Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohneigentumsförderung für Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, die auf dem Grundstück eines Partners ein gemeinsames Einfamilienhaus errichten
Leitsatz (amtlich)
Errichten die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gemeinsam ein Einfamilienhaus auf einem Grundstück, das zivilrechtlich im Eigentum nur eines Partners steht, kann auch der andere als wirtschaftlicher Miteigentümer zur Inanspruchnahme der Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG berechtigt sein, wenn ihm für den Fall des Scheiterns der Lebensgemeinschaft nach zivilrechtlichen Grundsätzen ein Ausgleichsanspruch gegen den zivilrechtlichen Eigentümer in Höhe des hälftigen Verkehrswertes des Gebäudes zusteht.
Normenkette
AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1; EStG § 10e
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (EFG 2001, 817) |
Tatbestand
I. Die seit 31. Dezember 1997 mit dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) verheiratete Frau M war Eigentümerin eines unbebauten Grundstücks, auf dem sie im Jahr 1995 zusammen mit dem Kläger ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung errichtete. Sämtliche mit dem Bauvorhaben zusammenhängenden Tätigkeiten einschließlich der Finanzierung führten der Kläger und Frau M gemeinsam durch. Die Hauptwohnung bezogen sie am 22. Dezember 1995. Die Einliegerwohnung wurde im Jahr 1997 fertig gestellt.
In ihrer Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr 1995 begehrten sie aus den Herstellungskosten für das Gebäude (463 011 DM) einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 19 800 DM (Höchstbetrag) sowie den Abzug von Schuldzinsen (18 942 DM) und sonstigen Aufwendungen (120 DM) als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG. Sie beantragten, den insgesamt abzuziehenden Betrag von 38 862 DM jedem zur Hälfte (jeweils 19 431 DM) zuzurechnen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) stellte im Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1995 die "Steuerbegünstigung zur Förderung des Wohneigentums (Summe der wie Sonderausgaben abziehbaren Beträge)" mit einem Betrag von 19 431 DM fest (Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG 9 900 DM, abziehbare Vorkosten 9 531 DM), den es ausschließlich Frau M als der Eigentümerin des Grundstücks zurechnete. Den Anteil des Klägers setzte das FA mit 0 DM an.
Mit dem Einspruch machte der Kläger unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. November 1996 X R 92/92 (BFHE 182, 104, BStBl II 1998, 97) geltend, er sei wirtschaftlicher Miteigentümer des Gebäudes, da er die Baukosten zur Hälfte getragen habe und ihm aufgrund einer Vereinbarung vor Baubeginn ein Nutzungsrecht für die voraussichtliche Nutzungsdauer des Gebäudes zugestanden habe.
Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die im BFH-Urteil in BFHE 182, 104, BStBl II 1998, 97 aufgestellten Voraussetzungen für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums lägen im Streitfall nicht vor. Über ein Nutzungsrecht, insbesondere über dessen Dauer oder Vererbbarkeit seien keine Regelungen getroffen worden. Bei Beendigung der Lebensgemeinschaft wäre Frau M lediglich verpflichtet gewesen, dem Kläger die auf das Grundstück geleisteten Aufwendungen zu ersetzen. Eine weitere Nutzung der Wohnung durch den Kläger hätte sie jederzeit verweigern können. Auch sei sie durch ein etwaiges Nutzungsrecht des Klägers nicht am Verkauf der Wohnung gehindert gewesen. Darüber hinaus fehle es an der vom BFH geforderten Überprüfbarkeit der Vereinbarungen. Es seien keine schriftlichen Aufzeichnungen vorgelegt worden und wohl auch keine vorhanden.
Im Klageverfahren legte der Kläger eine vom 6. März 1995 datierte Vereinbarung vor, in der ihm Frau M das dauernde, uneingeschränkte Nutzungsrecht an dem Grundstück und dem zu errichtenden Haus für die "Lebensdauer" des Gebäudes einräumte.
Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 817 veröffentlicht ist, wies die Klage unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung und das BFH-Urteil in BFHE 182, 104, BStBl II 1998, 97 ab. Auch die nachträglich vorgelegte schriftliche Vereinbarung ändere nichts an der rechtlichen Würdigung des FA, der Kläger sei kein wirtschaftlicher Eigentümer gewesen. Er habe in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass im Veranlagungszeitraum eine schriftliche Vereinbarung noch nicht vorgelegen habe. Allein die Behauptung einer bindenden Nutzungsbefugnis genüge nicht den vom BFH aufgestellten strengen Anforderungen an Vereinbarungen zwischen einander nahe stehenden Personen. "Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" hätte der Kläger für den Fall der Auflösung der Lebensgemeinschaft nicht auf der Nutzungsbefugnis für die gewöhnliche Nutzungsdauer bestehen und bei einem Verkauf durch die Grundstückseigentümerin auch keinen Schadenersatzanspruch geltend machen können.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts. Er trägt vor: Das FG-Urteil widerspreche der vom BFH zu Mietereinbauten entwickelten Rechtsprechung. Das als Familienwohnung vorgesehene Gebäude habe der gemeinsamen Vermögensbildung und Alterssicherung dienen sollen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) bestehe beim Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung gesellschaftsrechtlicher Vorschriften, wenn beide Partner durch gemeinsame Leistungen zur Schaffung eines Vermögenswerts von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung, insbesondere zum Bau eines zwar auf den Partner eingetragenen, aber als gemeinsames Vermögen betrachteten Anwesens beigetragen hätten. Dieser Ausgleichsanspruch des Klägers sei als rechtlich gesicherte Position geeignet, einen zumindest partiellen wirtschaftlichen Ausschluss der Grundstückseigentümerin von der Einwirkung auf die Sache bereits vor der Eheschließung zu bewirken. Bei einer Beendigung der Lebensgemeinschaft stünde dem Kläger zumindest ein hälftiger Anspruch aus dem Gebäudeverkaufswert zu. Er sei daher wirtschaftlicher (Mit-)Eigentümer.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und unter Änderung des angefochtenen Feststellungsbescheids die Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG in Höhe von 38 862 DM festzustellen und ihm in Höhe von 19 431 DM zuzurechnen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Unter Änderung des Bescheids über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1995 wird die Summe der nach § 10e Abs. 1 und 6 EStG abziehbaren Beträge mit 38 862 DM festgestellt. Dem Kläger ist der abziehbare Betrag zur Hälfte in Höhe von 19 431 DM zuzurechnen.
Zu Unrecht hat das FG die Berechtigung des Klägers zur Inanspruchnahme der Wohneigentumsförderung für die von ihm getragenen Kosten mangels wirtschaftlichen (Mit-)Eigentums verneint.
1. Sowohl die Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG als auch der Vorkostenabzug nach § 10e Abs. 6 Satz 1 EStG setzen voraus, dass der Steuerpflichtige eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine eigene Eigentumswohnung hergestellt oder angeschafft hat. Er muss Eigentümer oder zumindest Miteigentümer (§ 10e Abs. 1 Satz 6 EStG) des begünstigten Objekts sein. In Fällen, in denen zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum nicht übereinstimmen, steht die Förderung dem wirtschaftlichen Eigentümer (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung ―AO 1977―) zu (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 12. April 2000 X R 69/98, BFH/NV 2000, 1331, m.w.N.). Wirtschaftliches Eigentum kann auch in Bezug auf ideelle Miteigentumsanteile begründet werden (Senatsurteil in BFHE 182, 104, BStBl II 1998, 97, m.w.N.). Sind mehrere Steuerpflichtige Eigentümer einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung, können die nach § 10e EStG abziehbaren Beträge gesondert und einheitlich festgestellt werden (§ 10e Abs. 7 EStG).
2. Im Streitfall ist Frau M als Grundstückseigentümerin zivilrechtlich auch Alleineigentümerin des Gebäudes geworden, weil dieses weder in Ausübung eines dinglichen Rechts noch zu einem vorübergehenden Zweck (§ 95 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ―BGB―) errichtet worden ist (§§ 93, 94, 946 BGB). Dem Kläger stand jedoch als wirtschaftlichem Miteigentümer des Gebäudes die Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG und der Vorkostenabzug nach § 10e Abs. 6 Satz 1 EStG entsprechend seinem Anteil jeweils zur Hälfte zu.
a) Die von der Rechtsprechung zu § 39 AO 1977 entwickelten Grundsätze zum Begriff des wirtschaftlichen Eigentums gelten im Rahmen des § 10e EStG uneingeschränkt (Senatsurteile vom 21. Mai 1992 X R 61/91, BFHE 168, 261, BStBl II 1992, 944, und vom 20. September 1995 X R 94/92, BFHE 178, 429, BStBl II 1996, 186).
aa) Wirtschaftlicher Eigentümer ist nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO 1977 derjenige, der die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Einen wirtschaftlichen Ausschluss in diesem Sinn nimmt die Rechtsprechung an, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse kein Herausgabeanspruch besteht oder der Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat (vgl. die Nachweise in den Senatsurteilen in BFHE 182, 104, BStBl II 1998, 97, und vom 12. April 2000 X R 20/99, BFH/NV 2001, 9). Das beim zivilrechtlichen Eigentümer verbleibende Verfügungsrecht, insbesondere das Recht zur Belastung und Veräußerung, schließt wirtschaftliches Eigentum eines anderen nicht aus, denn entscheidend ist der wirtschaftliche Ausschluss des Eigentümers von der Einwirkung auf die Sache (vgl. BFH-Urteile vom 18. November 1970 I 133/64, BFHE 100, 516, BStBl II 1971, 133, unter III. 1., und in BFHE 182, 104, BStBl II 1998, 97, unter 3. d, jeweils m.w.N.).
bb) Errichtet jemand im eigenen Namen und für eigene Rechnung auf einem fremden Grundstück ein Gebäude, ist der Grundstückseigentümer nach der Rechtsprechung des BFH grundsätzlich zivilrechtlicher und zugleich wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes, wenn die Errichtung des Gebäudes sowohl dem Interesse des Bauenden als auch dem des Grundstückseigentümers dient, der Wert des Gebäudes sich nicht innerhalb der vereinbarten Nutzungszeit verzehrt und nach Ablauf der Nutzungszeit die Verhältnisse neu gestaltet werden können (Senatsurteil in BFHE 182, 104, BStBl II 1998, 97, unter 3. c, m.w.N.). Dagegen ist der Bauende als wirtschaftlicher Eigentümer zu beurteilen, wenn er aufgrund eindeutiger im Voraus getroffener und tatsächlich durchgeführter Vereinbarungen die wirtschaftliche Verfügungsmacht und Sachherrschaft ―unter dauerndem Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers― innehat, weil ihm allein Substanz und Ertrag des Gebäudes für dessen voraussichtliche Nutzungsdauer zustehen (Senatsurteil in BFHE 182, 104, BStBl II 1998, 97, unter 3. d, m.w.N.).
cc) Diese Voraussetzungen sah der Senat in einem Fall als erfüllt an, in dem die Grundstückseigentümerin ihrem damaligen Lebensgefährten und späteren Ehemann vor der (gemeinsamen) Errichtung des Gebäudes das dauernde, durch den Tod des Berechtigten nicht endende Recht eingeräumt hatte, das Gebäude für dessen "Lebensdauer", mindestens aber für 50 Jahre wie ein Miteigentümer zu nutzen (BFH-Urteil in BFHE 182, 104, BStBl II 1998, 97). Aufgrund dieser ―vererblichen― Nutzungsvereinbarung habe die zivilrechtliche Eigentümerin bis zum wirtschaftlichen Verbrauch des Gebäudes keinen Herausgabeanspruch (§ 986 BGB) gegenüber dem Mitbenutzungsberechtigten gehabt. Da das Gebäude nach der (allein maßgeblichen) voraussichtlichen Dauer des Nutzungsverhältnisses bei normalem, der gewählten Gestaltung entsprechenden Verlauf wirtschaftlich verbraucht sei, hätten Substanz und Ertrag des Gebäudes auf Dauer zur Hälfte dem Nutzungsberechtigten zugestanden. Die Verfügungsbefugnis der Eigentümerin sei zwar nicht rechtlich, aber tatsächlich (wirtschaftlich) eingeschränkt gewesen, zumal sie im Falle eines Verkaufs dem Nutzungsberechtigten schadenersatzpflichtig geworden wäre.
b) Substanz und Ertrag des Gebäudes sind dem Nutzungsberechtigten aber nicht nur zuzurechnen, wenn das Gebäude nach Ablauf der voraussichtlichen Nutzungsdauer wirtschaftlich verbraucht ist, sondern auch dann, wenn zwar die voraussichtliche Nutzungsdauer des Gebäudes die Dauer der Nutzungsbefugnis überschreitet, der Nutzungsberechtigte, der die Kosten des Gebäudes getragen hat, aber für den Fall der Nutzungsbeendigung einen Anspruch auf Ersatz des vollen Verkehrswertes des Gebäudes gegen den Grundstückseigentümer hat. Ein solcher Entschädigungsanspruch kann sich aus einer Vereinbarung oder aus dem Gesetz ―insbesondere nach Bereicherungsrecht― ergeben.
Entgegen der Auffassung des FA kann aus dem Senatsurteil in BFHE 182, 104, BStBl II 1998, 97 nicht gefolgert werden, der auf fremdem Grund Bauende könne nur wirtschaftlicher Eigentümer sein, wenn sich der Wert des Gebäudes innerhalb der mit dem Grundstückseigentümer vereinbarten Nutzungszeit verzehre. Die Formulierung in dieser Entscheidung (unter 3. e) "nach der allein für die Beurteilung wirtschaftlichen Eigentums maßgebenden voraussichtlichen Dauer des Nutzungsverhältnisses bei normalem, der gewählten Gestaltung entsprechenden Verlauf" besagt ―wie sich aus der kursiven Hervorhebung sowie den Rechtsprechungs- und Schrifttumsnachweisen ergibt― lediglich, dass es für die Beurteilung der Nutzungsdauer allein auf die voraussichtliche, nicht auf die tatsächliche Dauer des Nutzungsverhältnisses ankommt. Sie engt aber wirtschaftliches Eigentum bei Bauten auf fremdem Grund nicht auf die Fälle der vereinbarten Nutzung des Gebäudes bis zu dessen wirtschaftlichem Verbrauch ein. Kann der zivilrechtliche Eigentümer deswegen den Wert des Gebäudes nicht für eigene Rechnung realisieren, weil er den Nutzungsberechtigten bei Beendigung der Nutzung in Höhe des Verkehrswertes des Gebäudes entschädigen muss, ist sein Anspruch auf Herausgabe des Gebäudes in gleicher Weise wirtschaftlich wertlos. Substanz und Ertrag des Gebäudes stehen in diesem Fall ebenfalls dem Hersteller zu.
c) Die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung steht dem nicht entgegen.
aa) Der I. Senat hat im Urteilvom 28. Juli 1993 I R 88/92 (BFHE 172, 333, BStBl II 1994, 164), in dem über die Zurechnung von sog. Mietereinbauten zu entscheiden war, für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums der Mieter an den Einbauten ebenfalls darauf abgestellt, dass diese bei Beendigung des Mietverhältnisses eine nach dem Abnutzungsgrad zu bemessende Entschädigung gegen die Grundstückseigentümerinnen hatten. Damit habe ihnen der jeweilige Wert der Einbauten zu jedem gedachten Zeitpunkt des Mietverhältnisses wirtschaftlich zugestanden. Wegen der Vergütungsverpflichtung hätten die Eigentümerinnen wirtschaftlich nicht über den Wert der Einbauten verfügen können, einem Herausgabeanspruch sei kein Wert zugekommen.
bb) Der BGH hat im Urteil vom 6. November 1995 II ZR 164/94 (Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 1996, 458, 459) für die Entscheidung, ob einem Kaufmann ein Gebäude auf fremdem Grund nach § 242 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs unter dem Gesichtspunkt wirtschaftlichen Eigentums zuzurechnen ist, geprüft, ob der Bauende ein rechtlich gesichertes Nutzungsrecht oder einen Entschädigungsanspruch bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses hat. Da diese Voraussetzungen in jenem Fall nicht vorlagen, hat der BGH wirtschaftliches Eigentum verneint.
cc) Auch der XI. Senat des BFH hat im Urteil vom 11. Juni 1997 XI R 77/96 (BFHE 183, 455, BStBl II 1997, 774) unter Bezugnahme auf die Urteile in BFHE 172, 333, BStBl II 1994, 164 und in NJW 1996, 458 für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums bei Mietereinbauten und sonstigen Bauten auf fremdem Grund darauf abgestellt, dass der Bauende die Kosten des Baus getragen hat, den Bau nutzt und bei Beendigung der Nutzung einen Entschädigungsanspruch gegen den Grundstückseigentümer hat.
d) Entgegen der Auffassung des FG war der Kläger im Streitjahr 1995 wirtschaftlicher Miteigentümer des Gebäudes zur Hälfte. Er war berechtigt, das Einfamilienhaus auf Dauer zusammen mit Frau M wie ein Miteigentümer zu nutzen und hatte für den Fall des Scheiterns der Lebensgemeinschaft einen Anspruch gegen Frau M als Grundstückseigentümerin in Höhe des hälftigen Verkehrswertes des Gebäudes. Frau M konnte daher über das Gebäude zwar rechtlich, wegen des Entschädigungsanspruchs des Klägers aber nicht wirtschaftlich uneingeschränkt verfügen.
aa) Nach der Rechtsprechung des BGH ändern sich bei Auflösung einer Lebensgemeinschaft die bestehenden Eigentumsverhältnisse nicht. Ausgleichsansprüche für die während der Partnerschaft erbrachten Leistungen ―sofern sie nicht vertraglich vereinbart sind― stehen den Beteiligten grundsätzlich nicht zu. Die persönlichen Beziehungen der Partner sind so bestimmend, dass ein Ausgleichsanspruch außerhalb eines schuldrechtlichen Vertrages nur ausnahmsweise in Betracht kommt, z.B. wenn beide Partner durch gemeinsame Leistungen zur Schaffung eines Vermögenswertes von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung, insbesondere zum Bau und zur Erhaltung eines zwar auf den Namen des einen Partners eingetragenen, aber als gemeinsames Vermögen betrachteten Anwesens beigetragen haben. In einem solchen Fall kann in entsprechender Anwendung gesellschaftsrechtlicher Grundsätze ein Ausgleichsanspruch nach § 731 ff. BGB bestehen (z.B. BGH-Urteile vom 4. November 1991 II ZR 26/91, NJW 1992, 906; vom 1. Februar 1993 II ZR 106/92, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht ―FamRZ― 1993, 939; vom 25. September 1997 II ZR 269/96, NJW 1997, 3371; vom 10. Januar 2000 II ZR 247/96, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht ―WM― 2000, 522, m.w.N.; Palandt/Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 60. Aufl., § 705 Rz. 46; Weimar, Monatsschrift für Deutsches Recht ―MDR― 1997, 713; Messerle, Juristische Schulung ―JuS― 2001, 28).
Entsprechend anzuwenden sind die Regeln über die Auseinandersetzung von Innengesellschaften, nach denen der Berechtigte einen Auseinandersetzungsanspruch analog § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB hat (Hausmann, Ausgleichsansprüche nach Auflösung der Lebensgemeinschaft, Rz. 81, in Hausmann/Hohloch, Das Recht der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 1999). Der dinglich nicht berechtigte Partner ist daher nicht darauf beschränkt, den Wert seiner ―in Form von finanziellen Beiträgen oder sonstigen Leistungen erbrachten― "Einlage" zurückzufordern, sondern ist auch an den Wertsteigerungen des Gegenstandes während des Zusammenlebens beteiligt (BGH-Urteil vom 24. Juni 1985 II ZR 255/84, FamRZ 1985, 1232, und Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 22. Juli 1992 11 U 50/92, FamRZ 1993, 432, 433; Hausmann, a.a.O., Rz. 82; Weimar, MDR 1997, 713, 716). Haben die Lebenspartner gemeinsam ein Gebäude geschaffen, ist für die Zwecke der Auseinandersetzung der Wert zu ermitteln, den das Gebäude im Zeitpunkt der Auflösung der Lebensgemeinschaft hat. Die Beteiligungsquote ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen (BGH-Urteil in FamRZ 1985, 1232; Hausmann, a.a.O., Rz. 85).
bb) Die von der zivilrechtlichen Rechtsprechung geforderten Voraussetzungen für einen Auseinandersetzungsanspruch des Klägers liegen im Streitfall vor. Der Kläger und Frau M schufen durch die Errichtung der Familienwohnung einen gemeinschaftlichen Wert. Sie wollten das Gebäude nicht nur für die Dauer der Partnerschaft gemeinsam nutzen, sondern es sollte ihnen nach ihrer Vorstellung auch gemeinsam gehören, auch wenn die Grundstückseigentümerin zivilrechtlich Alleineigentümerin des Gebäudes geworden ist. Die Finanzierung der hälftigen Herstellungskosten von mehr als 200 000 DM durch den Kläger ist auch als wesentlicher Beitrag im Sinne der BGH-Rechtsprechung zu werten. Da jeder von ihnen die Hälfte der Herstellungskosten des Gebäudes getragen hat und Anhaltspunkte für eine anderweitige Beteiligungsquote nicht erkennbar sind, hätte der Kläger für den Fall der Auflösung der Lebensgemeinschaft einen Anspruch gegen Frau M auf Zahlung des hälftigen Wertes des Gebäudes gehabt. In Anbetracht dieses Anspruchs konnte Frau M im Streitjahr 1995 trotz des zivilrechtlichen Eigentums wirtschaftlich nicht in vollem Umfang über das Gebäude verfügen. Substanz und Ertrag des Gebäudes standen ihr nur zur Hälfte zu, so dass der Kläger im Streitjahr als wirtschaftlicher (Mit-)Eigentümer anzusehen und deshalb zur Inanspruchnahme der Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG im Umfang der von ihm erbrachten Aufwendungen berechtigt ist.
Fundstellen
Haufe-Index 645564 |
BFH/NV 2002, 95 |
BStBl II 2002, 278 |
BFHE 196, 151 |
BFHE 2002, 151 |
BB 2001, 2413 |
DB 2001, 2694 |
DStR 2001, 2019 |
DStRE 2001, 1271 |
HFR 2002, 110 |
StE 2001, 678 |