Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Anschaffung eines nach § 7 b EStG begünstigten Objekts
Leitsatz (NV)
1. Für die Qualifizierung eines Bauwerks als Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus oder als Eigentumswohnung i. S. v. § 7 b Abs. 1 EStG kommt es auf den Zustand des Objekts im Zeitpunkt der Anschaffung an. Auch die Absicht, eine Baulichkeit nach ihrer Anschaffung in einer bestimmten Weise zu nutzen, ist für den Anwendungsbereich des § 7 b EStG unerheblich (Anschluß an die ständige Rechtsprechung des BFH).
2. Von der Anschaffung einer Eigentumswohnung ist auch dann nicht auszugehen, wenn die Käufer eines Mietwohngrundstücks bereits vor der Übergabe aufgrund der von ihnen erworbenen Miteigentumsanteile Wohnungseigentum durch Vereinbarung gemäß § 3 WEG begründen.
3. Die vertragliche Einräumung von Sondereigentum nach § 3 WEG stellt keine Anschaffung i. S. v. § 7 b EStG dar (Anschluß an BFH-Urteil vom 22. Oktober 1985 IX R 47/82, BFH/NV 1986, 450).
Normenkette
EStG 1983 § 7b
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Sie beabsichtigten, Ende 1982 zusammen mit den Eheleuten X ein Mietwohngrundstück mit vier Wohnungen unter gleichzeitiger Teilung in zwei Eigentumswohnungen zu erwerben. Die Eigentümer des Hauses erteilten am 23. November 1982 den Eheleuten X eine schriftliche Vollmacht, alle Rechtsgeschäfte und Handlungen vorzunehmen, die im Zusammenhang mit der von dort beabsichtigten Aufteilung in Wohnungseigentum stehen. Auf den entsprechenden für die Veräußerer gestellten Antrag erteilte die Bauaufsichtsbehörde am 15. Dezember 1982 die Abgeschlossenheitsbescheinigung für zwei Wohneinheiten mit je einer Einliegerwohnung. Am 30. Dezember 1982 verkauften die bisherigen Eigentümer das Grundstück an die Kläger zu einem Miteigentumsanteil von . . . - je zur Hälfte - und an die Eheleute X zu einem Miteigentumsanteil von . . . - je zur Hälfte -. Der Kaufpreis für das gesamte Grundstück betrug . . . DM, für dessen Zahlung die Käufer als Gesamtschuldner haften sollten. Das Grundstück sollte mit Wirkung vom 1. März 1983 übergeben werden; gleichzeitig sollten Gefahr und Abgaben, Lasten und Nutzungen auf die Käufer übergehen. In einem weiteren notariellen Vertrag vom 30. Dezember 1982 vereinbarten die Erwerber, die Kläger und die Eheleute X, die Einräumung von Sondereigentum an den einzelnen Wohnungen gemäß § 3 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). Aufgrund der am 3. März 1983 bei ihm eingegangenen notariellen Verträge vom 30. Dezember 1982 trug das Grundbuchamt am 8. März 1983 die Kläger in das Wohnungsgrundbuch ein.
Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (1983) begehrten die Kläger erhöhte Absetzungen für die Eigentumswohnung gemäß § 7 b des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte dies mit der Begründung ab, sie hätten Miteigentumsanteile an einem Mietwohngrundstück, nicht aber eine Eigentumswohnung erworben. Das FA berücksichtigte lediglich Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 4 EStG.
Mit ihrer Klage verfolgten die Kläger nach erfolglosem Einspruch ihr Begehren weiter. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es sprach den Klägern erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG zu.
Das FA rügt mit seiner vom FG zugelassenen Revision Verletzung des § 7 b EStG.
Während des Revisionsverfahrens hat das FA einen hinsichtlich der Grund- und Kinderfreibeträge vorläufigen Änderungsbescheid erlassen, den die Kläger gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gemacht haben.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Das FG hat den Klägern rechtsfehlerhaft erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG i. d. F. des Streitjahres (EStG 1983) für eine Eigentumswohnung zuerkannt.
Für die Qualifizierung des erworbenen Objekts als Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus oder Eigentumswohnung kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteile vom 30. April 1985 IX R 49/84, BFHE 144, 36, BStBl II 1985, 513; vom 26. Januar 1988 IX R 142/83, BFH/NV 1988, 431; vom 13. März 1990 IX R 179/88, BFH/NV 1991, 24) auf den Zustand des Objekts im Zeitpunkt der Anschaffung an; denn von diesem Zeitpunkt an beginnt der achtjährige Begünstigungszeitraum für erhöhte Absetzungen zu laufen. Für den Anwendungsbereich des § 7 b EStG ist die Absicht, eine Baulichkeit nach ihrer Anschaffung in einer bestimmten Weise zu nutzen, unerheblich. Auch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum nach § 3 WEG stellt nach der Senatsentscheidung vom 22. Oktober 1985 IX R 47/82 (BFH/NV 1986, 450, 451) keine Anschaffung i. S. v. § 7 b EStG dar.
Eine Ausnahme von den vorstehenden Grundsätzen hat der erkennende Senat für den Fall der Anschaffung nur gemacht, wenn bereits der Veräußerer die Schaffung eines begünstigten Objekts zugesagt und der Erwerbsvorgang sich hierauf gerichtet hatte (Urteile in BFH/NV 1986, 450, und BFH/NV 1988, 431).
Die Voraussetzungen für eine solche Ausnahme liegen im Streitfall nicht vor. Die Kläger schafften Miteigentumsanteile an einem Mietwohngrundstück, nicht jedoch eine nach § 7 b EStG begünstigte Eigentumswohnung an.
Die Veräußerer verpflichteten sich in dem Kaufvertrag vom 30. Dezember 1982 gegenüber den Klägern und den Eheleuten X, ihnen das Mietwohngrundstück zu Miteigentum zu übertragen. In dem Vertrag ist nicht die Rede von der Veräußerung von Eigentumswohnungen. Dafür, daß die Kläger und die Eheleute X ein Mietwohngrundstück zu Miteigentum erworben hatten, spricht auch der Umstand, daß die Verkäufer den einheitlichen Kaufpreis für das Mietwohngrundstück von jedem Käufer als Gesamtschuldner fordern konnten. Die Käufer waren zudem aufgrund des Kaufvertrags in ihrer Entscheidung frei, Eigentumswohnungen zu bilden oder das Mietwohngrundstück in der bisherigen Weise zu nutzen. Sie waren weder rechtlich noch wirtschaftlich gebunden, die Teilungserklärung abzugeben.
Erst die Käufer begründeten aufgrund der von ihnen erworbenen Miteigentumsanteile Wohnungseigentum durch Vereinba rung gemäß § 3 WEG. Die Verkäufer wirkten daran nicht mit.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der den Eheleuten X erteilten schriftlichen Vollmacht vom 23. November 1982. Sie berechtigte lediglich zu solchen Rechtsgeschäften und Handlungen, die mit der von den Erwerbern beabsichtigten vertraglichen Einräumung von Sondereigentum zusammenhingen. Der Senat kann unerörtert lassen, ob die Käufer darüber hinaus auch befugt waren, Wohnungseigentum für die Verkäufer zu begründen. Sie machten von der schriftlichen Vollmacht insoweit jedenfalls keinen Gebrauch. Sie gaben die Teilungserklärung nicht im Namen der Verkäufer, sondern im eigenen Namen ab. Mit der Eintragung der Kläger in das Wohnungsgrundbuch wurde keine Verpflichtung der Verkäufer zur Lieferung einer Eigentumswohnung erfüllt, sondern die Einigung der Erwerber über die Beschränkung ihrer Miteigentumsanteile i. S. des § 3 WEG vollzogen.
Fundstellen
Haufe-Index 418008 |
BFH/NV 1992, 236 |