Leitsatz (amtlich)
An das Vorliegen von unmittelbarem öffentlichen Dienst des Vermögens einer Körperschaft des öffentlichen Rechts sind, besonders wenn es sich um einen Betrieb nach Art eines gewerblichen Unternehmens handelt, strenge Anforderungen zu stellen.
Normenkette
SHG § 5 Ziff. 1; GrStDV § 4
Tatbestand
Die Bundesversuchs- und Forschungsanstalt für Milchwirtschaft in X. ist eine nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, die dem Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unterstellt ist. Rechtsträgerin der Anstalt ist die Bundesrepublik Deutschland. Ihr ist als Versuchsbetrieb die Beschwerdegegnerin (Bgin.), eine Lehrmeierei, angeschlossen, die die in den einzelnen Instituten gewonnenen Erkenntnisse unter wissenschaftlichen, technischen und betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten praktisch erproben soll.
Während die Bundesversuchs- und Forschungsanstalt als Hoheitsbetrieb anerkannt ist, hat das Finanzamt die bis dahin als unentbehrlichen Bestandteil der genannten Anstalt behandelte Bgin. zur Soforthilfeabgabe mit der Begründung herangezogen, die Bgin. stelle nach ihrer ganzen organisatorischen und technischen Ausgestaltung und wegen ihrer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, hinter der die Forschungs- und Versuchstätigkeit zurücktrete, einen Betrieb gewerblicher Art dar und sei daher abgabepflichtig. Der Einspruch ist als unbegründet zurückgewiesen worden.
Dagegen hat die Berufung der Bgin. zur ersatzlosen Aufhebung der vorangegangenen Entscheidungen geführt, nachdem der Vorsitzende und der Berichterstatter des Gerichts den Betrieb besichtigt hatten und im Jahre 1955 eine Betriebsprüfung stattgefunden hatte. Auf den Bericht über diese Prüfung wird Bezug genommen. Der Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landes Y. hatte sich auf Aufforderung des Finanzgerichts ebenfalls eingehend geäußert; auf seine Schreiben wird Bezug genommen.
Das Finanzgericht hat ausgeführt: Die Bgin. stehe unter Oberleitung eines der Direktoren der Anstalt. Die unmittelbare Leitung befinde sich in den Händen eines Molkereimeisters, der den gesamten Geschäftsbetrieb überwache und das Personal beaufsichtige. Die Bgin. sei die zweitgrößte unter den Meiereien in X. und, vom Bundesgebiet aus gesehen, ein Mittelbetrieb. Sie habe bis Ende 1954 21 bis 23 Arbeitskräfte beschäftigt. Ihr sei, ebenso wie den privatwirtschaftlichen Meiereien, ein bestimmtes Einzugsgebiet zugewiesen, dessen Milch- und Fetterzeuger ihre Erzeugnisse an die Bgin. zu liefern hätten. Diese habe die für Versuchszwecke benötigte Milch-Jahresmenge auf 7,5 Millionen kg beziffert und ferner angegeben, ihre Arbeiten dienten nicht nur der Entwicklung und Erprobung neuer technischer Verfahren, sondern auch der betriebswirtschaftlichen Forschung. Hierzu sei ein moderner Betrieb erforderlich, der auch größenmäßig dem Stande der Entwicklung in der Milchwirtschaft entspreche und die notwendigen Versuche mit großen und größten Maschinentypen ermögliche.
Neben der von den Erzeugern gelieferten Milch verarbeite die Bgin. auch Milch aus Zukäufen, die auf Anordnung des Fachministeriums erfolgten. In den Jahren 1947 bis 1952 hätten die Zukäufe in erster Linie der Versorgung der Bevölkerung mit Trinkmilch gedient.
Die Bgin. stelle Trinkmilch, Sahne, Butter, Quark, Käse usw. her. Der Absatz vollziehe sich im Rahmen des freien Wettbewerbes durch Belieferung des Einzelhandels und sonstiger Abnehmer. Insoweit entfalte die Bgin. eine gewisse Werbetätigkeit und habe sich für Zwecke der Absatzregelung der Marktgemeinschaft X. einem Zusammenschluß von 19 Meiereien aus X. und Umgebung, angeschlossen. Die Umsatzentwicklung sei folgende gewesen:
II/1948 --------------------------1.100.000 DM -- 1949 --------------------------2.200.000 DM -- 1950 --------------------------1.900.000 DM -- 1951 --------------------------2.100.000 DM -- 1952 --------------------------2.100.000 DM -- 1953 --------------------------2.300.000 DM -- 1954 --------------------------2.500.000 DM.Die Buchführung sei kameralistisch. Die Bgin. sei bestrebt, möglichst hohe Einnahmen zu erzielen, um Verluste zu vermeiden, und arbeite nach einem im voraus festgestellten Haushaltsplan.
Die Bgin. sei von der Soforthilfeabgabe zu befreien, weil die hoheitliche Tätigkeit überwiege, und zwar auf Grund der durch die gemeinsamen Forschungs- und Versuchsarbeiten bedingten organisatorischen, technischen und betrieblichen engen Verknüpfungen der Bgin. mit der Bundesversuchs- und Forschungsanstalt. Entscheidende Bedeutung komme der Tatsache zu, daß eine der wesentlichen Aufgaben der Bgin. darin bestehe, die in den einzelnen Instituten der Bundesversuchs- und Forschungsanstalt gewonnenen Erkenntnisse durch entsprechende Versuche auf ihre praktische Verwertbarkeit hin zu prüfen und zu erproben. Insoweit werde die Tätigkeit der Bgin., d. h. die Milchverarbeitung und die Erzeugung von Meiereiprodukten, weitgehend von den Arbeiten der Bundesversuchs- und Forschungsanstalt bestimmt, die ihrerseits ihre Forschungsarbeiten in technischer und betriebswirtschaftlicher Hinsicht auf die Versuchsergebnisse der Bgin. aufbaue.
Der Einwand des Finanzamts, die einschlägigen Versuche hätten auch in privatwirtschaftlichen Molkereibetrieben durchgeführt werden können, gehe fehl; denn es sei Sache der Bundesversuchs- und Forschungsanstalt, zu entscheiden, welcher Mittel sie sich bedienen wolle, um ihren Forschungsauftrag zu erfüllen. Aus der Tatsache, daß die Bgin. der Forschungsanstalt als eigener Versuchsbetrieb eng angegliedert sei, könne nichts gegen eine hoheitliche Tätigkeit und nichts für eine überwiegende gewerbliche Betätigung der Bgin. geschlossen werden. Bedeutsamerweise seien für die Höhe der Milchzuteilung die wissenschaftlichen Zwecke der Bgin. maßgebend gewesen. Der Umsatz andererseits hänge vom Umfange der Erzeugung ab, der wiederum durch die zur Verfügung stehende Milchmenge bestimmt werde. In diesem Zusammenhange habe das Schiedsgericht für die landwirtschaftliche Marktregelung durch Beschluß vom 2. Juni 1948 ausgesprochen, es bestehe ein öffentliches Interesse daran, daß die Bgin. in solchem Umfange mit Milch beliefert werde, daß sie ihren Forschungsaufgaben nachkommen könne. Gegenüber diesem öffentlichen Interesse an der Tätigkeit der Bgin. falle ihre wirtschaftliche Betätigung nicht maßgeblich ins Gewicht. Es sei zwar zuzugeben, daß die Bgin. durch den Absatz ihrer Erzeugnisse unter Wettbewerbsbedingungen nach außen hin eine selbständige gewerbliche Tätigkeit ausübe; zum Begriff eines gewerblichen Betriebes gehöre es jedoch, daß im Vordergrund der gewerblichen Tätigkeit die Förderung des privatwirtschaftlichen Verkehrs stehe. Im Gegensatz dazu sei die wirtschaftliche Tätigkeit der Bgin. vor allem eine notwendige Folge ihrer eigentlichen Versuchsarbeiten. Die nutzbringende Verwertung dieser Erzeugnisse könne nach der üblichen Absatzregelung in der Milchwirtschaft zweckmäßig nur dadurch geschehen, daß die Bgin. beim Absatz ihrer Erzeugnisse mit den privaten Meiereien in freien Wettbewerb trete und entsprechend der Größe ihres Betriebes in die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkmilch und Milcherzeugnissen eingegliedert sei. Der Versorgungszweck trete gegenüber dem Versuchszweck zurück, wenngleich der Betrieb der Bgin. für die Versorgung der Bevölkerung von einiger Bedeutung sei. Auch die erheblichen Zukäufe an Frischmilch - zur ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Trinkmilch - stünden dem nicht entgegen, weil sie Maßnahmen zur Beseitigung zeitbedingter Versorgungsschwierigkeiten gewesen seien.
Für die Auffassung der Tätigkeit der Bgin. als Ausübung eines öffentlichen Dienstes sei auch ihre unbestrittene Absicht unschädlich, durch den Absatz ihrer Erzeugnisse möglichst hohe Einnahmen zu erzielen und Verluste zu vermeiden; denn hierfür seien allein haushaltsmäßige Gründe maßgebend. Es komme die Tatsache hinzu, daß eine Gewinnabsicht der Bgin. nicht festzustellen sei; dies zeigten schon die hohen Aufwendungen, die die Bgin. ohne Rücksicht auf kaufmännische Gesichtspunkte für Versuchszwecke gemacht habe.
Bei zusammenfassender Würdigung des Gesamtbildes sei deshalb festzustellen, daß trotz der nach außen erkennbaren gewerblichen Betätigung die Merkmale bewußt hoheitlicher Tätigkeit überwiegend seien, weil sich wirtschaftliche Erwägungen den Notwendigkeiten unterordnen müßten, die sich aus der Versuchs- und Forschungstätigkeit ergäben.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) begehrt der Vorsteher des Finanzamts die Aufhebung der Vorentscheidung. Im Grundbuch sei nicht die Bundesrepublik, sondern noch das Land Y. als Eigentümer des Grundbesitzes eingetragen. Im übrigen habe das Finanzgericht die Frage, ob es sich um einen gewerblichen Betrieb handle, nicht hinreichend aufgeklärt. Das bestehende Recht sei unrichtig angewandt worden. Die Bgin. arbeite nach den gleichen Grundsätzen wie jeder andere Meiereibetrieb. Entsprechend dieser innerbetrieblichen Struktur trete die Bgin. auch nach außen hin in der Kundenwerbung als üblicher Meiereibetrieb auf. Es überwiege daher ganz augenfällig der gewerbliche Charakter der Betätigung. Tatsächlich sei die hoheitliche Betätigung gegenüber der gewerblichen gering. In dieser Auffassung befindet sich der Vorsteher des Finanzamts in übereinstimmung mit der Stellungnahme der Oberfinanzdirektion. Milchentnahmen für Forschungszwecke und Erprobungen neuer Maschinen finden nach der Darstellung des Vorstehers des Finanzamts nur sehr selten statt. Zur Durchführung solcher seltenen Versuche könne jede beliebige private Meierei herangezogen werden, ohne daß diese dadurch die Merkmale eines Hoheitsbetriebes annehme.
Entscheidungsgründe
Nach § 5 Ziff. 1 des Soforthilfegesetzes (SHG) unterliegen der Soforthilfeabgabe nicht die Körperschaften des öffentlichen Rechts mit ihrem Vermögen, soweit es für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch unmittelbar benutzt wird. Nach § 10 der Ersten Durchführungsverordnung zum Ersten Teil des Soforthilfegesetzes (StDVO-SHG) vom 8. August 1949 ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen Grundbesitz für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch von Körperschaften des öffentlichen Rechts unmittelbar benutzt wird, gemäß den zur Durchführung des Grundsteuergesetzes (GrStG) ergangenen Vorschriften zu beantworten. In der vorliegenden Soforthilfeabgabesache ist demnach das einschlägige Grundsteuerrecht anzuwenden.
Die Befreiung von der Soforthilfeabgabe wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß Grundbesitz einer begünstigten Körperschaft nicht von ihr selbst, sondern von einer anderen begünstigten Körperschaft für deren begünstigte Zwecke unmittelbar benutzt wird. Hiernach steht zunächst fest, daß, selbst wenn der streitige Grundbesitz nicht der Bundesrepublik Deutschland, sondern einer anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaft, etwa dem Land Y. gehörte, dennoch die Befreiung der Bgin. von der Soforthilfeabgabe in Betracht gezogen werden könnte. Mithin steht der Einwand des Vorstehers des Finanzamts über die Eigentümer-Grundbucheintragung der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht entgegen.
Es ist jedoch zu prüfen, ob die Feststellung des Finanzgericht, das streitige Vermögen diene unmittelbar einem öffentlichen Dienst, frei von Rechtsirrtum ist.
Nach § 4 der Grundsteuer-Durchführungsverordnung (GrStDV) vom 29. Januar 1952 (BStBl 1952 I S. 87) ist öffentlicher Dienst oder Gebrauch im Sinne des § 4 Ziff. 1 a GrStG die Ausübung der öffentlichen Gewalt (hoheitliche Tätigkeit) oder der Gebrauch durch die Allgemeinheit. Das Fordern von Entgelten schließt die Annahme eines öffentlichen Dienstes oder Gebrauches nicht aus. Notwendig ist es jedoch, daß das Entgelt nicht in der Absicht, Gewinn zu erzielen, verlangt wird. öffentlicher Dienst oder Gebrauch ist nicht bei Betrieben anzunehmen, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem öffentlichen Hafenbetrieb dienen, wie in § 4 Abs. 4 GrStDV ausdrücklich bestimmt ist.
Bei dem Betriebe der Bgin. kann keinesfalls von einem Gebrauch durch die Allgemeinheit gesprochen werden. Es ist nur zu prüfen, ob es sich um eine Benutzung für einen öffentlichen Dienst handelt. öffentlicher Dienst liegt im Falle der Nutzung eines Betriebes durch eine staatliche Behörde nur dann vor, wenn eine unmittelbare Benutzung durch die öffentliche Behörde vorliegt (Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts VI D 14/27 vom 9. Juli 1929, Bd. 84 S. 4, und VIII C 103/22 vom 20. Februar 1923, Bd. 78 S. 114 ff.). Nicht jede Nutzung eines Betriebes durch eine öffentliche Behörde stellt öffentlichen Dienst dar, nämlich dann nicht, wenn sie bei ihrer Betätigung privatwirtschaftlich in den Verkehr tritt und damit private werbende Interessen verfolgt (Entscheidung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts VI D 313/27 vom 30. Oktober 1928, Bd. 83 S. 21 ff.). Bei der Prüfung der Frage, ob überwiegende Ausübung von Hoheitsrechten (öffentlicher Dienst) oder Gewerbebetrieb vorliegt, ist zu beachten, daß die Tätigkeit einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft auch dann, wenn sie im staatlichen Interesse erfolgt, den für private gewerbliche Betriebe geltenden Rechtssätzen unterliegt, falls nicht Hoheitsrechtsausübung, sondern Gewerbe vorliegt. Das Preußische Oberverwaltungsgericht hat jedoch in seinem Urteil VIII C 103/22 vom 20. Februar 1923 (s. o.) bei dem Branntweinmonopol des Reichs, einem sogenannten Finanzmonopol, dessen wesentlicher Zweck die Erhebung einer Reichssteuer, der Hektolitereinnahme, war, ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Verarbeitung des Rohbranntweins und gerade sein Absatz Bestandteil der besonderen Art der Erhebung einer Reichssteuer waren und deshalb auch der Vertrieb die Ausübung öffentlicher Gewalt darstellte, und zwar als ein notwendiger Bestandteil zur Erfüllung der finanzhoheitlichen Aufgaben des Reiches. Aus diesen Gründen hat das Preußische Oberverwaltungsgericht in jenem Falle einen Gewerbebetrieb oder eine Absicht, einen privatwirtschaftlichen Gewinn zu erzielen, oder eine berufsmäßige Betätigung nicht als vorliegend erachtet.
Endlich hat das Preußische Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil VIII C 70/18 vom 15. Oktober 1918 (Bd. 74 S. 41 ff.) in dem Falle der Verpachtung einer Domäne zur Förderung der Remonteaufzucht von Pferden für militärische Zwecke die unmittelbare Benutzung der Domäne für den öffentlichen Dienst bejaht. Hier hat es außer Zweifel gestanden, daß die Pferdeaufzucht unmittelbar militärhoheitsrechtlichen Zwecken gewidmet war. Ferner hat das Preußische Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil VII D 74/34 vom 6. November 1936 (Bd. 99 S. 1 ff.) den überwiegenden Zweck von Rieselfeldern deshalb als zum öffentlichen Dienst gehörig erachtet, weil gegenüber dem Erwerbszweck der Zweck der Fortschaffung der Abwässer im Interesse der öffentlichkeit überwog.
In dem Urteil des Preußischen Oberverwaltungsgerichts Rep. II. C. 11/02 vom 23. Januar 1903 (Bd. 43 S. 121) ist bei einem landwirtschaftlichen Betriebe einer öffentlichen Irrenanstalt die Entscheidung darauf abgestellt, ob größtmögliche landwirtschaftliche Nutzung oder das Wohl der kranken Insassen als Zweck vorherrschend war.
Andererseits hat der Reichsfinanzhof in seinem Urteil I A 391/36 vom 22. Juni 1937 (RStBl 1937 S. 982 f.) für den Vieh- und Krammarkt einer Gemeinde das Vorliegen von "öffentlichem Dienst" verneint, weil nicht die bewußte Erfüllung seiner hoheitlichen Aufgabe, sondern die Förderung des privatwirtschaftlichen Verkehrs im Vordergrund der Tätigkeit der Gemeinde stand.
Wie diese Beispiele aus der Entwicklung der Rechtsprechung zur Frage des unmittelbaren öffentlichen Dienstes eines einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gehörigen Vermögens zeigen, sind an das Vorliegen der gesetzlichen Erfordernisse der Abgabebefreiung, wie allgemein im Steuerrecht und insbesondere bei Abgaben, deren Erträge dem Lastenausgleich zu dienen bestimmt sind, zur Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes und im Hinblick auf die Bedeutung des Ausfalles von Steueraufkommen für die steuerliche Belastung der Allgemeinheit, besonders wenn es sich um einen Betrieb nach Art eines gewerblichen Unternehmens handelt, strenge Anforderungen zu stellen. In den von der Rechtsprechung anerkannten Fällen von unmittelbarem öffentlichen Dienst war das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen, mochte es sich nun um die Aufzucht von Pferden für militärische Zwecke, um den Monopolvertrieb von Branntwein zur Einziehung der diesbezüglichen öffentliche Abgabe, um die Anlage von Rieselfeldern zur Fortschaffung der Abwässer zugunsten der öffentlichkeit handeln, einwandfrei dargetan. Die unmittelbare Widmung der Betätigung zugunsten der Erfüllung staatshoheitlicher Aufgaben lag in diesen Fällen sozusagen klar auf der Hand.
Gleiches kann von dem Fall der Lehrmeierei nicht gesagt werden. Im Gegenteil ergibt der bisherige Inhalt der Akten keinerlei greifbare Unterlagen - konkrete Tatsachen, Zusammenhänge und Zahlen - dafür, daß das vollkommen gewerblich aufgezogene und in vollem Wettbewerb mit Betrieben der Privatwirtschaft stehende Meiereiunternehmen als Vermögen betrachtet werden kann, das unmittelbar staatshoheitlichen Aufgaben gewidmet ist. Würde in einem derartigen Falle, ohne hinreichende Unterlagen, unmittelbarer öffentlicher Dienst angenommen werden, so wäre folgerichtig bei manchem anderen staatlichen Gewerbebetriebe auf den verschiedensten Gebieten mit der allgemeinen Begründung von der Nützlichkeit der Erprobung der Leistungsfähigkeit betrieblicher Einrichtungen, z. B. der maschinellen Einrichtungen und der Beförderungsmittel, der Raumgestaltung und der sonstigen Arbeitsbedingungen, unmittelbarer öffentlicher Dienst anzunehmen, obwohl nicht ersichtlich ist, ob nicht einschlägige privatwirtschaftliche Unternehmungen die von ihnen hergestellten Maschinen und Beförderungsmittel erproben, wie dies in der Industrie üblich ist, und bestehende staatliche Einrichtungen die Erzeugnisse der Milchverarbeitung durch Stichproben prüfen. Eine Abgabebefreiung in Fällen von staatlichen Gewerbebetrieben kann vom Gesetzgeber nicht gewollt sein.
Das Finanzgericht selbst erkennt an, daß die Bgin. eine selbständige gewerbliche Tätigkeit ausübt, daß die zusätzlichen Käufe in den Jahren 1947 bis 1952 der Versorgung der Bevölkerung mit Trinkmilch gedient haben, und daß die Bgin. möglichst hohe Einnahmen zu erzielen anstrebt. Für das letztere sieht das Finanzgericht haushaltsmäßige Gründe als gegeben an; indessen sind diese Gründe entsprechend auch bei privaten Unternehmungen die Ursache für den Wunsch, hohe Einnahmen zu erzielen. Diese Erwägungen sprechen daher teils gegen die Annahme von öffentlichem Dienst, teils dafür. Es wird demnach einer Aufklärung bedürfen, in welchem Umfange die Bgin. Hoheitsverwaltung ausübt, und aus welchen Gründen diese Tätigkeit zu einem so umfangreichen selbständigen Gewerbebetriebe zwingt.
Die angefochtene Entscheidung unterliegt daher der Aufhebung.
Die Sache geht an das Finanzgericht zur erneuten Entscheidung zurück. Es ist zu versuchen, durch Vornahme einer nochmaligen Betriebsprüfung an Hand vorhandener Unterlagen aufzuklären, in welchem genauen Ausmaß - nach Zeit, Anzahl der mit der Erprobung befaßten Personen, Zahl der Fälle und Menge der geprüften Objekte - und zu welchem Zwecke der streitige Betrieb von der Bundesanstalt zur Zeit des Währungsstichtages mit Feststellungen betraut worden ist. Hierbei ist die Beziehung dieser Versuchstätigkeit zu den staatlichen Hoheitsaufgaben klarzustellen. Die Berichte der Lehrmeierei über die Versuche sind beizuziehen. Zweckmäßig wird auch ein Gutachten der Industrie- und Handelskammer zu dem Ergebnis des Berichtes des Betriebsprüfers in der Frage herbeizuführen sein, ob die Lehrmeierei ein Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft darstellt.
Fundstellen
Haufe-Index 409436 |
BStBl III 1959, 391 |
BFHE 1960, 349 |
BFHE 69, 349 |