Leitsatz (amtlich)
1. Mit § 11 Abs. 2 Ziff. 2 BefStG wird im Werkfernverkehr der "Rücklauf" gebrauchter Packmittel zum Zielort begünstigt.
2. Beim "Rücklauf" liegt keine Beförderung "innerhalb eines Unternehmens" (nichtbegünstigte innerbetriebliche Umsätze) vor, wenn bei der Beförderung vom Abnehmer (Kunden) zurück zur Niederlassung der Hauptbetrieb des Unternehmens berührt wird.
Normenkette
BefStG § 11 Abs. 2 Ziff. 2
Tatbestand
Die Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige -- Stpfl. --) betreibt in A., wo sich auch der Standort aller firmeneigenen Kraftfahrzeuge befindet, einen Mineralbrunnen- und Biegroßhandel. Sie befördert mit eigenen Lastkraftwagen im Werkverkehr von ihrem gepachteten Mineralbrunnenabfüllbetrieb in B. den in Flaschen gefüllten Mineralbrunnen zu ihrem Großhandelsbetrieb in A. Von dort aus erfolgt die Auslieferung an die Abnehmer (Kunden) im Nahverkehr mit kleineren Fahrzeugen. Diese Fahrzeuge transportieren auch das von den Kunden zurückgegebene Leergut zurück nach A. Die von der Stpfl. eingesetzten Lastkraftwagen bringen das gesammelte Leergut (Flaschen und Kisten als Packmaterial) zurück zu dem Abfüllbetrieb nach B.
Das Finanzamt (FA) als Beförderungsteuerstelle der Oberfinanzdirektion (Revisionskläger) forderte im Anschluß an eine 1960 erfolgte Beförderungsteuerprüfung mit berichtigtem Beförderungsteuerbescheid für 1958 vom 24. Mai 1960 Beförderungsteuer in Höhe von 2 347,10 DM und mit endgültigem Beförderungsteuerbescheid 1959, ebenfalls vom 24. Mai 1960, Beförderungsteuer in Höhe von 5 092,29 DM nach; es lehnte die Anwendung des § 11 Abs. 2 Ziff. 2 BefStG (ermäßigter Steuersatz bei Beförderung gebrauchter Packmittel von 1 Pf je tkm) sowie des § 19 Abs. 3 Satz 3 BefStDV (Ansatz des halben wirklichen Gewichts) ab. Während der Einspruch hiergegen erfolglos blieb, hatte die Berufung Erfolg. Nach Auffassung der Vorinstanz (VJ) ist der Zweck des § 11 Abs. 2 Ziff. 2 BefStG und des § 19 Abs. 3 Satz 3 BefStDV, diejenigen Unternehmer beim Rücktransport der Packmittel steuerlich zu begünstigen, die ihre Waren in Packmitteln befördern müssen. Gehe man von dem Sinn der gesetzlichen Vorschriften aus, so könne der Ausdruck "zurück zum Unternehmer" in § 11 Abs. 2 Ziff. 2 BefStG nur bedeuten, "zurück zum Betrieb des Unternehmers, in dem die gebrauchten Packmittel vorher mit der Ware befüllt worden seien und auch wieder nach Rückkehr befüllt würden". Der "Rücklauf" des Leerguts vom Abnehmer zum Zielort, gleichgültig, ob vorher ein anderer Betriebsteil des Unternehmers berührt worden sei, solle steuerlich begünstigt sein. Das Umladen und die Tatsache, daß zwei verschiedene Beförderungsvorgänge (Fernverkehr und Nahverkehr) vorlägen, müsse als unschädlich angesehen werden, weil es nicht der Wille des Gesetzes sein könne, den Unternehmer zu einer unwirtschaftlichen Betriebsorganisation zu zwingen.
Das FA rügt mit der Revision Verletzung materiellen Rechts und trägt vor: Bei Rückbeförderung der Packmittel innerhalb desselben Unternehmens im Sinn des Umsatzsteuerrechts (§ 1 Abs. 3 BefStG), nämlich zwischen Hauptbetrieb und Niederlassung, könnten die Vorschriften des § 11 Abs. 2 Nr. 2 BefStG und des § 19 Abs. 3 BefStDV keine Anwendung finden. § 11 Abs. 2 Nr. 2 BefStG begünstige nur den Rücklauf entleerter Packmittel vom Kunden an den Vertragspartner aus einem Kauf-, Werklieferungs- oder ähnlichem Vertrag; der "Rücklauf" müsse auf diesem Vertrag mit der Nebenabrede über die Rückgabe der Packmittel beruhen, um begünstigt zu sein.
Entscheidungsgründe
Die erhobene Rüge ist nicht begründet. Die Revision führt jedoch aus einem anderem Grunde zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Die Rechtsausführungen entsprechen den Darlegungen in dem Urteil II 67/62 vom 19. Januar 1966 (BStBl 1966 III S. 238).
Im Streitfall würde die Rückführung des Leerguts auf den kleineren Fahrzeugen unmittelbar vom Kunden (Abnehmer) zum Zweigbetrieb in B. zweifelsohne als steuerbegünstigte Rückführung der gebrauchten Packmittel zu behandeln sein. Dann kann sich aber die organisationsmäßig bedingte Zusammenfassung des von den kleineren Fahrzeugen abgeladenen Leerguts auf den Zubringer-Lastkraftwagen nicht als steuerschädlich erweisen. Da der Gesetzgeber mit der Fassung "zurück zum Unternehmer" die Einheitlichkeit des Beförderungsvorgangs im "Vorlauf" und "Rücklauf" sicherstellen wollte, bleibt kein Raum für die Feststellung, daß im Streitfall der "Rücklauf" bei Zusammenfassung des Leerguts beim Hauptbetrieb in A. unterbrochen wäre. Hiernach kann im Streitfall die Vergünstigung gemäß § 11 Abs. 2 Ziff. 2 BefStG nicht versagt werden.
Die Sache unterliegt aus einem anderen Grund der Aufhebung.
Im Streitfall ist der Steuerberechnung nach dem Maßstab von tkm die Eisenbahntarifentfernung zugrunde gelegt worden. Nach der Grundsatzentscheidung des Senats II 141/60 S vom 11. November 1964 (BStBl 1965 III S. 62 f., Slg. Bd. 81 S. 171) ist jedoch für den Begriff des tkm bei der Besteuerung des nichtgenehmigten Güterfernverkehrs und des Werkfernverkehrs statt der Eisenbahntarifentfernung die tatsächlich gefahrene km-Strecke zugrunde zu legen. Bei der Auslegung des im Gesetz selbst nicht näher bestimmten, aber als Besteuerungsmaßstab verwendeten Begriffs tkm bietet sich nach dem allgemeinen dem Wortsinn folgenden Sprachgebrauch kein Anhaltspunkt dafür, der Besteuerung statt der tatsächlich gefahrenen km-Strecke auf der Straße die Eisenbahnentfernung zugrunde zu legen.
Die Sache geht dieserhalb zwecks erneuter Berechnung der Beförderungsteuer an das FG zurück.
Fundstellen
Haufe-Index 411942 |
BStBl III 1966, 240 |
BFHE 1966, 74 |