Leitsatz (amtlich)
Anzahlungen auf Anschaffungskosten, für die nach § 14 Abs. 3 BHG erhöhte Absetzungen geltend gemacht werden können, sind Anzahlungen im Sinne des Bilanzrechts (§ 151 Abs. 1 Aktivseite II A Nr. 7, III B Nr. 1 AktG). Dazu gehören auch Leistungen, die den Ansatz oder die Erhöhung eines Passivpostens zur Folge haben, z. B. die Annahme eines gezogenen Wechsels.
Normenkette
BHG i.d.F. des Gesetzes vom 25. März 1959 (BGBl I 1959, 160, BStBl I 1959, 195) § 14 Abs. 3; AktG § 151 Abs. 1 Aktivseite II A Nr. 7, Abs. 1 Aktivseite II A Nr. 7III B Nr. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger 2 und Revisionsbeklagte 1 (Kläger) betreibt ein Speditionsunternehmen. Mit notariellem Vertrag vom 21. Dezember 1961 erwarb er die Speditionsfirma B-KG zu einem Kaufpreis von 165 000 DM unter Ausschluß der am Tag der Übergabe des Betriebs begründeten Forderungen und Verbindlichkeiten. Die Vertragsteile waren sich einig, daß das Eigentum an zwei Henschel-Lastkraftwagen und zwei Vidal-Anhängern auf den Kläger übergehe und dieser auch die zu den Lastzügen gehörenden Fernverkehrskonzessionen übernehme. Die Übergabe der Fahrzeuge sollte erfolgen, sobald die erforderliche Zustimmung der Genehmigungsbehörde vorlag. Der Vertrag wurde unter der Bedingung der Erteilung dieser Genehmigung geschlossen.
Vereinbarungsgemäß zahlte der Kläger an die Veräußerin im Streitjahr 1961 90 000 DM. In Höhe der restlichen 75 000 DM übergab der Kläger der Veräußerin drei Wechselakzepte über je 25 000 DM, die am 22. Dezember 1961 ausgestellt wurden und am 15. März 1962 fällig waren. Zwei dieser Akzepte diskontierte die Veräußerin am 27. Dezember 1961, das dritte am 11. Januar 1962. Am 6. Februar 1962 erteilte die Genehmigungsbehörde dem Kläger die für den Betrieb der erworbenen Lastkraftwagen erforderlichen Verkehrskonzessionen.
Im Streitjahr 1961 nahm der Kläger die erhöhten AfA nach dem BHG für die auf die Anschaffungskosten geleisteten Anzahlungen in Anspruch, mit Ausnahme des auf die Konzessionen entfallenden Kaufpreisteils. Der Revisionskläger 1 und Revisionsbeklagte 2 (das beklagte FA) ließ die erhöhten AfA nach dem BHG im Streitjahr 1961 für das im Januar 1962 diskontierte Wechselakzept nicht zu, da insoweit im Streitjahr 1961 noch keine Zahlung vorgelegen habe. Das FG, dessen Entscheidung in EFG 1970, 343 veröffentlicht ist, hat die erhöhten AfA nach dem BHG, soweit sie auf das im Januar 1962 diskontierte Wechselakzept entfielen, zugelassen. Denn ein Wechselakzept stehe im Wirtschaftsleben der Barzahlung gleich.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision des FA ist unbegründet.
Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß die erhöhten Absetzungen nach § 14 Abs. 3 BHG i. d. F. des Gesetzes vom 25. März 1959 (BGBl I 1959, 160, BStBl I 1959, 195) auch zulässig sind auf die Anzahlung, die durch das im Dezember 1961 hingegebene, aber erst im Januar 1962 diskontierte Wechselakzept über 25 000 DM geleistet wurde.
Bilanzrechtlich sind Anzahlungen Vorleistungen eines Vertragsteils auf ein schwebendes Geschäft (Adler-Düring-Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, 4. Aufl., § 151 Tz. 83, 133). Sie sind bei dem, der die Anzahlung leistet, auf der Aktivseite der Bilanz auszuweisen (vgl. § 151 Abs. 1 Aktivseite II A Nr. 7, III B Nr. 1 AktG). Die Aktivierung ist dadurch gerechtfertigt, daß der durch die Anzahlung bewirkten Minderung des Vermögens ein Anspruch auf die Gegenleistung in entsprechender Höhe gegenübersteht. Der Aktivposten "Anzahlungen" ist somit nichts anderes als der Anspruch auf die Lieferung von Vermögensgegenständen des Anlage- oder Umlaufvermögens aus dem schwebenden Geschäft.
Aus dieser Erläuterung des Begriffs der Anzahlungen folgt, daß es gleichgültig ist, ob die Leistung der Anzahlung eine Vermindernung eines Aktivpostens, z. B. des Kassenbestandes, oder den Ansatz oder die Erhöhung eines Passivpostens zur Folge hat. Voraussetzung ist allein, daß es sich um einen buchungspflichtigen Vorgang handelt, der das Bilanzvermögen vermindert und deshalb durch den Aktivposten "Anzahlungen" auszugleichen ist. Daher fallen, ähnlich wie bei Rechnungsabgrenzungsposten (Urteil des BFH vom 31. Mai 1967 I 208/63, BFHE 89, 191, BStBl III 1967, 607), nicht nur Zahlungsvorgänge unter den Begriff der Anzahlungen, sondern auch die Hingabe eines Wechselakzepts. Denn die Verbindlichkeit aus der Annahme eines gezogenen Wechsels ist bereits im Zeitpunkt der Hingabe des Wechsels, nicht erst im Zeitpunkt der Diskontierung, auf der Passivseite der Bilanz auszuweisen (vgl. § 151 Abs. 1 Passivseite VI Nr. 2 AktG). Da der Hingabe des Wechsels im Streitfall der anteilige Anspruch auf Lieferung der Fahrzeuge und Anhänger gegenüberstand, war auf der Aktivseite der Bilanz der Posten "Anzahlungen" geboten.
Dieser Posten kann nach § 14 Abs. 3 BHG abgeschrieben werden. Denn Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, die erhöhten Absetzungen, die später auf die gelieferten Wirtschaftsgüter möglich sind, bereits auf die Anzahlungen zuzulassen. Das erscheint insofern folgerichtig, als sich hinter dem Posten "Anzahlungen", wie bereits bemerkt, der Anspruch auf die Lieferung der Wirtschaftsgüter verbirgt, der später durch die gelieferten Wirtschaftsgüter selbst ersetzt wird.
Daß für § 14 Abs. 3 BHG der hier erläuterte bilanzrechtliche Begriff der Anzahlungen maßgeblich ist und nicht der Begriff der Einnahmen oder Ausgaben nach § 11 EStG, zeigt sich auch darin, daß die erhöhten AfA nach § 14 BHG nach der Lieferung der Wirtschaftsgüter ohne Rücksicht darauf zulässig sind, ob die Kaufpreisschuld bereits durch Zahlung getilgt oder noch in der Bilanz als Verbindlichkeit ausgewiesen ist. Der Senat braucht daher nicht auf die vom FG erörterte Frage einzugehen, ob die Hingabe eines Wechselakzepts ebenso einer Barzahlung gleichsteht, wie dies die Rechtsprechung für die Hingabe eines Schecks angenommen hat (BFH-Urteile vom 8. November 1968 VI R 81/67, BFHE 94, 140, BStBl II 1969, 76; vom 29. Oktober 1970 IV R 103/70, BFHE 100, 501, BStBl II 1971, 94).
Fundstellen
Haufe-Index 70419 |
BStBl II 1973, 487 |
BFHE 1973, 329 |