Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen für eine Jagd, die weder mit dem Betrieb einer Land- und Forstwirtschaft in Zusammenhang steht noch einem Gewerbebetrieb ausschließlich dient, zählen zu den Ausgaben für die private Lebensführung.
Normenkette
EStG § 12 Nr. 1, § 4/4
Tatbestand
Die Beschwerdegegnerin (Bgin.), eine KG, an der X. und seine Ehefrau als Komplementäre, drei Söhne als Kommanditisten beteiligt sind, betreibt eine Steinzeugfabrik. Die Gesellschaft pachtete im Oktober 1952 eine Jagd in A. und errichtete dort 1953 ein Jagdhaus. Sie behandelte dieses als Betriebsvermögen und setzte die 1953 entstandenen Jagdunkosten (Pacht, Steuern, Aufwendungen für geringwertige Anlagegüter, Lohn für Jagdaufseher) in Höhe von 11.000 DM als Betriebsausgaben ab. Bei der Veranlagung für 1953 wurden die gesamten Jagdaufwendungen den privaten Entnahmen des Gesellschafters X. zugerechnet.
In der Sprungberufung gegen die einheitliche Gewinnfeststellung 1953 machte die Bgin. geltend, daß die Jagdpacht in A. ausschließlich dem Geschäftsbetrieb der KG (für Verhandlungen mit den Abnehmern der Firma und zur Erholung der Vertreter und der eigenen leitenden Angestellten) diene. Es handle sich um eine moderne Werbungsmaßnahme; die Aufwendungen seien Betriebsausgaben. Der Gesellschafter X. sei zwar Jäger, unterhalte aber für seine Zwecke seit Jahren eine Privatjagd.
Das Finanzgericht hat der Berufung stattgegeben. § 12 Ziff. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei so aufzufassen, daß Aufwendungen, die wirklich als Lebenshaltungskosten gemacht worden sind, auch dann vom Abzug ausgeschlossen sein sollen, wenn sie zugleich dem Beruf oder der sonstigen Tätigkeit des Steuerpflichtigen dienen. Die genannte Bestimmung stehe aber nicht der Anerkennung solcher Aufwendungen entgegen, die ausschließlich durch den Betrieb veranlaßt worden sind. Ob der eine oder der andere Fall vorliegt, sei nach den Verhältnissen des Einzelfalles zu beurteilen. Im Streitfall seien die Voraussetzungen für die Anerkennung der Jagdaufwendungen als Betriebsausgaben gegeben. Der Gesellschafter X. sei zwar Jäger, unterhalte aber für seine Zwecke eine gleichwertige Privatjagd. Er habe im Jagdgebiet A. nur die Aufsicht ausgeübt und wenige Abschüsse nur zur Erfüllung des Abschlußplanes vorgenommen. Die Kommanditisten hätten nur an den Gemeinschaftsjagden, und zwar nur aus betrieblichen Gründen, teilgenommen. Außer den Geschäftsfreunden seien gelegentlich Behördenvertreter zugezogen worden. Es seien demnach für die Jagdpachtung in A. Rücksichten der persönlichen Lebensführung auch nicht zum Teil maßgebend gewesen.
In der Rechtsbeschwerde vertritt der Vorsteher des Finanzamts die Auffassung, daß Aufwendungen für eine Jagd, die weder mit dem Betrieb einer Land- und Forstwirtschaft in Verbindung steht noch gewerblich ausgeübt wird, stets zu den Ausgaben der privaten Lebensführung zu rechnen seien. Der Reichsfinanzhof habe in seinem Urteil vom 11. März 1942, Reichssteuerblatt 1942 S. 682, ausgesprochen, daß Aufwendungen für eine nicht gewerblich ausgeübte Jagd keine Betriebsausgaben seien, weil bei ihnen der Gesichtspunkt der Lebensführung überwiege und eine einwandfreie Trennung der Aufwendungen in Betriebsausgaben und Kosten der Lebensführung auch nicht schätzungsweise möglich sei. Aus den Vernehmungen gehe einwandfrei hervor, daß die Jagd in A. auch privat genutzt werde (Kontrollgänge und Abschuß von zwei Hirschen und einigen Böcken durch den Gesellschafter X.). Daß der Gesellschafter X. nur in Erfüllung des Abschußplanes geschossen haben solle, sei für die Beurteilung ohne Bedeutung. Die Firma habe im Streitjahr von den Jagdauslagen 2.000 DM, das sind 20 v. H., den Privatentnahmen hinzugerechnet. X. habe mit seiner Familie das Jagdhaus als Erholungsort genutzt. Auch das sei eine erhebliche private Nutzung.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts ist begründet.
Zwar ist der Auffassung des Finanzgerichts zuzustimmen, daß die Vorschrift des § 12 Ziff. 1 Satz 2 EStG die Fälle nicht treffen will, in denen Aufwendungen, die an sich solche der Lebensführung sein können, ausschließlich betrieblichen und beruflichen Zwecken dienen. Unbeschadet dieser Auffassung hält der Senat aber an dem von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsatz fest, daß Aufwendungen für eine Jagd, die weder mit dem Betrieb einer Land- und Forstwirtschaft in Zusammenhang steht (ß 13 Abs. 1 Ziff. 4 EStG) noch gewerblich (z. B. in Verbindung mit Wildhandel) ausgeübt wird, stets zu den Ausgaben für die private Lebensführung zählen (Urteil des Reichsfinanzhofs VI 3/42 vom 11. März 1942, Reichssteuerblatt 1942 S. 682). Denn die Lebenserfahrung lehrt, daß kein Steuerpflichtiger - von den obengenannten Fällen des sachlichen Zusammenhangs mit Land- und Forstwirtschaft und Gewerbe abgesehen - sich eine Jagd hält, ohne daß Erwägungen aus der Sphäre der Lebensführung dabei eine wesentliche Rolle spielen. Es handelt sich in diesen Fällen der Jagdausübung stets um nichtabzugsfähige Ausgaben der privaten Lebensführung, auch wenn dabei Rücksichten auf die wirtschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen und die Förderung seines Berufs mitgespielt haben (ß 12 Ziff. 1 EStG). In diesen Fällen vermischen sich berufliche und private Interessen in einer Weise, daß eine Trennung nicht möglich ist. Es sind die Vorschriften des § 12 Ziff. 1 EStG anzuwenden (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 638/55 U vom 8. November 1956, Slg. Bd. 64 S. 222, Bundessteuerblatt 1957 III S. 86).
Auch die Einzelheiten des vorliegenden Streitfalles konnten nicht zu einer abweichenden Auffassung führen. Der Gesellschafter X. hat im Rahmen der Gästejagd selbst Wild geschossen, er hat Kontrollgänge in weitem Ausmaß selbst durchgeführt. Das Finanzgericht glaubt, die Annahme eines privaten jagdlichen Interesses mit der Notwendigkeit der Erfüllung des Abschußplanes und der Zweckmäßigkeit der persönlichen überwachung der Jagd durch den erfahrenen Jagdherrn widerlegen zu können. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Durch die vorgebrachten Gründe mag glaubhaft gemacht sein, daß die persönliche jagdliche Tätigkeit des Gesellschafters X. auch betrieblich zweckmäßig war, sie läßt aber nicht erkennen, daß ein privates Jagdinteresse des Genannten nicht bestand. Auch die Tatsache, daß X. noch eine andere Jagd (Privatjagd) besaß, vermag die Beurteilung nicht zu ändern; denn die Rechtsprechung hat eine starke Vermutung ("in aller Regel") des privaten Jagdinteresses sogar für Fälle ausgesprochen, in denen der Jagdinhaber selbst überhaupt nicht Jäger ist (Urteil vom 8. November 1956, siehe oben).
Die Tatbestandswürdigung durch das Finanzgericht ist, da sie sich nicht in dem von der Rechtsprechung zur Anwendung des § 12 Ziff. 1 EStG gezogenen Rahmen gehalten hat, als rechtsirrig anzusehen.
Die Vorentscheidung war hiernach aufzuheben (§§ 288, 296, der Reichsabgabenordnung).
Fundstellen
Haufe-Index 408930 |
BStBl III 1958, 27 |
BFHE 1958, 63 |
BFHE 66, 63 |