Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Einheitlichkeit der Leistung bei der Erstellung einer ölfeuerungsanlage.
Normenkette
UStG § 1 Ziff. 1, § 1/1/1, § 3/4, § 3/2
Tatbestand
Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige - Stpfl. -) befaßt sich damit, Zentralheizungssysteme mit einer ölfeuerungsanlage zu versehen. Die ölfeuerungsanlage besteht aus dem Heizkessel, der Schalttafel, dem ölbrenner, den ölleitungen und dem öltank. Mit der Beschaffung des Heizkessels hat die Stpfl. nichts zu tun. Der ölbrenner und die ölleitungen werden von der Stpfl. in eigenem Namen beschafft. Der Kauf der öltanks wird von der Stpfl. vermittelt. Die Lieferfirma liefert den öltank an den Kunden. Dieser erhält auch die Rechnung und bezahlt sie. Die Stpfl. erhält einen Rechnungsdurchschlag und für die Vermittlung eine Provision. Sie übernimmt auch das Delkredere. Verlegt wird der öltank im Auftrag des Kunden durch einen fremden Unternehmer. Die Montage übernimmt die Stpfl. Dabei werden der ölbrenner und die ölleitungen an den Heizkessel und an den öltank angeschlossen.
Streitig ist, ob die Stpfl. mit dem Kaufpreis des öltanks umsatzsteuerpflichtig ist. Sie will nur die Provision, die sie für die Vermittlung erhält, versteuern.
Bei der Stpfl. hat im Jahre 1958 eine Betriebsprüfung stattgefunden, bei der die Behandlung der öltankvermittlung nicht beanstandet wurde. Erst bei einer im Jahre 1962 durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, daß die Stpfl. an der Beschaffung der öltanks wesentlich mitwirke und ihr Umsatzgeschäft auch die Lieferung des öltanks umfasse. Es sei deshalb das gesamte Entgelt, das die Kunden für die ölfeuerungsanlage leisteten, insbesondere auch deren Zahlungen für die öltanks als Leistungsentgelt anzusehen und mit 4 % zur Umsatzsteuer heranzuziehen.
Das Finanzamt (FA) schloß sich der Auffassung des Prüfers an und führte dementsprechend für die Jahre 1956 bis 1958 Berichtigungsveranlagungen und für 1961 die erstmalige Veranlagung durch. Dagegen legte die Stpfl. Einspruch ein. Bevor es über den Einspruch entschieden hatte, führte es in gleicher Weise noch vorläufig die Umsatzsteuerveranlagung für 1963 durch.
Die Einsprüche gegen die Steuerbescheide 1956 bis 1958 und 1961 wurden vom FA in dem streitigen Punkt als unbegründet zurückgewiesen. In der Einspruchsentscheidung wurde davon ausgegangen, daß das FA den neuen Sachverhalt erst bei der 1962 durchgeführten Betriebsprüfung erfahren habe. Für 1963 wurde die Sprungberufung zugelassen. In der Berufung gegen die Einspruchsentscheidung 1956 bis 1958 und 1961 wurde von der Stpfl. zusätzlich geltend gemacht, daß der Betriebsprüfer im Jahre 1958, zwei Wochen nach der Prüfung, nochmals bei ihr vorgesprochen und die Tankumsätze geprüft habe. Vom Finanzgericht (FG) wurden die Umsatzsteuersachen 1956 bis 1958, 1961 und 1963 miteinander verbunden.
Die Berufung hatte in diesem Punkt keinen Erfolg. Das FG vertrat die Auffassung, daß es sich im vorliegenden Falle um eine einheitliche Werklieferung handele, die auch die Lieferung des öltanks umfasse.
Entscheidungsgründe
Die dagegen erhobene Rb., die gemäß § 184 Abs. 2 FGO als Revision zu behandeln ist, führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen.
Das FG ist in seiner Entscheidung zu Recht von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ausgegangen, nach der einheitliche wirtschaftliche Vorgänge nicht aufgeteilt werden dürfen, wenn sie wirtschaftlich zusammengehören und ein einheitliches Ganzes bilden, und nach der eine Materialbeistellung nicht angenommen werden kann, wenn der Werkunternehmer an der Beschaffung des Werkstoffes in irgendeiner Weise beteiligt gewesen ist (vgl. dazu die BFH-Urteile V 117/53 S vom 30. Oktober 1953, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 58 S. 196 - BFH 58, 196 -, BStBl III 1953, 366; V 156/61 U vom 20. März 1964, BFH 79, 166, BStBl III 1964, 291; V 236/60 vom 9. April 1964, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1964 S. 272, und V 29/63 U vom 15. Juni 1965, BFH 82, 698, BStBl III 1965, 498). Eine Anwendung dieser Grundsätze kann jedoch im vorliegenden Falle nicht zur Annahme einer einheitlichen Leistung führen.
Bei der Umsatzbesteuerung ist von den tatsächlichen Vorgängen auszugehen. In dem vorliegenden Fall hatte die Stpfl. die ölbrenner und ölleitungen beschafft, den öltank vermittelt und den ölbrenner an den Heizkessel und die Leitungen an den ölbrenner und den öltank angeschlossen. Weitere Vorgänge hat das FG nicht festgestellt. Es hat daraus, daß diese Vorgänge zusammengehören, geschlossen, daß der Inhalt der Leistung auf die Erstellung betriebsfertiger ölfeuerungsanlagen gerichtet und es dem Kunden darum zu tun gewesen sei, von der Stpfl. komplette Anlagen zu erhalten. Das FG hat dabei der Mitwirkung der Stpfl. an der Beschaffung der öltanks und der übernahme des Delkredere gegenüber den Lieferanten eine wesentliche Bedeutung beigemessen. Diese Feststellungen des FG tragen die Entscheidung nicht. Sie reichen nicht aus, wirtschaftlich eine einheitliche Leistung (Werklieferung) anzunehmen. Wie sich aus den oben genannten Urteilen ergibt, kann in Fällen, in denen der Unternehmer eine Reihe von Einzelleistungen erbringt, die auf ein einheitliches wirtschaftliches Ziel gerichtet sind, nur dann eine einheitliche Leistung angenommen werden, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, daß von den Beteiligten nicht eine Summe von Einzelleistungen, sondern in Wirklichkeit eine einheitliche Werklieferung gewollt war. Es müssen deshalb neben der äußeren Zusammengehörigkeit der Vorgänge noch gewichtige Beweisanzeichen vorliegen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung die Annahme einer einheitlichen Leistung (Werklieferung) rechtfertigen. Solche Beweisanzeichen hat das FG im vorliegenden Fall nicht festgestellt. Die Feststellungen des FG, daß die Stpfl. an der Beschaffung der öltanks mitgewirkt und das Delkredere übernommen hat, könnten für sich allein auch als Beweisanzeichen für das Vorliegen einer Vermittlungstätigkeit angesehen werden. Das wirtschaftliche Ziel, eine betriebsfertige Anlage zu erhalten, kann auch dadurch erreicht werden, daß die Kunden den Unternehmer beauftragen, die noch fehlenden Einzelleistungen zu erbringen.
Es spricht auch gegen die Annahme einer einheitlichen Werklieferung, daß es sich im vorliegenden Fall um die Erstellung einer Gesamtanlage handelt, von der ein wesentlicher Teil, nämlich der Kessel, von den Kunden ohne Mitwirkung der Stpfl. beschafft worden ist. Die Kunden haben den Teil der Anlage, an dessen Beschaffung die Stpfl. mitgewirkt hat, den öltank, auch selbst verlegen lassen, so daß er nur noch angeschlossen zu werden brauchte. Es hätte bei dieser Sachlage besonderer Beweisanzeichen bedurft, um eine einheitliche Leistung annehmen zu können.
Von den BFH-Urteilen V 156/61 U vom 30. März 1964 (a. a. O.) und V 29/63 U vom 15. Juni 1965 (a. a. O.), die ebenfalls die Erstellung von Anlagen zum Gegenstand haben, unterscheidet sich der vorliegende Fall vor allem im Sachverhalt. Die Vorinstanzen haben in diesen Fällen ausreichende tatsächliche Feststellungen getroffen, um eine einheitliche Leistung annehmen zu können, insbesondere war hier nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen davon auszugehen, daß vom Unternehmer die Erstellung einer betriebsfertigen Anlage übernommen worden war.
Die Vorentscheidungen waren hiernach aufzuheben.
Fundstellen
Haufe-Index 412247 |
BStBl III 1967, 38 |
BFHE 1967, 52 |
BFHE 87, 52 |