Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Verfahrensrecht/Abgabenordnung Steuerliche Betriebsprüfung Sonstiges Berufsrecht Bankrecht Kreditrecht Berufsrecht Handelsrecht Gesellschaftsrecht
Leitsatz (amtlich)
§ 18 Abs. 4 GemV 1948 (= § 18 Abs. 5 GemV 1941 = § 15 Abs. 3 GemV 1953) ist rechtswirksam.
Zur Tragweite der Nachweispflicht nach § 18 Abs. 4 GemV 1948.
über die Rückwirkung in § 21 GemV 1953.
Die Grundsätze des Gutachtens des Obersten Finanzgerichtshofs I D 1/49 S vom 7. September 1949 (MinBlFin. 1949/1950 S. 521, Bay. FMBl. 1949 S. 388) über die Steuerunschädlichkeit der Aufnahme von Vertragsspielern bei Fußball-Sportvereinen können auch auf die Veranlagungszeiträume vor dem September 1949 sinngemäß angewendet werden, vorausgesetzt, daß der Amateurgrundsatz gewahrt ist.
Normenkette
KStG § 4 Abs. 1 Nr. 6; GemV § 18 Abs. 4; GemV § 21; StAnpG §§ 17-19, 19a; AO §§ 160, 203-204; GG Art. 80 Abs. 1; BGB § 27 Abs. 3, §§ 666, 259
Tatbestand
Der Beschwerdegegner (Bg.) ist ein Sportverein, der neben anderen Sportarten insbesondere das Fußballspiel pflegt, und dessen erste Mannschaft während der Veranlagungszeiträume der sogenannten Oberliga angehörte. Ihm ist auf Grund einer im Mai 1949 durchgeführten Betriebsprüfung vom Finanzamt die Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Ziff. 6 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) für 1945 bis I/1948 versagt worden. Der Verein habe den nach § 18 Abs. 5 der Verordnung des Reichsministers der Finanzen und des Reichsministers des Inneren zur Durchführung der §§ 17 bis 19 des Steueranpassungsgesetzes vom 16. Dezember 1941 - GemV - (Reichssteuerblatt - RStBl. - S. 937, seit 1948: § 18 Abs. 4 in der Fassung der Anlage I der Verordnung zur änderung der Ersten Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes vom 16. Oktober 1948, Gesetz- und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebiets - WiGBl. - S. 181, Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen - Bay. FMBl. - S. 306) durch ordnungsmäßige Aufzeichnungen über die Einnahmen und die Ausgaben zu führenden Nachweis, daß die tatsächliche Geschäftsführung dem satzungsmäßigen gemeinnützigen Zweck entspreche, nicht erbracht. Die Höhe der den Spielern seiner ersten Fußballmannschaft im Berichtszeitraum gewährten Zuwendungen lasse ihn nicht als ausschließlich gemeinnützig im Sinn des § 3 Ziff. 2 Satz 3 und Ziff. 4 GemV erscheinen. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Der Betriebsprüfer hatte insbesondere folgende Beanstandungen erhoben:
Die Einnahmen aus auswärtigen Wettspielen seien nur mit den an den Kassenwart abgeführten Beträgen aufgezeichnet, von denen die im Zusammenhang mit der Spielreise gemachten Ausgaben bereits abgezogen waren, so daß aus dem Saldo-Betrag weder die Höhe der Bruttoeinnahmen noch die Ausgaben nach Art und Höhe ersichtlich wären,
die Einnahmen aus einer Reihe von Freundschaftsspielen in I/1948, bei denen außer Geld vor allem Lebensmittel, Sportbekleidungsstücke und andere Sachgegenstände gegeben waren, seien überhaupt nicht verbucht,
Zuwendungen an Lebensmitteln und sonstige Vorteile, die Gönner des Vereins einzelnen Mitgliedern der Oberliga-Mannschaft zugewendet hatten, hätten in den Aufzeichnungen keinen Niederschlag gefunden,
die Saldierung von Einnahmen und Ausgaben sei auch bei der Behandlung von Vereinsfestlichkeiten zutage getreten,
die Ausgabebelege, die sich bei der Buchführung des Vereins befunden hätten, seien nicht von dem vereinsfremden Empfänger der Beträge, sondern von Vereinsangehörigen ausgestellt, die die Ausgaben geleistet hätten.
Der Verein machte geltend, seine Aufzeichnungen entsprächen dem, was billigerweise von einer ehrenamtlich geführten Vereinsbuchführung erwartet werden könne. Es sei üblich und ausreichend, nur die Salden der Spielabrechnungen zu verbuchen. Der Verein habe sich auf seine in den Vorjahren nie bezweifelte Steuerfreiheit verlassen können. Bei den Quittungen von Vereinsmitgliedern handele es sich um Zahlungen, bei denen es in der fraglichen Zeit nicht üblich oder möglich gewesen sei, sich von den Zahlungsempfängern Belege geben zu lassen. Die Vereinsorgane hätten die Ausgaben geprüft und genehmigt. Der Belegzwang sei von der Finanzverwaltung sogar für kaufmännische Betriebe erheblich gelockert worden. An eine Vereinsbuchführung könnten schärfere Anforderungen nicht gestellt werden. Die nicht gebuchten Geldbeträge seien auf den Spielreisen verbraucht worden, die angeführten Lebensmittel und Sachgegenstände den beteiligten Spielern verblieben.
Das Finanzamt war der Auffassung, daß die Vorschrift des § 18 Abs. 5 ( Abs. 4) GemV 1941 (1948) zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen müsse. Es hat auf die ohnedies bestehende Aufzeichnungspflicht nach der Reichsabgabenordnung (AO) § 160 in Verbindung mit BGB § 27 Abs. 3, §§ 666, 259 hingewiesen. Der Nachweis, daß die tatsächliche Geschäftsführung dem Erfordernis der Ausschließlichkeit einer gemeinnützigen Tätigkeit entsprochen habe, sei nicht geführt. Die Aufwendungen für die Oberliga- Mannschaft seien unverhältnismäßig hoch gewesen (§ 3 Ziff. 4 GemV). 54 v. H. des Einnahme-überschusses des Vereins seien in dem genannten Zeitraum nur der ersten Fußballmannschaft zur Leistungssteigerung, aber auch für Annehmlichkeiten des Lebens zugute gekommen. Die tatsächliche Geschäftsgebarung habe nicht in der Förderung der Volksgesundheit durch die Unterhaltung des Sportbetriebs bestanden, sondern in materieller Förderung der Oberligaspieler, die auf diese Weise gewissermaßen an dem Reingewinn der von ihnen bestrittenen Wettspiele beteiligt worden seien.
Der Verein betonte den engen Zusammenhang der Aufwendungen mit dem Sportbetrieb. Das Abhalten von Wettspielen der Spitzenspieler unter Erhebung von Eintrittsgeldern sei zur Förderung des Sportgedankens unerläßlich. Die beanstandeten Aufwendungen seien in der Zeit der Knappheit und Zwangsbewirtschaftung zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Spieler unbedingt notwendig gewesen. Sein Verhalten stehe der Anerkennung der Gemeinnützigkeit nicht im Wege. Die Ausgaben seien nicht übermäßig. Der übliche Rahmen sei - auch bei kameradschaftlichen Zusammenkünften - nicht überschritten. Abgesehen von unbedeutenden Einzelbeträgen zur Bestreitung von Mahlzeiten, hätten die Oberligaspieler Barzuwendungen nicht erhalten. Der Verein habe viel niedrigere Zuwendungen gemacht als andere Oberligavereine am gleichen Ort.
Das Finanzgericht hat durch Zwischenurteil erkannt, daß der Verein als gemeinnützig nach § 4 Abs. 1 Ziff. 6 KStG von der Steuer befreit sei. Es hat die Grundsätze des Gutachtens des Obersten Finanzgerichtshofs I D 1/49 S vom 7. September 1949 (Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen - MinBlFin. - 1949/1950 S. 521, Bay. FMBl. 1949 S. 388) bereits für die Zeiträume 1945 bis I/1948 als anwendbar erklärt. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb des Bg., der in der Veranstaltung von Wettspielen liege, sei gemäß § 9 Abs. 4 GemV 1941 steuerunschädlich. Die Vorschrift des § 18 Abs. 5 GemV 1941 (= § 18 Abs. 4 GemV 1948) über die Nachweis- und Aufzeichnungspflicht überschreite den Rahmen der durch das Gesetz (§ 12 AO) übertragenen Befugnisse. Wegen der bei den Aufzeichnungen zutage getretenen Mängel könne dem Verein die Steuerfreiheit nicht aberkannt werden. Auch gegen die im § 3 Ziff. 2, 4 GemV aufgestellten Erfordernisse habe der Verein nicht verstoßen.
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts beanstandet in erster Linie, daß das Finanzgericht dem § 18 Abs. 5 GemV 1941 (§ 18 Abs. 4 GemV 1948) die Rechtswirksamkeit abgesprochen, im besonderen, daß es die Grundsätze des Gutachtens des Obersten Finanzgerichtshofs I D 1/49 S vom 7. September 1949 über die Vertragsspieler bereits auf die Zeit vor dem August 1949 angewendet und danach die überhöhten Zuwendungen an die Oberligaspieler als steuerlich unschädlich angesehen habe.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:
I. Maßgebend für die Auslegung ist die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Ziff. 6 KStG in Verbindung mit §§ 17 bis 19 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) und der GemV.
Die Verordnung zur Durchführung der §§ 17 bis 19 StAnpG vom 16. Dezember 1941 (GemV, Reichsministerialblatt - RMBl. - S. 299, RStBl. S. 937) ist auf § 12 AO gestützt. Durch die Anlage 1 der Verordnung zur änderung der Ersten Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes vom 16. Oktober 1948 (WiGBl. S. 181, Bay. FMBl. S. 306) sind die Fassung der §§ 17 bis 19 StAnpG (Anlage 1 unter A) und die der GemV von 1941 (Anlage 1 unter B) den Vorschriften des Art. II des Kontrollratgesetzes (KontrRG) Nr. 1 und des Art. I KontrRG Nr. 12 angepaßt worden. Diese Verordnung - also auch die Anlage - tritt nach ihrem § 2 erstmals für den am 21. Juni 1948 beginnenden Veranlagungszeitraum an die Stelle der entsprechenden Vorschriften der Ersten Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes vom 6. Februar 1935 (Reichsgesetzblatt - RGBl. - I S. 163). Hieraus könnte bei wörtlicher Auslegung gefolgert werden, daß auf die Tatbestände früherer Veranlagungszeiträume die vorher geltenden Rechtsbegriffe weiterhin anzuwenden sind. Dieser an sich möglichen und den allgemeinen Grundsätzen entsprechenden Auslegung ist eine ausschlaggebende Bedeutung nicht beizumessen, weil die änderungsverordnung im wesentlichen die Rechtsanpassung enthält, die sich aus dem in schwebenden Verfahren ohnedies anzuwendenden Recht des Kontrollrats bzw. der Militärregierung ergibt.
Im Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs I 17/49 S vom 21. Januar 1950 (Bundessteuerblatt - BStBl. - 1952 I S. 237, Bay. FMBl. 1950 S. 87) ist ausgesprochen, daß § 12 AO - auch in der Fassung des § 21 Ziff. 3 StAnpG, wodurch dem Reichsminister der Finanzen die Befugnis erteilt wird, zur Durchführung und zur Ergänzung (die zweite Möglichkeit neu) der Steuergesetze Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften zu erlassen - den Reichsminister der Finanzen nicht ermächtigt zum Erlaß von Rechtsverordnungen, die gegen festgelegte Grundsätze des Gesetzes verstoßen. Demzufolge hat der Oberste Finanzgerichtshof im Urteil I 8/49 S vom 25. Februar 1950 (BStBl. 1951 I S. 452, Bay. FMBl. 1950 S. 147) entschieden, daß die Begriffsbestimmung der GemV 1941 über den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des § 7 Abs. 1, 3 und § 8 rechtsunwirksam ist, weil sie mit der Begriffsbestimmung des KStG und der gleichlautender Vorschriften anderer Gesetze über den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb in Widerspruch stehe.
Durch Art. II Ziff. 2 des Gesetzes zur änderung von einzelnen Vorschriften der AO und anderer Gesetze vom 11. Juli 1953 (Bundesgesetzblatt - BGBl. - I S. 511, BStBl. I S. 262) ist § 19 a StAnpG eingefügt worden. Danach wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Begriffe "gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke" im Sinne der §§ 17 bis 19 (StAnpG) und die Voraussetzungen der damit verbundenen Vergünstigungen näher zu bestimmen. Das Gesetz ist am 17. Juli 1953 in Kraft getreten (Art. VI des änderungsgesetzes).
Die auf den vorgenannten § 19 a StAnpG gestützte Verordnung zur Durchführung der §§ 17 bis 19 StAnpG (GemV) vom 24. Dezember 1953 (BGBl. I S. 1592, BStBl. 1954 I S. 6) ist nach ihrem § 22 am 31. Dezember 1953 in Kraft getreten. Im § 21 der Verordnung ist bestimmt, daß sie von ihrem Inkrafttreten an auch auf Tatbestände anzuwenden ist, die vorher verwirklicht worden sind, es sei denn, daß das bisherige Recht zu einem für den Steuerpflichtigen günstigeren Ergebnis führt.
In der Begründung - Bundesratsdrucksache Nr. 328/53 vom 30. Juni 1953 - wird die Anpassung der Vorschriften über den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb an das Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs I 8/49 S als das Kernstück des Entwurfs der Verordnung bezeichnet. Im übrigen solle die Neufassung die Durchführung bei den Finanzämtern vereinfachen und erleichtern sowie die GemV von unnötigem Beiwerk befreien. Bei der Beratung im Bundesrat hat der Berichterstatter ebenfalls auf den Vereinfachungscharakter der neuen Verordnung hingewiesen (vgl. Sitzungsbericht des Bundesrats 1953 Nr. 116 S. 445 D - 447 C sowie Bundesratsdrucksache Nr. 328/1/53 und Nr. 328/2/53).
II. Zu der Frage der Auswirkung von Rechtsänderungen, die vor der zu treffenden Entscheidung eingetreten sind, auf schwebende Verfahren, haben die Gerichte ihre Rechtssprüche jeweils auf das im einzelnen Falle zu behandelnde Rechtsproblem abgestellt (vgl. hierzu Urteile des Reichsfinanzhofs IV A 18/35 vom 2. Mai 1935, Slg. Bd. 37 S. 329; III A 220/36 vom 8. Januar 1937, Slg. Bd. 40 S. 308, RStBl. S. 107; Entscheidung des Bundesgerichtshofs III Z R 214/50 vom 26. Februar 1953, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1953 S. 941; Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland- Pfalz 2A 19/52 vom 19. Mai 1953, Zeitschrift für Beamtenrecht 1954 S. 121; Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts I B 95/53 vom 19. November 1953, öffentliche Verwaltung 1954 S. 213). Die hierbei zutage tretenden scheinbaren Widersprüche lassen sich unter Heranziehung der Entscheidungsgründe klären. Für das Steuerrecht wird man als einheitliche Rechtsauffassung etwa ansehen können:
Grundsätzlich ist in schwebenden Rechtsmittelverfahren das Recht anzuwenden, das sich zeitlich auf das zu beurteilende Rechtsverhältnis bezieht; das wird regelmäßig das für die Zeit der Entstehung der Steuerschuld maßgebende Recht sein. Rechtsänderungen, die vor der Rechtsmittelentscheidung eingetreten sind, sind nur dann und nur insoweit zu berücksichtigen, als das zu beurteilende Rechtsverhältnis durch die Rechtsänderung nach deren Sinn und Zweck erfaßt wird. Hierher gehören: a) Gesetze (Rechtsverordnungen), die sich erkennbar und zulässigerweise rückwirkende Kraft beilegen (Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG - vorausgesetzt), b) Gesetze (Rechtsverordnungen) oder den Rechtsänderungen gleichzuachtende höchstrichterliche Entscheidungen, die eine bindende Auslegung des anzuwendenden Gesetzes enthalten (Beispiel für den letzten Fall: Die oben angeführte Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshofs I 17/49 S über die Gesetzwidrigkeit des Begriffs wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb in der GemV 1941).
Die §§ 17 bis 19 StAnpG sind geschaffen, um die für mehrere Steuern bedeutsamen Begriffe "gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke" zu vereinheitlichen. Ein selbständiger Befreiungsgrund sollte damit nicht geschaffen werden. Bei welchen Steuern, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen das Vorliegen der genannten Zwecke zu Steuervergünstigungen führt, sollte sich nach den einzelnen Steuergesetzen bestimmen (vgl. Begründung zum StAnpG, RStBl. 1934 S. 1411). Der 1953 neu eingefügte § 19a StAnpG enthält neben der Ermächtigung zur näheren Bestimmung der Begriffe "gemeinnützige usw. Zwecke" die Befugnis zur näheren Bestimmung der Voraussetzungen der mit den genannten Zwecken verbundenen Vergünstigungen. Die Ausführungen der Begründung zum StAnpG 1934 (a. a. O. S. 1411) legen den Gedanken nahe, daß der zweite Teil der Ermächtigung die Befugnis zu einer Ergänzung der einzelnen Steuergesetze enthält. In der GemV 1953 sollte nach der Begründung - abgesehen von der durch die Rechtsprechung über den Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs veranlaßten - keine wesentliche sachliche änderung der Begriffe vorgenommen werden. Geht man hiervon aus, so werden die Bestimmungen der GemV 1953, die nur eine Erläuterung der Begriffsbestimmungen der §§ 17 bis 19 StAnpG bilden, auch auf die noch nicht rechtskräftigen Veranlagungen der Jahre vor dem Inkrafttreten der GemV 1953 anzuwenden sein. Bei der Anwendung der GemV"en von 1941, 1948 oder 1953 ist im übrigen nach wie vor zu untersuchen, ob die einzelne Bestimmung der GemV festgelegten Grundsätzen der einzelnen Steuergesetze widerspricht.
§ 19a StAnpG enthält keine Befugnis zur rückwirkenden Regelung. Insoweit könnten Zweifel bestehen, ob die Rückwirkungsvorschrift des § 21 GemV 1953 durch Art. 80 Abs. 1 GG gedeckt ist, wonach der Umfang der Ermächtigung im Gesetz enthalten sein muß. Da nach § 21 GemV 1953 das neue Recht auf frühere Rechtsverhältnisse nur anzuwenden ist, wenn das neue Recht für den Steuerpflichtigen im Ergebnis günstiger ist, können die Bedenken zurückgestellt werden. Die neue Regelung hat allerdings die Folge, daß bei den noch nicht rechtskräftigen Fällen aus früherer Zeit von Verwaltung und Rechtsprechung zu prüfen ist, welche der Verordnungen für den Steuerpflichtigen günstiger ist. Daß dadurch die beabsichtigte und begrüßenswerte Vereinfachung bei der Handhabung der Vorschriften über die Gemeinnützigkeit wesentlich beeinträchtigt wird, muß in Kauf genommen werden.
III. Rechtswirksamkeit des § 18 Abs. 4 GemV 1948 (= § 18 Abs. 5 GemV 1941 = § 15 Abs. 3 GemV 1953) über die Nachweispflicht.
Es trifft zu, daß weder in § 4 Abs. 1 Ziff. 6 KStG oder in den entsprechenden Vorschriften anderer Steuergesetze, noch in den §§ 17 bis 19 StAnpG ein derartiger Nachweis vorgeschrieben ist. Das Finanzgericht geht auch zutreffend davon aus, daß Rechtsverordnungen auf Grund des § 12 AO festgelegte Grundsätze des Gesetzes nicht ändern können (vgl. Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs I 17/49 S vom 21. Januar 1950). Dem Finanzgericht kann aber nicht beigepflichtet werden, wenn es bereits wegen des Fehlens einer Vorschrift über die Nachweispflicht in den genannten Gesetzen die in § 18 Abs. 4 GemV vorgeschriebene Form des Nachweises als eine neue im Gesetz nicht begründete Voraussetzung für die Gewährung der Steuervergünstigung bezeichnet und für rechtsunwirksam erklärt. Das Finanzgericht hat nicht geprüft, ob die Befugnis zu dieser Bestimmung nicht auf anderen Rechtsnormen beruht.
Das Bundesverfassungsgericht hat für die Auslegung einer Gesetzesbestimmung den in dieser Bestimmung zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers für maßgebend erklärt, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 1 S. 16).
Dieser Grundsatz wird auch für die Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Rechtsverordnungen zu gelten haben.
Nachweispflicht. Nach § 27 Abs. 3 in Verb. mit § 666 BGB ist von den Organen eines Vereins über die Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen. Nach der allgemeinen Vorschrift des § 259 BGB wird die Rechenschaftspflicht dadurch erfüllt, daß eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben unter Beifügung der verkehrsüblichen Belege vorzulegen ist. Diese Verpflichtung haben die Steuerpflichtigen auch im steuerlichen Interesse zu erfüllen (§ 160 AO). Ein allgemeiner Grundsatz des Steuerrechts besagt ferner, daß, wer eine steuerliche Vergünstigung in Anspruch nimmt, deren Voraussetzungen auf Anfordern nachzuweisen hat. Diese Pflicht wird häufig als eine Art Beweislast im Steuerrecht bezeichnet. Der Steuerpflichtige hat außerdem in dem ihm zumutbaren Umfang bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken (vgl. §§ 205, 170, 171 AO). Zudem schreibt § 203 AO vor, daß dem Steuerpflichtigen, insbesondere auch zur überwachung, besondere Bedingungen auferlegt werden können, wenn das Gesetz die Gewährung von Steuervergünstigungen zuläßt. Mag auch diese Vorschrift an sich eine auf den Einzelfall bezogene Anordnung des Finanzamts im Auge haben, so ergibt sich hieraus und aus § 12 AO doch die Befugnis der obersten Finanzverwaltungsbehörden, für die in § 203 AO vorgesehenen Fälle allgemeine Vorschriften über die Auferlegung von Bedingungen dieser Art zu erlassen. Eine solche allgemeine Anordnung ist § 18 Abs. 4 GemV 1948.
Hinzu kommen folgende Erwägungen. Zum Wesen von Durchführungsbestimmungen auf Grund des § 12 AO, die auch den Umfang von Steuerbefreiung näher bestimmen können, gehört es, Art und Umfang des dem Steuerpflichtigen obliegenden Nachweises vorzuschreiben. Derartige, mehr die formale Seite betreffende Vorschriften haben ihren zweckentsprechenden Platz in Durch- oder Ausführungsbestimmungen. Dazu tritt die Erwägung, daß im totalitären Staat, der der Verwaltung auch die erweiterte Ermächtigung des § 12 AO erteilt hat, vielfach Vorschriften in die Aus- oder Durchführungsbestimmungen verwiesen wurden, die vordem in den Gesetzen selbst vorgesehen waren. Die Herausnahme aus dem Gesetz läßt noch nicht auf die Rechtsungültigkeit derartiger Vorschriften schließen. Von der damaligen Regierung erlassene Durchführungsbestimmungen bleiben weiter gültig, wenn sie sich im Rahmen der damaligen Vollmachten halten. Die Anordnung der Nachweispflicht im § 18 Abs. 4 GemV widerspricht also dem Gesetz nicht.
Aufzeichnungspflicht. Form und Umfang der zur Erfüllung der Nachweispflicht von Steuerpflichtigen zu ergreifenden Vorkehrungen, wozu die Aufzeichnungen gehören, müssen dem Zweck der Vorschrift gemäß gestaltet sein, nämlich darzutun, daß die tatsächliche Geschäftsführung mit dem satzungsmäßigen gemeinnützigen Zweck übereinstimmt. Dies kann nur durch eine fortlaufende ordnungsmäßige Aufzeichnung der einzelnen Einnahmen und der einzelnen Ausgaben samt Angabe von Art, Höhe, beteiligten Personen geschehen. Nur durch solcherart geordnete Aufzeichnungen und ihre sachgemäße Zusammenstellung wird das Finanzamt in die Lage versetzt, ohne erheblichen Arbeits- und Zeitaufwand zu prüfen, ob die Vergünstigung zu Recht in Anspruch genommen ist. Ein Mehr ist der Behörde nicht zumutbar. Der Verein kann sich somit nicht darauf berufen, daß der Steuerbehörde der Nachweis für das Nichtvorliegen der Steuervergünstigung obliege.
§ 18 Abs. 4 GemV ist somit in seinem gesamten Umfang als rechtswirksam zu betrachten.
IV. Ob die Aufzeichnungen ausreichen, unterliegt jeweils der Beurteilung im einzelnen Falle. Die Spezialisierung der Aufzeichnungen muß die Behörde die überzeugung gewinnen lassen, daß gemeinnützigkeitsschädliche Handlungen nicht oder nur in unbeachtlichem Umfang vorliegen. Eine bestimmte Art der Buchführung, wie etwa doppelte Buchführung, ist nicht vorgeschrieben und kann nicht gefordert werden. Die Aufzeichnungspflicht der Steuerpflichtigen entbindet andererseits das Finanzamt nicht von seiner Ermittlungspflicht nach § 204 AO, die die Verpflichtung gemäß § 204 Abs. 1 Satz 2 AO einschließt, die Unterlagen auch zugunsten des Steuerpflichtigen zu würdigen. Die Behörde hat bei der Beurteilung des Tatbestands Zweck und wirtschaftliche Bedeutung der Vorschrift sowie die Entwicklung der Verhältnisse zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 2, 3 StAnpG). Aus der Nachweispflicht ergibt sich noch nicht, daß das Finanzamt bei Mängeln der Aufzeichnungen oder der Zusammenstellung ohne weiteres die Gemeinnützigkeit versagen kann. Der Steuerpflichtige kann sich aber nicht beschweren, wenn aus den Mängeln ungünstige Schlüsse gezogen werden.
Dem Umstand, daß die Kassenarbeit ehrenamtlich besorgt wird, kann unter der Voraussetzung, daß dadurch die Nachprüfarbeit der sachlichen Richtigkeit und Ordnungsmäßigkeit nicht Schaden leidet, gebührend Rechnung getragen werden, z. B. durch Zulassung der nachträglichen Beseitigung von geringfügigen Fehlern oder unwesentlichen Mängeln. Mit der Ehrenamtlichkeit der Kassenverwaltung läßt sich jedoch nicht entschuldigen, daß Einnahmen mit Ausgaben saldiert werden, wie das beispielsweise bei der Buchung von Wettspielergebnissen oder sonstigen Veranstaltungen regelmäßig geschehen ist, oder daß das Ergebnis von Freundschaftsspielen, bei denen Bareinnahmen erzielt sind, nicht verzeichnet ist. Daß in der Praxis der Vereine die Saldierung weitgehend geübt wird, bildet keinen Grund, über diesen Mangel ohne weiteres hinwegzusehen. Eine derartige Vermengung von Ausgaben und Einnahmen erschwert oder verhindert regelmäßig den Nachweis, daß keine zweckfremden Ausgaben im Sinne der Vorschrift des § 3 Ziff. 2, 4 GemV 1941/1948 gemacht sind; sie wird häufig zur Verschleierung solcher Ausgaben angewandt. Auch die Tatsache, daß die Organe des Vereins nie an der Steuerfreiheit des Vereins gezweifelt haben, nimmt den Mängeln, soweit sie nicht zu beheben oder unbeachtlich sind, ihre Schädlichkeit nicht.
Das Weglassen der Geschenke von Gönnern an die Angehörigen der ersten Fußballmannschaft in den Aufzeichnungen wird als steuerschädlich anzusehen sein, wenn darin eine Umgehung des Verbotes überhöhter Zuwendungen zu gemeinnützigkeitsfremden Zwecken oder eine Verschleierung des Berufsspielertums erblickt werden kann. Auch wird mit Rücksicht auf die damaligen Verhältnisse darüber hinweggesehen werden können, wenn Quittungen über die Ausgaben nicht vom Empfänger, sondern von den zahlenden Kassenorganen des Vereines ausgestellt sind, es sei denn, daß begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben in den Belegen bestehen.
V. Zur Anwendung des Gutachtens des Obersten Finanzgerichtshofs I D 1/49 S vom 7. September 1949 auf die Zeit vor dem September 1949.
Der Senat macht sich die grundsätzlichen Ausführungen dieses Gutachtens zu eigen. Das Finanzamt wendet mit Recht ein, daß die nachgiebige Haltung des Fußballbundes gegenüber dem Vertragsspielertum erst nach der Währungsreform greifbare Gestalt angenommen habe. Vorher seien über den Ersatz der notwendigen Aufwendungen (für Nahrungsmittel, Sportkleidung) oder von Verdienstausfall hinaus Entschädigungen an die Spieler mit dem damals geltenden Amateurprinzip nicht vereinbar gewesen. Das Finanzgericht hat diesem Gedanken bereits Rechnung getragen dadurch, daß es die Grundsätze des Obersten Finanzgerichtshofs- Gutachtens über die Steuerunschädlichkeit der Vergütungen auf Grund der Bestimmungen der Süddeutschen Fußball-Liga und der Landesligen für Vertragsspieler (Höchstbetrag der Bruttovergütungen je Spieler für Spesen und Leistungsprämien bei Vereinen der Süddeutschen Fußball-Liga nicht über 320 DM, bei Vereinen der Landesligen nicht über 120 DM monatlich; dazu Reisekosten und Verpflegung anläßlich der Spiele und des Trainings sowie die Ausrüstung mit Sportkleidung) nicht unmittelbar übernommen, sondern nur für grundsätzlich bedeutsam erachtet hat. Das Finanzgericht hat dabei auch nicht unbeachtet gelassen, daß in dem hier in Frage kommenden Fußballspielkreis das Vertragsspielersystem noch keine Anerkennung gefunden hatte. Unter dem Grundsatz der Entwicklung der Verhältnisse (§ 1 Abs. 3 StAnpG) hält der Senat die Rechtsauffassung des Finanzgerichts für vertretbar. Ein weiteres Entgegenkommen läßt allerdings das vom Obersten Finanzgerichtshof als Grundlage der Anerkennung der Gemeinnützigkeit betrachtete Amateurprinzip nicht zu.
Ob danach die Gemeinnützigkeit eines Fußballsportvereins anzuerkennen ist, entscheidet sich nach den Umständen des einzelnen Falles.
VI. Das Finanzgericht hat im Streitfalle den gesamten Sachverhalt eingehend geprüft und hat schließlich festgestellt, daß die Mitglieder der ersten Fußballmannschaft des Vereins keine Barzuwendungen erhalten haben, außer den geringen Beträgen zur Bestreitung von zusätzlichen Mahlzeiten während des Trainings. Es hat weiter festgestellt, daß sich auch die übrigen vom Betriebsprüfer beanstandeten Aufwendungen für die Liga-Mannschaft in 1946/1947 und I/1948 ganz überwiegend auf Verpflegungskosten zur Leistungssteigerung der Spieler oder Reisekosten im weiteren Sinne bei auswärtigen Veranstaltungen bezogen haben. Die Beträge für die Verpflegung seien wegen der überhöhten Preise für markenfreie Gerichte in den Gaststätten nicht als übermäßig anzusehen. Das Finanzgericht hat seine - nach Ansicht des Senats durchaus berechtigten - Bedenken gegenüber den Aufwendungen für Festlichkeiten ohne mittelbaren Zusammenhang mit Training oder Wettspielen nicht verhehlt, sie aber wegen der verhältnismäßigen Geringfügigkeit der Beträge zurückgestellt und die Aufwendungen bei Betrachtung der damaligen Verhältnisse nicht für so hoch erachtet, um die Vergünstigung zu versagen. Das gleiche hat es für die Kino- und Theaterkarten angenommen. Bedeutsam für die Gesamtwürdigung erschien dem Finanzgericht mit Recht der Umstand, daß einzelne Spieler nicht in besonderer Weise vor den übrigen Spielern begünstigt worden sind. Die Beschaffung von zwei Anzugstoffen für zwei Spieler und von zwei Gelegenheitsgeschenken hielt es hinsichtlich ihrer Unschädlichkeit für aufgeklärt.
Zusammenfassend ist der Senat zwar der Meinung, daß sich die außerordentlich entgegenkommende Würdigung des Sachverhalts durch das Finanzgericht der Grenze des Zulässigen nähert. Er vermag aber nicht zu der Auffassung zu gelangen, das Finanzgericht habe in seiner Entscheidung die Grenzen überschritten, die durch das Gesetz dem Begriff der Gemeinnützigkeit gezogen sind. Der Senat hält sich daher durch die vom Finanzgericht im Rahmen seiner Befugnis zur freien Beweiswürdigung getroffene mögliche Tatsachenbeurteilung gebunden. Das Finanzgericht konnte bei seiner Prüfung insbesondere dem Kaufkraftschwund der Reichsmark in den Veranlagungszeiträumen ausschlaggebende Bedeutung beimessen.
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 408001 |
BStBl III 1954, 324 |
BFHE 1955, 294 |
BFHE 59, 294 |