Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Durch die Verpachtung eines Gewerbebetriebs kann ein Geschäftswert konkretisiert werden, der bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens zu erfassen ist.
Normenkette
BewG §§ 54, 95, 66, 109
Tatbestand
Der Bg. erbte von seinem Vater einen Betrieb. Der Betrieb besteht aus einer Bäckerei und Konditorei sowie einem Gaststättenbetrieb. Der Betrieb wurde vom Vater des Bg. vor dem Kriege erworben. In der Anlage zur Gewerbesteuererklärung 1943, in der Vermögensaufstellung für das Betriebsvermögen auf den 1. Januar 1946 sowie in der Vermögensaufstellung zum 1. Januar 1947 wurde ein Firmenwert für das gesamte Unternehmen angegeben. In der DM-Eröffnungsbilanz (DMEB) zum 1. April 1949 und in der Vermögensaufstellung auf den 1. April 1949 wurde der Wert des Geschäftswerts mit nur noch 1/4 des früheren Wertes angegeben. Der Bg. verpachtete 1951 den Gaststättenbetrieb gegen einen monatlichen Pachtzins. In einem neuerlichen Pachtvertrag vom Oktober 1953 wurde folgende Vereinbarung getroffen:
"Der Pächter hat monatlich als Mietzins an den Verpächter ... DM zu zahlen. Der Pachtzins beträgt bis zu einem Bierverbrauch von monatlich 50 hl pro hl DM 10, von 50 bis 75 hl pro hl 7,50 DM, darüber DM 5 pro hl. Der Pächter verpflichtet sich, an die Lieferbrauerei pro hl DM 10 Aufgeld zu zahlen. Dieses Aufgeld wird mit dem Pachtzins monatlich verrechnet."
Das Finanzamt stellte den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1953 und auf den 1. Januar 1957 fest. Auf den 1. Januar 1956 schrieb das Finanzamt den Einheitswert antragsgemäß fort. Bei sämtlichen Bescheiden war der Geschäftswert für das gesamte Unternehmen erfaßt.
Auf Grund einer 1959 durchgeführten Betriebsprüfung stellte das Finanzamt den Einheitswert auf den 1. Januar 1955 durch Wertfortschreibung fest und hob gleichzeitig den Einheitswertfortschreibungsbescheid auf den 1. Januar 1956 ersatzlos auf. Weiterhin stellte das Finanzamt den Einheitswert auf den 1. Januar 1957 durch Berichtigungsbescheid gemäß § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO fest. Das Finanzamt erfaßte hierbei den Geschäftswert des verpachteten Gaststättenbetriebs mit einem weit höheren Betrag als dem bisherigen. Diesen Wert errechnete der Betriebsprüfer und das Finanzamt aus dem durchschnittlichen, der gezahlten Pacht zu entnehmenden Bierumsatz; im Betriebsprüfungsbericht ist hierzu ausgeführt, in der Praxis werde der Wert einer Gastwirtschaft nach dem durchschnittlichen Bierumsatz bemessen und es würden allgemein 1000 DM je hl Bier pro Monat zugrunde gelegt. Der Geschäftswert für die Geschäftseinrichtung und für die Bäckerei wurden ausgegliedert.
In der Sprungberufung wandte sich der Bg. nur noch gegen den vom Finanzamt angesetzten Betrag für den Geschäftswert. Die Berufung hatte Erfolg. Die Vorinstanz hielt den Ansatz eines Firmenwertes für die verpachtete Gastwirtschaft für unzulässig. Sie führte im wesentlichen aus: Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs könne bewertungsrechtlich ein Firmenwert nur dann erfaßt werden, wenn eine ausreichend objektive Bewertungsgrundlage vorhanden sei, z. B. ein Verkaufspreis. Entgegen dem Urteil des Reichsfinanzhofs III A 313/34 vom 25. Oktober 1934 (RStBl 1935 S. 25, Bd. 37 S. 28) und entgegen Abschn. 28 Abs. 2 VStR für den Vermögensteuer-Hauptveranlagungszeitraum 1953 (BStBl 1954 I S. 439) stelle aber der Pachtzins für eine gepachtete Gastwirtschaft keinen geeigneten Bewertungsmaßstab für eine Bewertung des Firmenwerts dar. Hierzu bedürfte es eines feststehenden Kapitalisierungsfaktors"; einen solchen gäbe es aber nicht. Auf die Dauer des Pachtvertrags könne nicht abgestellt werden, weil das offensichtlich zu reinen Zufallsergebnissen führen würde und weil die Vertragsparteien dann zur Vermeidung einer Firmenwertrealisierung eine möglichst kurze Vertragsdauer vereinbaren würden. Der Reichsfinanzhof habe in dem Urteil vom 25. Oktober 1934 (a. a. O.) nicht beachtet, daß die entscheidende Schwierigkeit bei der Firmenwertbewertung nicht in der Entscheidung über das Bestehen eines solchen Firmenwerts, sondern in der richtigen Wertbemessung liege. In dem Urteil fehle jede Begründung dafür, warum für die Bemessung des Firmenwerts der Kapitalisierungsfaktor 9 gewählt worden sei. Auch die im Streitfall vom Finanzamt vorgenommene Bewertung des Firmenwerts nach dem Bierumsatz sei unzulässig. Ob der Satz von 1.000 DM je hl Umsatz wirtschaftlich angemessen sei und ob nicht vielleicht die individuellen Verhältnisse berücksichtigt werden müßten, könne dahingestellt bleiben. Auch wenn dieser Satz wirtschaftlich vertretbar sein sollte, so wäre das Verfahren des Bf. nur dann zulässig, wenn der steuerliche Firmenwert bei Gastwirtschaften in allen Fällen nach einem Satz von 1.000 DM je hl Bierumsatz berechnet würde und wenn in anderen Branchen bei nicht derivativen Firmenwerten ein ähnliches Verfahren angewendet werden würde. Da dies aber nicht der Fall sei, verstoße die vorgenommene Bewertung gegen den Grundsatz der Gleichheit. Der Ansatz eines Firmenwerts bei einer Verpachtung führe auch bilanzsteuerrechtlich zu Schwierigkeiten, da bei einer Verpachtung weder handels- noch steuerrechtlich ein Gewinn realisiert worden sei; denn die Verpachtung schaffe keinen Vermögenszuwachs, sondern bestätige nur das (unstreitige) Vorliegen eines (originären) Firmenwerts.
Hiergegen wendet sich die Rb. unter Berufung auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs.
Der Bg. ist weiterhin der Auffassung, ein originärer Geschäftswert werde auch durch Betriebsverpachtung kein Wirtschaftsgut im Sinne des Steuerrechts. Er vertrat diesen Standpunkt auch in der mündlichen Verhandlung. Ein originärer Geschäftswert im engeren Sinne sei nicht bewertungsfähig, weil er nur zusammen mit dem Betriebe existieren könne. Damit fehle dem Geschäftswert die gesonderte Verwertungsmöglichkeit im Sinne des Urteils des Reichsfinanzhofs III A 84/28 vom 28. Februar 1930 (RStBl 1930 S. 287, Slg. Bd. 26 S. 285). Der Reichsfinanzhof habe es sonach für die bewertungsrechtliche Nichterfassung von Geschäftswerten als entscheidend angesehen, ob ein Wirtschaftsgut unabhängig vom Unternehmen veräußert werden könne. Die Entscheidung des Reichsfinanzhofs III A 313/34 vom 25. Oktober 1934 (a. a. O.) gehe deshalb fehl, wenn nur das Fehlen eines Bewertungsmaßstabs als Grund zur Außerachtlassung des Geschäftswerts angenommen werde. Die Entscheidung des Reichsfinanzhofs III 84/28 vom 28. Februar 1930 (a. a. O.) habe demgegenüber diesen Umstand lediglich nebenbei miterwähnt, um die rechtliche Begründung für eine Nichtbewertung auch praktisch zu stützen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz zur erneuten Entscheidung.
I. - Zum Betriebsvermögen gehören alle Teile einer wirtschaftlichen Einheit, die dem Betrieb eines Gewerbes als Hauptzweck dient, soweit die Wirtschaftsgüter dem Betriebsinhaber gehören (gewerblicher Betrieb). Nach dem Urteil des Großen Senats des Bundesfinanzhofs Gr. S. 1/63 S vom 13. November 1963 (BStBl 1964 III S. 124, Slg. Bd. 78 S. 315) bildet ein verpachtetes gewerbliches Unternehmen dann einen gewerblichen Betrieb des Verpächters im Sinne des § 54 BewG, wenn die wesentlichen Betriebsgegenstände (hier Inventar und Geschäftswert der Gaststätte) mitverpachtet sind und der Verpächter, wie im Streitfalle, keine Erklärung dahin abgegeben hat, daß der den Vorgang der Verpachtung als Betriebsaufgabe behandeln will.
Für die Bewertung des Betriebsvermögens gilt das Prinzip der Einzelbewertung (vgl. Gürsching-Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Anm. 1 zu § 66 BewG). Der Gesamtwert des gewerblichen Betriebes ist demgemäß die Summe der sich für die einzelnen Wirtschaftsgüter ergebenden Werte, vermindert um die Schulden und Rücklagen des Betriebes (ß 66 Abs. 4 BewG in der am Stichtag geltenden Fassung). Abgesehen von den in § 66 Abs. 2 und 3 BewG enthaltenen Ausnahmen sind die zu einem gewerblichen Betrieb gehörigen Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert anzusetzen.
Im vorliegenden Fall ist die Erfassung eines Geschäftswerts bei der Einheitsbewertung eines gewerblichen Betriebes streitig. Der Geschäftswert ist ein von den persönlichen Eigenschaften des Unternehmers losgelöster, dem Unternehmen als solchem innewohnender, im Geschäftsleben als Wirtschaftsgut anerkannter Wert, der mit dem Unternehmen veräußerlich und übertragbar ist; er ist also ein Wert, der dem Unternehmen als wirtschaftlich selbständigem Organismus anhaftet. Der Bg. bestreitet nicht, daß ein solcher Firmen- oder Geschäftswert besteht; im Berufungsverfahren bezifferte er sogar den hierfür bei einem Verkauf erzielbaren Wert. Auch die Vorinstanz hat das Vorliegen eines Geschäftswerts nicht verneint. Sowohl der Bg. wie auch die Vorinstanz halten aber die Erfassung dieses Geschäftswerts bei der Einheitswertfeststellung für unzulässig. Der Vorinstanz ist hierbei insoweit zuzustimmen, als sie es unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts I C 90/53 vom 15. Dezember 1953 (Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Bd. 1 S. 48) ablehnt, eine evtl. vorhandene Wirtschaftskonzession als Firmenwert zu behandeln. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist § 1 Abs. 2 des Gaststättengesetzes vom 28. April 1930 (RGBl I S. 146), wonach die Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft nur erteilt werden darf, wenn ein Bedürfnis nachgewiesen wird, mit Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) nicht vereinbar und somit nicht mehr anzuwenden. Die Wirtschaftskonzession stellt daher an den Stichtagen kein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut mehr dar. Das schließt aber nicht den Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts aus.
Zur bewertungsrechtlichen Erfassung von Geschäftswerten hat der Reichsfinanzhof in der oben genannten Entscheidung vom 28. Februar 1930 ausführlich Stellung genommen. In dieser Entscheidung hat der Reichsfinanzhof zunächst die Möglichkeit der Erfassung von immateriellen Werten bei der Einheitsbewertung und der Vermögensteuer bejaht. Er hat dies damit begründet, daß sowohl die volkswirtschaftliche Wert- und Preislehre die immateriellen Werte unter den Begriff des wirtschaftlichen Gutes subsumiere, als auch das Zivilrecht Immaterialgüter zu den Gegenständen rechne. Gleichzeitig verwies der Reichsfinanzhof aber auf die Gefahr, daß die Einzelbewertung der immateriellen Werte leicht zu willkürlichen Schätzungen führen könne, ausgenommen bei Werten, die bereits die Natur selbständiger Wirtschaftsgüter angenommen hätten (z. B. die früheren Apothekenrechte). Der Reichsfinanzhof hielt es deshalb für kaum möglich, den Geschäftswert als Summe der immateriellen Werte angemessen festzustellen. Eine bewertungsrechtliche Erfassung eines Geschäftswerts wurde deshalb vom Reichsfinanzhof nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen für zulässig erachtet. Diese Voraussetzungen sah der Reichsfinanzhof für immaterielle Werte und den Geschäftswert dann als gegeben an, wenn ihre Gegenstandseigenschaft ausnahmsweise durch eine entsprechend feste allgemeine Verkehrsauffassung anerkannt sei, oder wenn sie nach dem Jahre 1923 entgeltlich erworben, oder durch Aufwendungen als Wirtschaftsgüter anerkannt seien. In diesen Fällen hätten die Beteiligten den Geschäftswert oder ein einzelnes immaterielles Gut durch eine nach außen erkennbare Handlung selbst vergegenständlicht (konkretisiert). Als wirtschaftlich begründete Folge derartiger Umstände müsse es dann hingenommen werden, daß auch das Steuerrecht aus diesen Vorgängen die entsprechenden Schlüsse ziehe.
Zu Unrecht wendet der Bg. ein, der Reichsfinanzhof habe die immateriellen Wirtschaftsgüter und den Geschäftswert in bewertungsrechtlicher Hinsicht deshalb nicht erfassen wollen, weil diese Werte nicht unabhängig vom Unternehmen veräußert werden könnten, und habe das Fehlen eines Bewertungsmaßstabes nur nebenbei zur Stützung seiner Ansicht angeführt. Der Bg. verkennt dabei folgendes: In der Entscheidung vom 28. Februar 1930 (a. a. O.) hatte sich der Reichsfinanzhof mit der Frage der Gesamtbewertung zu befassen. Der Reichsfinanzhof hat deshalb geprüft, ob immaterielle Wirtschaftsgüter als "einzelne Gegenstände" im Sinne von § 31 Abs. 2 des Reichsbewertungsgesetzes vom 10. August 1925 (RGBl 1925 I S. 214) anzusehen seien. Der Reichsfinanzhof kam zur überzeugung, daß das Reichsbewertungsgesetz die Gesamtbewertung als solche für das Betriebsvermögen aufgegeben habe. Nach Ansicht des Reichsfinanzhofs ist es deshalb nicht gestattet, immaterielle Werte, die auf andere Weise nicht zu erfassen sind, auf dem Wege der Umlegung auf einzelne Gegenstände eines Betriebsvermögens voll zur Besteuerung heranzuziehen. Wegen der Bewertung der immateriellen Werte ist dann in der Entscheidung zunächst der Bescheid im Sinne von § 294 Abs. 2 AO wiedergegeben, der dem Urteil seinerzeit vorangegangen war. In diesem Bescheid (ß 294 Abs. 2 AO) war auch auf das bürgerliche Recht und auf die volkswirtschaftliche Wert- und Preislehre verwiesen worden. Diese Ausführungen im Bescheid hat der Reichsfinanzhof im Urteil übernommen. Das ergibt sich schon daraus, daß der Reichsfinanzhof im Urteil - ausgehend vom Grundsatz der Nichterfassung dieser Werte - nur noch die Einschränkungen dieser Nichterfassung behandelte; hierbei machte der Reichsfinanzhof die oben wiedergegebenen Ausführungen über die Konkretisierung dieser Werte durch Handlungen der Beteiligten. Weiterhin übersieht der Bg. in diesem Zusammenhang, daß der Reichsfinanzhof im Urteil unter Wiederholung der Gedankengänge vom Bescheid (ß 294 Abs. 2 AO) ausführt, bei immateriellen Werten würde eine "Bewertung vor der Realisierung zu willkürlicher und daher nicht verwertbarer Schätzung führen". In übereinstimmung mit dem Urteil des Reichsfinanzhofs vom 25. Oktober 1934 (a. a. O.) und im Anschluß an seine eigene Entscheidung III 65/62 U vom 27. Juli 1962 (BStBl 1962 III S. 436, Slg. Bd. 75 S. 460) ist daher der Senat der Ansicht, daß lediglich die Unmöglichkeit, ohne äußeren Anhalt den Geschäftswert zu bewerten, einer unterschiedslosen Anerkennung von dessen Eigenschaft als bewertbares Wirtschaftsgut im Sinne des BewG entgegensteht. Damit hat die Rechtsprechung dem rechtsstaatlichen Gedanken des Ausschlusses einer vagen Schätzung des Firmenwerts im Interesse des Steuerpflichtigen den Vorrang gegeben. Die Steuerbehörde soll außerstande sein, durch eine kaum kontrollierbare Schätzung die Bewertung des Betriebsvermögens eines Unternehmens zu erhöhen. Dies bedeutet, daß in allen Fällen, in denen eine kontrollierbare Wertfeststellung für einen Firmenwert durch Konkretisierung vorliegt, der Ansatz eines Firmenwerts zulässig und geboten ist. Es kann daher bewertungsrechtlich nicht auf die Form des Verkaufes oder der Verpachtung ankommen. Der Geschäftswert ist sonach auch dann zu erfassen, wenn er durch Verpachtung und Pachtzahlung als geldwerte Realität in Erscheinung getreten ist. Dies hat die Vorentscheidung verkannt. Sie ist daher aufzuheben.
II. - Bereits in der Entscheidung III 65/62 U (a. a. O.) hat der Senat ausgeführt, daß bei der Verpachtung ein Firmenwert in Erscheinung getreten und realisiert worden sein kann, wie bei Veräußerung durch Bezahlung des Firmenwerts, nur daß das eine Mal die Zahlung in einem Betrage (evtl. auch in Raten) und das andere Mal in Form laufender Vergütungen erfolgt. Eine etwaige sich daraus ergebende unterschiedliche Behandlung der eigenbewirtschafteten und der verpachteten Betriebe stellt hiernach keine unzulässige Ungleichmäßigkeit dar. Die gleiche Spanne besteht zwischen einem gegen Bezahlung des Firmenwerts veräußerten Betrieb und einem solchen, der nicht den Eigentümer gewechselt hat. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz und des Bg. kann bei der Verpachtung eines gewerblichen Betriebes auch eine ausreichende und nachprüfbare Bewertung des Geschäftswerts möglich sein.
Wenn der Bg. ausführt, bei Ansatz eines Firmenwerts infolge Verpachtung käme das absurde Ergebnis heraus, der Verpächter müsse bei geringeren Einnahmen einen höheren Einheitswert versteuern, so ist dieses Ergebnis nicht unlogisch. Denn der Verpächter ist nicht mehr aktiv tätig und erhält die Pacht ohne Arbeit für die von ihm früher geschaffenen Werte. Er hat diese also einschließlich des Firmenwerts realisiert mit der Folge der steuerlichen Erfassung. Dieser Wert bleibt auch bei Beendigung der Pacht dem Grunde nach bestehen.
Haben die Parteien ihrem Pachtvertrag einen ziffernmäßig benannten Geschäftswert zugrunde gelegt, so ist in der Regel in diesem Betrag als dem für die Einheitsbewertung maßgebenden Betrage auszugehen. Wenn nicht bei der Vertragsgestaltung ein Rechtsmißbrauch im Sinne von § 6 des Steueranpassungsgesetzes vorliegt, kann bei einem Pachtvertrag ebenso wie bei einem Kaufvertrag im allgemeinen davon ausgegangen werden, daß der von den Parteien vereinbarte Wert des Geschäftswerts dem Teilwert entspricht.
Im Streitfall haben die Parteien im Pachtvertrag keinen Wert für den Geschäftswert angesetzt. Der Teilwert des Inventars der Gaststätte wurde vom Betriebsprüfer geschätzt. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, ob mit diesem Betrage auch die geringwertigen Wirtschaftsgüter erfaßt sind. Dies ist noch aufzuklären. Werden von Vertragsparteien bei Pacht- oder Kaufverträgen Geldleistungen für einen Geschäftswert vereinbart, ohne daß die Höhe des Geschäftswerts offen ausgewiesen wird, so ist für die Einheitswertfeststellung der Wert des Geschäftswerts nach folgenden Grundsätzen zu ermitteln:
Zunächst ist zu prüfen, ob sich für die Berechnung des Firmenwerts in der Branche des verkauften bzw. verpachteten Betriebes bereits eine anerkannte Verkehrsübung gebildet hat. Im Streitfall haben die Prüfer und das Finanzamt den Firmenwert nach dem Bierumsatz eines Durchschnittsmonats bemessen. Damit ist der Prüfer bei der Geschäftswertbewertung von den Parteivereinbarungen ausgegangen, die es für die Höhe des Pachtzinses im Vertrag vom Oktober 1953 auf den monatlichen Bierumsatz abstellen. Die Ausführungen der Vorinstanz, das Finanzamt habe den Pachtzins nicht zur Gewinnung eines Maßstabes für die Bewertung des Geschäftswerts benutzt, verstößt somit gegen den klaren Inhalt der Akten. Die Vorinstanz hat nun zu prüfen, ob die Ermittlung des Geschäftswerts bei Gaststätten, die nach Art und Lage der des Bg. entsprechen, in der Weise, daß man pro hl Monatsumsatz an Bier 1.000 DM als Teilwert unterstellt, angemessen ist. Zweckmäßigerweise wird die Vorinstanz hierzu einen Sachverständigen hören.
Ergeben die neuerlichen Feststellungen, daß für die Ermittlung des Teilwerts des Geschäftswerts nach der vom Finanzamt angewandten Methode keine allgemeine Verkehrsübung besteht, so gilt folgendes: Die in Deutschland üblichen Ermittlungen des Firmenwerts werden als "indirekte Methoden" bezeichnet (vgl. Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 3. Aufl., Bd. II, Stichwort: "Firmenwert" unter Ziff. III). Diese Methode geht vom durchschnittlichen Erfolg einer möglichst großen Anzahl von Geschäftsjahren aus. Dieser, auch für die Zukunft als gesichert unterstellte Ertrag, wird kapitalisiert. Der Kapitalisierung wird eine Normalverzinsung an den jeweiligen Stichtagen zugrunde gelegt. Die Kapitalisierung führt zunächst zum "Gesamtwert" (Ertragswert) des Unternehmens. Zieht man von diesem sogenannten "Gesamtwert" das buchmäßige Betriebsvermögen ab, so erhält man einen rohen Geschäftswert. Dieser ist durch einen unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalls und der voraussichtlichen künftigen Entwicklung des Unternehmens festzulegenden Risikoabschlag zu berichtigen (vgl. Leissle in Steuer und Wirtschaft 1953 S. 642 (651)). Der so gefundene Wert ergibt sich im allgemeinen nach einem Abschlag in Höhe von 50 v. H. und wird als Teilwert des Geschäftswerts angesehen (vgl. wegen der Begründung des Abschlages: Hörstmann in Steuerberater-Jahrbuch 1962/1963 S. 147 (167)). Diese Berechnungsmethode hat der I. Senat in der Entscheidung I 229/59 U vom 11. Oktober 1960 (BStBl 1960 III S. 509, Slg. Bd. 71 S. 695) angewandt und als der übung im Wirtschaftsleben entsprechend bezeichnet. Auch der erkennende Senat hält diese Berechnungsart für die Teilwertermittlung im allgemeinen für geeignet. In übereinstimmung mit Rid (vgl. Deutsche Steuer-Zeitung, Ausgabe A, 1963 S. 182 ff., besonders 185) ist der Abschlag von 50 v. H. von dem über die Kapitalisierung ermittelten Wert auch dann anzuwenden, wenn ein Betrieb und damit der Geschäftswert nicht veräußert, sondern nur verpachtet wird. Bei dieser Wertermittlung kann für den Unternehmerlohn, der Teil des steuerlichen Gewinnes ist, kein Betrag abgesetzt werden. Ebenso ist es unerheblich, auf wie lange Zeit ein Pachtvertrag abgeschlossen wird.
Bei der erneuten Entscheidung hat die Vorentscheidung zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Berichtigung der Hauptfeststellung auf den 1. Januar 1957 nach § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO vorgelegen haben, nachdem dem Finanzamt die Tatsache der Verpachtung der Gaststätte und die Zahlung von Pachtentgelt bereits durch mehrere Betriebsprüfungen bekanntgeworden war.
Fundstellen
Haufe-Index 411556 |
BStBl III 1965, 248 |
BFHE 1965, 1 |
BFHE 82, 1 |