Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Eine einheitliche, in 24 Monatsraten zu tilgende Schuld für die Anschaffung von Kraftfahrzeugen eines Güterfernverkehrsunternehmens kann nicht in eine die ersten 12 Monate umfassende kurzfristige und eine die restlichen 12 Monate umfassende Dauerschuld aufgeteilt werden.
Die Dauer einer Schuld im Sinne der Ziff. 1 ergibt sich aus ihrer durchschnittlichen Laufzeit. Diese wird durch das arithmetische Mittel aus der Summe der Tilgungsraten bestimmt.
Normenkette
GewStG § 8 Ziff. 1, § 12 Abs. 2 Ziff. 1
Tatbestand
Streitig ist für die Erhebungszeiträume 1957 und 1958 die gewerbesteuerliche Behandlung von Krediten zum Fahrzeugerwerb als Dauerschulden nach § 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG und der damit zusammenhängenden Kreditzinsen als Dauerschuldzinsen nach § 8 Ziff. 1 GewStG.
Der Steuerpflichtige betreibt ein Güterfernverkehrsunternehmen. Das Finanzamt setzte unter Berücksichtigung einer während des Einspruchsverfahrens durchgeführten Betriebsprüfung im Einspruchsbescheid die Gewerbesteuermeßbeträge 1957 und 1958 in der Weise fest, daß es in 24 Monatsraten zu tilgende Kredite für mehrere LKW und LKW-Anhänger als Dauerschulden behandelte.
Die dagegen eingelegte Berufung hatte zum Teil Erfolg. Die Vorinstanz begründete ihre Entscheidung wie folgt: Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs I 63/60 S vom 2. Mai 1961 (BStBl 1961 III S. 537, Slg. Bd. 73 S. 744) liege in der Regel keine Dauerschuld vor, wenn die durchschnittliche Laufzeit eines in gleichen Monatsraten zu tilgenden Kredits unter 12 Monaten bleibe. Das Zeitmoment trete dann an Bedeutung zurück, wenn der Kredit der Finanzierung laufender Unternehmensgeschäfte diene. Anders sei es jedoch bezüglich der Anschaffung von Gegenständen als Anlagevermögen, um die es sich hier handele. Kreditaufnahmen für solche Zwecke führten bei überschreitung einer Laufzeit von 12 Monaten zu Dauerschulden. Bei Krediten in schwankender Höhe sei von dem Mindestkredit in dem Erhebungszeitraum auszugehen. Etwas anderes könne für Kredite gelten, die mit gleichbleibenden Raten zurückzuzahlen seien. Soweit der Kredit durch die ersten 12 Monatsraten getilgt werde, habe er insoweit nicht über 12 Monate hinaus bestanden und sei daher auch keine Dauerschuld. Wenn auch die gesamte Schuld eine Einheit bilde und nicht in eine Dauerschuld und eine Nichtdauerschuld aufzuteilen sei, so könne doch diese einheitliche Schuld im Gegensatz zu der vom Bundesfinanzhof vertretenen Rechtsauffassung nur insoweit eine Dauerschuld darstellen, als sie dem kreditnehmenden Betrieb länger als 12 Monate diene. Jede andere Betrachtungsweise sei wirtschaftlich ungerechtfertigt und würde zu unterschiedlicher Besteuerung von Krediten mit gleichbleibenden Teilzahlungen gegenüber Krediten in wechselnder Höhe führen. Auf dieser Grundlage ließ die Vorinstanz bei den Krediten des Steuerpflichtigen jeweils die ersten 12 Monatsraten und die hierauf entfallenden Zinsen bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung außer Ansatz.
Mit der dagegen erhobenen Rechtsbeschwerde (Rb.) machte der Vorsteher des Finanzamts folgendes geltend: Eine einheitliche Schuld könne nicht in eine laufende Verbindlichkeit und eine Dauerschuld zerlegt werden, weil es auf die durch die gesamte Schuld bewirkte, nicht nur vorübergehende Verstärkung des Betriebskapitals ankomme. Diese Eigenschaft werde durch die mehr als 12 Monate umfassende Laufzeit eines derartigen Kredits hergestellt, der dadurch in voller Höhe zu einer Dauerschuld werde. Die abweichende Behandlung von Kontokorrentkrediten in schwankender Höhe sei in dem unterschiedlichen Charakter derartiger Schuldverhältnisse begründet.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Der erkennende Senat hat im Urteil I 366/62 U vom 13. April 1965, BStBl 1965 III S. 416, in dem ähnlichen Fall eines Personenbeförderungsunternehmens mit Omnibusbetrieb ebenfalls gewerbesteuerliche Dauerschulden und Dauerschuldzinsen angenommen.
Als Dauerschuldzinsen sind nach § 8 Ziff. 1 GewStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen die Zinsen für Schulden, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs (Teilbetriebs) oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängen oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen, soweit diese Zinsen bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt sind. Die Hinzurechnung nach § 8 Ziff. 1 GewStG bezweckt, den objektiven Gewerbeertrag zu erfassen, losgelöst von der individuellen Besonderheit, ob der Unternehmer mit eigenem oder mit fremdem Kapital arbeitet. Ihr entspricht für die Besteuerung des Gewerbekapitals die Hinzurechnung nach § 12 Abs. 2 Ziff. 1 in Verbindung mit § 8 Ziff. 1 GewStG. Das Wesen der Dauerschulden wird durch die nicht nur vorübergehende Verstärkung des Betriebskapitals bestimmt. Daher sind auch Zinsen für Schulden, die wirtschaftlich mit der Gründung, dem Erwerb, der Erweiterung oder - wie hier - der Verbesserung des Betriebs zusammenhängen, nicht nach § 8 Ziff. 1 GewStG dem gewerblichen Gewinn hinzuzurechnen, wenn die Kredite das Betriebskapital nur vorübergehend verstärkt haben. Jedoch weisen die vorgenannten Beispiele des Gesetzes auf das Bestehen einer Dauerschuld hin. Eine solche ist zu vermuten, wenn der Kredit der Beschaffung von Anlagevermögen dient (Urteil des Bundesfinanzhofs I 137/58 U vom 18. August 1959, BStBl 1959 III S. 430, Slg. Bd. 69 S. 453). Im gewöhnlichen Geschäftsverkehr eines Unternehmens entstehende laufende Verbindlichkeiten können nur durch eine längere Laufzeit zu Dauerschulden werden, weil sich erst dadurch ergibt, daß sie entgegen ihrem ursprünglichen Zweck nicht mehr unmittelbar mit dem laufenden Geschäftsverkehr zusammenhängen (Urteil des Bundesfinanzhofs I 197/57 S vom 11. August 1959, BStBl 1959 III S. 428, Slg. Bd. 69 S. 447).
Ob eine Dauerschuld vorliegt, bestimmt sich demnach in erster Linie nach dem Charakter der Schuld. Laufende Geschäfte liegen in der Regel nicht vor, wenn sie der Beschaffung des für das Unternehmen erforderlichen Anlagevermögens dienen (Urteil des Bundesfinanzhofs I 63/60 S, a. a. O.). Dieser Fall liegt hier vor. Die erworbenen Fahrzeuge dienten als Anlagevermögen dem Betrieb eines Güterfernverkehrsunternehmens. Der verhältnismäßig rasche Verbrauch dieser Wirtschaftsgüter in einem ziemlich gleichbleibenden zeitlichen Rhythmus kann nicht dazu führen, diese Wirtschaftsgüter zum Umlaufvermögen zu rechnen. Auch zur Beschaffung von Anlagevermögen aufgenommene Schulden sind in der Regel keine Dauerschulden, wenn ihre Laufzeit unter 12 Monaten liegt. Bei einem Kredit, der in laufenden Raten getilgt wird, ist nicht die gesamte, sondern die durchschnittliche Laufzeit maßgebend (Urteil des Bundesfinanzhofs I 63/60 S, a. a. O.). Was darunter zu verstehen ist, hat der Bundesfinanzhof nicht ausdrücklich gesagt. Die Beteiligten sind sich darüber einig, daß damit das arithmetische Mittel der Reihe 1 bis 24 zu verstehen ist, d. h. 12,5. Demnach liegt die von der Rechtsprechung geforderte Voraussetzung einer Dauerschuld mit einer Laufzeit von mehr als 12 Monaten vor. Der abweichenden Berechnung der Vorinstanz, die Dauerschulden nur für die nach Ablauf von 12 Monaten verbleibenden Schuldrest angenommen hat, kann nicht gefolgt werden. Eine einheitliche, in 24 monatlichen Teilzahlungen zu tilgende Schuld darf nicht in eine die ersten 12 Monatsraten umfassende kurzfristige Schuld und in eine zweite, die folgenden 12 Monatsraten umfassende Dauerschuld aufgeteilt werden. Dieses Vorgehen läßt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt der steuerlichen Gegenüberstellung mit Kontokorrentkrediten in schwankender Höhe begründen, weil sowohl die wirtschaftlichen Voraussetzungen als auch die mit den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungsvorschriften für Dauerschulden beabsichtigten steuerlichen Auswirkungen in den beiden Fällen nicht übereinstimmen.
Die Sache geht nach Aufhebung der Vorentscheidung an das Finanzamt zur Festsetzung der Gewerbesteuermeßbeträge 1957 und 1958 im Einspruchsverfahren zurück.
Fundstellen
Haufe-Index 411719 |
BStBl III 1965, 620 |
BFHE 1966, 333 |
BFHE 83, 333 |