Leitsatz (amtlich)
Hebt der Arbeitnehmer-Ehegatte vom betrieblichen Bankkonto des Arbeitgeber-Ehegatten monatlich einen größeren Geldbetrag ab und teilt er ihn erst selbst in das benötigte Haushaltsgeld und den ihm zustehenden monatlichen Arbeitslohn auf, ist den Anforderungen an den Vollzug des Arbeitsvertrages durch eine regelmäßige und erkennbare Gehaltszahlung nicht genügt.
Orientierungssatz
Ob der Arbeitnehmer-Ehegatte die Verfügungsmacht über den ihm gebührenden Arbeitslohn wirklich erlangt hat, setzt die vorgreifliche Feststellung voraus, daß ein entsprechender Zahlungswille des Arbeitgeber-Ehegatten vorhanden war, daß dieser Zahlungswille erkennbar realisiert wurde und daß ein dementsprechender Gehaltszahlungsvorgang identifizierbar ist. Die Gehaltszahlung muß mithin in einer Form und in einer Weise erfolgen, daß kein Zweifel an ihrem Charakter und an ihrer Bestimmung aufkommen kann (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist ein freiberuflicher Zahnarzt, der seinen Gewinn nach § 4 Abs.3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt. In den Streitjahren 1975 bis 1977 wurde er antragsgemäß mit seiner Ehefrau gemäß § 26b EStG veranlagt. Anläßlich einer Außenprüfung im Jahre 1980 stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) fest, daß der Kläger im Journal Gehaltszahlungen an seine Ehefrau in Gestalt einer Bankausgabe verbucht hatte, und zwar im Jahre 1975 mit dem Betrag von 4 200 DM (*= 12 x 350 DM), im Jahre 1976 mit dem Betrag von 4 612,50 DM (*= 1 x 350 DM + 11 x 387,50 DM) und im Jahre 1977 mit dem Betrag von 4 770 DM (*= 6 x 370 DM + 6 x 425 DM). Diesen Buchungen entsprechende Bankbewegungen waren jedoch auf dem von dem Kläger unterhaltenen Girokonto nicht ersichtlich. Da das FA daraufhin das Bestehen eines Ehegatten- Arbeitsverhältnisses in Zweifel zog, wurde vom Kläger ein vom 10.Januar 1976 datierender Arbeitsvertrag vorgelegt, demzufolge zwischen ihm und seiner Ehefrau seit dem 1.Januar 1974 ein Arbeitsverhältnis bestehe. Die Ehefrau ist nach diesem Vertrage als Büroaushilfe gegen eine monatliche Vergütung von 250 DM angestellt. Zur Auszahlung dieser Vergütung an seine Ehefrau hat der Kläger vorgetragen, seine Ehefrau habe aufgrund erteilter Bankvollmacht über seine Bankkonten verfügen können. Gegen Ende des Monats habe sie jeweils einen Barscheck auf das Girokonto gezogen, und zwar in Höhe eines Betrages, mit dem laufende private und betriebliche Verpflichtungen hätten abgedeckt werden können. Den abgehobenen Gesamtbetrag habe seine Ehefrau je nach Verwendungszweck auf verschiedene Tütchen verteilt. So habe sie auch ihre Arbeitsvergütung abgesondert und den Erhalt auf einer für sie geführten Lohnkarte quittiert. Die Gehälter der übrigen Angestellten seien zu diesem Zeitpunkt ebenfalls ausgezahlt worden, und zwar in Gestalt von Barschecks.
Das FA hat die auf diese Weise an die Ehefrau gelangten Beträge nicht als Betriebsausgabe anerkannt und den Gewinn entsprechend erhöht. Nach Auffassung des FA ist der geschlossene Arbeitsvertrag nicht ernsthaft vollzogen worden, weil die streitigen Beträge nicht eindeutig in den Vermögensbereich des Arbeitnehmer- Ehegatten gelangt seien. Das Finanzgericht (FG) hat der hiergegen gerichteten Klage mit der Begründung stattgegeben, der Arbeitslohn sei bei der durchgeführten Abwicklung seitens der Ehefrau in deren alleinige Verfügungsmacht gelangt.
Das FA beantragt mit der hiergegen erhobenen Revision, das FG- Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Verträge zwischen nahen Angehörigen einkommensteuerrechtlich nur dann zu berücksichtigen, wenn sie nach Inhalt und tatsächlicher Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen und insbesondere, soweit sie inhaltlich einem Fremdvergleich standhalten, auch diesem Vertragsinhalt gemäß vollzogen werden (vgl. zuletzt Urteile vom 7.Mai 1987 IV R 73/85, BFH/NV 1987, 765, und vom 13.November 1986 IV R 322/84, BFHE 148, 168, BStBl II 1987, 121). Denn nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, daß die vereinbarten Leistungen tatsächlich dem betrieblichen und nicht --z.B. als Unterhaltsleistungen-- dem privaten Bereich (§ 12 Nrn.1 und 2 EStG) zuzurechnen sind. Diese Grundsätze gelten insbesondere auch für Arbeitsverhältnisse zwischen den einander unterhaltsverpflichteten Ehegatten (Urteil des erkennenden Senats vom 20.Oktober 1983 IV R 116/83, BFHE 140, 190, BStBl II 1984, 298). Sie sind vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mehrfach gebilligt worden (vgl. Beschlüsse vom 20.November 1984 1 BvR 1406/84, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1985, 283, Steuerrechtsprechung in Karteiform --StRK--, Einkommensteuergesetz 1975, § 15 Abs.1 Nr.2, FamPersGes, Rechtsspruch 8, und vom 27.März 1985 1 BvR 1415/84, HFR 1987, 92, StRK, Einkommensteuergesetz 1975, § 4 Abs.4, Rechtsspruch 45).
2. Entgegen der Auffassung des FG und der Revision kommt es für den Streitfall nicht darauf an, welche Anforderungen an den Vollzug des Arbeitsvertrages zwischen Ehegatten gestellt werden müssen, um einen Abfluß des Arbeitslohns aus dem Vermögensbereich des Arbeitgeber-Ehegatten und einen dementsprechenden Zufluß im Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten bejahen zu können (vgl. zuletzt Vorlagebeschluß des VIII.Senats des BFH vom 22.März 1988 VIII R 289/84, BFHE 153, 401, BStBl II 1988, 880). Ob der Arbeitnehmer-Ehegatte die nach der ständigen Rechtsprechung erforderliche Verfügungsmacht über den ihm gebührenden Arbeitslohn wirklich erlangt hat, setzt nämlich die vorgreifliche Feststellung voraus, daß ein entsprechender Zahlungswille des Arbeitgeber-Ehegatten vorhanden war, daß dieser Zahlungswille erkennbar realisiert wurde und daß ein dementsprechender Gehaltszahlungsvorgang identifizierbar ist. Die Gehaltszahlung muß mithin in einer Form und in einer Weise erfolgen, daß kein Zweifel an ihrem Charakter und an ihrer Bestimmung aufkommen kann. Dies entspricht auch den Gepflogenheiten, wie sie bei Zahlungen an Dritte allgemein üblich sind. Für die Anerkennung einer Zahlung als Arbeitslohn ist demgemäß erforderlich, daß sie nach der tatsächlichen Durchführung in einer eindeutigen, vernünftige Zweifel ausschließenden Weise als Lohnzahlung von vornherein erkennbar ist (vgl. Senatsurteil vom 16.Juni 1977 IV R 72/73, nicht veröffentlicht --NV--). Dazu bedarf es objektiver, nach außen in Erscheinung tretender Merkmale, die beim Vollzug des Vertrages und damit im Zeitpunkt der Zahlung gegeben sein müssen und damit eine Vermischung der betrieblichen Sphäre mit der privaten Sphäre der ehelichen Lebensgemeinschaft ausschließen (vgl. Senatsurteil vom 18.Juli 1974 IV R 12/71, NV).
3. Die monatlichen Barabhebungen durch die Ehefrau des Klägers, die nach ihrer Darstellung auf Mitabhebung des auf sie entfallenden Arbeitslohns gerichtet waren, genügen den Anforderungen an die notwendige Konkretisierung der Gehaltszahlung an einen Arbeitnehmer-Ehegatten nicht. Nach der Darstellung der Ehefrau, der das FG in seiner Entscheidung gefolgt ist, war mit dem Ehemann die Gehaltszahlung per Barscheck vereinbart worden, eine auch mit den übrigen Angestellten vereinbarte und durchgeführte Zahlungsweise. Diese Form der Gehaltszahlung, die einer Barauszahlung gleichzustellen wäre, ist in den Streitjahren jedoch nicht gewählt worden. Vielmehr hat die Klägerin Beträge von beispielsweise 1 700 DM oder 3 500 DM zum Monatsende abgehoben, die nach Darstellung des Klägers zur Bestreitung privater und betrieblicher Verpflichtungen bestimmt waren. Selbst wenn man davon ausgeht, daß der Kläger seine Ehefrau bevollmächtigt hatte, die Zahlung der ihr zustehenden Arbeitsvergütung an sich selbst vorzunehmen, kann an der Abhebung eines größeren Geldbetrages nicht abgelesen werden, daß die Ehefrau damit von der ihr erteilten Vollmacht der Auszahlung des Gehalts an sich selbst auch Gebrauch gemacht hat. Vielmehr sind Umfang und Zeitpunkt eines Geldabflusses aus betrieblicher Veranlassung vom betrieblichen Bankkonto des Klägers dann nicht auszumachen, wenn sich der Geldbetrag betragsmäßig nicht mit einem betrieblichen Anlaß korrelieren läßt, sondern darüber hinaus auch zur Bestreitung des privaten Lebensaufwandes bestimmt ist. Daraus folgt aber, daß die Klägerin mangels jeglicher Kennzeichnung der Bankabhebung als betrieblichen Vorgang, aber in der unbestrittenen Absicht, mit dem Geldbetrag die private Lebensführung zu bestreiten, eine Privatentnahme getätigt hat. Daß die Klägerin einen Teilbetrag für eigene persönliche Ausgaben beiseitegelegt hat, widerspricht dem nicht, sondern hält sich im Rahmen des Üblichen. Im Hinblick auf den notwendigen Fremdvergleich ist ergänzend zu bemerken, daß der Arbeitgeber einem mit Bankvollmacht ausgestatteten fremden Arbeitnehmer nicht gestatten würde, die Gehaltszahlung mit anderen Zahlungsvorgängen, seien sie betrieblicher oder privater Art, zu vermengen, weil ihm sonst jeglicher Zahlungsnachweis verlorenginge. Bei dieser Sachlage ist den Anforderungen an Form und Nachweis einer Gehaltszahlung nicht genügt. Da das FG dies verkannt hat, war sein Urteil aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Aus den vorgenannten Gründen ist die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 62626 |
BFH/NV 1989, 32 |
BStBl II 1989, 655 |
BFHE 157, 115 |
BFHE 1990, 115 |
BB 1989, 1737-1738 (LT1) |
DB 1989, 1600 (ST) |
DStR 1989, 469 (K) |
HFR 1989, 537 (LT) |