Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortbildungslehrgang eines Arztes zum Erwerb der Zusatzbezeichnung "Sportmedizin"
Leitsatz (NV)
1. Aufwendungen eines nichtselbständig tätigen Arztes für die Teilnahme an einem Fortbildungslehrgang zum Erwerb der Zusatzbezeichnung ,,Sportmedizin" sind vom Werbungskostenabzugausgeschlossen, wenn der Lehrgang einen nicht unbedeutenden persönlichen Erlebnis- und Erholungswert hat, insbesondere wenn er zur Skihauptsaison in einem bekannten Wintersportort stattfindet.
2. Zu den Voraussetzungen, unter denen die Teilnahmegebühr für einen solchen Lehrgang als Werbungskosten anerkannt werden kann.
Normenkette
EStG § 12 Nr. 1
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden als Eheleute im Streitjahr . . . zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger bezog als Oberarzt an einem Krankenhaus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben hatte er geringfügige Einnahmen aus der ,,Betreuung der Infarkt-Geschädigtengruppe als Sportarzt. In der Zeit vom 13. bis 26. März des Streitjahres nahm er an einem Weiterbildungslehrgang in X/Schweiz teil. Veranstalter waren zwei Ärzteorganisationen. Die Durchführung oblag einem Institut für Sportmedizin. Das vom Kläger vorgelegte Programm enthält den Hinweis, daß der Lehrgang zur Erlangung der Zusatzbezeichnung ,,Sportmedizin" anerkannt wird. Nach dem Programm fanden an fast allen Tagen Kurse für alpines Skilaufen statt, die auf unterschiedliche Zeiten zwischen 9.00 Uhr und 15.00 Uhr festgelegt waren. Für die frühen Morgenstunden waren verschiedene sportliche Übungen vorgesehen (Gymnastik, Skilanglauf, Bewegungsbildung, Schwimmen). Für mehrere Nachmittage waren Skilanglaufkurse und ein nordisches Skirennen angesetzt. Außerdem war für einen Tag eine Skitour bzw. Skiwanderung geplant. Am späten Nachmittag bzw. in den frühen Abendstunden sollten an allen Tagen fachmedizinische Veranstaltungen abgehalten werden. Ausweislich des vorgelegtenWeiterbildungsnachweises nahm der Kläger an allen im Bereich ,,Theorie" angebotenen Veranstaltungen teil sowie an einer Reihe sportpraktischer Übungen, wie Schwimmen, Mannschaftsspiele, Rückschlagspiele, Gymnastik, darunter 15 Stunden Skilanglauf.
Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung . . . die durch die Teilnahme an dem vorgenannten Lehrgang entstandenen Aufwendungen (u.a. eine Teilnahmegebühr in Höhe von 250 DM) bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ließ die Aufwendungen nicht zum Werbungskostenabzug zu. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus: Für den Kläger habe ein unmittelbarer beruflicher Anlaß bestanden, an dem Lehrgang teilzunehmen, da dieser dazu gedient habe, die Zusatzbezeichnung ,,Arzt für Sportmedizin" zu erlangen. Der Lehrgang sei von der zuständigen Landesärztekammer als Teil der vorgeschriebenen Kurse anerkannt worden. Der Kläger habe während des Lehrgangs im Bereich der Leibesübungen die vorgeschriebenen Pflichtveranstaltungen sowie im Bereich ,,Theorie" alle angebotenen - für seine Weiterbildung anerkannten - Veranstaltungen besucht. Wegen der unmittelbaren beruflichen Veranlassung komme es nicht darauf an, daß möglicherweise wesentliche Teile der angebotenen Veranstaltungen auch im Inland hätten durchgeführt werden können. Der konkrete Bezug zur möglichen Tätigkeit des Klägers überwiege so stark, daß eine mögliche private Mitveranlassung für die Reise als unerheblich anzusehen sei. Ein evtl. privates Interesse des Klägers am Skilaufen werde hier durch eine ganz überwiegende berufliche Veranlassung überlagert. Der Kläger habe ohnehin nicht an allen Skilauf-Veranstaltungen teilnehmen können, da er noch Nachweise an anderen sportlichen Disziplinen zu erbringen gehabt habe. Der Kurs sei straff und lehrgangsmäßig organisiert gewesen und Bedenken gegen die jeweiligen Teilnahmetestate bestünden nicht.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung von § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Es führt hierzu u.a. aus: Die Teilnahme an den praktischen Leibesübungen mit überwiegend aktivem Skilauf, der nichts mit der ärztlichen Tätigkeit zu tun habe, habe der Steigerung der allgemeinen Leistungsfähigkeit und dadurch auch der Verfolgung nicht unbedeutender privater Interessen gedient. Ein unmittelbarer beruflicher Anlaß ergebe sich - entgegen der Auffassung des FG - nicht bereits aus dem Umstand, daß der Lehrgang dazu gedient habe, die Zusatzbezeichnung ,,Arzt für Sportmedizin" zu erlangen. Außerdem fehle der Nachweis, daß die erworbenen Kenntnisse der Sportmedizin bei der Berufsausübung tatsächlich angewendet werden.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das FG hat zu Unrecht die Aufwendungen des Klägers für den Lehrgang in X in vollem Umfang als Werbungskosten angesehen. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats sind Aufwendungen eines nichtselbständig tätigen Arztes für die Teilnahme an einem Fortbildungslehrgang, der auf die zur Erlangung der Zusatzbezeichnung ,,Sportmedizin" erforderliche Stundenzahl in Theorie und Praxis der Leibesübungen bzw. der Sportmedizin anrechenbar ist, nach § 12 Nr. 1 Satz 3 EStG vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen, wenn der Lehrgang einen nicht unbedeutenden persönlichen Erlebnis- und Erholungswert hat, insbesondere wenn er zur Skihauptsaison in einem bekannten Wintersportort stattfindet (Urteile vom 19. Oktober 1989 VI R 155/88, BFHE 158, 532, BStBl II 1990, 134; vom 27. Oktober 1989 VI R 11/88, BFH/NV 1990, 425, und vom 14. Dezember 1990 VI R 117/89, BFH/NV 1991, 448). Der IV. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat sich dieser Ansicht angeschlossen, soweit entsprechende Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend gemacht werden (Urteile vom 15. März 1990 IV R 60/88, BFHE 160, 313, BStBl II 1990, 736; vom 15. März 1990 IV R 70/89, BFH/NV 1991, 438, und vom 6. September 1990 IV R 37/90, BFH/NV 1991, 513). Der Sachverhalt des Streitfalles entspricht den Fallgestaltungen, die den vorbezeichneten Urteilen zugrundeliegen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf den Inhalt der genannten Urteile, insbesondere der Entscheidung in BFHE 158, 532, BStBl II 1990, 134, Bezug genommen.
Die Vorentscheidung ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen; sie war deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob die streitigen Aufwendungen in vollem Umfang vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen sind. Der IV. Senat des BFH hat in dem Urteil in BFHE 160, 313, BStBl II 1990, 736 (unter 2. b a.E.) eine Ausnahme von der grundsätzlichen Nichtabziehbarkeit für solche Kosten angenommen, die ausschließlich durch die Teilnahme an den Fachvorträgen des Lehrgangs veranlaßt waren. Das FG hat - von seinem Standpunkt aus zutreffend - keine Feststellungen dazu getroffen, ob die von dem Kläger geleistete Teilnahmegebühr allein für den fachtheoretischen Teil oder für die Gesamtorganisation des Lehrgangs (einschließlich der sportpraktischen Übungen) zu entrichten war. Es wird dies noch aufzuklären haben und für den Fall, daß mit der Gebühr lediglich die Teilnahme an den medizinischen Fachveranstaltungen abgegolten werden sollte, die Aufwendungen als Werbungskosten berücksichtigen.
Fundstellen
Haufe-Index 418614 |
BFH/NV 1993, 20 |