Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Erstaufforstungskosten, die ein Nichtforstwirt im Anschluß an den Erwerb von Grund und Boden ( z. B. von ödland, Ackerland und Kahlschlag ) zur Begründung eines forstwirtschaftlichen Betriebs aufwendet, dürfen nicht als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt werden.
EStG 1955/57 § 4 Abs. 3 und 4, § 6 Abs. 1 Ziff. 2 Satz 1, § 13; Verordnung über landwirtschaftliche
Normenkette
EStG § 4/3, § 4/4, § 6/1/2/1, § 13; LandwBuchfVO 2/2/2/2
Tatbestand
Streitig ist, ob Erstaufforstungskosten, die im Anschluß an den Erwerb von Grund und Boden durch einen Nichtforstwirt aufgewendet wurden, als Betriebsausgaben sofort abgezogen werden können.
Der Bf., der mit seiner Ehefrau in den Streitjahren antragsgemäß zusammen veranlagt wurde, ist an mehreren Gesellschaften, die sich mit der Errichtung von Wohn- und Geschäftshäusern und deren Vermietung und Veräußerung befassen, beteiligt. Er ist außerdem Eigentümer zahlreicher bebauter, vermieteter Grundstücke.
In den Jahren 1954 bis 1958 erwarb die Ehefrau des Bf. vier Parzellen in einer Größe von insgesamt 18,29 ha zu einem Kaufpreis von 66 433,47 DM. Die 1954 gekaufte Fläche bestand je zur Hälfte aus ödland und Kahlschlag. Die übrigen Flächen waren Ackerland. Nach ihrem Erwerb wurde eine Dauerpflanzung von Kiefern, Fichten und Lärchen angelegt. Hierdurch entstand ein einheitlicher forstwirtschaftlicher Betrieb. Die Kosten der Erstaufforstung betrugen insgesamt 18 917,42 DM, wobei auf das Jahr 1956 2 957,15 DM und auf 1957 4 967,75 DM entfielen. Für die Drahtumzäunung der vier Waldparzellen fielen insgesamt 7 817,52 DM an, wovon im Jahre 1956 3 440,85 DM und im Jahre 1957 2 707,25 DM aufgewendet wurden. Außerdem entstand in den Jahren 1954 bis 1958 bei den durch Kaninchenfraß zerstörten Flächen ein Nachaufforstungsaufwand von insgesamt 13 676 DM, von dem auf 1956 1 483 DM und auf 1957 2 430 DM entfielen. Ein Bestandsvergleich wurde nicht vorgenommen.
Die gesamten Kosten glich der Bf. als Verlust aus Land- und Forstwirtschaft im Jahre 1956 in Höhe von 7 881 DM und im Jahre 1957 in Höhe von 10 105 DM mit seinen übrigen Einkünften aus. Das Finanzamt erkannte nur die Nachaufforstungskosten als Betriebsausgaben an; im übrigen vertrat es den Standpunkt, daß die Erstaufforstungskosten einschließlich der Umzäunung zu aktivieren seien.
Die Sprungberufung hatte zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht sah die Umzäunung als abschreibungsfähige Anlage an und ließ unter Zugrundelegung einer fünfjährigen Nutzungsdauer eine Absetzung für Abnutzung von 688 DM für 1956 und von 1 228 DM ( 688 DM + 540 DM ) für 1957 zu. Den Abzug der Erstaufforstungskosten als Betriebsausgaben versagte es. Das Gericht führte im wesentlichen aus:
Grundsätzlich seien besondere Anlagen auf dem Grund und Boden, die nicht unter die reinen Bodenverbesserungskosten fallen, zu aktivieren. Mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse in der Forstwirtschaft sei der Forstwirt jedoch nicht verpflichtet, reine Erstaufforstungskosten geringfügigen Umfangs zu aktivieren. Handle es sich - wie im Streitfall - aber um beachtliche Aufwendungen, die zu einer nicht unbedeutenden Werterhöhung des Forstbetriebs geführt hätten, so seien diese zu aktivieren. Das ganze Aufforstungsprogramm sei dabei in seiner Gesamtheit zu betrachten. Zur Erstaufforstung gehörten auch die Drahtzäune, da sie lediglich dazu dienten, die Pflanzen in den ersten fünf Jahren gegen Wildverbiß zu schützen. Die Flächen, die zu 90 v. H. aus öd- und Ackerland bestünden, seien zur Erstaufforstung gekauft worden. Durch die Aufforstung der zu verschiedenen Zeiten gekauften Flächen seien diese miteinander verbunden worden und sei erst daraus ein forstwirtschaftlicher Betrieb entstanden. In einem solchen Falle seien die Kultivierungs- und reinen Erstaufforstungskosten Betriebsanschaffungskosten. § 2 Abs. 2 Ziff. 2 Satz 2 der Verordnung über landwirtschaftliche Buchführung vom 5. Juli 1935 (RStBl 1935 S. 955) finde keine Anwendung.
Mit der Rb. begehrt der Bf., die gesamten Aufwendungen als abzugsfähige Betriebsausgaben anzuerkennen. Er ist der Ansicht, daß § 34 b EStG einer Aktivierung der Erstaufforstungskosten entgegenstehe. Die Kosten der Erstaufforstung seien steuerlich wie Wiederaufforstungskosten zu behandeln.
Der Bundesminister der Finanzen ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rb. dem Verfahren beigetreten. Er hat zu den Rechtsfragen den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gehört. Bezüglich der Stellungnahmen der Bundesminister wird auf das Urteil des Senats IV 268/59 S. vom 19. Dezember 1962 (BStBl 1963 III S. 357) hingewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Der Senat hat in der Entscheidung IV 268/59 S ausgesprochen, daß der buchführende Forstwirt Erstaufforstungs- und Waldanschaffungskosten grundsätzlich aktivieren muß. Einen Abzug von Erstaufforstungskosten als Betriebsausgaben hat der Senat nur dann zugelassen, wenn sie in einem bereits bestehenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb anfallen ( z. B. wenn ein Land- und Forstwirt bisher anderweitig genutzte Betriebsflächen erstmalig aufforstet) und unter Berücksichtigung des gesamten Aufforstungsprogramms nicht zu einer erheblichen Vermehrung des Waldbestandes führen. Der Senat hat seinen Standpunkt in dieser Entscheidung eingehend begründet. Auf sie wird Bezug genommen. Die grundsätzlichen Ausführungen gelten auch - mit der nachstehenden Einschränkung - für den hier vorliegenden Streitfall. Dieser unterscheidet sich von der im Urteil IV 268/59 S entschiedenen Sache jedoch insoweit, als hier ein Nichtforstwirt zeitlich aufeinanderfolgend Grund und Boden erwarb und diesen im Anschluß an den Erwerb erstaufforstete. Die Erstaufforstungskosten fielen nicht innerhalb eines bestehenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebs an, sondern wurden zur Begründung eines forstwirtschaftlichen Betriebs aufgewendet. Wenn aber ein Nichtforstwirt ödland, Ackerland und kahlgeschlagene Flächen nach Erwerb in einem derartigen Ausmaß aufforstet, dann kann dieser Tatbestand wirtschaftlich und steuerlich nur mit der Waldanschaffung selbst verglichen werden. Es erscheint im steuerlichen Ergebnis nicht gerechtfertigt, Maßnahmen, die ein Nichtforstwirt zur Bildung von unter Umständen erheblichem Vermögen trifft, mit Maßnahmen eines Land- und Forstwirts gleichzubehandeln, der, veranlaßt durch sein Wirtschaftsprogramm, innerhalb seines forstwirtschaftlichen Betriebs bisher anderweitig genutzte Flächen erstaufforstet. Der Senat ist der Ansicht, daß Erstaufforstungskosten in einem Fall der hier vorliegenden Art grundsätzlich und ohne Ausnahme nicht als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt werden können.
Das Finanzgericht betrachtete die Aufwendungen für die Erstaufforstung daher mit Recht als Betriebsanschaffungskosten. Es legte zutreffend dar, daß § 2 Absatz 2 Ziff. 2 Satz 2 der Verordnung über landwirtschaftliche Buchführung vom 5. Juli 1935 nicht zur Anwendung komme. Auch auf § 34 b EStG kann sich der Bf. nicht berufen. Der Senat hat in der angeführten Entscheidung IV 268/59 S dargetan, warum aus § 34 b EStG die sofortige Abzugsfähigkeit von Erstaufforstungs- bzw. Waldanschaffungskosten als Betriebsausgaben nicht begründet werden kann. Erstaufforstungskosten und Waldanschaffungskosten sind außerdem in aller Regel im Gegensatz zum Holzzuwachs leicht feststellbar, weil die aufgewendeten Kosten im Zeitpunkt der Erstaufforstung bzw. des Walderwerbs der Höhe nach feststehen.
Finanzamt und Finanzgericht erkannten weiterhin mit Recht die sogenannten Nachaufforstungskosten als abzugsfähige Betriebsausgaben an. Die Nachaufforstungskosten, die bereits innerhalb des bestehenden forstwirtschaftlichen Betriebs anfielen, sind steuerlich ebenso wie Wiederaufforstungskosten als laufender Aufwand zu betrachten. Auf die Entscheidung des Senats IV 268/59 S und die dort angeführte Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs wird hingewiesen.
Ebenso wird der Vorinstanz in übereinstimmung mit dem Bundesminister der Finanzen darin beigetreten, daß die Aufwendungen für die Drahtumzäunungen, die begrifflich nicht zu den sogenannten reinen Erstaufforstungskosten gehören, als bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs VI 719/38 vom 4. Januar 1939, RStBl 1939 S. 297) auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu verteilen sind. Das ergibt sich auch aus § 76 EStDV 1956/57 und der Anlage 1 Ziff. 16 hierzu, wo Kulturzäune als besondere Anlagen, auf die unter bestimmten, im Streitfall jedoch nicht gegebenen Voraussetzungen besondere Absetzungen für Abnutzungen vorgenommen werden können, aufgeführt sind.
Fundstellen
Haufe-Index 410709 |
BStBl III 1963, 361 |
BFHE 1964, 119 |
BFHE 77, 119 |
DB 1963, 1024 |
DStR 1962/63, 520 |