Leitsatz (amtlich)
Die Ehefrau eines selbständigen Handelsvertreters, der im Güterstand der Gütergemeinschaft lebt, ist im Regeifall nicht schon deshalb Mitunternehmerin des vom Ehemann betriebenen gewerblichen Unternehmens, weil der Ehemann einige Räume eines zum Gesamtgut gehörenden Grundstücks zu Bürozwecken nutzt.
Normenkette
EStG § 15 Nr. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) lebte im Streitjahr 1968 mit seiner inzwischen von ihm geschiedenen Ehefrau, der Beigeladenen, im Güterstand der Gütergemeinschaft. Nach dem Ehevertrag aus dem Jahre 1944 war er alleiniger Verwalter des Gesamtgutes der Gütergemeinschaft. Der Kläger betrieb eine unter seinem Namen im Handelsregister eingetragene Handelsvertretung. Nach dem Handelsvertretervertrag war es ihm nicht gestattet, die Handelsvertretung in der Rechtsform einer Gesellschaft zu betreiben. Bis zum Oktober 1968 nutzte er ein zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft gehörendes Hausgrundstück zu 17 v. H. für Zwecke seines Gewerbebetriebes. Die eigenbetriebliche Nutzung endete mit der Verlegung der Handelsvertretung in gemietete Räume.
Im Anschluß an eine im Jahre 1972 durchgeführte Betriebsprüfung stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 1968 einheitlich und gesondert fest. Er vertrat die Auffassung, die Beigeladene sei Mitunternehmerin der Handelsvertretung. Wegen der Verlegung des Gewerbebetriebes in fremdgemietete Räume sei der zuvor eigenbetrieblich genutzte Teil des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden und damit ein Entnahmegewinn angefallen. In die Berechnung des Entnahmegewinns bezog das FA den auf die beigeladene entfallenden Anteil des betrieblich genutzten Teils des Grundstücks ein. Die Höhe des für den betrieblich genutzten Grundstücksteils ermittelten Teilwertes ist unstreitig.
Mit der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage begehrte der Kläger die ersatzlose Aufhebung des Gewinnfeststellungsbescheides 1968, da die Beigeladene nicht Mitunternehmerin der Handelsvertretung gewesen sei.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 1976 S. 335 (EFG 1976, 335) veröffentlichten Urteil ab. Es war der Auffassung, der Gewerbebetrieb des Klägers gehöre zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft. Daher sei die Beigeladene nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) als Mitunternehmerin anzusehen.
Mit der vom FG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Er ist der Auffassung, die Vorentscheidung widerspreche der Entscheidung des BFH vom 7. Oktober 1976 IV R 50/72 (BFHE 121, 21, BStBl II 1977, 201).
Das FA tritt der Revision mit den Gründen der Vorentscheidung entgegen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, der Einspruchsentscheidung und des Gewinnfeststellungsbescheides 1968.
1. Entgegen der Auffassung des FG und des FA war der Kläger Alleinunternehmer des in Frage stehenden Gewerbebetriebes. Daher durfte eine einheitliche Gewinnfeststellung nicht durchgeführt werden.
Der Senat hat durch das Urteil in BFHE 121, 21, BStBl II 1977, 201 in Anlehnung an das zur Frage der Mitunternehmerschaft zwischen Ehegatten im Falle der Gütergemeinschaft ergangene grundlegende Gutachten des BFH vom 18. Februar 1959 VI D 1/58 S (BFHE 69, 5, BStBl III 1959, 263) entschieden, daß die Ehefrau eines selbständigen Handelsvertreters im Regelfall auch dann nicht Mitunternehmerin des vom Ehemann betriebenen gewerblichen Unternehmens ist, wenn das gewerbliche Betriebsvermögen zum ehelichen Gesamtgut der Errungenschaftsgemeinschaft gehört. Die in dieser Entscheidung entwickelten Grundsätze sind nicht auf die Beurteilung einer zwischen Ehegatten bestehenden Errungenschaftsgemeinschaft beschränkt. Sie gelten ebenso zur Beantwortung der Frage, ob der Güterstand der Gütergemeinschaft die Ehegatten zu Mitunternehmern eines zum Gesamtgut gehörenden Gewerbebetriebes verbindet. Der Senat war bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, daß sämtliche dem Gewerbebetrieb dienenden Sachen nicht Alleineigentum des das Gewerbe nach außenhin betreibenden Ehegatten, sondern Gesamthandseigentum beider Ehegatten waren. Entscheidend für die Ablehnung der Mitunternehmerschaft war für den Senat die Überlegung, daß bei einem selbständigen Handelsvertreter regelmäßig ähnlich wie bei einem Arbeitnehmer die Quelle, aus der die Einkünfte fließen, nicht das dem Gewerbebetrieb dienende Kapital ist, daß vielmehr die Höhe des Gewinns im Regelfall von der persönlichen Leistung des Handelsvertreters bestimmt wird. Von diesem Regelfall ist allerdings dann nicht auszugehen, wenn sich ausnahmsweise der Kapitaleinsatz für die Ertragskraft der Handelsvertretung als wesentlich darstellt. Diese Beurteilung ist nach der weiteren Entscheidung des BFH vom 22. Juni 1977 I R 185/75 (BFHE 123, 136, BStBl II 1977, 836) nicht auf Handelsvertreter beschränkt. Sie kann unter bestimmten Voraussetzungen auch für einen Handwerksbetrieb gelten; eine Ausnahme soll hier allerdings gelten wenn der Handwerksbetrieb auf einem zum Gesamtgut gehörenden Grundstück betrieben wird.
2. Hiernach kommt es für die Entscheidung der vorliegend zu beurteilenden Streitfrage darauf an, ob die persönliche Arbeitsleistung des das Gewerbe handelsrechtlich allein betreibenden Klägers entscheidend im Vordergrund steht oder ob dem im Gewerbebetrieb eingesetzten Betriebskapital für die Ertragskraft des Unternehmens eine ins Gewicht fallende Bedeutung zukommt. Dabei ist davon auszugehen, daß bei einer Handelsvertretung dem Grundstück, in dem sich die Büroräume befinden, im allgemeinen keine ins Gewicht fallende Bedeutung zukommt, anders als etwa bei einem Handwerksbetrieb, dessen Ertragskraft oft wesentlich von der Lage und Ausstattung der Betriebsräume abhängt. Deshalb sagt auch die Höhe des Teilwertes eines betrieblich genutzten Grundstücksteils im allgemeinen nichts darüber aus, ob sich dieser Kapitaleinsatz für die Ertragskraft der Handelsvertretung als wesentlich darstellt.
Im Streitfall hat der Kläger einige Räume des zum Gesamtgut gehörenden Hausgrundstücks lediglich als Büroräume für seine Handelsvertretung genutzt. Sowohl die nach der Wegverlegung der Handelsvertretung in fremde Räume aufgewandten geringen Mieten als auch die verhältnismäßig geringen Personalkosten zeigen, daß der Kläger die erheblichen Gewinne entscheidend aufgrund seiner persönlichen Leistung erzielt hat. Unter diesen Umständen stellt sich der in der betrieblichen Nutzung eines Teils des zum Gesamtgut gehörenden Hausgrundstücks liegende Kapitaleinsatz für die Ertragskraft des Unternehmens des Klägers als nicht wesentlich dar.
Für den Streitfall folgt daraus, daß die Ehefrau des Klägers nicht Mitunternehmerin war und daß daher auch keine einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung durchzuführen war.
Fundstellen
Haufe-Index 73606 |
BStBl II 1980, 634 |
BFHE 1981, 26 |