Leitsatz (amtlich)
Bei Entziehungstatbeständen des amerikanischen Militärregierungsgesetzes Nr. 59 erstreckt sich der Schwebezustand, den § 52 Abs. 3 1. StDVO-SHG regelt, nicht auch auf Gegenstände, die nicht zum entzogenen Vermögen gehören, sondern erst auf Grund des Vergleichsabschlusses der Parteien auf den Rückerstattungsverpflichteten übergehen.
Normenkette
1. StDVO-SHG § 52 Abs. 3
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.) ist auf Grund eines unter das Gesetz Nr. 59 der amerikanischen Militärregierung fallenden Abkommens vor der im Jahre 1945 durchgeführten Kapitalerhöhung Inhaber sämtlicher Aktien einer AG im Nennbetrage von 465 000 RM geworden. Durch Vergleich vom 21. September 1950 vor dem Amt für Vermögenskontrolle und Wiedergutmachung hat sich der Bf. verpflichtet, die vorerwähnten Aktien zurückzuerstatten und ferner die weiteren Aktien im Nennbetrage von 300 000 RM, die während seines Besitzes im Jahre 1945 durch Kapitalerhöhung aus seinen Mitteln geschaffen worden waren, auszuantworten; sie sollen im Wege der Kapitalherabsetzung durch die genannte AG eingezogen werden. Der Bf. soll hierfür nach Ablauf der Sperrfrist näher bezeichneten, der AG gehörenden Grundbesitz in X schuldenfrei zu Eigentum erhalten.
Das Finanzamt hat den Bf. mit dem vorbezeichneten Grundbesitz zur Soforthilfeabgabe im Wege eines Berichtigungsbescheides nach § 52 Abs. 4 der Ersten Durchführungsverordnung zum Ersten Teil des Soforthilfegesetzes (1. StDVO-SHG) herangezogen. Sein Einspruch und seine Berufung sind ohne Erfolg geblieben.
Entscheidungsgründe
Mit der vorliegenden Rechtsbeschwerde (Rb.) wiederholt der Bf. seinen früheren Antrag und hat gebeten, Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen.
Der Senat hält es für angemessen, auf Grund des § 294 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) zunächst einen Vorbescheid zu erlassen.
Nach § 2 des Soforthilfegesetzes (SHG) ist persönlich abgabepflichtig, wer am Beginn des Währungsstichtages Eigentümer von abgabepflichtigem Vermögen gewesen ist. Ist das Vermögen auf Grund des § 11 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) einem anderen als dem Eigentümer zuzurechnen, so ist der andere an Stelle des Eigentümers abgabepflichtig. Nach § 52 1. StDVO-SHG ist in denjenigen Fällen, in denen zur Zeit der Vermögensanzeige die Person, der abgabepflichtiges Vermögen zuzurechnen ist, ungewiß und aus diesem Grunde ein Treuhänder zur Verwaltung des Vermögens bestellt ist oder das Vermögen der Anzeigepflicht und Vermögenssperre unterliegt, das Vermögen vorläufig gesondert zur Soforthilfefabgabe heranzuziehen. Wird in diesen Fällen die Ungewißheit durch Entscheidung der zuständigen Stelle oder durch Einigung beseitigt, so ist der, dem das Vermögen zugesprochen wird, für die Abgabe so zu behandeln, wie wenn er bereits am Währungsstichtag Eigentümer des Vermögens gewesen wäre.
Nach diesen Bestimmungen ist in Fällen eines sogenannten Entziehungstatbestandes im Sinne des Gesetzes Nr. 59 der amerikanischen Militärregierung die rechtliche Regelung, die sich nach dem Währungsstichtag, wie hier, durch Vergleich ergibt, rückwirkend auf den Zeitpunkt des Währungsstichtages für den Bereich des Soforthilfegesetzes anzuwenden. Es kann sich demnach bei § 52 a. a. O. in Verbindung mit dem Militärregierungsgesetz Nr. 59 nur um solche Ungewißheiten handeln, die sich aus der Frage ergeben, wie auf Grund des Gesetzes Nr. 59 über eine Entziehung zu entscheiden sein wird. Demnach sind die Fälle der Ungewißheit im Sinne des § 52 a. a. O. auf den sogenannten Entziehungstatbestand begrenzt. Andere Ungewißheiten können hierbei keine Rolle spielen. Es wird z. B. die Ungewißheit, ob ein Grundstück, dessen Eigentum nicht auf Grund des Militärregierungsgesetzes Nr. 59 streitig ist, an den Rückerstattungsverpflichteten veräußert werden wird (gegebenenfalls zur Abgeltung der Ansprüche des Rückerstattungsverpflichteten), für die Frage des § 52 a. a. O. unbeachtet zu bleiben haben.
Demgemäß gehört die Frage des Eigentums an den streitigen Grundstücken in X nicht unter § 52 a. a. O. Es kann deshalb hier die Frage einer Rückbeziehung des zu übertragenden Eigentums auf den Währungsstichtag nach § 52 a. a. O. nicht auftauchen. Also ist der Bf. nicht als Eigentümer des streitigen Grundbesitzes für die Soforthilfeabgabe zu behandeln. Dieser hat am Währungsstichtage zum Betriebsvermögen der AG gehört und steht außer Zusammenhang mit den zurückzuerstattenden Aktien. Insofern verletzt die angefochtene Entscheidung das bestehende Recht über die Soforthilfeabgabe und ist demgemäß aufzuheben.
Die Sache ist spruchreif. Der Berichtigungsbescheid vom 14. Oktober 1950 und der Einspruchsbescheid vom 8. November 1950 sind ebenfalls aufzuheben. Der Bf. ist von der Soforthilfeabgabe rücksichtlich des streitigen Grundbesitzes freizustellen.
Die Kosten des Verfahrens hat das Land zu tragen.
Fundstellen
Haufe-Index 407465 |
BStBl III 1952, 252 |
BFHE 1953, 655 |