Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Rückstellungen für "Wechselobligo" sind nicht zulässig, wenn der Steuerpflichtige aus den zum Diskont weitergegebenen Kundenwechseln am Bewertungsstichtag noch nicht in Anspruch genommen worden ist.
Normenkette
BewG §§ 62, 103, 66, 109
Tatbestand
Streitig ist, ob bei der Ermittlung des Einheitswerts des gewerblichen Betriebs der Revisionsklägerin (Stpfl.) auf den 1. Januar 1960 eine Rückstellung für Wechselobligo zu berücksichtigen ist bzw. ob bei den ausgewiesenen Forderungen ein entsprechender Abzug vorgenommen werden darf.
Das FA hat den von der Revisionsklägerin in ihrer Vermögensaufstellung nach dem Stand vom 31. Dezember 1959 (Hauptfeststellung 1960) eingesetzten Schuldposten für Wechselobligo unter Hinweis auf das Urteil des BFH III 345/57 S vom 8. Januar 1960, (BFH 70, 222, BStBl III 1960, 83) nicht zum Abzug zugelassen.
Mit der Sprungberufung reichte die Revisionsklägerin eine berichtigte Vermögensaufstellung ein. In dieser Vermögensaufstellung hat sie keine Rückstellung für "Wechselobligo" mehr eingesetzt, sondern den Wert der bisher ausgewiesenen Forderungen um einen Betrag gekürzt, der dem zunächst beantragten "Wechselobligo" entspricht. Dieser Betrag errechnet sich aus 5 v. H. der Forderungen, für die die Revisionsklägerin Wechsel erfüllungshalber angenommen hat und die in der Vermögensaufstellung nicht aktiviert sind. Die Wechsel sind nach den Ausführungen in der Berufungsbegründung im Rahmen der Kreditvereinbarungen mit den Hausbanken von diesen diskontiert worden; seien entsprechende Buchgeldansprüche gegen die Hausbanken - allerdings auflösend bedingt - entstanden. Der Satz 5 v. H. sei berechtigt, weil in viel größerem Maße als bei den übrigen bilanzierten Forderungen zweifelhaft sei, ob sie in voller Höhe eingingen. Ein Teil der Forderungen, für die Wechsel hereingenommen worden seien, sei uneinbringlich; mehrfach würden Wechsel seit Jahren prolongiert. In der Berufungsbegründung wird weiter u. a. folgendes ausgeführt: Das BFH-Urteil III 345/57 S vom 8. Januar 1960 (a. a. O.) stehe dem Begehren der Revisionsklägerin nicht entgegen. In dieser Entscheidung sei lediglich klargestellt, daß Rückstellungen nur für echte Verbindlichkeiten in Betracht kommen und ein Wechselobligo keine Schuld darstelle. Hier handle es sich um die Bewertung von Forderungen. Der BFH wende sich zu Recht nur gegen die unzutreffende bewertungsmäßige Darstellung des Besitzpostens "Forderungen" mit ihrem Nennwert (oder dem Nennwert des empfangenen Surrogats) und auf der Passivseite mit einer "Rückstellung für Wechselobligo" als Korrektivposten. Die Wertberichtigung sei unmittelbar bei der Bewertung der Forderungen usw. zu berücksichtigen. Die Buchführungs- und Bilanzierungspraxis der Wirtschaft buche Forderungen, für die der Schuldner Wechsel gegeben habe, einfach aus, obwohl sie weiterhin bestehen blieben, da die Wechsel nur erfüllungshalber angenommen worden seien. Im Gegensatz hierzu würden Forderungen, die durch Sicherungsübertragung an Dritte übergegangen seien, weiterhin als solche ausgewiesen. Die verschiedene Behandlung beider Fälle sei nicht zu rechtfertigen, weil jeweils die Forderung gegen den Schuldner bestehen bleibe. Die hereingenommenen Wechsel dienten in erster Linie der Finanzierung der Revisionsklägerin. Obwohl die Wechseldiskontierung bankgeschäftlich als "Wechselankauf" bezeichnet werde, seien die Wechsel bei der Diskontierung durch die K seien die Wechsel bei der Diskontierung durch die Kreditinstitute jedenfalls für die Revisionsklägerin nichts anderes als eine Finanzierungsunterlage. Das lasse eine Untersuchung der Rechtsverhältnisse zwischen der Revisionsklägerin und ihren Hausbanken deutlich werden. Die Revisionsklägerin habe bei ihren Hausbanken, bevor ihr die Wechsel von den Banken diskontiert wurden, die Einräumung eines Wechselkredits beantragen müssen. Die Hausbanken hätten daraufhin die Gewährung eines solchen Diskontkredits durch Wechselankauf zugesagt. Die Wechselankäufe der Kreditinstitute seien also auf Seiten der Revisionsklägerin jeweils eine Kreditinanspruchnahme aus dem vorangegangenen Krediteröffnungsvertrag. Das zeige sich deutlich in all jenen Fällen, in denen "Abschnitte von den Banken lediglich im Hinblick auf den Kredit der Revisionsklägerin angekauft wurden, während sie im Hinblick auf den Akzeptanten überhaupt nicht diskontfähig" gewesen seien. Die übliche Buchhaltungs- und Bilanzierungspraxis stelle also die Wechselhereinnahme und die Wechseldiskontierung nach ihrem rechtlichen und wirtschaftlichen Gehalt unzutreffend dar. So fehlten auch in der Vermögensaufstellung der Revisionsklägerin zum 31. Dezember 1959 auf der Passivseite die Diskontkredite, die sie sich durch Verwertung der Kundenwechsel verschafft habe, und auf der Aktivseite die Forderungen gegen die Kunden, die die Wechsel gegeben hätten. Bei richtiger wirtschaftlicher Betrachtung müßten beide Posten in die Bilanz aufgenommen werden. Eine solche Bilanzierungsweise werde von den Kommentatoren des Aktienrechts für zulässig gehalten. In diesem Zusammenhang werde auf die Ausführungen von Dienst "Rückstellungen für Wechselobligo im Bewertungsrecht" (Wirtschaftsprüfung 1961 S. 639) hingewiesen. Würden aber die Forderungen gegen die Wechselgeber bis zur Einlösung der Akzepte weiterhin bilanziert und ebenso auf der Passivseite die Finanzierungskredite, dann sei bewertungsrechtlich bei den Forderungen ein Abschlag wegen wertmindernder Umstände zulässig. Die Diskontkredite seien mit dem vollen Betrag anzusetzen, weil die Verpflichtung der Revisionsklägerin aus nicht eingelösten Wechseln in voller Höhe gegenüber der Bank weiter bestehe. Somit sei es gerechtfertigt, sofern nach der Bilanzierungspraxis Forderungen und Diskontkredite nicht besonders ausgewiesen würden, die Wertberichtigung bei den restlichen Buchforderungen vorzunehmen oder auf der Aktivseite einen Negativposten einzusetzen. Für die in Abschn. 28 Abs. 5 VStR 1960 gemachte Einschränkungen - Ausweis der Forderung, zu der der Wertminderungsposten - fehle jede gesetzliche Grundlage. Das BewG schreibe nicht vor, daß ein Wert nur positiv sein könne. Der Ansatz eines solchen negativen Werts sei für die am Stichtag noch bestehenden Forderungen geboten, weil die wirtschaftlichen Surrogate für diese Forderungen sich in den Ansätzen anderer Wirtschaftsgüter in der Vermögensaufstellung niedergeschlagen hätten. Der Sachverhalt müsse wirtschaftlich zutreffend qualifiziert werden.
Die Berufung wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzgericht (FG) stützte seine Entscheidung auf das für das Bewertungsrecht geltende Stichtagsprinzip und die BFH-Urteile III 345/57 S vom 8. Januar 1960 (a. a. O.) und III 366/58 U vom 7. Oktober 1960 (BFH 71, 690, BStBl III 1960, 508). Ein Wertabschlag auf die ursprüngliche Forderung, die Einsetzung eines negativen Korrekturpostens oder ein Abschlag bei den restlichen ausgewiesenen Forderungen sei nicht zulässig. Dem wirtschaftlichen Vorgang des Zurücktretens der ursprünglichen Forderung hinter die Wechselforderung trage die Buchführungspraxis Rechnung. Zu Unrecht werde deshalb geltend gemacht, der Vorgang der Wechselbegebung werde von der Buchführung nicht seinem wahren wirtschaftlichen Gehalt entsprechend wiedergegeben. Der Gläubiger dürfe sich zunächst nur aus der Wechselforderung befriedigen. Im Ergebnis habe der Gläubiger seine ursprüngliche Forderung an die Bank verkauft. Sein Vermögensstatus sei deshalb anders zu beurteilen, als wenn er seine Forderungen nicht in liquide Mittel umgewandelt hätte. Würden die hereingenommenen Wechsel nicht zum Diskont weitergegeben, so sei ein Abschlag auf die Wechselforderung zulässig, weil sich der Vermögensstatus des Gläubigers nicht geändert habe, sofern der Wechsel nicht noch weitere Verpflichtete als den Schuldner aufweise. Wenn verlangt werde, daß der Wechseldiskont bei der Bewertung nicht anders beurteilt werden dürfe als ein Wechsellombard oder eine Sicherungsabtretung der ursprünglichen Forderung, so würden die rechtlichen und wirtschaftlichen Unterschiede dieser Finanzierungs- und Kreditaufnahmemöglichkeiten übergangen. Die Tatsache, daß der Wechseldiskont zugleich wirtschaftlich eine Kreditaufnahme seitens des Verkäufers darstelle, rechtfertige keine andere Beurteilung. Schließlich sei auch der Einwand nicht begründet, die aufsichtsbehördliche Anweisung an die Kreditinstitute zur Bildung von Wechselobligo-Rückstellungen begründe eine bereits bestehende Last.
Mit der Rb., die nach der am 1. Januar 1966 in Kraft getretenen FGO als Revision zu behandeln ist, werden mangelnde Sachaufklärung und unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts gerügt. Das FG habe weder die Natur der strittigen Diskontgeschäfte noch ihren wirtschaftlichen Inhalt untersucht. Ferner gehe das Urteil davon aus, die Revisionsklägerin habe mit der Diskontierung ihrer Kundenwechsel Guthaben in Höhe der Diskonterlöse erworben, diese Guthaben seien in der Vermögensaufstellung vorhanden und ein "Abschlag für zweifelhafte Forderungen würde der liquiditätsmäßigen Stärkung des Vermögens des Stpfl. nicht gerecht". Auch insoweit mangle es an der Aufklärung des Sachverhalts. Die Revisionsklägerin nimmt weiter auf ihre Berufungsbegründung Bezug und führt ergänzend im wesentlichen noch folgendes aus: Der im Streitfall in Betracht kommende Sachverhalt "Diskontierung von Kundenwechseln zur Geldbeschaffung" müsse nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise gewertet und gewürdigt werden. Die Diskontgeschäfte seien hiernach nur in den Krediteröffnungsvertrag eingebettet gewesen, sondern auch im Kontokorrentverkehr abgewickelt worden. Diese Abwicklung habe Wesen und Inhalt der Ansprüche des Diskontnehmers aus dem Diskontgeschäft so verändert, daß die Ansprüche daraus nicht solchen Geldansprüchen gleichgestellt werden könnten, die aus Einlagedepositen oder überweisungen Dritter herrühren. Die gutgeschriebenen Diskonterlöse würden noch nicht eigene verfügbare Mittel des Diskontnehmers, weil die Bank die gutgeschriebenen Beträge zurückbelasten könne, wenn die Wechsel nicht eingelöst werden, die freie Verfügung über den Gegenwert durch Gesetz oder behördliche Maßnahme beschränkt sei oder die Papiere infolge unüberwindlicher Hindernisse nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt worden seien. Der Senat habe bisher immer nur diese Gefahr der Nichteinlösung des Wechsels durch die Akzeptanten angesprochen. Den Banken stehe aber ein viel weitergehendes Zurückbehaltungsrecht zu; sie könnten diskontierte Wechsel bereits vor Verfall, also jederzeit unter gewissen Voraussetzungen zurückbelasten. Wegen dieser vorläufigen Natur der Gutschrift des Diskonterlöses im Kontokorrent des Diskontnehmers sei es rechtlich und wirtschaftlich verfehlt, den Gutschriftsbetrag dem Vermögen des Diskontnehmers zuzurechnen. Es bleibe somit nichts anderes übrig, als für die Bewertung der nach wie vor in vollem Umfang fortbestehenden Forderungen aus dem Grundgeschäft alle bewertungserheblichen Umstände diesen Forderungen zu entnehmen, wie sie ihnen anhaften, nämlich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Schuldner. Im Gegensatz zu den Rückstellungen für Gewährleistungsverpflichtungen, Bürgschaftsverpflichtungen und für Rabattmarkenverpflichtungen bestünden nach der Diskontierung von Kundenwechseln die Grundforderungen aus dem Lieferungs- oder Leistungsgeschäft und der Giralgeldforderung gegen die Bank aus dem Diskontgeschäft. Beide Forderungen bestünden nebeneinander und könnten auch nicht gegeneinander ausgetauscht werden. Somit dürften beide Forderungen nur einheitlich bewertet werden. Die besonderen Umstände der Grundforderung und der Giralgeldforderung erforderten den nach § 14 Abs. 1 BewG angesetzten geringeren Wert.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I. -
Der Senat hat sich in der Entscheidung III 345/57 S vom 8. Januar 1960 (a. a. O.), bei der es allerdings nur um die Zulässigkeit einer Garantierückstellung ging, in eingehender Weise mit dem Problem von Rückstellungen bei der Einheitsbewertung der gewerblichen Betriebe befaßt. Bezüglich des sog. "Wechselobligos" gab er seine in den Urteilen III 132/56 S vom 23. November 1956 (BFH 64, 34, BStBl III 1957, 14) und III 106/57 U vom 5. Juli 1957 (BFH 65, 165, BStBl III 1957, 297) ausgesprochene Auffassung, nach der ein Unternehmer auch bewertungsrechtlich unter dem Gesichtspunkt des Delkredere die Gefahr der Nichteinlösung von zum Diskont weitergegebener Wechsel durch eine entsprechende Rückstellung berücksichtigen könne, auf. Die Zulassung einer Rückstellung für Wechselobligo, so führt die Entscheidung aus, könne nicht unter dem Gesichtspunkt des Delkredere betrachtet werden. Eine Rückstellung komme nur für echte Verbindlichkeiten in Betracht. Der Grundsatz der Stichtagsbewertung verbiete es, unter dem Gesichtspunkt der Gefahr der Nichteinlösung von zum Diskont weitergegebenen Kundenwechseln eine entsprechende Rückstellung zuzulassen, wenn am Stichtag noch keine Inanspruchnahme vorliege. Mit Hilfe eines Delkredere, das lediglich einen Wertberichtigungs- (Korrektiv-) Posten zu bestehenden Forderungen darstelle, könne keine Rückstellung gebildet werden. Im Urteil III 366/58 U vom 7. Oktober 1960 (a. a. O.) hat der Senat diese Rechtsauffassung bestätigt. Hieran hält er fest.
II. - Für den Streitfall ist entscheidend, ob es sich bei dem geltend gemachten Minderungsposten um einen Wertberichtigungsposten (sog. Delkredere) für die rechtlich noch bestehenden Kundenforderungen oder um eine Rückstellung aus Wechselhaftung handelt. Wertberichtigungsposten sind, wie sich bereits aus dem Begriff selbst ergibt, Korrekturposten hinsichtlich des in die Bilanz (Vermögensaufstellung) eingesetzten Wertes von Wirtschaftsgütern. Dementsprechend kommt auch durch den Ansatz eines sog. Delkredere die Berichtigung des Wertansatzes für Forderungen zum Ausdruck. Der Ansatz eines Delkredere setzt somit die Aufnahme der Forderungen, für die das Delkredere gebildet werden soll, in die Vermögensaufstellung voraus. Dieser Grundsatz ergibt sich aus den allgemeinen Regeln der Wertermittlung des Betriebsvermögens und der für das Betriebsvermögen geltenden Einzelbewertung der verschiedenen Wirtschaftsgüter. Er gilt grundsätzlich auch im Falle der Diskontierung von zum Diskont weitergegebenen Kundenwechseln. Die Hingabe eines Wechsels zur Bezahlung einer Schuld bedeutet im Zweifel nur eine Leistung erfüllungshalber, nicht an Erfüllungs Statt (RGZ 158, 317). Auch im Streitfalle handelt es sich um solche Wechsel. Sie wurden vor dem Verfalltag dadurch verwertet, daß sie von der Revisionsklägerin an ihre Bank im Rahmen der getroffenen Kreditvereinbarung zum Diskont weitergegeben wurden. Das Wesen des Diskontgeschäfts besteht darin, daß die Bank als Diskontgeberin noch nicht fällige Wechsel unter Abzug von Zwischenzinsen, Unkosten und Provision vom Wechselinhaber erwirbt. Die Diskontierung ermöglicht somit dem Inhaber eines Wechsels, sich vor Fälligkeit des Wechsels Bargeld zu verschaffen. Der Diskontgeber (Bank) schreibt den Barwert des Wechsels vorbehaltlich des späteren Eingangs der Wechselsumme dem Diskontnehmer gut und gewährt ihm so für die restliche Laufzeit des Wechsels einen Kredit (vgl. Baumbach-Hefermehl, Wechsel- und Scheckgesetz, 8. Aufl., Art. 11 Anm. 9; Burkhardt, Das Wechsel- und Scheckrecht, S. 88, 89).
Das Diskont ist kein selbständiges Geschäft, sondern die Verwirklichung eines anderen Rechtsgeschäfts. Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG) ist die rechtliche Beurteilung des Diskontvertrags aus der Lage des einzelnen Falles zu entnehmen; dieser kann sich als Kaufvertrag oder als Darlehnsvertrag darstellen (RGZ 142, 23, 26). Die Revisionsklägerin ist der Auffassung, es handle sich im Streitfalle um eine Kreditvereinbarung. Sie weist auch zutreffend darauf hin, daß den Banken bei diskontierten Wechseln ein weitgehendes Zurückbehaltungsrecht zusteht, das rechtlich als Rücktrittsrecht aufzufassen ist, und daß die Banken diskontierte Wechsel bereits vor Verfall zurückbelasten können, wenn von ihnen eingeholte Auskünfte über einen Wechselverpflichteten nicht zu ihrer Zufriedenheit ausfallen, Akzepte eines Wechselverpflichteten protestiert werden oder in den Verhältnissen eines Wechselverpflichteten eine wesentliche Verschlechterung eintritt (Nr. 42 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken). Das hindert aber nicht, daß der Barwert der Wechsel, sofern sie diskontiert werden, dem Diskontnehmer zunächst zur Verfügung steht und er damit den Kaufpreis der Ware, für die der Käufer den Wechsel gegeben hat, erhält. Dementsprechend hat die Revisionsklägerin die Kundenforderungen, für die sie Wechsel hereingenommen und zum Diskont weitergegeben hat, auch nicht in die Vermögensaufstellung aufgenommen. Obwohl die Wechsel nur zur Sicherung der Warenforderung gegeben wurden und die Warenforderung gegen den Kunden rechtlich noch bestehen blieb, hat die Revisionsklägerin unbeschadet ihres Rechts, auf das der Wechselhingabe zugrunde liegende Geschäft zurückzugreifen, die Wechselhingabe wirtschaftlich zunächst als Erfüllung angesehen.
Das entspricht im übrigen auch der nach bürgerlichem Recht bestehenden Rechtslage. Es ist zwar richtig, daß dem Gläubiger, dessen Schuldner ihm einen Wechsel erfüllungshalber gegeben hat, zwei Ansprüche zustehen, der Anspruch aus dem Grundgeschäft und der Anspruch aus dem Wechsel. Es ist ferner zutreffend, daß beide Ansprüche, auch wenn sie in Zweckbestimmung zueinander stehen, auf verschiedenen Rechtsgründen beruhen. Der Schuldner hat aber nur einmal zu leisten und der Gläubiger kann nicht ohne weiteres die Grundforderung geltend machen. Vielmehr bestimmen sich Eintritt und Umfang der Haftung aus dem Grundgeschäft nach dem Schicksal des Wechsels (Baumbach-Hefermehl, a. a. O., Einleitung Anm. 29). Der Klage auf den Kaufpreis steht die Einrede der Wechselhingabe entgegen und der Gläubiger ist wegen der Annahme des Wechsels verpflichtet, sich zunächst aus dem Wechsel zu befriedigen, so daß er seine Kaufpreisforderung erst dann verfolgen kann, wenn er entweder auf seine Wechselforderung verzichtet oder deren Uneinbringlichkeit dartut (RGZ 153, 182). Andererseits ist die Grundforderung erloschen, wenn der in der Hingabe des Wechsels liegende Zahlungsversuch des Kunden zur endgültigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat. Diese nach bürgerlichem Recht bestehende Rechtslage berechtigt den Gläubiger, die Wechselhingabe zunächst wirtschaftlich als eine Erfüllung anzusehen. Sie muß wegen der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Behandlungsweise auch bewertungsrechtlich beachtet werden. Deshalb schlägt auch der Einwand der Revisionsklägerin nicht durch, die übliche Buchhaltungs- und Bilanzierungspraxis stelle die Wechselhereinnahme und die Wechseldiskontierung nach ihrem rechtlichen und wirtschaftlichen Gehalt unrichtig dar. Aus den gleichen Gründen geht der Einwand fehl, die verschiedene bewertungsrechtliche Behandlung der Forderungen, die durch Sicherungsübereignung an Dritte übergegangen seien, die Hereinnahme der nicht zur Weitergabe bestimmten Wechsel und das Lombardgeschäft einerseits und das Diskontgeschäft andererseits sei nicht gerechtfertigt. Schließlich kann die Revisionsklägerin auch nicht mit dem Hinweis durchdringen, der Ansatz eines negativen Werts wegen der Ungewißheit des Eingangs von - trotz der Hingabe der Wechsel noch bestehenden - Forderungen sei deshalb berechtigt, weil das aus dem Diskontgeschäft Empfangene sich in anderen Wirtschaftsgütern als Wert niedergeschlagen habe.
Der der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt, vor allem die Vereinbarungen mit der Bank, liegen im Streitfall nicht so, daß nicht mehr von einer Diskontierung der Wechsel gesprochen werden kann. Auch kann nach der gegebenen Sachlage nicht von einem Lombardgeschäft, von sog. Mobilisierungswechseln oder ähnlichen Wechseln ausgegangen werden; deshalb ist darauf nicht einzugehen, ob bei einem solchen Sachverhalt eine andere Rechtslage gegeben ist.
III. - Handelt es sich bei dem geltend gemachten Abzugsposten nicht um eine Wertberichtigung von Kundenforderungen, so ist zu prüfen, ob unter dem Gesichtspunkt der Rückstellung der Ansatz eines Schuldpostens zulässig ist. Die Anerkennung einer Rückstellung setzt bewertungsrechtlich voraus, daß hinsichtlich des Sachverhalts, für den die Rückstellung gebildet worden ist, im Feststellungszeitpunkt eine rechtliche und wirtschaftliche Verpflichtung besteht. Aus dem Wechsel haftet nicht nur der Akzeptant; es haften daneben auch der Aussteller, sämtliche Indossanten sowie etwaige Wechselbürgen. Ihre Haftung ist nur sekundär, d. h. sie haften nur unter bestimmten Voraussetzungen, nämlich wenn ein Wechsel notleidend wird. Tritt dieser Fall ein, so ist der Wechselinhaber berechtigt, auf sie Rückgriff (Regreß) zu nehmen. Stehen die Bank und der Diskontnehmer wie gewöhnlich in Kontokorrentverkehr, so wird, falls der Wechsel bei Vorlage nach Verfall nicht eingelöst wird, der Diskontnehmer zurückbelastet. Das geht nur, wenn ein Habensaldo des Kaufmanns besteht. In allen anderen Fällen muß auch die Bank (Diskontgeber) aus dem Wechsel gegen die Wechselverpflichtete - hier Diskontnehmer - vorgehen. Hieraus ergibt sich, daß auch der Unternehmer, der für seine Warenlieferungen Wechsel hereinnimmt und diese diskontiert, nur wechselrechtlich haftet. Verbindlichkeiten, die sich aus Gewährleistung, Haftung usw. ergeben, liegen, wie der Senat im Urteil III 345/57 S vom 8. Januar 1960 (a. a. O.) ausgeführt hat, bewertungsrechtlich auf einer ganz anderen Ebene als die im Feststellungszeitpunkt bestehenden und bewertbaren Schulden und aufschiebend bedingten bzw. unbestimmt befristeten Lasten. Mit dem Stichtagsprinzip des Bewertungsrechts ist es nicht zu vereinbaren, mögliche und künftige Belastungen aus Haftungsverpflichtungen vermögensmindernd zu berücksichtigen. Der Senat hat sich in dem wiederholt angeführten Urteil III 345/57 S vom 8. Januar 1960 mit diesem Fragenkomplex eingehend befaßt. Er hat dort, wenn auch nur am Rande, auch hinsichtlich des Wechselobligos ausgesprochen, daß eine Rückstellung nicht anerkannt werden könne, wenn im Feststellungszeitpunkt noch keine Inanspruchnahme vorliegt. Der Senat sieht keine Veranlassung, im Streitfalle von dieser Rechtsauffassung abzugehen. Er verkennt nicht, daß bei dem zum Diskont gegebenen Kundenwechsel die Gefahr einer Inanspruchnahme des Unternehmers aus seiner wechselrechtlichen Haftung größer ist als in anderen Fällen einer Unternehmerhaftung. Solche Wahrscheinlichkeitserwägungen können aber nach dem derzeitigen Bewertungsrecht kein Kriterium für die Anerkennung einer Rückstellung sein.
IV. - Auch die Verfahrensrügen, die eine mangelnde Aufklärung des Sachverhalts zum Inhalt haben, sind nicht begründet. Unverständlich ist hier der Einwand, inwiefern die Vorinstanz weder die Natur der streitigen Diskontgeschäfte noch ihren wirtschaftlichen Inhalt untersucht habe. Die Vorentscheidung hat sich eingehend mit dem streitigen Problem in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht befaßt und hierbei keinen Verfahrensverstoß begangen. Auch die Ausführungen der Vorentscheidung, der Vermögensstatus eines Gläubigers, der empfangene Kundenwechsel zum Diskont gebe, sei anders zu beurteilen, als wenn er seine Forderungen nicht in liquide Mittel umgewandelt hätte und ein Abschlag würde der liquiditätsmäßigen Stärkung des Vermögens nicht gerecht, stellt keinen Verfahrensmangel dar. Die Vorentscheidung hat mit diesen Ausführungen im Zusammenhang mit der Darstellung des Diskontgeschäfts auf die Lage hingewiesen, die sich für den Gläubiger aus der Diskontierung der Wechsel für dessen Liquidität ergibt. Hier von einer mangelnden Sachaufklärung und einem Verfahrensverstoß zu sprechen, liegt neben der Sache.
Fundstellen
Haufe-Index 412534 |
BStBl III 1967, 486 |
BFHE 1967, 554 |
BFHE 88, 554 |