Leitsatz (amtlich)
Die Hingabe einer Eßgarnitur (Gabeln, Messer und Teller) durch eine Sparkasse an ihre Bediensteten anläßlich einer Weihnachtsfeier ist keine steuerfreie Annehmlichkeit.
Normenkette
LStR 1972 Abschn. 11 Abs. 1; LStDV 1971 § 3 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Stadt- und Kreissparkasse, schenkte anläßlich der Weihnachtsfeier 1972 jedem ihrer 60 Arbeitnehmer eine Garnitur Steak-Besteck, bestehend aus zwei Gabeln, zwei Messern und zwei Holztellern. Sie hatte diese Garnituren zu je 49,50 DM eingekauft. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) folgte der Ansicht des Lohnsteueraußenprüfers, der in diesen Geschenken steuerpflichtigen Arbeitslohn erblickt hatte. Das FA erließ am 30. November 1973 einen Lohnsteuerhaftungsbescheid gegen die Klägerin, in dem es die Zuwendungen mit einem Wert von jeweils 48,90 DM nach § 35 b LStDV mit einem geschätzten Nettosteuersatz von 35 % der Lohnsteuer unterwarf.
Das FA setzte in der Einspruchsentscheidung vom 30. April 1974 den Steuersatz für die Sachzuwendungen auf 30 % herab.
Das FG wies die Klage ab. Es führte aus, unter den steuerlichen Begriff des Arbeitslohnes fielen auch Sachgeschenke, die mit Rücksicht auf ein bestehendes Arbeitsverhältnis gewährt würden. Steuerfrei seien nur Aufwendungen des Arbeitgebers zugunsten des Arbeitnehmers, die sich beim Arbeitnehmer nicht als geldwerte Güter niederschlügen und die diesem keinen konkret faßbaren und quantifizierbaren Vorteil brächten, die ihn also augenscheinlich nicht bereicherten. Sie brächten dem Arbeitnehmer nur "Annehmlichkeiten". Im Streitfall hätten die den Arbeitnehmern geschenkten Besteckgarnituren einen meßbaren Wert. Der Großeinkaufspreis der Besteckgarnituren habe bei knapp 50 DM je Stück gelegen und ihr Einzelverkaufspreis müsse mit mindestens 60 DM angesetzt werden. Durch die Zuwendung der Bestecke seien die Arbeitnehmer mithin der Höhe nach faßbar bereichert worden. Die Klägerin könne sich zur Stützung ihrer Ansicht nicht auf Abschn. 11 LStR 1972 berufen. Wie sich aus dem Zusammenhang dieser Verwaltungsanweisungen ergebe, sollten nur die Aufwendungen im Rahmen und zur Durchführung von Betriebsveranstaltungen lohnsteuerfrei sein, also insbesondere die üblichen Aufwendungen für Verzehr. Ob im Streitfall überhaupt von einer Betriebsveranstaltung gesprochen werden könne, da nach den Angaben der Klägerin lediglich eine Ansprache gehalten und anschließend Geschenke verteilt worden seien, könne dahingestellt bleiben. Die verteilten Geschenke könnten jedenfalls nicht als "üblich" angesehen werden. Würde man Geschenke irgendwelcher Art aus Anlaß einer Weihnachtsfeier freistellen, so erhielten die Arbeitnehmer im Ergebnis neben dem allgemeinen, auch im Streitfall schon berücksichtigten Freibetrag von 100 DM nach § 6 Nr. 12 LStDV 1971 noch einen zusätzlichen Freibetrag. Das widerspreche erkennbar der Absicht des Gesetzgebers.
Die Klägerin rügt mit der Revision, das FG habe zu Unrecht in Zweifel gezogen, ob die von ihr veranstaltete Weihnachtsfeier 1972 eine Betriebsveranstaltung i. S. des Abschn. 11 Abs. 1 LStR gewesen sei.
Eine Weihnachtsfeier der Sparkasse mit Ansprache des Vorstandes (Vorstandsvorsitzender und Vorstandsmitglieder) sei eine Betriebsveranstaltung, auch wenn dabei mangels entsprechender Vorrichtungen keine Speisen und Getränke verabreicht worden seien. Das Anbieten von Speisen und Getränken sei nicht die wesentliche Grundlage einer Betriebsfeier oder Betriebsveranstaltung. Bei Weihnachtsfeiern sei es nach der Verkehrssitte üblich, Weihnachtspäckchen zu verteilen. Es sei weder aus Abschn. 11 Abs. 1 LStR 1972 noch aus § 35 a Abs. 1 Nr. 2 LStDV 1971 zu entnehmen, daß unter den Begriff der Sachzuwendungen nur Gegenstände des Verzehrs fielen. Sie hätte an Stelle der Besteckgarnitur auch eine Zierkerze oder eine Flasche Cognac im selben Wert übergeben können. Das FG habe bezüglich des Wertes der Sachzuwendungen den Sachverhalt nicht genügend erforscht. Aus der von ihr in der mündlichen Verhandlung übergebenen Fotokopie der Einkaufsrechnung ergäben sich keine Anhaltspunkte, daß der dort angegebene Preis ein Großhandelspreis sei. Zu dem vom FG angenommenen Einzelverkaufspreis von 60 DM und zum Vorliegen eines Großhandelspreises von ca. 50 DM sei sie nicht gehört worden. Es sei ihr daher nicht möglich gewesen, einen entsprechenden Gegenbeweis anzutreten. Sie lege der Revisionsbegründung eine Bestätigung der Verkaufsfirma bei, daß es sich damals um einen Einzelhandelspreis gehandelt habe.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung sowie den Haftungsbescheid des FA und die Einspruchsentscheidung aufzuheben, hilfsweise, die Lohnsteuer mit 20 % aus 2 934 DM (= 586,80 DM + 8 % Kirchensteuer) gemäß § 35 a Abs. 1 Nr. 2 LStDV 1971 zu berechnen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Der erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung anerkannt, daß Sachzuwendungen der Arbeitgeber bei Betriebsveranstaltungen als Annehmlichkeiten insoweit nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehören, als es sich um Zuwendungen von geringem Wert handelt, die bei Betriebsveranstaltungen üblich sind (vgl. z. B. Urteile vom 7. Juli 1961 VI 176/60 S, BFHE 73, 485, BStBl III 1961, 443; vom 26. August 1966 VI 248/65, BFHE 86, 783, BStBl III 1966, 659, und vom 3. August 1973 VI R 82/70, BFHE 110, 267, BStBl II 1973, 831). Der Senat hat diese Grundsätze nochmals in dem Urteil vom 5. März 1976 VI R 76/73 (BFHE 118, 434, BStBl II 1976, 392) bestätigt. Diese Rechtsprechung hat ihren Niederschlag in Abschn. 11 LStR 1972 gefunden. Nach Abschn. 11 Abs. 1 Satz 2 LStR 1972 ist ein geringer Wert im allgemeinen anzunehmen, wenn der Wert der bei der einzelnen Veranstaltung gewährten Sachzuwendungen 50 DM für den Arbeitnehmer nicht übersteigt. Der Senat hat keine Bedenken, diese Verwaltungsanweisung als zutreffende Auslegung des Gesetzes zu werten.
Es kann im Streitfall dahingestellt bleiben, ob die von der Klägerin veranstaltete Feier anläßlich des Weihnachtsfestes mit der Ansprache ihres Vorstandes eine Betriebsveranstaltung im obigen Sinne war. Es kann auch unerörtert bleiben, ob der Wert der den Arbeitnehmern bei der Weihnachtsfeier überreichten Garnitur Steak-Besteck, bestehend aus zwei Gabeln, zwei Messern und zwei Holztellern, nach den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes (§ 3 Abs. 1 Satz 2 LStDV 1971) mehr als 50 DM je Arbeitnehmer betrug. Die Revision ist jedenfalls deshalb unbegründet, weil diese Steak-Garnitur nicht als eine Sachzuwendung anzusehen ist, die bei einer Weihnachtsfeier üblich ist.
Es entspricht der Verkehrssitte, bei betrieblichen Weihnachtsfeiern Weihnachtspäckchen an die Arbeitnehmer zu verteilen. Hiervon gehen auch die Verwaltungsanweisungen in Abschn. 11 Abs. 1 Satz 1 LStR 1972 im Anschluß an die Rechtsprechung des Senats aus. Als steuerfreie Annehmlichkeit kann jedoch nicht die Entgegennahme eines jeden Weihnachtspäckchens angesehen werden. Würde man jegliche Art von Weihnachtspäckchen als steuerfreie Annehmlichkeit ansehen, soweit ihr Wert 50 DM je Arbeitnehmer nicht übersteigt, so würde man den steuerfreien Weihnachtsfreibetrag von 100 DM nach § 3 Nr. 17 EStG 1971, § 6 Nr. 12 LStDV 1971 um einen weiteren Freibetrag anläßlich des Weihnachtsfestes erhöhen. Das entspricht gemäß den zutreffenden Ausführungen des FG jedoch nicht der erkennbaren Absicht des Gesetz- und Verordnungsgebers.
Der Senat tritt der Ansicht des FA darin bei, daß als "übliche" Zuwendungen anläßlich des Weihnachtsfestes im allgemeinen die in einem Weihnachtspäckchen enthaltenen Nahrungs- und Genußmittel und sonstigen Gegenstände ohne bleibenden Wert anzusehen sind. Darüber hinaus kann wohl auch die Hingabe von mit dem Weihnachtsfest zusammenhängenden Artikeln als "übliche" Sachzuwendung angesehen werden. Der Senat hat im übrigen im Urteil VI R 76/73 die Zuwendung von Gegenständen des täglichen Bedarfs, die im Betrieb selbst hergestellt werden (im dortigen Streitfall war es Wäsche), als übliches Weihnachtsgeschenk angesehen. Es kann im Streitfall dahingestellt bleiben, ob dieser Grundsatz in gleicher Weise auch für die Zuwendung von Gegenständen gilt, die vom Unternehmen vertrieben werden. Sollte man auch dies als steuerfrei ansehen, so ist damit jedenfalls die Grenze zwischen der steuerfreien Annehmlichkeit und steuerpflichtigen Sachzuwendung i. S. des § 3 Abs. 1 LStDV 1971 aufgezeigt. Die Zuwendung von Gegenständen an Arbeitnehmer, die über diesen Rahmen hinausgehen, kann nicht mehr als "übliche" Sachzuwendung anläßlich des Weihnachtsfestes behandelt werden.
Das FA hat somit im Ergebnis zu Recht den Wert der von der Klägerin, einer Stadt- und Kreissparkasse, ihren Arbeitnehmern geschenkten Steak-Bestecke der Lohnsteuer unterworfen. Es hat in der Einspruchsentscheidung die hierauf entfallende Lohnsteuer gemäß § 35 b LStDV nach einem Pauschsteuersatz von 30 % und einem Wert pro Päckchen von 48,90 DM berechnet. Es kann dahingestellt bleiben, ob das FA nicht von einem höheren Wert des Päckchens hätte ausgehen müssen; denn der Ansatz eines höheren Wertes würde nur zu einer im finanzgerichtlichen Verfahren unzulässigen Verböserung zu Lasten der Klägerin führen.
Dem von der Klägerin im Revisionsverfahren gestellten Hilfsantrag, die Lohnsteuer gemäß § 35 a Abs. 1 Nr. 2 LStDV 1971 nach einem Lohnsteuersatz von 20 % zu berechnen, kann vom Senat nicht stattgegeben werden. Die Pauschbesteuerung nach § 35 a Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 LStDV 1971 ist von einem entsprechenden Antrag des Arbeitgebers abhängig. Die Klägerin hat einen solchen Antrag weder im Lohnsteuerhaftungsverfahren noch im Einspruchs- oder Klageverfahren gestellt. Ihr erstmals im Revisionsverfahren gestellter Antrag muß unberücksichtigt bleiben, da der Senat als Revisionsinstanz nur zu prüfen hat, ob das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruht (vgl. § 118 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 71900 |
BStBl II 1976, 548 |
BFHE 1977, 70 |