Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Folgt auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr (z. B. 1956/57) von 12 Monaten ein mit dem Kalenderjahr endendes Rumpfwirtschaftsjahr (z. B. 1957), so sind die berücksichtigungsfähigen Ausschüttungen im Sinn des § 19 Abs. 3 Satz 2 KStG 1955 um so viele Zwölftel zu erhöhen, als dieses Rumpfwirtschaftsjahr volle Monate umfaßt.
KStG 1955 (in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 1957) § 5 Abs. 2 Satz 2 und § 19 Abs. 3
Normenkette
KStG § 5 Abs. 2 S. 2, § 19 Abs. 3 S. 2
Tatbestand
Die Bfin. hatte ab ihrer Gründung am 19. Juni 1956 ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. Juli 1956 bis 30. Juni 1957, das sie anschließend unter Einschaltung eines Rumpfwirtschaftsjahres vom 1. Juli bis 31. Dezember 1957 auf das Kalenderjahr umstellte. Der Körperschaftsteuer 1957 legten der Steuerausschuß und das Finanzgericht die Gewinne des abweichenden Wirtschaftsjahres vom 1. Juli 1956 bis 30. Juni 1957 und des Rumpfwirtschaftsjahres vom 1. Juli bis 31. Dezember 1957 zugrunde. Bei der Körperschaftsteuerfestsetzung 1957 wurden 8 und 4 v. H. des bei der Veranlagung zur Vermögensteuer festgestellten Vermögens nach der günstigeren Bemessungsgrundlage im Sinne des § 19 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 KStG 1955 außer Betracht gelassen, somit für das Wirtschaftsjahr 1956/57
8 v. H. aus 159.000 DM = 12.720 DM plus für das Rumpfwirtschaftsjahr 4 v. H. aus 159.000 DM = 6.360 DM zusammen - - - - - - - 19.080 DM. Die Vorinstanz entsprach nicht dem Rechtsmittelantrag der Bfin., auch für das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 31. Dezember 1957 volle 8 v. H. des zuletzt festgestellten Vermögens als Gewinnausschüttungen außer Betracht zu lassen. Die Körperschaftsteuer, also auch die nach § 19 Abs. 3 KStG ermäßigte Körperschaftsteuer, werde für das Kalenderjahr als Veranlagungszeitraum erhoben. Demnach könnten auch nur 8 v. H. der Bemessungsgrundlage als begünstigte Ausschüttungen berücksichtigt werden. Das gelte auch dann, wenn in einem Kalenderjahr die Ergebnisse eines abweichenden Wirtschaftsjahrs und eines daran anschließenden Rumpfwirtschaftsjahres zusammenfielen. Wenn die Finanzverwaltung regelmäßig berücksichtigungsfähige Ausschüttungen bis zu einer Höchstgrenze von 8 v. H. für den gesamten Veranlagungszeitraum zulasse, so könne allenfalls bezweifelt werden, ob die vom Finanzamt berücksichtigten 12 v. H. im vorliegenden Falle dem Gesetz entsprächen. Dieses Vorgehen hielt das Finanzgericht jedoch deshalb für unbedenklich, weil wegen der im Jahre 1957 erfolgten änderung des § 5 Abs. 2 Satz 2 KStG zwangsläufig ein Ergebnis von 18 Monaten besteuert werden müsse, so daß die entsprechende Angleichung der berücksichtigungsfähigen Ausschüttungen hingenommen werden könne.
Die Rb. wird wie folgt begründet. Da § 19 Abs. 3 KStG 1957 auf Wirtschaftsjahre (Mehrzahl!), nicht aber auf das Kalenderjahr oder den Veranlagungszeitraum abstelle, widerspreche die Schlußfolgerung des Finanzgerichts ebenso dem Gesetz wie die in Abschnitt 48 Abs. 4 KStR 1955 enthaltende Verwaltungsanweisung, wonach der vorgesehene Hundertsatz nur mit so vielen Zwölfteln anzusetzen sei, als das verkürzte Wirtschaftsjahr volle Monate umfasse. Bei diesem Verfahren werde die GmbH in unzulässiger Weise schlechtergestellt als die AG.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist unbegründet.
Im Veranlagungszeitraum 1956 war der Gewinn der Bfin. entsprechend dem Verhältnis des Gesamtumsatzes im abweichenden Wirtschaftsjahr 1. Juli 1956 bis 30. Juni 1957 zu den auf die Kalenderjahre 1956 und 1957 entfallenden Umsätzen aufzuteilen (ß 5 Abs. 2 Satz 2 KStG 1955). Der nach dieser Vorschrift auf das Kalenderjahr 1956 entfallende Teil des Gewinns des abweichenden Wirtschaftsjahres 1956/1957 (Gewinn vom 1. Juli 1956 bis 31. Dezember 1956) blieb nach § 23 b Abs. 2 KStG 1958 für die Körperschaftsteuer 1956 außer Ansatz. Die Körperschaftsteuer 1957 richtet sich nach § 5 Abs. 2 KStG in der Fassung des Art. 3 Ziff. 1 und Art. 4 Abs. 3 des Gesetzes zur änderung steuerrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 1957 (BGBl 1957 I S. 848, BStBl 1957 I S. 352). Danach gilt bei abweichendem Wirtschaftsjahr der Gewinn als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet. Der Gewinn des Wirtschaftsjahrs vom 1. Juli 1956 bis 30. Juni 1957 war somit ausschließlich im Kalenderjahr 1957 zu versteuern. Da die Bfin. ab 1. Januar 1958 zur Besteuerung nach dem Ergebnis des Kalenderjahres übergegangen ist, tritt hierzu noch der Gewinn aus dem Rumpfsteuerabschnitt vom 1. Juli bis 31. Dezember 1957.
Die Vorinstanzen sind dementsprechend vorgegangen. Die Bfin. ist für 1956 von der Körperschaftsteuer freigestellt, für 1957 aus den Gewinnen des Wirtschaftsjahres 1956/57 und des Rumpfwirtschaftsjahres vom 1. Juli bis 31. Dezember 1957 zur Körperschaftsteuer herangezogen worden.
Nach § 19 Abs. 3 Sätze 1 und 2 KStG 1955 ermäßigte sich der Körperschaftsteuersatz von 45 v. H. bei unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften für berücksichtigungsfähige Ausschüttungen auf 30 v. H. des Einkommens. Bei GmbHen blieben Gewinnausschüttungen insoweit außer Betracht, als sie 8 v. H des eingezahlten Stammkapitals oder, wenn dieser Betrag höher war, 8 v. H. des bei der letzten Veranlagung zur Vermögensteuer festgestellten Vermögens überstiegen. Unstreitig bildet hier das Vermögen, nicht das Stammkapital, die Bemessungsgrundlage für berücksichtigungsfähige Ausschüttungen. Wich das Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr ab, so sollten die berücksichtigungsfähigen Ausschüttungen entsprechend dem im § 5 Abs. 2 Satz 2 KStG bezeichneten Umsatzverhältnisse auf die Kalenderjahre aufgeteilt werden (ß 19 Abs. 3 Satz 3 KStG 1955). Diese Regelung paßte nicht mehr in die hinsichtlich der Besteuerung von Wirtschaftsjahren bereits für 1957 geänderte Fassung des bezüglich seines übrigen Inhalts erst ab 1958 umgestalteten § 19 Abs. 3 KStG. Auf den Veranlagungszeitraum 1957 war bereits die auch heute noch bestehende Vorschrift anzuwenden, daß bei abweichendem Wirtschaftsjahr der Gewinn aus Gewerbebetrieb als in dem Kalenderjahr bezogen gilt, in dem das Wirtschaftsjahr endet.
Nach der bis 1957 vorhandenen gesetzlichen Regelung war bei einer Körperschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr ein mehr als 12 Monate umfassender Besteuerungstatbestand nicht möglich. Er wurde durch die strenge zeitanteilige Aufteilungsmethode des § 5 Abs. 2 Satz 2 KStG 1955 verhindert. Auch beim übergang von einem abweichenden Wirtschaftsjahr zum Kalenderjahr ergab sich nichts anderes. Das hier im Anschluß an das Wirtschaftsjahr 1956/57 zu bildende Rumpfwirtschaftsjahr hätte den ohnehin in den laufenden Veranlagungszeitraum fallenden Rest des letzten abweichenden Wirtschaftsjahres zu einem vollen Kalenderjahr mit 12 Monaten aufgefüllt. Dagegen waren verkürzte Wirtschaftsjahre denkbar, z. B. im Gründungsjahr, vom tatsächlichen Beginn bis zum 31. Dezember des gleichen Jahres oder bei Erlöschen des Unternehmens vor dem 31. Dezember. Diese Fälle wollte Abschn. 48 Abs. 4 KStR 1955 in der Weise besteuert wissen, daß der gesetzlich vorgesehene Hundertsatz von 8 v. H. bei der Bemessung der Berücksichtigungsfähigen Ausschüttungen nur mit so vielen Zwölfteln angesetzt werden solle, als das verkürzte Wirtschaftsjahr volle Monate umfaßt. Dieser Fall liegt hier nicht vor. Die Bfin. war durch den grundsätzlichen Wandel, der 1957 bezüglich der steuerlichen Behandlung von Kapitalgesellschaften mit abweichendem Wirtschaftsjahr eintrat, für 1957 mit den Gewinnen für 18 Monate ( vom 1. Juli 1956 bis 31. Dezember 1957) zu besteuern. Hätte der Gesetzgeber für die Jahre vor 1957 mit einer solchen Möglichkeit rechnen müssen, daß nämlich die Ergebnisse von mehr als 12 Monaten in einem Veranlagungszeitraum zusammenkommen und besteuert werden müssen, so ist anzunehmen, daß er auch die Berechnung der berücksichtigungsfähigen Ausschüttungen einer GmbH dieser Möglichkeit angepaßt hätte. Die Besonderheit des vorliegenden Falles ergibt sich hier aus dem Zusammentreffen von widerspruchsvollen Besteuerungselementen auf zwei nicht aufeinander abgestimmten gesetzlichen Regelungen.
Nach der Grundregel des § 5 Abs. 1 KStG bemißt sich die Körperschaftsteuer nach dem Einkommen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat. Was darunter fällt, wird in § 5 Abs. 2 KStG 1955 und 1957 unterschiedlich geregelt. Wird in einem Veranlagungszeitraum Gewinn aus mehr als 12 Monaten steuerlich erfaßt und beziehen sich auf die so ermöglichten Gewinnausschüttungen den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechende Gewinnverteilungsbeschlüsse für mehr als ein Wirtschaftsjahr, so können dagegen keine grundsätzlichen Bedenken erhoben werden. Nur ist auf zusammentreffende Gewinne aus mehr als einem Wirtschaftsjahr der richtige Grundgedanke des Abschnitts 48 Abs. 4 KStR anzuwenden. Auf Gewinnausschüttungen für ein in diesem Sinne "verlängertes" Wirtschaftsjahr ist der gesetzlich vorgesehene Hundertsatz von 8. v. H. bei der Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Ausschüttungen mit so viel Zwölfteln mehr anzusetzen, als das verlängerte Wirtschaftsjahr über 12 Monate hinausgehende volle Monate umfaßt.
Das hat das Finanzamt beachtet. Das Finanzgericht hat aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 3 Satz 2 KStG entnommene Bedenken gegen berücksichtigungsfähige Ausschüttungen von mehr als 8 v. H. für einen Veranlagungszeitraum zurückgestellt. Der Senat erachtet den Ansatz von 12 v. H. entsprechend der Bestimmungsgröße eines in 18 Monaten entstandenen Gewinns als sinnvolle und gerechte Ausfüllung einer nicht ganz klaren gesetzlichen Regelung. Der Satz von 8 v. H. kann nicht mit Rücksicht auf einen möglichen gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilungsbeschluß für ein Rumpfwirtschaftsjahr von sechs Monaten verdoppelt werden. Das "angehängte" Rumpfwirtschaftsjahr kann steuerlich nicht besser behandelt werden als ein isoliertes verkürztes Wirtschaftsjahr, für dessen steuerliche Behandlung Abschnitt 48 Abs. 4 KStR 1955 eine zutreffende Auslegungsregel aufgestellt hat.
Die Rb. war als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 411480 |
BStBl III 1965, 202 |
BFHE 1965, 559 |
BFHE 81, 559 |
BB 1965, 359 |
DB 1965, 616 |
StRK, KStG:19 R 24 |