Entscheidungsstichwort (Thema)
Bedeutung des Inventars bei Betriebsaufgabe eines landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betriebs - Abgeltung der Entnahme des Mastviehs, nicht jedoch des Milchviehs, durch Grundbetrag i.S. des § 13a Abs. 3 EStG - Teilwertbestimmung, auch durch Einbeziehung von Erfahrungssätzen, durch das FG - Nachprüfung des BFH von FG-Schätzungen im Rahmen der Tatsachenfeststellung und Tatsachenwürdigung
Leitsatz (amtlich)
1. Verpachtet ein Landwirt seinen auf eigenen Flächen betriebenen Hof an seinen Sohn und schenkt er diesem zugleich das lebende und tote Inventar, so liegt regelmäßig keine Betriebsaufgabe vor.
2. Die Entnahme des gesamten Mastviehbestandes ist nicht gesondert als außerordentlicher Betriebsvorgang i.S. von § 13a Abs.8 Nr.3 EStG zu erfassen; sie ist durch den Grundbetrag abgegolten.
Orientierungssatz
1. Zu den nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG gesondert zu erfassenden Erträgen gehören i.d.R. nicht regelmäßig wiederkehrende und daher außerordentliche Erträge aus der Veräußerung von Anlagegütern (z.B. Veräußerung des gesamten Milchviehbestandes). Bei der Ermittlung des realisierten Gewinns ist dem Veräußerungserlös oder dem Teilwert der entnommenen Wirtschaftsgüter (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) der fiktive Buchwert der ausscheidenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gegenüberzustellen. Dieser Wert ist ausgehend von den Anschaffungskosten oder Herstellungskosten bzw. dem an deren Stelle tretenden Wert unter Berücksichtigung der bisher durch die Gewinnermittlung abgegoltenen oder tatsächlich gewährten Absetzung für Abnutzung zu ermitteln. Dabei ist zu beachten, daß ein Abschlag für einen dem normalen Betriebsablauf entsprechenden Abgang zu machen ist (vgl. BFH-Rechtsprechung; Literatur).
2. Der Teilwert ist ein objektiver Wert, der nicht auf der persönlichen Auffassung des Steuerpflichtigen, sondern auf einer allgemeinen Werteinschätzung beruht (vgl. BFH-Urteil vom 7.11.1990 I R 116/86).
3. Die Regelung in Abschn. 52 Abs. 3 VStR (Restwertansatz des beweglichen Anlagevermögens) ist Ausdruck der Erfahrungen der Finanzverwaltung, die als solche auch einkommensteuerrechtlich beachtlich sind (vgl. Literatur). Auch wenn es sich in Abschn. 52 Abs. 3 VStR nicht um eine materiell-rechtliche Vorschrift handelt, darf das FG nicht ohne weitere Prüfung die Auffassung vertreten, im jeweiligen Streitfall sei der sich darin niederschlagende allgemeine Erfahrungssatz zu vernachlässigen (vgl. BFH-Urteil vom 30.11.1988 II R 237/83). Das FG muß sich die entsprechenden Erfahrungen zunutze machen, die im Regelsatz des Abschn. 52 Abs. 3 VStR wiedergegeben sind, es sei denn, das FG verfügt über eigene entsprechende Erfahrungen.
4. Bei einer Schätzung des FG im Rahmen der Tatsachenfeststellung und Tatsachenwürdigung kann der BFH als Revisionsgericht hinsichtlich der Höhe nur prüfen, ob das FG bei der Schätzung gegen die Denkgesetze und die allgemeinen Erfahrungsgrundsätze verstoßen hat (insbesondere ob die gezogenen Folgerungen schlüssig sind), ob das FG den Sachverhalt hätte weiter aufklären müssen oder ob sonstige Verfahrensfehler vorgekommen sind. Dazu muß das FG-Urteil erkennen lassen, auf welchem Wege die Schätzung zustande gekommen ist, damit der BFH innerhalb seiner Kompetenz eine Überprüfung der Schätzung vornehmen kann und prüfen kann, ob das FG es unterlassen hat, die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen (vgl. BFH-Rechtsprechung; Literatur)
Normenkette
FGO § 118 Abs. 2; EStG § 13a Abs. 3, 8 Nr. 3, §§ 14, 16 Abs. 3, § 6 Abs. 1 Nr. 4; BewG 1974 § 109 Abs. 1; VStR Abschn. 52 Abs. 3; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3
Tatbestand
Die 1922 und 1924 geborenen Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind verheiratet. Sie erzielen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie aus dem Betrieb einer Gaststätte. Den Gewinn aus ihrem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ermittelten sie gemäß § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach Durchschnittssätzen. Mit Pachtvertrag vom 30.Juni 1981 verpachteten sie den Hof auf sechs Jahre für die Zeit vom 1.Juli 1981 bis zum 30.Juni 1987 an ihren Sohn. Der Pachtzins betrug jährlich 20 000 DM. Während die Kläger Grund und Boden sowie die Gebäude zurückbehielten, übergaben sie dem Sohn von den beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlage- und des Umlaufvermögens die Maschinen und Mastbullen unentgeltlich. Dies teilten die Kläger dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ―FA―) bei der Abgabe der Einkommensteuererklärung 1981 (am 22.April 1983) mit.
Im Hinblick darauf änderte das FA den bereits ergangenen Einkommensteuerbescheid 1980 vom 9.Juli 1982 gemäß § 173 Abs.1 Nr.1 der Abgabenordnung (AO 1977). In der Anlage führte es aus, die Schenkung von Vieh und Maschinen an den Sohn sei eine Entnahme. Den Entnahmegewinn ermittelte es wie folgt:
Maschinen: Buchwert 34 352 DM
Teilwert 58 940 DM
――――-
Gewinn 24 588 DM
Vieh: Durchschnittswert 17 600 DM
Teilwert 92 800 DM
――――-
Gewinn 75 200 DM.
Den Entnahmegewinn von insgesamt 99 788 DM rechnete das FA zur Hälfte den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft für 1980 zu und erhöhte dementsprechend die festgesetzte Einkommensteuer. Der Einspruch der Kläger blieb erfolglos.
Mit der Klage machten die Kläger geltend, die schenkweise Überlassung von Maschinen und Mastvieh sei grundsätzlich nicht nach § 13a Abs.8 Nr.3 EStG zuschlagspflichtig. Die Entnahme sei hinsichtlich der Gewinnentstehung und der Gewinnauswirkung einer Veräußerung gleichzustellen. Erträge aus der Veräußerung von Mastvieh aber seien mit dem Grundbetrag nach § 13a EStG abgegolten. Da die Tiere mit Durchschnittswerten angesetzt und im Ausgangswert Berücksichtigung finden würden, liege lediglich ein buchtechnischer hoher Gewinn vor, der nicht als Zuschlag erfaßt werden dürfe. Ähnlich verhalte es sich mit den Maschinen, deren Veräußerung bzw. Entnahme keinen zuschlagspflichtigen Vorgang gemäß § 13a Abs.8 Nr.3 EStG darstelle. Unabhängig davon sei ein etwa zu berücksichtigender Entnahmegewinn vom FA nicht zutreffend festgestellt worden.
Die Klage hatte zum Teil Erfolg.
Dagegen richtet sich die vom Finanzgericht (FG) wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision der Kläger, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Die vom FA vorgenommene und vom FG übernommene Schätzung der Entnahmegewinne hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Hinsichtlich der durch die Entnahme der gebrauchten Maschinen entstandenen Gewinne hat das FG es unterlassen, notwendige tatsächliche Feststellungen zu treffen. Hinsichtlich der Entnahme des Mastviehs ist das FG zu Unrecht davon ausgegangen, daß ein Gewinn aus einem außerordentlichen Betriebsvorgang i.S. von § 13a Abs.8 Nr.3 EStG neben dem Grundbetrag zu erfassen sei.
1. Zu Recht hat das FG entschieden, daß die Kläger durch die Verpachtung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs an ihren Sohn sowie die unentgeltliche Übertragung des lebenden und toten Inventars auf diesen das gesamte Inventar entnommen haben (§ 4 Abs.1 Satz 2 EStG). Ihren Betrieb haben die Kläger dadurch nicht aufgegeben. Zwar hat der erkennende Senat im Urteil vom 19.Februar 1976 IV R 179/72 (BFHE 118, 323, BStBl II 1976, 415) in einem solchen Fall eine Betriebsaufgabe für möglich erachtet, sofern das lebende und tote Inventar zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebes gehört hat, und dementsprechend die Sache an das FG zur tatrichterlichen Feststellung und Klärung dieser weitgehend auf tatsächlichem Gebiet liegenden Fragen zurückverwiesen (ebenso im Urteil vom 23.Juni 1977 IV R 43/73, BFHE 122, 501, BStBl II 1977, 719 unter 3.). Im Streitfall hat das FG aber die Frage, ob das lebende und tote Inventar zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehöre, zutreffend mit der Begründung verneint, dieses Inventar hätte leicht ―wenn auch gemessen an der Betriebsgröße mit nicht ganz unerheblichen Mitteln― wiederbeschafft werden können (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 14.Dezember 1978 IV R 106/75, BFHE 127, 21, BStBl II 1979, 300, und vom 7.August 1979 VIII R 153/77, BFHE 129, 325, BStBl II 1980, 181; ebenso Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 3.Aufl., A 583 ff.). Das ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Während das wesentliche Betriebsvermögen des Pächters eines landwirtschaftlichen Betriebes aus dem lebenden und toten Inventar besteht, und zwar verbunden mit der durch den Pachtvertrag abgesicherten Möglichkeit, den Betrieb zu bewirtschaften (BFH-Urteil vom 26.Oktober 1989 IV R 25/88, BFHE 159, 37, BStBl II 1990, 373), ist hingegen die Bedeutung des Inventars im Fall der Bewirtschaftung eigener Flächen an den im Grund und Boden sowie den Gebäuden gebundenen Werten und stillen Reserven zu messen. Dementsprechend kann es hier zur Annahme einer Betriebsfortführung genügen, daß die maßgeblichen Grundlagen des Betriebs in Gestalt des Grund und Bodens, der Wirtschaftsgebäude und der Hofstelle verpachtet sind, während das lebende und das tote Inventar schon im Hinblick auf die übliche Dauer von Landpachtverträgen veräußert wird (vgl. BFH-Urteil vom 15.Oktober 1987 IV R 66/86, BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260; siehe auch BFH- Urteil vom 2.Februar 1989 IV R 46/87, BFH/NV 1990, 86). Auch im Streitfall ist davon auszugehen, daß das Umlaufvermögen (siehe dazu Leingärtner/Zaisch, Die Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 2.Aufl. 1991, Rdnr.1663) in Gestalt der Mastbullen trotz etwa vorhandener stiller Reserven ohnehin ―wie im Regelfall― nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehört hat, weil entsprechende Bullenkälber oder Jungbullen ohne weiteres kurzfristig und vor allem kostengünstig wiederbeschaffbar sind. Dafür spricht, daß bei der sog. Rein-Raus-Methode häufig nicht nur ein Teil der gemästeten Tiere, sondern der gesamte Bestand umgeschlagen wird. Auch dem üblicherweise vorhandenen toten Inventar (Maschinen) mit seinen unterschiedlichen Anschaffungszeitpunkten und den darin enthaltenen stillen Reserven kommt gemessen an dem Wert des Grund und Bodens sowie der Gebäude nebst stiller Reserven keine wesentliche Bedeutung zu.
2. Nach der Auffassung des FA (ebenso u.a. Schmidt/Seeger, Einkommensteuergesetz, 10.Aufl., § 13a Anm.18; Märkle/Hiller, Die Einkommensteuer bei Land- und Forstwirten, 5.Aufl., Rdnr.39) liegt ein besonders zu erfassender Betriebsvorgang vor, wenn das gesamte lebende und tote Inventar ―z.B. bei einer Verpachtung im ganzen― veräußert oder entnommen wird. Diese Ansicht unterscheidet nicht danach, ob es sich bei dem lebenden oder toten Inventar um Anlage- oder um Umlaufvermögen handelt (siehe dazu BFH-Urteil vom 15.November 1984 IV R 131/83, BFHE 142, 469, BStBl II 1985, 156, und Pape in Felsmann, a.a.O., C 272 a). Eine solche Unterscheidung ist nach der Rechtsprechung des Senats indessen erforderlich.
a) § 13a Abs.8 Nr.3 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 25.Juni 1980 (BGBl I, 732) erfaßt Erträge aus einzelnen Betriebsvorgängen, die bei der Feststellung des Ausgangswertes nach § 13a Abs.4 bis 7 EStG nicht berücksichtigt worden sind. Zu den gesondert zu erfassenden Erträgen gehören in der Regel auch nicht regelmäßig wiederkehrende und daher außerordentliche Erträge aus der Veräußerung von Anlagegütern. Sie werden durch den Grundbetrag i.S. von § 13a Abs.4 EStG nicht abgegolten, weil sie im maßgeblichen (§ 13a Abs.4 Nr.1 EStG) Vergleichswert nach § 38 des Bewertungsgesetzes (BewG) einschließlich der dazugehörigen Zu- und Abschläge nach § 41 BewG nicht enthalten sind. Solche einzelnen, nicht wiederkehrenden Erträge aus gelegentlichen Veräußerungsgeschäften mit Betriebsmitteln müssen bei der Ermittlung des Vergleichswertes schon deshalb außer Ansatz bleiben, weil bei der Einheitsbewertung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nicht vom tatsächlichen Ertrag eines Jahres auszugehen ist, sondern von der Ertragsfähigkeit, d.h. von dem im Durchschnitt der Jahre "gemeinhin und nachhaltig erzielbaren Reinertrag" (§ 36 Abs.2 BewG 1965), in den nur übliche Geschäfte im normalen Betriebsablauf Eingang finden können (BFH-Urteil vom 15.November 1984 IV R 131/83, BFHE 142, 469, BStBl II 1985, 156, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ―HFR― 1985, 223, mit Anmerkung und Anmerkung wgc in Die Information über Steuer und Wirtschaft ―Inf― 1985, 354; BFH-Urteil vom 17.September 1987 IV R 122/85, BFHE 151, 61, BStBl II 1988, 16). Während somit einerseits die normalen Veräußerungen von Wirtschaftsgütern des Sachanlagevermögens (im gegendüblichen Umfang), also auch die Veräußerung einer größeren Anzahl gebrauchter Maschinen bei Einstellung eines einzelnen Betriebszweiges, schon aus Vereinfachungszwecken durch den Grundbetrag abgegolten sind (Leingärtner/Zaisch, a.a.O., Rdnr.974), muß danach andererseits die Entnahme aller Maschinen an sich als ein außergewöhnlicher Betriebsvorgang zu einer Gewinnkorrektur führen (Pape in Felsmann, a.a.O., C 284, 285; siehe jedoch Leingärtner/Zaisch, a.a.O., Rdnr.974). Bei der Ermittlung des realisierten Gewinns ist dem Veräußerungserlös oder dem Teilwert der entnommenen Wirtschaftsgüter (§ 6 Abs.1 Nr.4 EStG) der fiktive Buchwert der ausscheidenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gegenüberzustellen. Dieser Wert ist ausgehend von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. dem an deren Stelle tretenden Wert unter Berücksichtigung der bisher durch die Gewinnermittlung abgegoltenen oder tatsächlich gewährten Absetzung für Abnutzung ―AfA― (vgl. BFH-Urteil vom 12.Dezember 1985 IV R 225/83, BFHE 145, 533, BStBl II 1986, 392) zu ermitteln (Pape in Felsmann, a.a.O., C 286). Dabei ist zu beachten, daß ein Abschlag für einen dem normalen Betriebsablauf entsprechenden Abgang zu machen ist (BFH-Urteil in BFHE 151, 61, BStBl II 1988, 16).
b) Für Umlaufvermögen hat der erkennende Senat in seinem Urteil in BFHE 142, 469, BStBl II 1985, 156 entschieden, daß die Erträge aus der Veräußerung umlaufender Betriebsmittel ―wie z.B. eigenes Mastvieh― in der Regel mit dem Grundbetrag abgegolten sind und nur ausnahmsweise als außerordentliche Betriebsvorgänge gemäß § 13a Abs.8 Nr.3 EStG erfaßt werden können. Das trifft z.B. für Zuchtvieh zu, das zum Umlaufvermögen gehört, wenn wegen der besonderen Qualität der Tiere erheblich über dem Durchschnitt liegende Preise erzielt werden. Sachlich liegt diese Handhabung darin begründet, daß der normale Bestand an umlaufenden Betriebsmitteln, also der zur gesicherten Fortführung des Betriebs erforderliche, zum landwirtschaftlichen Vermögen gehört (§ 33 Abs.2 BewG) und sich ―soweit gegendüblich― im Vergleichswert niederschlägt (§ 38 Abs.2 Nr.2 BewG).
3. Im Streitfall führt die Anwendung dieser Grundsätze dazu, daß für die entnommenen Maschinen der Teilwert angesetzt werden muß (§ 6 Abs.1 Nr.4 EStG). Als Teilwert bestimmt das Gesetz den Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut unter der Voraussetzung ansetzen würde, daß dieser Betrieb fortgeführt wird (§ 6 Abs.1 Nr.1 Satz 3 EStG).
Das FG hat zu Recht ausgeführt, die Höhe des Entnahmegewinns sei anhand des Unterschieds zwischen Teilwert und fiktivem Buchwert zu ermitteln. Das FA hatte den Teilwert der übernommenen gebrauchten Maschinen in Höhe von 58 940 DM angesetzt. Es folgte damit einer von den Klägern und deren Sohn als dem Betriebsnachfolger vorgenommenen Bewertung der einzelnen Gerätschaften wie Schlepper, Wagen, Pflug, Egge, Mähdrescher etc. Seiner Aussage zufolge hat es sich anhand der vorgelegten Aufstellung davon überzeugt, daß die Kläger und deren Sohn den objektiven Wert der einzelnen Wirtschaftsgüter anhand von Anschaffungspreis, Verweildauer im bisherigen Betrieb und tatsächlicher Weiterverwendung im Betrieb des Sohnes sach- und zeitnah als die höchstens anzusetzenden Wiederbeschaffungskosten bestimmt hatten (vgl. BFH-Urteil vom 25.August 1983 IV R 218/80, BFHE 139, 268, BStBl II 1984, 33). Das FG hielt diese Beurteilung etwaiger Wiederbeschaffungskosten für sachgerechter als die in Abschn.52 Abs.3 der Vermögensteuer-Richtlinien (VStR) vorgesehene pauschalierende Feststellung eines angemessenen Restwertes. Diese Werte hatte ―nach den nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des FG― zudem der Sohn für die Ermittlung seines AfA-Volumens übernommen; das FA hatte dies auch anerkannt.
Die Ausführungen des FG enthalten zu der Höhe der fiktiven Buchwerte und zur Höhe der Teilwerte der einzelnen gebrauchten Maschinen indes in tatsächlicher Hinsicht keine ausreichenden Feststellungen i.S. des § 118 Abs.2 FGO, die eine revisionsrechtliche Überprüfung der angenommenen außerordentlichen Erträge (§ 13a Abs.8 Nr.3 EStG) erlauben würden. Allerdings handelt es sich dabei um eine Schätzung (§ 96 Abs.1 Satz 1 FGO) des FG im Rahmen der Tatsachenfeststellung und -würdigung, an die der BFH als Revisionsgericht gemäß § 118 Abs.2 FGO gebunden ist, es sei denn, daß in bezug auf die tatsächlichen Feststellungen zulässige und begründete Revisionsrügen vorgebracht werden. Der BFH kann daher hinsichtlich der Höhe nur prüfen, ob das FG bei der Schätzung gegen die Denkgesetze und die allgemeinen Erfahrungsgrundsätze verstoßen hat (insbesondere ob die gezogenen Folgerungen schlüssig sind), ob das FG den Sachverhalt hätte weiter aufklären müssen oder ob sonstige Verfahrensfehler vorgekommen sind (BFH-Urteile vom 8.November 1984 IV R 33/82, BFHE 142, 366, BStBl II 1985, 352, und vom 18.Januar 1989 X R 10/86, BFHE 156, 110, BStBl II 1989, 549). Dazu muß das FG-Urteil erkennen lassen, auf welchem Wege die Schätzung zustande gekommen ist, damit der BFH innerhalb seiner Kompetenz eine Überprüfung der Schätzung vornehmen kann (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13.Aufl., § 162 AO 1977, Tz.10) oder ob das FG es unterlassen hat, die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen (BFH- Urteil vom 28.Mai 1986 I R 265/83, BFHE 147, 105, BStBl II 1986, 732).
Das FG hat es indes unterlassen festzustellen, welches die Wiederbeschaffungskosten auf der Basis von Neuwerten oder die Einzelveräußerungspreise für die einzelnen gebrauchten Maschinen gewesen wären. Selbst anhand der vom FG in Bezug genommenen Aufstellung der Bewertung durch die Kläger und den Sohn läßt sich dies nicht nachvollziehen.
Da es sich bei den angesetzten Werten nicht um tatsächlich im regulären Geschäftsleben erzielte Veräußerungserlöse handelte, durfte sich das FG nicht damit begnügen, die Schätzung der Kläger zu übernehmen und zur Begründung lediglich auf deren größere Sachnähe zu verweisen. Es hat zwar weiter ausgeführt, daß Anhaltspunkte dafür, einzelne Teilwerte seien überzogen, weder ersichtlich noch von den Klägern im einzelnen geltend gemacht worden seien. Es durfte aber deren Einwand, bei der Ermittlung des Entnahmegewinns müßten die Grundsätze des Abschn.52 Abs.3 VStR zur Ermittlung des Teilwerts berücksichtigt werden, nicht als pauschalierende Feststellung abtun, weil die Beurteilung durch die Kläger über die Höhe etwaiger Wiederbeschaffungskosten, die deren Sohn zudem zur Ermittlung seines AfA-Volumens übernommen habe, sachgerechter sei. Denn der Teilwert ist ein objektiver Wert, der nicht auf der persönlichen Auffassung des Steuerpflichtigen, sondern auf einer allgemeinen Werteinschätzung beruht (BFH-Urteil vom 7.November 1990 I R 116/86, BFHE 162, 552, BStBl II 1991, 342). Es liegt auf der Hand, daß die von den Klägern angesetzten Werte überhöht sein können, um durch eine höhere AfA-Bemessungsgrundlage bei dem Sohn höhere Abschreibungen zu erreichen, möglicherweise in der Annahme, bei den Klägern könne ein außerordentlicher Ertrag i.S. von § 13a Abs.8 Nr.3 EStG nicht angesetzt oder ein Ansatz durch das FA vermieden werden.
Überdies hat das FG die Bedeutung der Regelung in Abschn.52 Abs.3 VStR verkannt. Sie ist Ausdruck der Erfahrungen der Finanzverwaltung, die als solche auch einkommensteuerrechtlich beachtlich sind (vgl. Leingärtner/Zaisch, a.a.O., Rdnr.974, und Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19.Aufl., § 6 EStG Anm.591). Gegenüber dem so ermittelten Restwert bleibt zwar der Nachweis vorbehalten, daß als Teilwert ein anderer Wert als der Restwert anzusetzen ist (Abschn.52 Abs.5 VStR). Diesen Nachweis hat indes das FA nicht geführt, sondern sich lediglich auf die von den Klägern geschätzten Werte berufen. An diesen durfte das FG die Kläger jedoch nicht festhalten. Die Kläger hatten nämlich vorgebracht, bei den in der Schenkungsurkunde wiedergegebenen Werten handele es sich um griffweise geschätzte Beträge, so daß deshalb der Teilwert entsprechend Abschn.51 und 52 VStR aus den vorhandenen Inventarlisten abgeleitet werden müsse. Das FG hätte daher in dieser Richtung ausreichende Ermittlungen anstellen müssen. Auch wenn es sich in Abschn.52 Abs.3 VStR nicht um eine materiell-rechtliche Vorschrift handelt, durfte das FG hier nicht ohne weitere Prüfung die Auffassung vertreten, im Streitfall sei der sich darin niederschlagende allgemeine Erfahrungssatz zu vernachlässigen (BFH-Urteil vom 30.November 1988 II R 237/83, BFHE 155, 140, BStBl II 1989, 183). Das FG muß sich die entsprechenden Erfahrungen zunutze machen, die im Regelsatz des Abschn.52 Abs.3 VStR wiedergegeben sind. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn das FG über eigene entsprechende Erfahrungen verfügt. Das aber ist nach dem FG-Urteil ausgeschlossen, weil sich das FG für seine Auffassung gerade auf die bessere Sachkunde der Kläger bezieht.
Zwar kann der Einzelveräußerungspreis, d.h. der Betrag, der bei der Veräußerung des zu bewertenden Gegenstandes ohne Berücksichtigung seiner Betriebszugehörigkeit zu erzielen wäre, die untere Grenze des Teilwerts bilden; er kann im Einzelfall auch höher als die Wiederbeschaffungskosten liegen (BFH-Urteil vom 25.August 1983 IV R 218/80, BFHE 139, 268, BStBl II 1984, 33). Aber die Ausführungen des FG, die von den Klägern und ihrem Sohn bestimmten Werte seien die angemessenen Wiederbeschaffungskosten der jeweiligen entnommenen Wirtschaftsgüter, lassen jegliche Feststellungen dazu vermissen. Das FG hat weder Marktpreise noch etwaige Wiederbeschaffungswerte noch die Nutzungsdauer der einzelnen entnommenen Wirtschaftsgüter ermittelt. Im übrigen gilt die von der Rechtsprechung aufgestellte Vermutung, der Teilwert gebrauchter Wirtschaftsgüter, die keinen Marktpreis haben, entspreche den um die AfA verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten (BFH-Urteile vom 8.Mai 1981 III R 26/79, BFHE 133, 567, 570, BStBl II 1981, 702, und III R 109/76, BFHE 133, 572, BStBl II 1981, 700, sowie vom 30.November 1988 II R 237/83, BFHE 155, 140, BStBl II 1989, 183).
4. Weiter hat das FG ausgeführt, die Ermittlung des Gewinns aus der Entnahme des Masttierbestandes sei gleichfalls grundsätzlich nicht zu beanstanden; das FA habe aber nicht beanstandet, daß die in der Einkommensteuer-Kartei der Oberfinanzdirektion (OFD) München-Nürnberg (§ 13 Karte 4.1) angeführten Durchschnittswerte nicht Mastbullen, d.h. Umlaufvermögen, beträfen. Vielmehr seien den von den Vertragsparteien anläßlich der Verpachtung festgestellten und weiterhin für zutreffend erachteten durchschnittlichen Teilwerten von insgesamt 92 800 DM für die 16 Bullen und die 48 Jungbullen Buchwerte gegenüberzustellen, die für die Bullen im Durchschnitt um ca. 450 DM und für die Jungbullen um ca. 225 DM bis 250 DM unter dem durchschnittlichen Teilwert lägen. Danach ergab sich für das FG ein anzusetzender außerordentlicher Ertrag von 20 000 DM.
Zu Recht macht demgegenüber die Revision geltend, die Veräußerung von Mastvieh sei als Grundgeschäft immer mit dem Grundbetrag abgegolten, es sei denn, für einzelne wertvolle Tiere würden außergewöhnlich hohe Preise erzielt, die wesentlich über dem Durchschnittspreis für derartige Tiere liegen und deshalb nicht im gemeinhin und nachhaltig erzielbaren Reinertrag enthalten sind. Im Streitfall ist jedoch nur normales Mastvieh entnommen worden. Dafür, daß hier der Bestand besonders wertvolle Tiere enthalten hätte, ist weder etwas ersichtlich noch vorgetragen.
Anders als bei der Veräußerung des gesamten Milchviehbestandes, also von Anlagevermögen, ist die Veräußerung des gesamten Mastviehs, also von Umlaufvermögen, regelmäßig mit dem Grundbetrag abgegolten (Leingärtner/Zaisch, a.a.O., Rdnr.976; Pape in Felsmann, a.a.O., C 273). Auf die durchschnittliche Mastdauer ist dabei nicht abzustellen, so daß es auch nicht darauf ankommt, ob es sich bei dem Mastvieh z.B. um Mastgeflügel handelt, das mehrfach im Laufe eines Jahres umgeschlagen werden kann, oder, wie im Streitfall, um Mastbullen, die über längere Zeit im Betrieb verweilen. Demzufolge kann auch die Entnahme des gesamten zum Umlaufvermögen gehörenden Mastviehbestandes durch Schenkung nicht zu einer Gewinnkorrektur führen (Leingärtner/ Zaisch, a.a.O., Rdnr.976).
Dem FA ist zwar zuzugestehen, daß die Entnahme des gesamten Tierbestandes im Streitfall, der die vorzeitige Entnahme der noch nicht zu Ende gemästeten Jungbullen einschloß, zu einer Häufung von Entnahmetatbeständen führt, während demgegenüber bei einem normalen Betriebsablauf die Veräußerungserlöse erst am Ende der vorgesehenen Mastperiode anfallen. Orientiert am maßgeblichen Vergleichswert hat im Streitfall die Zusammenballung auf den Entnahmezeitpunkt keinen außerordentlichen Ertrag zur Folge. Werden wie im Streitfall Tiere etwa 1 1/2 Jahre lang gemästet und erst dann verkauft, dann wird gleichwohl für die Zwischenzeit durch den Grundbetrag der langjährig erreichbare Reinertrag schon erfaßt. Nichts anderes gilt bei der sog. Rein-Raus-Methode, wenn der Tierbestand vollständig umgeschlagen wird.
Im übrigen bemerkt der erkennende Senat, daß das FG zu Recht das Urteil vom 3.Juni 1965 IV 180/61 U (BFHE 83, 213, BStBl III 1965, 579), wonach für die Ermittlung des fiktiven Buchwertes des Mastviehs die vom FA angesetzten Durchschnittswerte maßgebend sein müßten, nicht herangezogen hat. Auch nach Auffassung der Finanzverwaltung gelten die Durchschnittswerte nicht für zum Umlaufvermögen gehörende Tiere (vgl. dazu Leingärtner/Zaisch, a.a.O., Rdnr.1167). Bei der Gewinnermittlung nach § 13a EStG kann als fiktiver Buchwert aber nur ein solcher Ansatz unterstellt werden, der im Fall des Bestandsvergleichs ohne besonderen Antrag und ohne besondere Ausübung eines Wahlrechts nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung anzusetzen gewesen wäre (vgl. BFH-Urteil vom 17.März 1988 IV R 82/87, BFHE 153, 333, BStBl II 1988, 770). Auch deshalb dürfte das FA entgegen der noch im Urteil in BFHE 83, 213, BStBl III 1965, 579 geäußerten Ansicht nicht auf den Durchschnittswert zurückgreifen.
5. Die Sache ist nicht spruchreif. Unter Berücksichtigung des in Abschn.52 Abs.3 VStR zum Ausdruck gelangten Erfahrungssatzes und tatsächlich ermittelter Wiederbeschaffungskosten oder Einzelveräußerungspreise ―je nach Nutzungsdauer― wird das FG ggf. nach Beiladung des Sohnes (§ 174 Abs.4 AO 1977) noch die Höhe der Teilwerte für die einzelnen entnommenen Maschinen festzustellen haben. Da ein dem normalen Betriebsablauf entsprechender Verkauf von gebrauchten Maschinen bereits durch den Grundbetrag abgegolten ist, kann ein entsprechender Anteil eines etwaigen Entnahmegewinns für die entnommenen Maschinen auch nicht als Gewinn i.S. von § 13a Abs.8 Nr.3 EStG zusätzlich erfaßt werden. Für das entnommene Mastvieh ist der Entnahmegewinn hingegen bereits durch den Grundbetrag abgegolten.
Fundstellen
Haufe-Index 63937 |
BFH/NV 1991, 72 |
BStBl II 1991, 833 |
BFHE 165, 38 |
BFHE 1992, 38 |
BB 1991, 2072 (L) |
DB 1991, 2471 (L) |
DStR 1991, 1452 (KT) |
HFR 1992, 51 (LT) |
StE 1991, 366 (K) |