Leitsatz (amtlich)
Rechnet das FA nach Abschluß eines Grundstückskaufvertrages das Grundstück dem Käufer zu, so enthält dieser Fortschreibungsbescheid auch die bindende Feststellung, daß dem Verkäufer die (noch nicht getilgte) Kaufpreisforderung zusteht.
Normenkette
AO 1977 § 182 Abs. 1; BewG 1965 § 22 Abs. 2
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten darum, ob bei der Vermögensteuerveranlagung der Kläger zum 1.Januar 1971 die Kaufpreisforderung aus der Veräußerung eines Grundstückes anzusetzen ist.
1. a) Die Kläger und Frau A veräußerten in notariell beurkundeter Form gemäß Angebot vom 9.April 1969 und Annahme vom 14.August 1969 an eine Wohnungsbaugesellschaft ein Grundstück; es gehörte den Klägern und Frau A zu je 50 v.H. Ob die Kläger ihrerseits den halben Miteigentumsanteil zu Bruchteilen oder in ehelicher Gütergemeinschaft innehatten, ist nicht festgestellt.
Nach § 1 des Vertrages erwarb die Wohnungsbaugesellschaft das Grundstück zur Bebauung im sozialen Wohnungsbau, "und zwar entsprechend dem derzeitigen Bebauungsplanentwurf ... Sollte bei Annahme dieses Kaufangebotes der Bebauungsplan noch nicht im vorstehenden Sinne rechtskräftig sein, wird den Käufern ein Rücktrittsrecht eingeräumt, sofern der Bebauungsplan gar nicht oder in geänderter Form Rechtskraft erlangt." Der Kaufpreis betrug gemäß § 2 Abs.1 des Kaufvertrages X DM. Dazu heißt es in § 2 Abs.2: "Bei Annahme dieses Kaufangebotes haben die Käufer durch Bankbestätigung nachzuweisen, daß der vorstehend genannte Kaufpreis in vollem Umfang zur Verfügung steht. Sobald nach Annahme der Notar alle zur Umschreibung notwendigen Genehmigungen vorliegen hat und eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Käufer eingetragen ist, soll der Gesamtkaufpreis auf ein Banksperrkonto hinterlegt werden mit der Maßgabe, daß die Freigabe an die Verkäufer erfolgt, wenn das Grundstück auf die (Käuferin) umgeschrieben ist und der Bebauungsplan genehmigt ist..."
Als Tag der Übergabe des Grundstückes wurde der 1.September 1969 vereinbart. Mit diesem Zeitpunkt sollten "Gefahr, Nutzungen, Lasten und Steuern sowie öffentliche Abgaben auf die Käufer übergehen" (§ 4 des Vertrages). Jedoch war in § 7 vereinbart, daß die Nutzung des Geländes bis zum Baubeginn den Verkäufern verbleibt.
Anfang 1971 wurde der Kaufpreis auf ein Banksperrkonto eingezahlt, nachdem eine Auflassungsvormerkung für die Käuferin im Grundbuch eingetragen, die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts (FA) erteilt sowie Ende 1970 der Kaufvertrag behördlich genehmigt worden war.
Mit Schreiben vom 15.Februar 1979 trat die Käuferin von dem Kaufvertrag zurück, da der Bebauungsplan nicht rechtsverbindlich geworden war.
b) Durch Zurechnungsfortschreibungsbescheid zum 1.Januar 1971 rechnete das beklagte FA das veräußerte Grundstück mit dem Einheitswert der Käuferin als wirtschaftlicher Eigentümerin zu. Zum selben Stichtag setzte es die Kaufpreisforderung als Vermögen der Kläger bei deren Veranlagung zur Vermögensteuer an.
2. Auf die Klage setzte das FG die Vermögensteuer herab, indem es die (halbe) Kaufpreisforderung aus der Berechnungsgrundlage aussonderte. Den Klägern habe am 1.Januar 1971 keine solche Forderung aus dem Grundstückskaufvertrag mit der Wohnungsbaugesellschaft zugestanden; denn nach dem Inhalt dieses Vertrages habe die Kaufpreisforderung erst entstehen sollen, wenn das Grundstück im Grundbuch auf die Käuferin umgeschrieben und der Bebauungsplan genehmigt war.
3. Mit der Revision begehrt das FA, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Das angefochtene Urteil verletzt § 182 Abs.1 der Abgabenordnung (AO 1977), der gemäß Art.97 § 1 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO 1977) auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist.
Nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt hat das FA den veräußerten Grundbesitz durch Zurechnungsfortschreibung zum 1.Januar 1971 der Käuferin zugerechnet (§ 22 Abs.2 des Bewertungsgesetzes --BewG--). Damit war gemäß § 182 Abs.1 AO 1977 bindend festgestellt, daß das Grundstück (positiv) der Käuferin und (negativ) nicht mehr (zu 50 v.H.) den Klägern zuzurechnen war. Diese letztgenannte Aussage des Zurechnungsfortschreibungsbescheides enthielt zwangsläufig die weitere Feststellung, daß den Klägern nunmehr statt des Grundstücks die Kaufpreisforderung (zu 50 v.H.) zuzurechnen war. An diese Feststellung war das FA bei der Veranlagung der Kläger zur Vermögensteuer auf den 1.Januar 1971 gemäß § 182 Abs.1 AO 1977 gebunden.
Diese dem Wortlaut des § 182 Abs.1 AO 1977 entsprechende Auslegung wird durch seinen Sinn und Zweck gedeckt. Die Vorschrift soll abweichende Entscheidungen eines FA oder mehrerer FÄ hinsichtlich ein und desselben Sachverhaltes vermeiden. Kann ein verkauftes Grundstück nur nach einheitlichem Maßstab dem Käufer zu- und dem Verkäufer weggerechnet werden, so gilt auch für die Zurechnung des Kaufpreisanspruches aus dem betreffenden Kaufvertrag nichts anderes. Ist mit der Zurechnungsfortschreibung des Grundstücks die Erfüllung des Eigentumsverschaffungsanspruches bejaht, so ist damit gleichzeitig die Existenz des Kaufpreisanspruches bestätigt. Denn nach dem Wesen des Kaufvertrages ist der eine Anspruch nicht ohne den anderen denkbar (§ 433 des Bürgerlichen Gesetzbuches).
2. Das FG hat --aus seiner Sicht zu Recht-- keine Tatsachen festgestellt, die eine Bewertung der Kaufpreisforderung zum 1.Januar 1971 ermöglichen. Die Sache wird daher zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 60837 |
BStBl II 1986, 41 |
BFHE 144, 463 |
BFHE 1986, 463 |
BB 1986, 185-186 (ST) |
DB 1986, 362-362 (ST) |
DStR 1986, 55-55 (ST) |
HFR 1986, 50-51 (ST) |