Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkünfteermittlung bei Ferienwohnungen; Abziehbarkeit von Darlehenszinsen als Werbungskosten
Leitsatz (NV)
- Bei einer ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieteten und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehaltenen Ferienwohnung ist ohne weiter Prüfung von der Einkünfteerzielungsabsicht des Steuerpflichtigen auszugehen. Bei einer teils selbstgenutzten und teils an wechselnde Feriengäste vermieteten Ferienwohnung ist ‐ nach Aufteilung der auf die Selbstnutzung und auf die Vermietung entfallenden Kosten ‐ durch eine Prognose festzustellen, ob in einem Zeitraum von 30 Jahren aus der Vermietungstätigkeit ein Totalüberschuss erzielt werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFH/NV 2002, 413).
- Schuldzinsen sind als Werbungskosten abziehbar, wenn sie für ein Darlehen gezahlt werden, dass tatsächlich zum Erzielen von Einkünften verwendet worden ist.
Normenkette
EStG §§ 2, 9, 21; FGO § 118 Abs. 2
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatte im September 1989 von seiner Ehefrau das bebaute Grundstück in X erworben. Er gab an, den Kaufpreis von 480 000 DM fremdfinanziert zu haben. Der Kläger und seine Ehefrau hatten darüber hinaus im September 1993 eine Eigentumswohnung (Ferienwohnung) in Y zum Kaufpreis von 650 000 DM erworben.
In ihrer Einkommensteuererklärung des Streitjahres (1994) gaben der Kläger und seine Ehefrau u.a. bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Hauses in X positive Einkünfte von 12 985 DM an und machten hinsichtlich der Ferienwohnung in Y einen Werbungskostenüberschuss von 118 767 DM (Einnahmen 9 385 DM; Werbungskosten 128 152 DM) geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) erhöhte die Einkünfte aus der Vermietung des Hauses in X auf 36 880 DM und ließ den die Ferienwohnung betreffenden Werbungskostenüberschuss unberücksichtigt.
Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) zu einem geringen Teil statt.
Die vom Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb des Hauses in X geltend gemachten Schuldzinsen (15 205 DM und 3 530 DM) berücksichtigte das FG mit einem geschätzten Betrag von 500 DM als Werbungskosten (Zinsen für ein beim Ankauf des Hauses übernommenes Darlehen über 10 000 DM); bei den übrigen Schuldzinsen habe der Kläger die Verwendung der Darlehen zur Finanzierung des Erwerbs des Hauses in X nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht. Das FG könne anhand der vom Kläger vorgelegten Kontoauszüge des Kontos Nr. 1 bei der A-Bank (Hauskonto Objekt X) sowie anhand der ebenfalls vorgelegten Aufstellungen des Klägers über Kontenbewegungen (auf diesem Konto und anderen Konten) insbesondere nicht die auf das A-Bankkonto entfallenden Schuldzinsen dem Objekt X zuordnen. Der Kläger habe Gelder von diversen privaten Konten (die noch dazu auf den Namen verschiedener Personen lauteten) auf das Konto Nr. 1 (bei der A-Bank) gebucht und auch wieder abgezogen. Durch dieses vielfache Ein- und Auszahlen beträchtlicher Geldbeträge von anderen eigenen Konten sowie von Konten anderer Kontoinhaber und somit der Vermischung mit anderen Ausgaben und Einnahmen lasse sich eine durch die Finanzierung der Anschaffungskosten des Hauses in X entstandene Zinsbelastung auch im Schätzungswege nicht herausfiltern. Weder die Darlehensverwendung zum Hauskauf noch der Geldfluss seien nachvollziehbar.
Für die Ferienwohnung in Y errechnete das FG positive Vermietungseinkünfte von 1 091 DM. Hierzu stellte es den erklärten Mieteinnahmen (9 385 DM) die nach seinen Feststellungen die Ferienwohnung betreffenden (nachgewiesenen) Aufwendungen (73 783 DM) mit dem auf die tatsächlichen Vermietungstage im Streitjahr entfallenden Anteil (41/365) gegenüber und berücksichtigte 8 294 DM Werbungskosten (11,24 v.H. von 73 783 DM). Ein Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten sei nur für die Zeit der tatsächlichen Vermietung der Ferienwohnung zu ermitteln; die Leerstandszeiten seien der Selbstnutzung zuzurechnen. Dies gelte auch dann, wenn der Steuerpflichtige ―wie im Streitfall― die Vermittlung der Vermietung einem Dritten übertrage. Aus dem zwischen der Ehefrau des Klägers und der Hausverwalterin Z geschlossenen Maklervertrag ergebe sich, dass der Vermieter sich vorbehalte, in nicht vermieteten Zeiträumen die Wohnung selbst zu nutzen oder selbst an Gäste zu vermieten. Der Einwand des Klägers, er oder seine Angehörigen hätten die Wohnung im Streitjahr tatsächlich nicht genutzt, sei unerheblich.
In die Bemessungsgrundlage der auf die Ferienwohnung entfallenden Aufwendungen (73 783 DM, siehe oben) hat das FG Schuldzinsen aus einem Darlehen der B-GmbH statt der vom Kläger geltend gemachten 22 662,30 DM nur mit 8 470 DM (6,05 v.H. von 140 000 DM) einbezogen. Zwar ergebe sich aus dem Darlehensvertrag die Einräumung eines Darlehens über 400 000 DM zu 6,05 v.H. Zinsen. Der Kläger habe auch ein Schreiben der B-GmbH vom 7. Juli 1999 ―ohne Unterschrift― vorgelegt, wonach das Darlehen 1993 mit 290 000 DM und im Streitjahr 1994 mit 100 000 DM ausbezahlt worden sei. Die vom Kläger eingereichte Aufstellung über Kontenbewegungen ergebe aber lediglich eine Auszahlung dieses Darlehens in Höhe von insgesamt 140 000 DM auf das Konto Nr. 2 (Hauskonto der Ferienwohnung). Weitere 300 000 DM, die diesem Konto zugeflossen seien, beträfen das nach den Angaben des Klägers unverzinsliche "Darlehen C". Soweit der Kläger darüber hinaus noch 40 463 DM Schuldzinsen als Kontokorrentzinsen geltend mache, sei kein Zusammenhang mit den Einkünften aus der Ferienwohnung ersichtlich.
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (unzutreffende Auslegung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes ―EStG― und des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Das FG habe zu Unrecht bei der Ermittlung der Einkünfte aus der Ferienwohnung die Werbungskosten nur mit dem auf die Vermietungstage entfallenden Anteil berücksichtigt und darüber hinaus ―bei der Ferienwohnung und bei dem Haus in X― die geltend gemachten Schuldzinsen nicht in voller Höhe zum Abzug zugelassen.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Einkommensteuerbescheid 1994 vom 29. September 2000 dahin abzuändern, dass die Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Ferienwohnung in Y nicht zeitanteilig wegen der Leerstandszeiten gekürzt und Schuldzinsen für dieses Objekt mit insgesamt 63 667 DM sowie für das Objekt in X mit 18 734,49 DM berücksichtigt werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das FG hat zu Unrecht allein wegen der Möglichkeit der Selbstnutzung die Leerstandszeiten der Selbstnutzung zugerechnet. Im Übrigen reichen die bisherigen Feststellungen des FG nicht aus, um in der Revisionsinstanz abschließend über die zutreffende Zurechnung der auf die Leerstandszeiten entfallenden Aufwendungen und damit die Aufteilung der Werbungskosten sowie ―insbesondere― darüber zu entscheiden, ob der Kläger und seine Ehefrau die Ferienwohnung mit Einkünfteerzielungsabsicht vermietet haben. Dagegen hat das FG zutreffend die geltend gemachten Schuldzinsen nur im zuerkannten Umfang zum Abzug zugelassen.
1. Bei der Ermittlung des Einkommens für die Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter die Einkünfte des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG fallen. Kennzeichnend für die Einkunftsarten ist, wie der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) im Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C. IV. 3. c aa (1)) ausgeführt hat, dass die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen der Erzielung positiver Einkünfte dienen.
a) Bezogen auf die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung folgt hieraus, dass eine Vermietungstätigkeit nur dann dieser Einkunftsart zuzurechnen ist, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf die Dauer der Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften (z.B. BFH-Urteil vom 5. September 2000 IX R 33/97, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II. 2.); nichtsteuerbare Veräußerungsgewinne bleiben dabei unberücksichtigt (Beschluss in BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C. IV. 3. c aa (2)). Die Einkünfteerzielungsabsicht kann erst nachträglich einsetzen und auch wieder wegfallen (BFH-Urteil vom 31. März 1987 IX R 112/83, BFHE 150, 325, BStBl II 1987, 774, m.w.N.).
b) Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass die Steuerpflichtigen beabsichtigen, letztlich einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, selbst wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771). Die Grundsätze des vorgenannten Urteils sind auch beim Vermieten von Ferienwohnungen anzuwenden, wenn diese von den Steuerpflichtigen ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten werden (z.B. BFH-Urteil vom 21. November 2000 IX R 37/98, BFHE 193, 479, BStBl II 2001, 705, m.w.N.). Dies gilt ―wie der Senat in seinem Urteil vom 6. November 2001 IX R 97/00 (BFHE 197, 151) unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden hat― unabhängig davon, ob die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung in Eigenregie oder durch Einschalten eines Dritten vermieten.
c) Dagegen ist nach dem Urteil IX R 97/00 bei teilweise selbstgenutzten und teilweise vermieteten Ferienwohnungen die Frage, ob die Steuerpflichtigen mit oder ohne Einkünfteerzielungsabsicht vermietet haben, anhand einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose zu entscheiden. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Gründe des Urteils IX R 97/00.
2. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang ist dann gegeben, wenn die Schuldzinsen für eine Verbindlichkeit geleistet worden sind, die durch die Einkünfteerzielung veranlasst ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn und soweit das Darlehen tatsächlich zum Erzielen von Einkünften verwendet worden ist. Der wirtschaftliche Zusammenhang kann nicht durch eine bloße gedankliche Zuweisung des Steuerpflichtigen begründet werden (z.B. BFH-Urteil vom 25. Januar 2001 IX R 27/97, BFHE 195, 135, BStBl II 2001, 573, m.w.N.). Die Feststellung, wofür das Darlehen und dementsprechend die Zinsen, deren Abzug als Werbungskosten begehrt wird, im Einzelfall tatsächlich verwendet worden sind, obliegt dem FG als Tatsacheninstanz (BFH-Urteil vom 29. Juli 1997 IX R 89/94, BFHE 184, 80, BStBl II 1997, 772, unter 1. a cc).
3. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Vorentscheidung aufzuheben und die nicht spruchreife Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
a) Das FG hat ―ausgehend von seiner Rechtsauffassung zutreffend― keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger und seine Ehefrau die Ferienwohnung in Y durch das Einschalten der Vermittlerin ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit zur Vermietung bereitgehalten oder ob sie die Ferienwohnung auch selbst genutzt haben. Trifft das Erstere zu, ist ohne weitere Prüfung von der Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen. Liegt eine Selbstnutzung vor (s. dazu auch BFH-Urteil vom 6. November 2001 IX R 2/99, BFH/NV 2002, 771), muss das FG die Kosten aufteilen und durch eine unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats vorzunehmende Prognose feststellen, ob durch die Vermietungstätigkeit ein Totalüberschuss erzielt werden kann. In diesem Zusammenhang hat das FG auch zu prüfen, ob der Maklervertrag eine als Selbstnutzungsvorbehalt zu wertende Regelung enthält. Ist dies zu bejahen, muss das FG ―ohne dass es auf eine tatsächliche Selbstnutzung ankäme― die vorbehaltene Zeit der Selbstnutzung zurechnen (vgl. Urteil in BFHE 197, 151).
b) Die Entscheidung des FG, über die im Urteil zuerkannten Beträge hinaus keine weiteren Schuldzinsen als Werbungskosten zu berücksichtigen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) ist davon auszugehen, dass die tatsächliche Verwendung der Darlehen, auf denen diese Schuldzinsen beruhen, nicht nachgewiesen und deshalb eine schätzungsweise Zuordnung der Schuldzinsen, auch nach den Grundsätzen des Mehrkontenmodells und der sog. Zinsstaffelmethode nicht möglich ist. Mit seinen hiergegen gerichteten Revisionsangriffen macht der Kläger nach dem sachlichen Gehalt seines Vorbringens im Wesentlichen nur geltend, aus dem Stand seines Vermögens im Jahre 1990 ergebe sich, dass er den Erwerb der Immobilien zwangsläufig habe fremdfinanzieren müssen. Hieraus folgt jedoch keine tatsächliche Zuordnung der Darlehensmittel zu den Objekten.
Fundstellen
Haufe-Index 840439 |
BFH/NV 2002, 1454 |