) wird eine steuerliche Mitunternehmerschaft nur durch ein Gesellschaftverhältnis oder ein wirtschaftlich damit vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis begründet, das den Mitunternehmern ein Unternehmerrisiko auferlegt und Unternehmerinitiative einräumt. Auch Ehegatten können danach nur Mitunternehmer eines Betriebs sein, wenn zwischen ihnen ein Gesellschaftsvertrag zustande gekommen ist, der den gleichen Anforderungen genügt, die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) an alle Verträge zwischen nahen Angehörigen zu stellen sind. Steuerlich können solche Verträge nur berücksichtigt werden, wenn sie rechtswirksam zustande gekommen sind, einem Fremdvergleich standhalten und tatsächlich vollzogen werden (BFH- Urteil vom 14. August 1986 IV R 341/84, BFHE 147, 449, BStBl II 1987, 23 m. w. N.). Allerdings ist der Senat in ständiger Rechtsprechung auch dann von einer Mitunternehmerschaft zwischen Landwirtsehegatten ausgegangen, wenn kein ausdrücklicher Gesellschaftsvertrag und auch kein der Personengesellschaft wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis vorliegt, sondern der land- und forstwirtschaftliche Grundbesitz entweder den Eheleuten gemeinsam oder jedem Ehegatten ein erheblicher Teil des landwirtschaftlichen Grundbesitzes zu Alleineigentum oder zu Miteigentum gehört und die Eheleute in der Landwirtschaft gemeinsam arbeiten (Urteile vom 7. Oktober 1982 IV R 186/79, BFHE 136, 537, BStBl II 1983, 73; vom 30. Juni 1983 IV R 206/80, BFHE 138, 561, BStBl II 1983, 636; in BFHE 156, 163, BStBl II 1989, 504; vom 26. November 1992 IV R 53/92, BFHE 170, 94, BStBl II 1993, 395, und vom 27. Januar 1994 IV R 26/93, BFHE 173, 543, BStBl II 1994, 462).
Diese Rechtsprechung beruht auf der besonderen Funktion des Grund und Bodens für die Landwirtschaft, der bei bestimmungsgemäßer Nutzung nicht nur Gebrauchsvorteile, sondern vor allem Früchte i. S. von § 99 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) hervorbringt, die dem Eigentümer zufallen, wenn dieser nicht einem anderen die Aneignung gestattet hat (§§ 953, 956 BGB). Sie kann daher nicht auf andere Fallgestaltungen mit der Folge übertragen werden, daß auch ohne Vereinbarung eines Gesellschaftsverhältnisses oder Bestehen eines wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses eine Mitunternehmerschaft unterstellt wird. Nach der Rechtsprechung des Senats genügt es daher nicht, daß der eine Ehegatte die in seinem Alleineigentum stehenden landwirtschaftlichen Flächen zur Bewirtschaftung überläßt, während der andere nur seine Arbeitskraft und Kapitalbeiträge einbringt oder anstelle eigenen Grundvermögens landwirtschaftliche Flächen hinzupachtet (BFH-Urteil in BFHE 136, 537, BStBl II 1983, 73). Als ebenfalls nicht ausreichend hat es der Senat angesehen, daß der andere Ehegatte das für eine Bewirtschaftung des Hofes erforderliche Inventar (BFH-Urteil in BFHE 170, 94, BStBl II 1993, 395) oder die ihm zu Eigentum übertragene Hofstelle zur Verfügung stellt (BFH-Urteil in BFHE 173, 543, BStBl II 1994, 462).
2. Im Streitfall haben FA und FG daher zu Unrecht auch ohne ausdrücklich vereinbarten Gesellschaftsvertrag eine Mitunternehmerschaft zwischen den Klägern angenommen. Das FG hat insoweit festgestellt, daß ein Gesellschaftsverhältnis zwischen den Klägern nicht vereinbart wurde. Da der Kläger als Pächter nicht über eigenen Grund und Boden verfügte, scheidet auch eine Mitunternehmerschaft nach den dargelegten Grundsätzen der Rechtsprechung des Senats aus. Nach Auffassung des Senats sprechen die Gesamtumstände des Streit falles aber auch im übrigen gegen einen konkludent geschlossenen Gesellschaftsvertrag und für die Existenz zweier selbständiger Betriebe, deren Einkünfte getrennt zu ermitteln waren mit der weiteren Folge, daß die den jeweiligen Betrieben zuzuordnenden Viehbestände im Rahmen der Höchstgrenzen des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ff. EStG geblieben sind.
a) Der Hof der Klägerin in B war seit der Übernahme im Jahre 1976 ein selbständiger land- und forstwirtschaftlicher Betrieb von 20,47 ha; dies galt auch für den vom Kläger gepachteten größeren Hof in A. Für beide Höfe haben die Kläger getrennte Gewinnermittlungen durchgeführt und in ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre angegeben, jeweils zu 50 v. H. im Betrieb des anderen Ehegatten beschäftigt gewesen zu sein. Diese Erklärungen wären entbehrlich gewesen, wenn die Kläger selbst von einer Mitunternehmerschaft ausgegangen wären. Angesichts der Entfernung von 15 km zwischen beiden Betrieben, der ungleichen Größe der Höfe und des unterschiedlichen Bestands an übernommenem Inventar wäre eine Vereinbarung über den Umfang der Beitragspflichten gemäß §§ 705, 706 Abs. 1 BGB erforderlich gewesen; unter diesen Umständen hätten fremde Dritte auch die Anteile am Gewinn und Verlust (§ 722 BGB) bestimmt. Entgegen der Auffassung des FG könnte das FA in einem solchen Fall auch nicht wegen geringer Bedeutung auf eine einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung verzichten (§ 180 Abs. 3 der Abgabenordnung -- AO 1977 --).
b) Nach den mit Revisionsrügen nicht angegriffenen und den Senat daher bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) haben sich die Kläger bemüht, die Gewinne getrennt zu ermitteln. Soweit die Kläger Aufwendungen und Erträge zum Teil im Wege der Schätzung den einzelnen Betrieben zugeordnet haben, spricht dies eher gegen die Vereinbarung eines über den typischen Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zwecks. Derartige Unzulänglichkeiten berechtigten das FA dazu, die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung anzuzweifeln und die Gewinne ggf. zu schätzen. Als Indiz für den Abschluß einer Innengesellschaft sind sie aber gerade nicht geeignet. Auch soweit sich die Kläger bei der Bewirtschaftung ihrer jeweiligen Betriebe gegenseitig unterstützt haben, spricht alles für eine rein faktische Bewirtschaftung auf familiärer Grundlage im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft (Senatsurteil in BFHE 156, 163, BStBl II 1989, 504). Schließlich vermag der Senat auch nicht aus dem Umstand, daß der Kläger Inhaber der betrieblichen Konten und als Unternehmer bei der landwirtschaftlichen Alterskasse und der Krankenkasse gemeldet war, zu folgern, daß sich die Kläger zu einer Innengesellschaft verbunden haben. Diese Verhältnisse stammten noch aus der Zeit, als die Kläger allein den Betrieb in B geführt hatten. Mit der Übernahme des Pachtbetriebs durch den Kläger hatte sich daran zunächst nichts geändert. Auch daraus läßt sich daher nichts für das Bestehen einer schuldrechtlichen Sonderverbindung herleiten, die über das hinausgeht, wozu die Ehegatten nach familienrechtlichen Regeln verpflichtet sind.
3. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war seine Entscheidung aufzuheben (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Die Sache ist spruchreif. Die angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheide 1981 bis 1983 waren aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide 1981 bis 1983 sind entsprechend zu ändern. Zutreffend hat das FG den Klägern für das Jahr 1983 die erhöhten Kinderfreibeträge nach dem inzwischen wieder aufgehobenen, aber über § 52 Abs. 32 EStG i. d. F. des Gesetzes zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts (Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz vom 21. Dezember 1993, BGBl I 1993, 2310, BStBl I 1994, 50) weitergeltenden § 54 EStG i. d. F. des Steuer änderungsgesetzes (StÄndG) 1991 vom 24. Juni 1991 (BGBl I 1991, 1322, BStBl I 1991, 665) gewährt. Die Berechnung der Einkommensteuer 1981 bis 1983 wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 420028 |
BFH/NV 1995, 762 |