Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifierung von Mähtraktoren

 

Leitsatz (NV)

1. Ein Mähtraktor und ein mit ihm nicht fest verbundener Rasenmäher stellen sich nicht als zolltarifliche Einheit Rasenmäher dar, wenn der Traktor für weitere (Neben-)Verwendungen geeignet ist.

2. Zur Tarifierung des Mähtraktors (1.) als Ackerschlepper.

 

Normenkette

KN Unterpos. 8701 9011; KN Pos. 8433; KN Anm. 4 zu Abschn. XVI; KN Anm. 2 zu Kap. 87

 

Tatbestand

Die beklagte Oberfinanzdirektion (OFD) erteilte der Klägerin zwei verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTA) - Nr. ... vom 17. Dezember 1991 - über einen X-Mähtrac - nachfolgend als MT bezeichnet - und einen motorlosen Rasenmäher (Zwischenachsmäher) zur Montage an einen Gartentraktor. Sie wies den Rasenmäher der Unterposition 8433 1990 der Kombinierten Nomenklatur (KN) - andere Rasenmäher, ohne Motor - und den neuen vierrädrigen MT mit einer Motorleistung von 11,2 KW, Frontzapfwelle, Anschluß für einen Zwischenachsmäher usw., der Unterposition 8701 9011 - andere Zugmaschine: Ackerschlepper, neu, mit einer Motorleistung von 18 KW oder weniger - zu (bestätigt durch Einspruchsentscheidung ...).

Mit der Klage trägt die Klägerin im wesentlichen vor, der MT und der mit ihm fest verbundene Rasenmäher seien als untrennbare funktionelle Einheit (Aufsitzrasenmäher) zu bewerten und als solche in die Position 8433 einzureihen. MT und Rasenmäher seien jeweils nur zusammen nutzbar. Der MT sei aufgrund seiner konstruktiven Eigenschaften im wesentlichen nur zum Rasenmähen geeignet, nicht dagegen als Universal-Zugmaschine oder Ackerschlepper. Auch aus technischer Sicht stelle sich der MT nicht als Zugmaschine oder Ackerschlepper dar. Die Nutzungsmöglichkeit zu untergeordneten Nebenzwecken sei zolltariflich unschädlich. Die Frontzapfwelle stelle sich lediglich als rückwärtiges Ende der zum Rasenmäherantrieb bestimmten Welle dar. Zusatzgeräte könnten nur mittels besonderer - individueller - Konstruktionen (für Befestigungsanschluß und Aushebung) anmontiert werden.

Die OFD erwidert, mittels der Frontzapfwelle am Gegenende der Mähwerk-Antriebswelle - weitere Kraftabnahmevorrichtung - könnten bei diesem MT weitere Anbaugeräte zeitgleich angetrieben werden (Kombi-Mäher), z.B. für Rasen-, Laubaufnahme-, Schneeräum- und Schmutzkehrarbeiten. Aufgrund dieser besonderen konstruktiven Ausstattung sei der MT - einzeln - der Position 8701 zuzuweisen, die Zugmaschinen aller Art und für alle Verwendungszwecke erfasse.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Die OFD hat die Waren zutreffend einzeln und als Einzelerzeugnisse jeweils richtig zolltariflich eingereiht.

1. Eine - tatsächliche - Einheit von MT und Rasenmäher liegt nicht vor. Letzterer ist nicht fest mit dem MT (dessen Mähwerksaufhängung) verbunden, vielmehr wird der Zwischenachsmäher, wie sich aus der vorliegenden Beschreibung ergibt, für den entsprechenden Betrieb durch Absenken der Aushebung des MT an diesen angebaut (montiert). Insoweit unterscheiden sich die Erzeugnisse von Rasenmähertraktoren mit fest angebrachten Mähwerken, die nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 29. Oktober 1974 VII K 4/74, BFHE 114, 133) als Arbeitsmaschinen in Gestalt von Rasenmähern zu tarifieren sind, auch wenn sie einfache Anhängevorrichtungen aufweisen (vgl. auch Erläuterungen Harmonisiertes System - ErlHS - zu Position 8433 Rz. 28.0 und Erläuterungen Kombinierte Nomenklatur - ErlKN - zu Position 8701 Rz. 13.0). Eine sog. funktionelle Einheit (zum Begriff Senat, Urteil vom 6. November 1990 VII R 38/87, BFHE 162, 524, 527) - als Rasenmäher - ist ebenfalls nicht gegeben. Sie setzt Einzelkomponenten (Teileinheiten) voraus, die gemeinsam eine einzige, genau bestimmte, in einer der Positionen des Kapitels 84 ... erfaßte Funktion ausüben; (nur) wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, wird die funktionelle Einheit insgesamt der Position zugewiesen, die dieser Funktion entspricht (Anm. 4 zu Abschn. XVI). Im Streitfall ist die bezeichnete Voraussetzung nicht erfüllt. Es fehlt an dem Erfordernis der gemeinsamen Ausübung einer einzigen, genau bestimmten Funktion. Die Verwendung als Rasenmäher, bei der MT und Mähwerk zusammenwirken, ist nicht die einzige Funktion. Neben seiner Hauptfunktion ist der MT für weitere Verwendungen geeignet, nämlich, wie auch die Klägerin eingeräumt hat, für den Einsatz für leichte Schneeräumarbeiten auf Gehwegen usw., wenn auch erst mittels noch anzumontierenden Zusatzgeräts, betrieben durch die Frontzapfwelle. Zwar kann davon ausgegangen werden, daß es sich insoweit lediglich um nebensächliche Verwendungen handelt. Da sie aber durch die - zeitgleiche - Ausübung einer weiteren Funktion (Frontzapfwelle als Antrieb für Zusatzgeräte) ermöglicht werden, stehen auch sie der Annahme einer funktionellen Einheit entgegen. Sie schließen es insbesondere aus, in dem MT nur den motorbetriebenen Geräteträger einer Arbeitsmaschine - hier: des Rasenmähers - zu sehen, also deren integrierenden Bestandteil im Sinne einer maschinellen Einheit (vgl. dazu ErlHS zu Position 8701 Rz. 02.0, 15.0). Auf die Art, wie die Nebenverwendungen in technischer Hinsicht erfüllt werden (hier: durch Nutzung des Rasenmäherantriebs und Montage von Zusatzgerät), kommt es nicht an. Sie wären nur dann unbeachtlich, wenn es sich um einen Rasentraktor mit fest angebrachtem, nur zur Instandsetzung oder Wartung abzunehmenden Mähwerk handelte (vgl. ErlHS zu Position 8433 Rz. 28.0; BFHE 114, 133, 135), was hier jedoch, wie ausgeführt, nicht zutrifft. Insofern liegt auch der Vergleich, den die Klägerin mit anderen - einheitlichen - Arbeitsmaschinen (Gabelstapler) mit Nebenfunktionen zieht, neben der Sache.

2. Für den hiernach einzeln zu tarifierenden MT kommt nur die Position 8701 in Betracht. Er stellt sich, weil im wesentlichen zum Ziehen oder Schieben von ...Geräten gebaut (Anm. 2 zu Kapitel 87), als Zugmaschine dar, nach seiner Beschaffenheit - zolltariflich - als Ackerschlepper der Unterposition 8701 9011, auch wenn der Klägerin einzuräumen ist, daß es sich nicht um einen Ackerschlepper im Sinne der Verkehrsauffassung handeln mag. Seine besondere Ausstattung mit einer Vorrichtung zum Heben oder Senken des Rasenmähers und Zapfwelle steht dem nicht entgegen (vgl. ErlHS zu Position 8701 Rz. 01.0, 04.0), desgleichen nicht der Umstand, daß er in besonderer Weise an andere Geräte angekuppelt wird (Zusätzliche Anm. 4 zu Abschn. XVI). Auf seine verkehrstechnische Einstufung kommt es nicht an. Wie die nach Ansicht der Klägerin vergleichbaren Geräte zolltariflich zu beurteilen sind, ist in diesem Verfahren nicht zu beurteilen.

3. Die (Einzel-)Tarifierung des Rasenmähers - Unterposition 8433 1990 - ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insoweit hat die Klägerin auch Bedenken nicht erhoben.

Die Auslegung der hier anzuwendenden Tarifvorschriften wirft unter Berücksichtigung der zolltariflichen Erläuterungen keine Zweifel auf. Allein der Umstand, daß - wie die Klägerin angegeben hat - entsprechende Geräte in anderen EG-Mitgliedstaaten bei der Abfertigung (nur) mit dem Zoll für riding mowers belegt werden, führt noch nicht zu Zweifeln an der Tarifierung. Es ist mithin nicht veranlaßt, den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften um eine Vorabentscheidung zu ersuchen (vgl. dessen Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 263/81, EuGHE 1982, 3415, 3430).

 

Fundstellen

Haufe-Index 419398

BFH/NV 1994, 427

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