Leitsatz (amtlich)

1. Zur Auslegung des Begriffs Hausgewerbetreibender.

2. Zur Besteuerung der Umsätze von Unternehmern, die arbeitsrechtlich den in Heimarbeit Beschäftigten gleichgestellt sind (Gesetz über die Heimarbeit vom 23. März 1934 in der Fassung der Verordnung zur Änderung des Gesetzes über die Heimarbeit vom 30. Oktober 1939, RGBl. I S. 2143, 2145, § 2 Abs. 1 und 2; Heimarbeitsgesetz vom 14. März 1951, BGBl. I S. 191, § 1 Abs. 1 und 2).

 

Normenkette

UStG 1934 § 4 Ziff. 14; UStDB 1938 i.d.F. der Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 8. September 1940 (RGBl. I S. 1245) § 40; UStG 1951 § 4 Ziff. 18; UStDB 1951 § 44

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) stellt für zwei Firmen, mit denen er in festem Geschäftsverkehr steht, in eigener Werkstatt Damenoberbekleidung (Kleider, Blusen) gegen Stücklohn her. An der Herstellung beteiligt er sich selbst, insbesondere durch Zuschneiden und durch Anfertigung von Schnitten. Er beschäftigte im Jahre 1951 neben einem Familienangehörigen 7 Gesellen und vereinnahmte bei 20 158 DM Gesamtumsatz für die Umsätze im festen Geschäftsverkehr Entgelte in Höhe von 18 908 DM. Für diesen Betrag nahm er in der Umsatzsteuererklärung mit der Angabe, daß er Zwischenmeister für Damenkleider sei, und unter Berufung auf § 4 Ziff. 18 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1951 (in Verbindung mit § 44 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz -- UStDB -- 1951) Steuerfreiheit in Anspruch. Die Vorbehörden unterwarfen den über 12 000 DM hinausgehenden Umsatz der Umsatzsteuer. Das Berufungsgericht führt aus, der Bf. sei nach den Begriffsabgrenzungen im § 2 des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 (Bundesgesetzblatt -- BGBl. -- I S. 191) weder Zwischenmeister noch -- da er mehr als zwei fremde Hilfskräfte beschäftige -- Hausgewerbetreibender im Sinne dieses Gesetzes; er gehöre jedoch einer Gruppe von Unternehmern des Bekleidungsgewerbes an, die -- für das Gebiet der Stadt Berlin -- gemäß § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Heimarbeit vom 23. März 1934, geändert durch Verordnung zur Änderung des Gesetzes über die Heimarbeit vom 30. Oktober 1939 -- Heimarbeitsgesetz 1934/1939 -- (Reichsgesetzblatt -- RGBl. -- 1939 I S. 2143, 2145) den in Heimarbeit Beschäftigten im Sinne des § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes durch Verwaltungsakt gleichgestellt worden sei; im Hinblick auf die noch rechtsverbindliche arbeitsrechtliche Gleichstellung sei für die umsatzsteuerliche Behandlung des Bf. der noch anwendbare Erlaß vom 15. Oktober 1942 S 4161 -- 21 III (Reichssteuerblatt -- RStBl. -- S. 969; Umsatzsteuer-Kartei S 4161 K. 3) maßgebend, in dem der Reichsminister der Finanzen, ausgehend davon, daß sich die arbeitsrechtliche Gleichstellung nicht ohne weiteres auf die Umsatzsteuer auswirke, sich damit einverstanden erklärt habe, daß gleichgestellte Unternehmer, sofern ihr Gesamtumsatz 40 000 RM im Kalenderjahre nicht überschreitet, ohne Rücksicht auf die Zahl der von ihnen beschäftigten fremden Hilfskräfte als schutzbedürftig angesehen und zur Umsatzsteuer nur mit dem 12 000 RM im Kalenderjahre übersteigenden Umsatz herangezogen werden. Der Bf. unterliege hiernach mit dem über 12 000 DM hinausgehenden Umsatz der Umsatzsteuer.

Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Bf. erneut Freistellung von der Umsatzsteuer auch für den über 12 000 DM hinausgehenden Umsatz. Er rügt unter Bezugnahme auf ein von ihm beigebrachtes Rechtsgutachten unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Im einzelnen wird geltend gemacht, die Annahme der Vorinstanz, daß der Bf. wegen der Zahl der von ihm beschäftigten fremden Hilfskräfte kein Hausgewerbetreibender im Sinne der Heimarbeitsgesetzgebung sei, lasse sich weder auf das Heimarbeitsgesetz 1934/1939 noch auf das Heimarbeitsgesetz 1951 stützen; in beiden Gesetzen werde der Begriff Hausgewerbetreibender verwendet sowohl für Gewerbetreibende mit nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften, die unmittelbar in den persönlichen Geltungsbereich der Heimarbeitsgesetzgebung fielen, als auch für Gewerbetreibende mit mehr als zwei fremden Hilfskräften, denen der im Heimarbeitsrecht gewährleistete besondere Schutz zuteil werde, wenn sie wegen Schutzbedürftigkeit gleichgestellt worden seien. Bei beiden Gruppen von Gewerbetreibenden handele es sich also um Hausgewerbetreibende im Sinne der Heimarbeitsgesetze. In den umsatzsteuerlichen Rechtsnormen sei nichts enthalten, woraus sich eine unterschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung dieser beiden Gruppen herleiten lasse. Der auf § 17 der Reichsabgabenordnung (AO) gestützte Erlaß vom 15. Oktober 1942, der auf eine Einschränkung der gesetzlich vorgesehenen Steuerfreiheit hinauslaufe, sei nicht mehr anwendbar, da seine Rechtsgrundlage inzwischen weggefallen sei, sein Inhalt gegen das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) verstoße.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde kann nicht zum Erfolge führen.

Die Umsätze der Hausgewerbetreibenden sind gemäß § 4 Ziff. 14 des für das erste Halbjahr 1951 noch anzuwendenden UStG 1934 nach näherer Bestimmung des Reichsministers der Finanzen, gemäß § 4 Ziff. 18 des für das zweite Halbjahr 1951 anzuwendenden UStG 1951 nach näherer Bestimmung der Bundesregierung umsatzsteuerfrei. Im Rahmen der durch das Gesetz erteilten Ermächtigung hat für den Geltungsbereich des UStG 1934 der Reichsminister der Finanzen nähere Bestimmungen im § 31 UStDB 1934 getroffen und im § 40 UStDB 1938 beibehalten; sie wurden durch die Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 8. September 1940 (RGBl. I S. 1245) der Entwicklung auf dem Gebiete der Gesetzgebung zum Heimarbeitsrecht angepaßt. Die Bundesregierung hat die Bestimmungen für den Geltungsbereich des UStG 1951 -- unter erneuter Anpassung an die Entwicklung der heimarbeitsrechtlichen Gesetzgebung -- in den § 44 UStDB 1951 übernommen.

In diesen Bestimmungen wird die Steuerfreiheit der Umsätze der Hausgewerbetreibenden an zwei Voraussetzungen geknüpft. Es muß sich um Hausgewerbetreibende oder um Zwischenmeister im Sinne der Heimarbeitsgesetzgebung (Heimarbeitsgesetz 1934/1939, Heimarbeitsgesetz 1951) handeln, und die Hausgewerbetreibenden oder Zwischenmeister müssen überwiegend mit bestimmten Unternehmern in festem Geschäftsverkehr stehen. Daß die letztere der beiden Voraussetzungen im vorliegenden Falle gegeben ist, steht außer Frage. Der Prüfung bedarf also nur, ob der Bf. Hausgewerbetreibender oder Zwischenmeister im Sinne der Heimarbeitsgesetzgebung ist. Die Vorinstanz stützt ihre Beurteilung dieser Frage auf das Heimarbeitsgesetz 1951, auf das im wesentlichen auch der Bf. und der Verfasser des von ihm beigebrachten Rechtsgutachtens Bezug nehmen. Ob für die Würdigung der Rechtslage im vorliegenden Fall allein von den Normen des Heimarbeitsgesetzes 1951 ausgegangen werden kann oder ob nicht vielmehr teils auf das Heimarbeitsgesetz 1934/1939, teils auf das Heimarbeitsgesetz 1951 oder etwa allein auf das Heimarbeitsgesetz 1934/1939 abgestellt werden muß, kann immerhin zweifelhaft sein einmal, weil § 44 UStDB 1951, in dem auf das Heimarbeitsgesetz 1951 Bezug genommen wird, erst seit dem 1. Juli 1951 gilt, zum anderen, weil die Vorschriften des Heimarbeitsgesetzes 1951 für Berlin durch das -- Berliner -- Heimarbeitsgesetz vom 27. März 1952 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin -- GVBl. -- 1952 S. 244) erst mit Wirkung ab 11. April 1952 in Kraft gesetzt worden sind. Der erkennende Senat hält es für vertretbar, diesen Zweifel auf sich beruhen zu lassen und -- auch im Hinblick auf die über das Gebiet von Berlin hinausreichende Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Rechtsfrage -- die Vorschriften des Heimarbeitsgesetzes 1934/1939 und des Heimarbeitsgesetzes 1951 gleichmäßig in den Kreis der Rechtsbetrachtung einzubeziehen, da er der Auffassung ist, daß zwischen den beiden Gesetzen ein für die Rechtsfindung in diesem Steuerrechtsstreit ausschlaggebender grundsätzlicher Unterschied nicht besteht.

Als Zwischenmeister im Sinne der Heimarbeitsgesetzgebung kann der Bf., wie gegenüber dessen Angabe in der Umsatzsteuererklärung die Vorinstanz rechtlich bedenkenfrei festgestellt hat, nicht angesehen werden. Nach der im wesentlichen übereinstimmenden Begriffsabgrenzung im § 3 Abs. 3 des Heimarbeitsgesetzes 1934/1939 und im § 2 Abs. 3 des Heimarbeitsgesetzes 1951 sind Zwischenmeister Unternehmer, die die ihnen von Gewerbetreibenden übertragene Arbeit an Heimarbeiter oder an Hausgewerbetreibende weitergeben. Diese Begriffsmerkmale treffen auf den Bf. nach der oben wiedergegebenen, unbestrittenen Art seiner gewerblichen Betätigung nicht zu. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn der Bf. im Sinne der Heimarbeitsgesetzgebung Zwischenmeister wäre.

Daß der Bf. auch nicht Hausgewerbetreibender im Sinne der Heimarbeitsgesetzgebung sei, leitet die Vorinstanz aus der Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 2 des Heimarbeitsgesetzes 1951 her. Danach ist Hausgewerbetreibender im Sinne dieses Gesetzes, wer in eigener Arbeitsstätte mit nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften im Auftrage von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern Waren herstellt, bearbeitet oder verpackt, wobei er selbst wesentlich am Stück mitarbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbetreibenden überläßt. Stellt man allein auf den Wortlaut dieser Begriffsbestimmung ab, so erscheint die Auffassung der Vorinstanz unzweifelhaft gerechtfertigt. Das will der Bf. an sich wohl auch nicht bestreiten; er wendet aber unter Berufung auf das beigebrachte Gutachten gegen die Schlüssigkeit der Auffassung der Vorinstanz zunächst ein, die Begriffsabgrenzung des § 2 Abs. 2 a. a. O. sei, soweit sie auf die Zahl der beschäftigten fremden Hilfskräfte abstelle, "wenig glücklich gefaßt" und stehe im Widerspruch zu der Tatsache, daß der Katalog der für eine Gleichstellung in Betracht kommenden Personen im § 1 Abs. 2 des Heimarbeitsgesetzes 1951 unter Buchstabe b Hausgewerbetreibende aufführe, die mit mehralszweifremden Hilfskräften arbeiten; hier zeige sich, daß der Gesetzgeber entgegen der vorstehend wiedergegebenen Begriffsabgrenzung in ihrer von der Regierungsvorlage des Gesetzes (Drucksache Nr. 1357 des Deutschen Bundestages I. Wahlperiode 1949) abweichenden Fassung den Begriff Hausgewerbetreibender im Sinne der Heimarbeitsgesetzgebung nicht auf Gewerbetreibende mit nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften beschränkt wissen wolle. Dieser Argumentation vermag sich der Senat nicht anzuschließen. § 2 Abs. 2 führt die für einen Hausgewerbetreibenden allgemein typischen Merkmale auf und bestimmt, daß von den Unternehmern, auf die diese Merkmale zutreffen, nur diejenigen als Hausgewerbetreibende im Sinne des Heimarbeitsgesetzes 1951 angesehen werden sollen, die nicht mehr als zwei fremde Hilfskräfte beschäftigen. Die Vorschrift schließt also die Verwendung des Begriffs Hausgewerbetreibender für Unternehmer mit mehr als zwei fremden Hilfskräften, sofern sie die allgemeinen Begriffsmerkmale erfüllen, nicht aus; auch diese Unternehmer sind Hausgewerbetreibende, sie sind nur nicht Hausgewerbetreibende im Sinne des Heimarbeitsgesetzes. Es kann also nicht die Rede davon sein, daß zwischen § 2 Abs. 2 und § 1 Abs. 2 Buchstabe b des Heimarbeitsgesetzes 1951 ein unlösbarer Widerspruch bestehe, der dazu zwinge, für die Frage, wer Hausgewerbetreibender im Sinne des Heimarbeitsgesetzes sei, die im § 2 Abs. 2 vorgesehene Beschränkung auf nicht mehr als zwei fremde Hilfskräfte außer Betracht zu lassen.

Der Bf. ist weiterhin der Auffassung, daß jedenfalls eine nach § 1 Abs. 2 bis 5 des Heimarbeitsgesetzes 1951 durch Verwaltungsakt verfügte Gleichstellung dazu führen müsse, als Hausgewerbetreibende im Sinne des Heimarbeitsgesetzes 1951 entgegen der Begriffsabgrenzung im § 2 Abs. 2 auch Unternehmer mit mehr als zwei fremden Hilfskräften anzusehen. Es ist zuzugeben, daß eine solche Auffassung etwas für sich hat im Hinblick darauf, daß eine Gleichstellung nur im Falle der Schutzbedürftigkeit ausgesprochen werden darf (§ 1 Abs. 2 des Heimarbeitsgesetzes 1951). Gleichwohl ist der Senat der Ansicht, daß der Einwand des Bf. auf einer Verkennung der Rechtsnatur einer Gleichstellung beruht, wie sie das Heimarbeitsgesetz vorsieht. Die Vorschriften über die Gleichstellung enthalten nichts, woraus sich entnehmen ließe, daß der Wille des Gesetzgebers hier etwa auf eine Fiktion des Vorhandenseins an sich nicht vorhandener Merkmale gerichtet sei. Dies zeigt ganz deutlich die Tatsache, daß die Gleichstellung sich keineswegs auf sämtliche für die in Heimarbeit Beschäftigten geltenden Vorschriften, sondern -- jedenfalls in der Regel -- nur auf einige dieser Vorschriften erstreckt (§ 1 Abs. 3 des Heimarbeitsgesetzes 1951). Die Gleichstellung bedeutet also nicht, daß der gleichgestellte Unternehmer durch diese Maßnahme in vollem Umfange in die Rechtsstellung eines in Heimarbeit Beschäftigten einrückt; die Wirkung der Gleichstellung geht vielmehr nur dahin, daß dem gleichgestellten Unternehmer in mehr oder weniger großem Umfange ein Anspruch auf Anwendung bestimmter für die in Heimarbeit Beschäftigten vorgesehener Vorschriften (insbesondere Schutzvorschriften) eingeräumt wird.

Nach dem Heimarbeitsgesetz 1934/1939 ist die Rechtslage keine andere. Allerdings wird in der Abgrenzung des Begriffs Hausgewerbetreibender im § 3 Abs. 2 dieses Gesetzes, die sonst im wesentlichen der Begriffsabgrenzung des Heimarbeitsgesetzes 1951 entspricht, auf die Zahl der beschäftigten fremden Hilfskräfte nicht abgestellt. Jedoch zieht auch das Heimarbeitsgesetz 1934/1939 unmittelbar in seinen Bereich neben den Heimarbeitern die Hausgewerbetreibenden, die in der Regel allein oder mit Familienangehörigen oder mit nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften arbeiten. Das ergibt sich unzweideutig aus § 2 Abs. 1 Ziff. 2 dieses Gesetzes (zu vgl. auch Begründung zum Gesetz über die Heimarbeit vom 23. März 1934 unter Ziff. 3, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger vom 26. März 1934, Nr. 72 S. 2). Mie Möglichkeit, bestimmte Personen oder Personengruppen durch Verwaltungsakt den in Heimarbeit Beschäftigten gleichzustellen, ist im Heimarbeitsgesetz 1934/1939, von Unterschieden hinsichtlich der Zuständigkeit und des Verfahrens abgesehen, im wesentlichen ebenso geordnet wie im Heimarbeitsgesetz 1951. Die oben zum Heimarbeitsgesetz 1951 gemachten Ausführungen über die rechtliche Bedeutung der Gleichstellung müssen deshalb auch hier gelten.

Nach alledem gelangt der Senat zu der Auffassung, daß als Hausgewerbetreibender im Sinne sowohl des Heimarbeitsgesetzes 1934/1939 als auch des Heimarbeitsgesetzes 1951 nur ein Unternehmer angesehen werden kann, der -- beim Vorliegen der sonstigen Begriffsmerkmale -- nicht mehr als zwei fremde Hilfskräfte beschäftigt, daß also ein Unternehmer mit mehr als zwei fremden Hilfskräften auch bei Gleichstellung unbeschadet dessen, daß er dadurch gewisse Rechte der in Heimarbeit Beschäftigten erlangt, nicht zum Hausgewerbetreibenden im Sinne dieser Gesetze wird.

Da nach § 40 UStDB 1938/1940 und nach § 44 UStDB 1951, gegen deren Rechtsgültigkeit Bedenken nicht bestehen, steuerfrei nach § 4 Ziff. 14 UStG 1934 und nach § 4 Ziff. 18 UStG 1951 nur die Umsätze der Hausgewerbetreibenden im Sinne der Heimarbeitsgesetzgebung sind, folgt aus dem vorstehend Gesagten für die umsatzsteuerliche Beurteilung, daß die Hausgewerbetreibenden mit mehr als zwei fremden Hilfskräften auch bei arbeitsrechtlicher Gleichstellung keinen durch Rechtsnorm gewährleisteten Anspruch auf Steuerfreiheit haben. Dies steht im Einklange mit dem gesetzgeberischen Zweckgedanken der Steuervergünstigung, der dahin geht, denjenigen Unternehmern eine steuerliche Erleichterung zu gewähren, die in der Regel nicht unmittelbar für den Absatzmarkt arbeiten und bei denen das kleine Ausmaß des Gewerbebetriebs, wie es sich z. B. in der Zahl der Arbeitskräfte ausdrückt, eine besondere wirtschaftliche Abhängigkeit in Erscheinung treten läßt (zu vgl. Begründung zum Umsatzsteuergesetz 1934 Abschn. B, zu § 4 Ziff. 14, RStBl. 1934 S. 1549, 1553). Gerade im Hinblick auf diese Zwecksetzung hat für das UStG 1934 in Verbindung mit dem Heimarbeitsgesetz 1934 auch schon der Reichsfinanzhof verneint, daß die arbeitsrechtliche Gleichstellung ohne weiteres zu einer Befreiung von der Umsatzsteuer führe (Urteil des Reichsfinanzhofs V A 263/36 S vom 21. Dezember 1936, Slg. Bd. 40 S. 257, RStBl. 1937 S. 326).

Daß der Bf. bei der Zahl der von ihm beschäftigten fremden Hilfskräfte in den Kreis der Hausgewerbetreibenden im Sinne der Heimarbeitsgesetzgebung nicht fällt, steht nach dem oben Gesagten außer Frage. Wohl aber ist mit der Vorinstanz nach deren zutreffenden Ausführungen davon auszugehen, daß der Bf. einer Gruppe von Unternehmern angehört, die während der Geltungsdauer des Heimarbeitsgesetzes 1934/1939 nach Maßgabe der Vorschriften dieses Gesetzes den in Heimarbeit Beschäftigten gleichgestellt worden ist, und daß diese Gleichstellung auch für den streitigen Veranlagungszeitraum noch wirksam ist. Zu vgl. hierzu die vom Bundesminister für Arbeit veröffentlichte Übersicht über die auf Grund des Heimarbeitsgesetzes 1934/1939 verfügten Gleichstellungen (Bundesarbeitsblatt 1952 S. 18) und -- hinsichtlich der Weitergeltung dieser Gleichstellungen -- Fitting-Karpf, Kommentar zum Heimarbeitsgesetz vom 14. März 1951, § 1 Anm. 29, sowie das Schreiben des Bundesministers für Arbeit vom 17. April 1952 III b/763/52 (Bundesarbeitsblatt 1952 S. 247), dessen rechtlichen Ausführungen beizupflichten ist. Damit bleibt zu prüfen, ob die Vorinstanz für ihre Entscheidung mit Recht auf den Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 15. Oktober 1942 abstellen konnte, soweit dieser die umsatzsteuerliche Behandlung gleichgestellter Unternehmer regelt.

Die Auffassung des Bf., daß dieser auf § 17 AO gestützte Erlaß auf eine unzulässige Einschränkung der für Umsätze der Hausgewerbetreibenden vorgesehenen Steuerbefreiung hinauslaufe, erweist sich nach dem, was der Senat oben zur Abgrenzung der steuerbegünstigten Hausgewerbetreibenden von den sonstigen Unternehmern gesagt hat, als unhaltbar. Der Erlaß schränkt nicht eine an sich bestehende Steuerfreiheit ein; er gewährt vielmehr von der Erwägung aus, daß auch bei an sich nicht steuerbegünstigten gleichgestellten Hausgewerbetreibenden in der Regel eine besondere Schutzbedürftigkeit bestehen wird, der Sache nach in bestimmten Grenzen Steuerfreiheit für eine Mehrheit gleichartiger Tatbestände, für die ein durch Gesetz gewährleisteter Befreiungsanspruch nicht gegeben ist. Der Erlaß stellt also eine allgemeine Billigkeitsmaßnahme dar, die auf § 13 AO hätte gestützt werden können und sollen. Nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung bestehen deshalb keine Bedenken dagegen, den im Grunde genommen nur rechtsirrig auf den inzwischen weggefallenen § 17 AO gestützten Erlaß als einen auch für das steuergerichtliche Verfahren zu beachtenden Milderungserlaß im Sinne des § 13 AO anzusehen (Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs I D 6/49 vom 27. August 1949, Slg. Bd. 54 S. 376; Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs III 62/49 vom 29. Oktober 1949, Slg. Bd. 54 S. 394). Der Umstand, daß der Erlaß nicht in einem zur Verkündung von Verordnungen besonders vorgeschriebenen Blatte, sondern nur im RStBl. -- und später in der Umsatzsteuer-Kartei -- amtlich bekannt gegeben worden ist, steht dem nicht entgegen. Davon, daß der Erlaß, wie der Bf. ohne nähere Begründung behauptet, mit dem GG nicht vereinbar sei, kann von dem Standpunkte aus, den der erkennende Senat vertritt, keine Rede sein.

Es ist hiernach die Bejahung der Anwendbarkeit des Erlasses vom 15. Oktober 1942 durch die Vorinstanz nicht zu beanstanden; auch das Ergebnis, zu dem die Anwendung geführt hat, gibt zu rechtlichen Bedenken keinen Anlaß.

Für eine Prüfung der naheliegenden Frage, ob die in dem Erlaß für die Abgrenzung der Steuerfreiheit vorgesehenen Umsatzgrenzen angesichts der Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere der Preis- und Lohnverhältnisse, noch angemessen sind, ist im Rahmen des Rechtsbeschwerdeverfahrens kein Raum (§ 288 AO).

Die Rechtsbeschwerde ist nach alledem mit der sich aus § 307 AO ergebenden Kostenfolge als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408185

BStBl III 1955, 218

BFHE 1956, 54

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