Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerberichtigung bei fehlerhafter Beurteilung der Verwendungsumsätze im Erstjahr
Leitsatz (NV)
Eine fehlerhafte, aber nicht mehr änderbare Beurteilung der Verwendungsumsätze im Erstjahr ist die für die Beurteilung der Vorsteuerberichtigung im Folgejahr maßgebende Beurteilung (Änderung der bisherigen Rechtsprechung).
Normenkette
UStG 1980 § 15 Abs. 2, § 15a Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) errichtete im Rahmen einer Bauherrengemeinschaft eine Eigentumswohnung, die sie -- unter Option für die Steuerpflicht -- an einen gewerblichen Zwischenmieter vermietete. Dieser vermietete sie zu Wohnzwecken weiter.
In den Umsatzsteuerbescheiden für 1980 bis 1982 erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) das Zwischenmietverhältnis zunächst umsatzsteuerrechtlich an und ließ die aus den Herstellungskosten der Eigentumswohnung geltend gemachten Vorsteuerbeträge zum Abzug zu.
Wegen einer am 22. April 1986 vorgenommenen Änderung des Zwischenmietvertrags erkannte das FA von diesem Zeitpunkt ab die Zwischenvermietung wegen rechtsmißbräuchlicher Gestaltung (§ 42 der Abgabenordnung -- AO 1977 --) nicht mehr an und berichtigte im Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr (1986) den Vorsteuerabzug entsprechend.
Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt. Der Vorsteuerabzug -- so führte es zur Begründung aus -- könne nicht nach § 15 a Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 berichtigt werden, wenn das Zwischenmietverhältnis von Anfang an wegen Gestaltungsmißbrauchs nicht hätte anerkannt werden dürfen. Im Streitfall sei das Zwischenmietverhältnis von Beginn an nicht anzuerkennen gewesen.
Hiergegen richtet sich die durch das FG zugelassene Revision des FA, mit der das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 15 a Abs. 1 Satz 1 UStG 1980) rügt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, weil es mit der neueren Rechtsprechung des Senats zu § 15 a Abs. 1 Satz 1 UStG 1980 nicht übereinstimmt. Der erkennende Senat hat in seinen Entscheidungen vom 16. Dezember 1993 V R 56/91, BB 1994, 1919 und V R 65/92, BFHE 173, 270 dahin erkannt, daß eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts entfallenden Vorsteuerbeträge gemäß § 15 a Abs. 1 UStG 1980 wegen einer Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse auch vorzunehmen ist, wenn die Umsätze des Steuerpflichtigen im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung fehlerhaft, aber unabänderbar als steuerpflichtig beurteilt worden sind und der Steuerpflichtige in einem Folgejahr steuerfreie Umsätze ausführt. Für die Vorsteuerberichtigung nach § 15 a Abs. 1 UStG 1980 ist die einer unanfechtbaren und nicht mehr änderbaren Steuerfestsetzung für das Erstjahr zugrunde liegende Beurteilung des Vorsteuerabzugs selbst dann maßgebend, wenn sie unzutreffend war. Führt die rechtlich richtige Würdigung des Verwendungsumsatzes in einem Folgejahr -- gemessen an der "maßgebenden" Beurteilung für das Erstjahr -- zu einer anderen Beurteilung des Vorsteuerabzugs, ist eine Änderung der Verhältnisse i. S. von § 15 Abs. 1 UStG 1980 gegeben. Diesen Grundsätzen entspricht die Vorentscheidung nicht.
2. Die Sache ist nicht spruchreif; der Senat kann mangels ausreichender tatsächlicher Feststellung nicht entscheiden, ob die Voraussetzungen des § 15 a Abs. 1 UStG 1980 vorliegen. Zwar spricht vieles dafür, daß die Steuerfestsetzungen des Erstjahrs 1980 und der Abzugsjahre 1981 und 1982 unanfechtbar und nicht mehr änderbar sind. Es fehlen indes Feststellungen des FG dazu. Diese wird das FG nachzuholen haben.
Fundstellen