Leitsatz (amtlich)
1. Den Urteilen des BFH VI 199/65 vom 7. April 1967 (BFH 88, 450, BStBl III 1967, 467) und IV R 214/66 vom 13. Juli 1967 (BFH 89, 421, BStBl III 1967, 690), nach denen eine Gewinnerzielungsabsicht dann anzunehmen ist, wenn der Steuerpflichtige unter Ausnutzung einer günstigen Marktsituation Vermögensmehrungen durch die Inanspruchnahme des § 7b EStG erstrebt, tritt der Senat bei.
2. An der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil I 243/63 U vom 30. März 1965, BFH 82, 363, BStBl III 1965, 380), derzufolge bei Entnahme oder Veräußerung eines Wohngebäudes aus dem Betriebsvermögen auch diejenigen stillen Reserven aufgedeckt werden, die durch die Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG entstanden sind, wird festgehalten. § 7b EStG führt nicht zu einer Durchbrechung der in §§ 4, 5 EStG festgelegten Gewinnermittlungsgrundsätze.
Normenkette
EStG §§ 4-5, 7b
Tatbestand
Der Revisionskläger (Steuerpflichtiger) betrieb in den Streitjahren 1960 und 1961 neben seiner Tätigkeit als praktischer Arzt einen Grundstückshandel. Er erwarb unbebaute Grundstücke, parzellierte und bebaute sie und veräußerte sie nach der Bebauung weiter. Im Jahre 1960 verkaufte er 15 Kaufeigenheime, im Jahre 1961 10 Kaufeigenheime. Die aus dieser Tätigkeit erzielten Einkünfte wies er zunächst als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus. Durch die Inanspruchnahme des § 7b EStG ergab sich für jedes Jahr ein Verlust.
Bei den endgültigen Veranlagungen für die Streitjahre betrachtete der Revisionsbeklagte (FA) die Grundstücksgeschäfte des Steuerpflichtigen als Ausübung eines Gewerbebetriebs. Mangels Aufzeichnungen wurden die gewerblichen Einkünfte gemäß § 217 AO geschätzt. Durch Gegenüberstellung der um die erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG verminderten Herstellungskosten und der Veräußerungspreise der Kaufeigenheime ergab sich für den Veranlagungszeitraum 1960 ein gewerblicher Gewinn in Höhe von 19 000 DM und für 1961 ein solcher in Höhe von 14 000 DM.
Die Einsprüche gegen die Steuerbescheide hatten keinen Erfolg. Mit der Klage wandte sich der Steuerpflichtige nicht gegen die Behandlung seiner Grundstücksgeschäfte als gewerbliche Tätigkeit, sondern ausschließlich gegen die Berücksichtigung der erhöhten Absetzungen bei der Gewinnermittlung, weil dadurch die gewährten Vergünstigungen nach § 7b EStG wieder verlorengegangen seien. Auch der Gewerbetreibende müsse so behandelt werden, daß er voll in den Genuß der erhöhten Absetzungen für Wohngebäude komme. Die Vorschrift des § 7b EStG habe demnach bei der Gewinnberechnung außer Ansatz zu bleiben.
Die Klage blieb erfolglos. Das FG begründete seine in EFG 1967, 60 veröffentlichte Entscheidung im wesentlichen damit, daß bei einem Gewerbebetrieb die Ermittlung der Einkünfte nach dem Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten ausgeschlossen sei (§ 2 Abs. 4 Nr. 2 EStG). Daher komme auch entgegen der Auffassung des Steuerpflichtigen der im Urteil des BFH VI 10/62 S vom 27. November 1962 (BFH 76, 317, BStBl III 1963, 116) entwickelten Überlegung im vorliegenden Fall keine Bedeutung zu. Vielmehr sei beim Steuerpflichtigen der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln. Bei dieser Gewinnermittlungsart wirkten sich alle AfA und ebenso alle Abschreibungen beim Betriebsvermögen gewinnmindernd aus, solange die betreffenden Wirtschaftsgüter nicht veräußert würden. Durch ihre Veräußerung würden die durch AfA und Abschreibungen entstandenen stillen Reserven dann zwangsläufig aufgedeckt und ein entsprechender Gewinn realisiert. Das gelte insbesondere für die erhöhte Absetzung nach § 7b EStG. Erfolge die Veräußerung im gleichen Jahre, in dem § 7b EStG beansprucht werde, so könne sich dieser in dem betreffenden Jahr im Jahresergebnis und damit auch steuerlich nicht auswirken. § 7b EStG eröffne - wie auch alle anderen Arten von Sonderabsetzungen - für Gewerbetreibende nur die Möglichkeit, den Gewinn auf spätere Jahre zu verlagern. Der Gesetzgeber habe dieser steuerlichen Vergünstigung kein Eigendasein außerhalb des Rahmens der Gewinnermittlungsvorschriften nach §§ 4 bis 7e EStG zuerkannt (vgl. BFH-Urteil I 243/63 U vom 30. März 1965, BFH 82, 363, BStBl III 1965, 380).
Mit der Revision beantragt der Steuerpflichtige, die Vorentscheidungen sowie die angefochtenen Steuerbescheide aufzuheben und die Einkommensteuer unter Belassung der erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG festzusetzen. Zur Begründung trägt er vor, daß die Steuervorteile des § 7b EStG jedem Bauherrn zugute kommen sollten, also auch dem Gewerbetreibenden. § 7b EStG sei gegenüber §§ 4 und 5 EStG die zeitlich jüngere Vorschrift. Ihr sei daher der Vorzug vor den Vorschriften der §§ 4 und 5 EStG zu geben.
Selbst wenn man ihm die erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG nicht belasse und dadurch einen entsprechend höheren gewerblichen Gewinn in den Streitjahren annehme, müsse ein solcher Gewinn als Betriebsaufgabegewinn einem ermäßigten Steuersatz unterworfen werden (§§ 16, 34 EStG). Zwar baue er - der Steuerpflichtige - auch z. Z. wieder ein Wohnhaus in M. Dies geschehe jedoch nur zum Zwecke einer späteren Vermietung und habe keinen gewerblichen Charakter.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
Die vom FG vertretene und zwischen den Beteiligten unstreitige Auffassung, daß die vom Steuerpflichtigen durch den Verkauf der Grundstücke erzielten Gewinne als Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzusehen sind, begegnet keinen Bedenken. Der BFH hatte sich in den Urteilen VI 199/65 vom 7. April 1967 (BFH 88, 450, BStBl III 1967, 467) und IV R 214/66 vom 13.7.1967 (BFH 89, 421, BStBl III 1967, 690) mit ähnlich gelagerten Sachverhalten zu befassen. In diesen Entscheidungen ist dargelegt, daß die Merkmale eines Gewerbebetriebs auch durch eine planvolle und umfassende Tätigkeit erfüllt werden können, die lediglich in der Absicht entwickelt wird, unter Ausnutzung einer günstigen Situation am Baumarkt über die Steuervergünstigung nach § 7b EStG zu einer Vermögensmehrung zu gelangen. Der Senat schließt sich dieser auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Rechtsprechung an (vgl. Beschluß des BVerfG 1 BvR 162/69 vom 16. Mai 1969, HFR 1969, 347).
Der Steuerpflichtige verkennt die Bedeutung des § 7b EStG, wenn er meint, der ihm durch die vorgenommenen Absetzungen zuteil gewordene Vorteil dürfe bei Veräußerung der Grundstücke nicht ausgeglichen werden. § 7b EStG schafft durch erhöhte Absetzungen nur die Möglichkeit zu zeitlichen Gewinnverlagerungen. Aus dem Wesen der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich folgt jedoch zwangsläufig, daß eine Gewinnrealisierung eintreten muß, wenn ein durch hohe Absetzungen oder Abschreibungen auf einen geringen Buchwert zurückgeführtes Wirtschaftsgut zu seinem - höheren - Verkehrswert veräußert wird. Das FG hat diese Zusammenhänge zutreffend dargestellt (vgl. auch BFH-Urteile I 243/63 U, a. a. O.; IV 330/64 vom 5. August 1965, HFR 1965, 542, und VI 10/62 S, a. a. O.).
Der Steuerpflichtige kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, daß der Vorschrift des § 7b EStG als der jüngeren ein Vorrang gegenüber den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften der §§ 4, 5 EStG einzuräumen sei, was dazu führe, daß der Vorteil der erhöhten Absetzungen für Wohngebäude dem Bauherrn erhalten bleiben müsse. Für eine solche Interpretation fehlt jeder Anhaltspunkt im Gesetz.
Fundstellen
Haufe-Index 68614 |
BStBl II 1969, 578 |
BFHE 1969, 99 |