Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Erhält der Kaufmann von seinem Kunden für die bewilligten, sich auf mehrere Wirtschaftsjahre verteilenden Teilzahlungen Wechsel über den den Finanzierungszuschlag umfassenden Kaufpreis und diskontiert er die Wechsel bei seiner Bank, so ist er in der Regel berechtigt, den Finanzierungszuschlag und die Diskontspesen in der nächsten Bilanz in der Weise abzugrenzen, daß der sich aus dem Unterschied zwischen dem Finanzierungszuschlag und den Diskontspesen ergebende Gewinn zeitanteilig auf die Dauer der Teilzahlungen verteilt wird.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, §§ 5, 6/1/2
Tatbestand
Streitig ist bei der Körperschaftsteuerveranlagung 1957 der beschwerdeführenden GmbH (Bfin.), wie sie die von ihren Kunden erhobenen Finanzierungskosten und die ihr erwachsenen Diskontspesen in der Bilanz vom 31. Dezember 1957 abzugrenzen hat.
Die Bfin. gewährte ihren Kunden beim Verkauf von Kraftfahrzeugen Teilzahlungen in gleichen, sich auf 12 bis 36 Monate verteilenden Raten. Für die Bewilligung der Teilzahlung berechnete die Bfin. den Kunden Finanzierungszuschläge, die sich nach der Länge der Zahlungsfristen bemaßen. Die Kunden stellten der Bfin. über den Kaufpreis und die Finanzierungszuschläge den bewilligten Teilzahlungen entsprechende Wechsel aus, die die Bfin. bei ihrer Bank diskontierte. Da die von der Bfin. berechneten Finanzierungszuschläge im allgemeinen höher waren als die der Bfin. von ihrer Bank berechneten Diskontspesen, ergab sich aus der Bewilligung der Teilzahlungen für die Bfin. zunächst ein Gewinn. Die Bfin. ist der Auffassung, daß dieser sich aus dem Unterschied zwischen den Finanzierungskosten und den Diskontspesen ergebende Gewinn anteilig auf die Laufzeit der Wechsel, also auf die Zeit der bewilligten Teilzahlungen, verteilt werden müsse. Zu diesem Zweck bildete sie in ihren Bilanzen passive Rechnungsabgrenzungsposten für die in den Monatswechseln enthaltenen, zeitanteilig auf das nächste Wirtschaftsjahr entfallenden Finanzierungskosten. Die auf das nächste Wirtschaftsjahr entfallenden Diskontspesen grenzte sie entsprechend durch aktive Rechnungsabgrenzungsposten ab. Durch diese zeitanteilige Abgrenzung der Finanzierungszuschläge und der Diskontspesen wurde der sich aus dem Unterschied dieser Posten ergebende Gewinn ebenfalls zeitanteilig verteilt.
Finanzamt und Finanzgericht hielten diese Abgrenzung der Finanzierungszuschläge und der Diskontspesen für unzutreffend und sahen in der Diskontierung der von den Kunden gegebenen Wechsel die endgültige Realisierung des sich aus dem Unterschied zwischen Finanzierungszuschlägen und Diskontspesen ergebenden Gewinns. Das Finanzgericht begründete seine Entscheidungen im wesentlichen wie folgt: Es sei zwar richtig, daß die Bfin. die Finanzierungszuschläge zeitanteilig abgegrenzt habe. Denn diese Zuschläge seien das Entgelt der Käufer für eine betriebliche Leistung der Bfin., die sie während der Laufzeit des Teilzahlungsvertrages zu erbringen habe und seien deshalb zeitanteilig abzugrenzen, wenn sie mehrere Wirtschaftsjahre berührten. Die Schlußfolgerung der Bfin. aber, daß der Unterschied aus den Finanzierungszuschlägen und den Diskontspesen kein Ertrag des Jahres der Diskontierung sei, sei unrichtig. Denn im Gegensatz zu den Finanzierungszuschlägen hafte den Diskontspesen der Bank kein Zeitmoment an. Durch die Wechseldiskontierung gehe das Zeitmoment auf die Bank über und die Bfin. habe das im Zeitmoment liegende Wagnis durch die Diskontierung der Wechsel auf die Bank überwälzt. Die Bfin. habe im Zeitpunkt der Diskontierung den Gegenwert ihrer Forderungen erhalten und die Warenforderungen gegen ihre Kunden schieden damit endgültig aus ihrer Buchführung und Bilanz aus.
Entscheidungsgründe
Die Rb. der Bfin. ist begründet.
Erhöht der Kaufmann die Kaufpreisforderung für ein im Rahmen seines Gewerbebetriebs veräußertes Wirtschaftsgut mit Rücksicht darauf, daß er dem Kunden Teilzahlungen gestattet, und beruht diese Erhöhung im wesentlichen auf dem Zinsverlust, so hat der Kaufmann, wenn die Kaufpreiserhöhung erkennbar ist, zwei Möglichkeiten der Bilanzierung dieses Geschäftsvorfalls. Behandelt er die erhöhte Kaufpreisforderung als Einheit, so ergibt sich, wenn auch Teilzahlungen nach dem Bilanzstichtag fällig werden, die Abschreibung der Warenforderung am Bilanzstichtag aus ihrem niedrigeren Teilwert (§ 6 Abs. 1 Ziff. 2 Satz 2 EStG). Denn die um die Finanzierungskosten erhöhte Kaufpreisforderung muß dann als eine bis zu ihrer Fälligkeit zinslose Forderung behandelt werden. Aktiviert der Kaufmann am Bilanzstichtag die nicht um den Teilzahlungszuschlag erhöhte Forderung und behandelt er den Zuschlag als im voraus erhobene Zinsen, so ergibt sich aus der dynamischen Bilanzbetrachtung seine Verpflichtung, diese Einnahme durch Rechnungsabgrenzung auf die Wirtschaftsjahre zu verteilen, zu denen sie wirtschaftlich, d. h. zeitanteilig, gehört. Veräußert der Kaufmann die um den Teilzahlungszuschlag erhöhte Forderung im Wirtschaftsjahr des Verkaufs des Wirtschaftsguts, also vor dem Bilanzstichtag, und zwar unter dem Nennbetrag zu einer Zeit, zu der die bewilligten Teilzahlungen noch laufen, so ist am Bilanzstichtag für eine Abgrenzung kein Raum mehr, weil das Geschäft für den Kaufmann wie ein Bargeschäft endgültig abgewickelt ist. Ein im Finanzierungszuschlag steckender Gewinn ist durch die Veräußerung der Warenforderung realisiert.
Es ist den Vorinstanzen zuzugeben, daß manches dafür spricht, die Diskontierung des von dem Kunden über die erhöhte Kaufpreisforderung gegebenen Wechsels durch den Kaufmann bei seiner Bank wirtschaftlich der Veräußerung der Kaufpreisforderung gleichzustellen und damit die Realisierung des in der Erhöhung der Kaufpreisforderung steckenden Gewinns schon im Zeitpunkt der Diskontierung zu verlangen. Denn wenn auch der Kunde den Wechsel in der Regel nur zur Sicherung der Warenforderung des Veräußerers hingibt und deshalb die Warenforderung gegen den Kunden weiter bestehen bleibt, so betrachtet doch im allgemeinen der Kaufmann unbeschadet seines Rechts, auf das der Wechselhingabe zugrunde liegende Geschäft zurückzugreifen, die Wechselhingabe zunächst als Erfüllung. Das zeigt sich auch darin, daß der Kaufmann am Bilanzstichtag die von den Kunden erfüllungshalber hingegebenen Wechsel unter den liquiden Mitteln ausweist (vgl. § 131 III Ziff. 12 des Aktiengesetzes) und damit die noch nicht erloschene Warenforderung nicht mehr unter den Forderungen enthalten ist. Hat der Kaufmann den Wechsel am Bilanzstichtag bei der Bank diskontiert, so ist das Geschäft bei wirtschaftlicher Betrachtung ähnlich wie bei einer Barzahlung dann abgewickelt, wenn der Kunde die Wechsel einlöst und seinen Verpflichtungen vertragsgemäß nachkommt. Man kann es deshalb dem Kaufmann nicht verwehren, das Geschäft nach der Diskontierung des Wechsels als abgewickelt zu behandeln und für die im Fall der Nichteinlösung des Wechsels bestimmte Haftung nur eine angemessene Rückstellung zu bilden.
Aus dieser für den Kaufmann möglichen Bilanzierung kann aber nicht gefolgert werden, daß er zu ihr verpflichtet ist. Stellt der Kaufmann seiner Verbuchung und Bilanzierung des Verkaufs und der Wechseldiskontierung den der bürgerlich-rechtlichen Betrachtung entsprechenden Gesichtspunkt in den Vordergrund, daß der Wechsel nur der Sicherung eines am Bilanzstichtag noch nicht abgewickelten Geschäfts dient, weil die Kaufpreisforderung noch besteht, so kann es ihm nicht verwehrt werden, die mit der Diskontierung zusammenhängenden Kosten als mit der Erhöhung der Kaufpreisforderung (Teilzahlungszuschlag) in engem wirtschaftlichen Zusammenhang stehende Aufwendungen zu behandeln und den sich aus Ertrag (Kaufpreiserhöhung) und Aufwand (Diskontspesen) ergebenden Unterschied ebenso wie den Ertrag zu verbuchen, nämlich als vorausgezahlte Zinsen. Dieses Recht des Kaufmanns entspricht dem Grundsatz der Vorsicht bei der endgültigen Realisierung eines Gewinns und trägt auch den für die Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Tatsachen Rechnung, daß die Kaufpreisforderung bis zur Einlösung der Wechsel noch besteht, daß das Geschäft rechtlich noch nicht vollständig abgewickelt ist und daß die Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden kann, daß der Kunde die Wechsel vorzeitig einlöst und damit ein bereits realisierter Gewinn rückgängig gemacht werden müßte. Die Bilanzierung der Bfin. verstößt deshalb nicht gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und ist aus diesem Grunde auch für die Besteuerung maßgebend.
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben. Die Sache wird zur Entscheidung im Einspruchsverfahren an das Finanzamt zurückverwiesen. Das Finanzamt wird bei der erneuten Entscheidung die Ausführungen dieses Urteils berücksichtigen und die Tantieme und die Gewerbesteuerrückstellung unter Beachtung der Nichtigkeit des § 8 Ziff. 6 des Gewerbesteuergesetzes (Urteil des Bundesverfassungsgerichts 1 BvR 845/58 vom 24. Januar 1962, BStBl 1962 I S. 500) neu berechnen.
Fundstellen
Haufe-Index 410446 |
BStBl III 1962, 307 |
BFHE 1963, 104 |
BFHE 75, 104 |
BB 1962, 791 |
DB 1962, 858 |