Leitsatz (amtlich)
Mietbeiträge, die auf Grund von § 15 Abs. 2 des Gesetzes über die Umzugskostenvergütung und Trennungsentschädigung für die Bundesbeamten, Richter im Bundesdienst und Soldaten vom 8. April 1964 (BGBl I 1964, 253) gezahlt werden, gehören zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1; LStDV § 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige) ist aktiver Offizier der Bundeswehr. Er erhielt nach einem dienstlich veranlaßten Umzug einen Mietbeitrag gemäß § 15 des Bundesumzugskostengesetzes (BUKG) von monatlich 185 DM. Sein Arbeitgeber behielt davon Lohnsteuer und Kirchensteuer ein.
Der Steuerpflichtige ist der Meinung, daß die Mietbeiträge eine Art Kapitalisierung der Trennungsentschädigung bzw. eine Umzugskostenvergütung darstellten und ebenso wie die aus öffentlichen Kassen gezahlten Trennungsentschädigungen und Umzugskostenvergütungen nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehörten. Er begehrte die Erstattung der Steuerabzugsbeträge. Das FA lehnte die Erstattung ab. Der Einspruch blieb erfolglos.
Die Klage hatte Erfolg. Nach Ansicht des FG sind die Mietbeiträge wie Trennungsentschädigungen steuerfrei zu belassen. Sie seien ihrer rechtlichen Natur nach eine zwar nicht kapitalisierte, sondern in monatlichen Raten gezahlte Abgeltung der Trennungsentschädigung, die der Bedienstete zu beanspruchen hätte, wenn er von der Beschaffung einer neuen Wohnung mit Hilfe von Mietbeiträgen keinen Gebrauch machen würde. Mit Hilfe der Mietbeiträge solle er - im eigenen Interesse einer baldigen Familienzusammenführung und zwecks Einsparung von Trennungsentschädigung zugunsten des Dienstherrn - in die Lage versetzt werden, den Trennungstatbestand früher zu beenden. Es möge zutreffen, daß es sich nicht um eine Umzugskostenvergütung handle. Wesentlich sei aber, daß der Dienstherr die Mietbeiträge "anstelle von Trennungsentschädigungen" gewähre, d. h. seinerseits nicht unbeträchtliche Aufwendungen dieser Art einspare. Die höhere Mietbelastung sei eine so unmittelbare Auswirkung der dienstlichen Versetzung und werde zudem so eindeutig zum finanziellen Vorteil des Dienstherrn übernommen, daß es nicht angängig sei, die steuerliche Beurteilung darauf abzustellen, daß Aufwendungen für die Wohnungsmiete grundsätzlich zu den Kosten der Lebenshaltung gehörten. Der BFH habe auch im Urteil VI 44/61 vom 20. Oktober 1961 (StRK, Einkommensteuergesetz, § 9 Sätze 1 und 2, Rechtsspruch 166) eine Abstandssumme, mit deren Hilfe ein dienstlich versetzter Arbeitnehmer früher in den Besitz einer Wohnung am neuen Dienstort gelange, mit der Begründung steuerfrei gelassen, Zahlungen des Arbeitgebers zur Abwehr weiterer Ansprüche auf Trennungsentschädigungen seien ebenso wie laufende Trennungsentschädigungen zu behandeln.
Mit der Revision beantragt der Revisionskläger (FA), das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Mietbeiträge seien steuerpflichtige Bezüge im Sinne des § 2 LStDV. Es handle sich nicht um Umzugskostenvergütungen. Sie könnten auch nicht mit der Trennungsentschädigung gleichgesetzt werden. Die Voraussetzungen für eine Trennungsentschädigung und die für einen Mietbeitrag seien grundsätzlich verschieden, da ein Mietbeitrag nur in Frage komme, wenn nach vollendetem Umzug eine Trennungsentschädigung ausgeschlossen sei. Der Schluß, der Mietbeitrag stelle lediglich eine Trennungsentschädigung in anderer Form dar, sei nicht gerechtfertigt. Es handle sich um einen Ersatztatbestand für die weggefallene Trennungsentschädigung. Der Mietbeitrag werde gezahlt, weil der Beamte oder Soldat nicht gleich eine günstige Wohnung an seinem neuen Dienstort finden könne und ihm daher erhöhte Lebenshaltungskosten entständen.
Der Rev.Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.
Die aus öffentlichen Kassen gezahlten Umzugskostenvergütungen sind nach § 3 Nr. 13 EStG 1965 (§ 4 Nr. 2 LStDV) steuerfrei. Zu den Umzugskosten in diesem Sinne gehören Aufwendungen, die unmittelbar oder mittelbar mit dem Umzug zusammenhängen oder doch durch ihn veranlaßt sind. Das trifft für die Trennungsentschädigung nicht zu. Sie wird gerade gewährt, weil ein Umzug nicht durchgeführt wird. Die Trennungsentschädigung ist also nicht eine Unterart der Umzugskostenvergütung, sondern eine neben dieser gewährte Entschädigung für die infolge der Versetzung oder Abordnung erwachsenden Mehraufwendungen. Die Trennungsentschädigung ist dazu bestimmt, persönliche oder sachliche Aufwendungen abzugelten, die lohnsteuerlich als Werbungskosten abzugsfähig wären.
Die rechtliche Grundlage sowohl für die Zahlung von Umzugskostenvergütungen wie für die Zahlung von Trennungsentschädigungen bildet das BUKG vom 8. April 1964 (BGBl I 1964, 253). Der volle Titel dieses Gesetzes lautet denn auch folgerichtig "Gesetz über die Umzugskostenvergütung und Trennungsentschädigung für die Bundesbeamten, Richter im Bundesdienst und Soldaten". Nicht alle Leistungen, die das BUKG vorsieht, sind also Umzugskosten im Sinne des § 3 Nr. 13 EStG. Hierzu rechnet auch nicht die Trennungsentschädigung. Bereits in der Bezeichnung des Gesetzes kommt zum Ausdruck, daß es die Gewährung verschiedenartiger Leistungen regelt, nämlich Umzugskosten und Trennungsentschädigungen. Dem entspricht auch der Aufbau des Gesetzes. Der erste Titel des Abschn. II (§§ 4-14) behandelt die Umzugskostenvergütungen, der zweite Titel (§ 15) die Trennungsentschädigung und die nach § 15 Abs. 2 "an Stelle von Trennungsentschädigungen gewährten Beiträge zum Beschaffen und Instandsetzen von Wohnungen bis zum 24fachen Monatsbetrag der Trennungsentschädigung nach Maßgabe von Richtlinien, die der BMI erläßt". Hierbei handelt es sich um die hier streitigen Mietbeiträge, für die die oben bezeichnete "Mietbeitragsrichtlinie" des Bundesministers des Innern maßgebend ist.
Die Mietbeiträge gehören hiernach nicht zu den Umzugskostenvergütungen. Sie gehören aber auch nicht zu den Trennungsentschädigungen. Das ergibt sich bereits aus § 15 Abs. 2 BUKG. Danach werden die bezeichneten Beiträge "an Stelle von Trennungsentschädigungen" gewährt. Es handelt sich, worauf das FA zutreffend hinweist, um einen Ersatztatbestand für die weggefallene Trennungsentschädigung. Das rechtfertigt aber nicht, sie ebenso wie die Trennungsentschädigung steuerfrei zu belassen. Sie steuerfrei zu belassen, wäre vielmehr nur dann möglich, wenn der Zahlung der Mietbeiträge ein der Zahlung der Trennungsentschädigung vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegen würde. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Der Grund für die Steuerfreiheit der Trennungsentschädigung liegt darin, daß der Arbeitnehmer infolge der Versetzung an einen neuen Dienstort zusätzliche Aufwendungen für Wohnung und Verpflegung hat. Der Arbeitnehmer könnte, wenn er keine Trennungsentschädigung beziehen würde, Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung (Abschn. 26 LStR) als Werbungskosten geltend machen. Trennungsentschädigungen bleiben also aus ähnlichen Erwägungen steuerfrei wie die aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen (§ 3 Nr. 13 EStG 1965). Wie diese sind sie dazu bestimmt, Aufwendungen abzugelten, die lohnsteuerlich als Werbungskosten abzugsfähig wären.
Grundsätzlich anders liegt es aber bei den Mietbeiträgen, auch wenn sie nach § 15 Abs. 2 BUKG "an Stelle von Trennungsentschädigung" gezahlt werden. Mit ihnen wird dem Arbeitnehmer nach Durchführung des Umzugs und nach Beendigung des Zustandes der Trennung von der Familie, der zu Mehraufwendungen und damit zu Werbungskosten geführt hat, ein Teil der Aufwendungen für die Familienwohnung abgenommen. Solche Aufwendungen gehören aber zu den nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähigen Aufwendungen für die Lebensführung. Mit den Mietbeiträgen werden dem Arbeitnehmer also nicht mehr, wie bei der Trennungsentschädigung, Beträge ersetzt, die, wenn sie der Arbeitnehmer selbst zu tragen hätte, Werbungskosten wären, sondern Lebenshaltungskosten. Ersetzt aber der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Aufwendungen für die Familienwohnung ganz oder teilweise, so handelt es sich um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Das hat schon der RFH in dem Urteil VI A 507/36 vom 6. November 1936 (RStBl 1936, 1255) entschieden. Daran ändert sich entgegen der Auffassung des FG auch nichts dadurch, daß eine höhere Mietbelastung eine unmittelbare Auswirkung der dienstlichen Versetzung ist. So hat auch der erkennende Senat im Urteil VI 266/62 U vom 2. August 1963 (BFH 77, 433, BStBl III 1963, 482) entschieden, daß dann, wenn ein Arbeitnehmer neben den Umzugskosten im Sinne von Abschn. 21a LStR einem versetzten Arbeitnehmer dessen Ausgaben für die Beschaffung und Herrichtung einer Mietwohnung am neuen Dienstort ersetzt, darin grundsätzlich Arbeitslohn liegt. Auf derselben Linie liegt das Urteil des erkennenden Senats VI 61/59 vom 21. November 1959 (DB 1960, 75), daß Abstandszahlungen an den Vormieter, die die Höhe des künftigen Wohnungsaufwandes mindern, nicht zu den Umzugskosten, sondern zur Wohnungsmiete und damit zu den nicht abzugsfähigen Lebenshaltungskosten im Sinn des § 12 Nr. 1 EStG gehören. Der Senat hat allerdings im Urteil VI 266/62 U (a. a. O.) ausgeführt, ein aus diesem Anlaß gezahlter Betrag könne bis zum zwölffachen Monatsbetrag der einem vergleichbaren Beamten zu gewährenden Trennungsentschädigung steuerfrei bleiben, da auch bei öffentlich Bediensteten ein solcher Betrag steuerfrei gezahlt werden könne. Er hat dies aber damit begründet, daß ein solcher Betrag als Teil der steuerfreien Umzugskostenentschädigung gezahlt werde. Da die hier streitigen Mietbeiträge aber, wie dargelegt, nicht zu den Umzugskosten gehören, können diese Ausführungen für den Streitfall nicht gelten.
Da die Zahlung der Mietbeiträge einen völlig anderen Anlaß hat als die Zahlung der Trennungsentschädigung, können sie den Trennungsentschädigungen auch nicht deshalb gleichgestellt werden, weil sich ihr Höchstbetrag nach einem Vielfachen der Trennungsentschädigung richtet. Es handelt sich hierbei nur um die Bemessungsgrundlage; für die rechtliche Einordnung ist hieraus nichts zu entnehmen.
Ein Grund, die Mietbeiträge wie die Trennungsentschädigungen steuerfrei zu lassen, kann auch nicht darin gesehen werden, daß der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber die Mietbeihilfe leistet, um die weitere Zahlung von Trennungsentschädigung zu ersparen. Ob eine Leistung steuerfrei oder steuerpflichtig ist, richtet sich nur danach, als was sich die Leistung beim Arbeitnehmer darstellt, welche Eigenschaft sie für ihn hat, nicht dagegen nach dem Motiv, das den Arbeitgeber zur Erbringung der Leistung veranlaßt. Deshalb kann eine Leistung, die dazu dienen soll, Trennungsentschädigungen zu ersparen, nicht allein aus diesem Grunde ebenso behandelt werden wie die Trennungsentschädigungen selbst, wenn mit ihr tatsächlich andere Zwecke verfolgt werden als mit der Trennungsentschädigung. Soweit aus dem Urteil des BFH VI 44/61 (a. a. O.) eine andere Auffassung hergeleitet werden könnte, hält der Senat sie nicht aufrecht.
Fundstellen
Haufe-Index 69583 |
BStBl II 1971, 772 |
BFHE 1972, 336 |