Leitsatz (amtlich)
Es verstößt nicht gegen das Grundgesetz, daß der Gesellschafter einer eine Bank betreibenden Personengesellschaft nach dem Tarif des Einkommensteuergesetzes, öffentliche Sparkassen dagegen mit einem Körperschaftsteuersatz von 35 v. H. besteuert werden.
Normenkette
EStG § 15 Nr. 2, § 32a; KStG § 19 Abs. 2a; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1
Tatbestand
I. Sachverhalt und Entscheidung des FG
1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist an einer Bank beteiligt, die in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft betrieben wird. In dem Einkommensteuerbescheid 1968 hat der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach dem Schlußabsatz der Einkommensteuertabelle einen Steuersatz von 53 v. H. angewandt. Gegen diesen Bescheid haben die Kläger Sprungklage erhoben. Sie wird damit begründet, der Einkommensteuerbescheid 1968 sei deshalb rechtswidrig, und zwar verfassungswidrig, weil für den Kläger als Mitunternehmer einer Bank nach dem EStG der volle Steuersatz vorgesehen sei, während sich für die Sparkassen der Körperschaftsteuersatz gemäß § 19 Abs. 2 a KStG von 51 v. H. auf 35 v. H. ermäßige.
2. Die Klage wurde abgewiesen. Das FG hielt den angefochtenen Einkommensteuerbescheid für rechtmäßig, insbesondere für verfassungsmäßig. Zur Begründung führt das FG u. a. aus, der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, der auch den Gesetzgeber binde, untersage, gleichliegende Sachverhalte, die aus der Natur der Sache und unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit klar eine gleichartige Regelung erforderten, willkürlich ungleich zu behandeln (Urteil des BVerfG vom 16. März 1955 2 BvK 1/54, BVerfGE 4, 144 [155]). An diesen Sachverhalten fehle es hier. Sparkassen würden als Körperschaften des öffentlichen Rechts nach dem KStG besteuert (§§ 1 Abs. 1 Nr. 6, 19 Abs. 2 a). Sie seien gegenüber den Banken, die in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft betrieben werden, steuerlich begünstigt. Bei dem Gewerbebetrieb, an dem der Kläger beteiligt sei, handle es sich aber um eine Personengesellschaft. Die Besteuerung dieser Gesellschaften erfolge nach dem EStG (§§ 2 Abs. 3 Nr. 2, 15 Nr. 2). Die Steuersätze des § 19 KStG seien nicht mit denen des § 32 a EStG vergleichbar (vgl. Brönner, Die Besteuerung der Gesellschaften, 10. Aufl., S. 48). Dies beruhe darauf, daß das EStG weit mehr als das KStG auf die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen Rücksicht nehme. Der Gesetzgeber habe deshalb die Besteuerung nach dem EStG und dem KStG nach verschiedenen Gesichtspunkten regeln dürfen. Er handle hierbei nicht willkürlich. Ein weiterer sachlicher Grund für die Privilegierung von Sparkassen gegenüber Banken, gleichgültig, ob sie als Personen- oder Kapitalgesellschaft betrieben werden, liege in ihrer auf das gemeine Wohl ausgerichteten Tätigkeit. Die tarifliche Privilegierung der Sparkassen nach dem Körperschaftsteuergesetz verletze die Kläger auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG. Als Ausfluß der Handlungsfreiheit schütze Art. 2 Abs. 1 GG auch die Freiheit im wirtschaftlichen Verkehr (BVerfG-Beschlüsse vom 12. November 1958 2 BvL 4, 26, 40/56, 1, 7/57, BVerfGE 8, 274, und vom 16. Mai 1961 2 BvF 1/60, BVerfGE 12, 341). Diese Freiheit sei aber nur innerhalb der Schranken der verfassungsmäßigen Ordnung verbürgt. § 32 a EStG sei Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung. Daneben sei die Privilegierung der Sparkassen nach dem KStG wegen ihrer auf das gemeine Wohl gerichteten Tätigkeit gerechtfertigt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der vom Rechtsstaatsgedanken umfaßt werde, sei nicht verletzt. Der Progressionstarif und der vom Gesetzgeber damit verfolgte Zweck stünden in einem vernünftigen Verhältnis zueinander. Den Klägern bleibe noch ein angemessener Spielraum, sich als Unternehmer wirtschaftlich zu entfalten (vgl. BVerfG-Beschluß 2 BvF 1/60).
II. Revision des Klägers
Die Revision des Klägers wird auf die Verletzung materiellen Verfassungsrechts, nämlich die Anwendung eines ermäßigten Körperschaftsteuersatzes auf öffentliche Sparkassen gemäß § 19 Abs. 2 a KStG, gestützt. Die Kläger erklären ausdrücklich, es gehe ihnen nicht darum, als natürliche Personen steuerlich privilegiert zu werden. Es gehe ihnen vielmehr darum, daß Mitunternehmer eines Bankgeschäfts nicht durch das Sparkassenprivileg diskriminiert werden, indem sie das aus dem Bank- und Sparkassengeschäft stammende Einkommen höher versteuern müssen als Sparkassen und weniger investieren könnten.
Die Kläger weisen darauf hin, daß auch auf dem Gebiet der Gewerbesteuer und der Bewertung ein Sparkassenprivileg gilt (§ 11 Abs. 4 GewStG i. d. F. des 2. StÄndG 1967; § 109 a BewG i. d. F. des 2. StÄndG 1967).
Sie haben durch weitere Prozesse diese Vergünstigungen für öffentliche Sparkassen als grundgesetzwidrig angefochten. Sie halten das gesamte, einschlägige, sich für die öffentlichen Sparkassen begünstigend, für die Banken belastend auswirkende Normensystem für verfassungswidrig.
Inzwischen ist § 11 Abs. 4 Nr. 1 GewStG 1968 durch Urteil des BFH vom 25. Juli 1973 I R 185/71 (BFHE 110, 287, BStBl II 1973, 857) und § 109 a BewG durch Urteil vom 14. Dezember 1972 III R 38/72 (BFHE 108, 388, BStBl II 1973, 374) für verfassungsmäßig erklärt worden.
Nach allgemeinen Darlegungen über den Gleichheitssatz und seine Anwendung führen die Kläger aus, das Prinzip der steuerlichen Wettbewerbsneutralität erfordere eine Gleichbehandlung von privaten Gewerbebetrieben und Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die Besteuerung müsse wettbewerbsneutral sein. Der Gesetzgeber dürfe nicht ohne sachlichen Grund durch Steuerprivilegien an eine Gruppe von Steuerpflichtigen andere Wettbewerber, die dieser Gruppe nicht angehören, diskriminieren (vgl. hierzu auch BVerfG-Entscheidung vom 6. Mai 1964 1 BvR 320/57, 70/63, BVerfGE 18, 1). Es sei heute allgemein anerkannt, daß die Sparkassen im Laufe der Zeit zu echten Wettbewerbern der Banken geworden seien. Die Sparkassen seien heute Kreditinstitute, die mit wenigen Einschränkungen alle Geschäfte von regulären Kreditbanken betrieben. Sie unterschieden sich von den privaten Kreditbanken zwar noch darin, daß das Schwergewicht ihrer Tätigkeit im langfristigen Geschäft und in den sogenannten Massengeschäften liege. Sie hätten aber den Wettbewerb mit den privaten Banken in allen Geschäftsbereichen aufgenommen und seien bemüht, vor allem in den spezifischen Bankgeschäften soweit wie möglich vorzudringen. Sie seien zum Teil auch selbst an Banken beteiligt. Als Ergebnis einer von der Sparkassenorganisation seit Jahren verfolgten und von den Kommunen unterstützten Sparkassenpolitik könnten die Sparkassen heute praktisch außer Spekulationskrediten jede Art von Krediten gewähren und mit Ausnahme der Emissionsgeschäfte alle Geschäfte einer modernen Bank betreiben. Es bestehe auch keine sonstige sachliche Rechtfertigung, den Steuersatz für Sparkassen zu ermäßigen.
Die öffentliche Sparförderung sei im wesentlichen ein Anliegen der Wirtschafts-, Währungs- und Gesellschaftspolitik geworden. Ein Körperschaftsteuerprivileg könne daraus jedenfalls nicht hergeleitet werden.
Es könne dahingestellt bleiben, ob die bloße Rechtsform den Dualismus Einkommensteuer/Körperschaftsteuer zu rechtfertigen vermöge. Hier gehe es - das verkenne das FG - gar nicht um diesen Dualismus. Die körperschaftsteuerliche Privilegierung der Sparkassen habe nichts mit dem Dualismus der Besteuerung von Körperschaften einerseits und natürlichen Personen andererseits zu tun. Die Sparkassen würden nicht deshalb privilegiert, weil sie wegen ihrer Rechtsform Körperschaftsteuersubjekte seien, nicht einmal deshalb, weil sie Anstalten des öffentlichen Rechts seien, sondern deshalb, weil sie eine bestimmte Tätigkeit ausübten. Verglichen werden miteinander können daher nur die Tätigkeit der Sparkassen einerseits und die Tätigkeit der Banken andererseits. Sie sei aber nicht im wesentlichen gleich. Der Erfolg der Klage einer durch das Sparkassenprivileg diskriminierten Bank könne folglich nicht davon abhängen, ob die Bank in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft betrieben werde oder nicht. Die Revisionskläger möchten nicht als natürliche Personen steuerlich privilegiert werden. Ihnen gehe es darum, daß Mitinhaber eines Bankgeschäfts nicht durch das Sparkassenprivileg diskriminiert würden, indem sie das - aus dem Bank- und Sparkassengeschäft stammende - Einkommen höher versteuern müßten als Sparkassen und folglich weniger investieren könnten.
Eine Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG sehen die Kläger darin, daß der Staat mit dem Sparkassenprivileg durch gesetzliche Privilegierung gegenüber ihren Konkurrenten ungleiche Startbedingungen geschaffen habe. Wirtschaftslenkung, Wirtschaftsförderung oder Wirtschaftsbeeinflussung mit steuerlichen Mitteln seien zwar nicht schlechthin ausgeschlossen. Die steuerlichen Privilegien der Sparkassen wären Bestandteil der Verfassungsmäßigen Ordnung, wenn sie formell und materiell verfassungsmäßig seien. Die Steuerprivilegien der Sparkassen seien aber - abgesehen von der Verletzung des Gleichheitssatzes - kein Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung, weil sie das Rechtsstaatsprinzip in der Ausprägung des Übermaßverbotes verletzten, und sich nicht durch überwiegende Gründe des Gemeinwohls, insbesondere des Sozialstaatsprinzips, rechtfertigen ließen, geschweige denn, geboten seien.
Entscheidungsgründe
III. Entscheidung des Senats
Die Revision ist nicht begründet.
1. Den Ausführungen der Kläger zur Anwendung des Gleichheitssatzes und ihrer Begrenzung ist zuzustimmen. Sie entsprechen der ständigen Rechtsprechung des BVerfG.
Bei der Prüfung einer gesetzlichen Vorschrift am Maßstab des Gleichheitssatzes ist zunächst von Bedeutung, daß dem Gesetzgeber bei der Regelung einer Materie grundsätzliche Gestaltungsfreiheit zukommt (BVerfG-Beschluß vom 8. Dezember 1970 1 BvR 95/68, BVerfGE 29, 327 [335]). Sein Gestaltungsermessen wird lediglich eingeschränkt durch das Gebot, weder wesentlich Gleiches willkürlich ungleich noch wesentlich Ungleiches willkürlich gleichzubehandeln. Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung oder Gleichbehandlung ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstiger einleuchtender Grund nicht zu finden ist, wenn also die Vorschrift als willkürlich bezeichnet werden muß (BVerfG-Urteil vom 23. Oktober 1951 2 BvG 1/51, BVerfGE 1, 14 [52]; seither ständige Rechtsprechung). Deshalb muß der Gesetzgeber bei der Auswahl der Sachverhalte, für die eine gesetzliche Regelung getroffen wird, sachgemäß - d. h. nach Gesichtspunkten, die sich aus der Art der zu behandelnden Lebenssachverhalte ergeben - verfahren (BVerfG-Beschlüsse vom 21. Juli 1955 1 BvL 33/51, BVerfGE 4, 219 [243]; vom 15. Dezember 1970 1 BvR 559, 571, 586/70, BVerfGE 29, 402 [411], BStBl II 1971, 39; BFH-Urteil vom 19. Juli 1972 I R 164/68, BFHE 106, 441 [447 f.], BStBl II 1972, 858). Dabei sind Abweichungen von den für eine Materie geltenden Grundregeln nicht grundsätzlich verboten; sie sind nur dann willkürlich und damit verfassungswidrig, wenn das System des Gesetzes ohne zureichenden Grund verlassen wird (BVerfG-Urteil vom 27. Januar 1965 1 BvR 213, 715/58 und 66/60, BVerfGE 18, 315 [334], mit weiteren Rechtsprechungshinweisen; BVerfG-Beschluß vom 2. Oktober 1968 1 BvF 3/65, BVerfGE 24, 174 [181], BStBl II 1968, 762, und BVerfG-Urteil vom 7. Mai 1969 2 BvL 15/67, BVerfGE 25, 371 [402]).
Die Kläger greifen das gesamte "einschlägige, sich für die öffentlichen Sparkassen begünstigend, für die Banken belastend auswirkende Normensystem" an, womit die Privilegierung auf dem Gebiet der Körperschaftsteuer, der Gewerbesteuer und der Bewertung gemeint ist. Eine solche allgemeine Prüfung des Normensystems in seiner Gesamtheit auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz ist aber nicht möglich. Die angeführten Steuervergünstigungen sind in verschiedenen Gesetzen festgelegt. Jedes dieser Gesetze regelt ein bestimmtes Gebiet in steuerlicher Hinsicht auf Grund eines ihm eigentümlichen Systems, enthält somit einen oder mehrere Lebenssachverhalte, die daraufhin zu untersuchen sind, ob ihre Regelung durch den Gesetzgeber sachgemäß, d. h. nach Gesichtspunkten, die sich nach dem System des Gesetzes und aus der Art des zu behandelnden Lebenssachverhalts ergeben, erfolgt ist. Es entspricht diesem Grundsatz, daß die drei angeführten Steuerprivilegien der öffentlichen Sparkassen in drei getrennten Prozessen behandelt werden.
Der Senat vermag daher der Ansicht der Kläger nicht zu folgen, bei der Prüfung der Vereinbarkeit der steuerlichen Privilegien der Sparkassen mit Art. 3 Abs. 1 GG dürfe nur die Tätigkeit der Sparkassen einerseits und die Tätigkeit der Banken andererseits - ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform - verglichen werden. Eine solche über die Bereiche der einzelnen Gesetze hinausgehende Prüfung steht fraglos dem Gesetzgeber zu, wenn er prüft, wie weit eine Steuerprivilegierung oder mehrere Steuerprivilegien nach den jeweiligen Wirtschaftsverhältnissen noch mit dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität vereinbar sind. Eine entsprechende Gesamtprüfung durch ein Gericht kann aber an der Tatsache, daß ein Normensystem für einen bestimmten Unternehmensbereich sich in verschiedenen Gesetzen findet, nicht unbeachtet lassen.
Entgegen der Ansicht der Kläger kann daher für den Streitfall an der Tatsache, daß die Privilegien der Sparkassen in verschiedenen Gesetzen geregelt sind und demgemäß einen völlig verschiedenen Inhalt haben, nicht vorübergegangen werden. Zwar ist nach der BVerfG-Entscheidung vom 6. Mai 1964 1 BvR 320/57, 70/63 (BVerfGE 18, 1 ff.) gegen die Steuernorm, die einen anderen begünstigt, Verfassungsbeschwerde der von der Begünstigung Ausgeschlossenen dann zulässig, wenn sie schlüssig darlegen, daß ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Begünstigten beeinträchtigt werde. (Das Urteil betrifft verfahrensrechtliche Fragen zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Organschaft im Umsatzsteuerrecht). Die Verfassungsrügen der Kläger sind daher nicht von vornherein unzulässig, weil sie ausdrücklich erklären, eine dem Sparkassenprivileg vergleichbare einkommensteuerliche Begünstigung nicht anzustreben. Entgegen ihrer Ansicht ist aber das, was sie als "Dualismus Einkommensteuer/Körperschaftsteuer" bezeichnen, nämlich die Regelung der Besteuerung der natürlichen Personen im EStG einerseits und die Besteuerung der juristischen Personen und anderer in § 1 KStG aufgeführten Körperschaften im KStG andererseits, nicht unerheblich, sondern entscheidend. Das EStG einerseits und das KStG andererseits regeln so verschiedenartige Lebenssachverhalte, daß der Gesetzgeber nicht willkürlich handelte, wenn er sie in wesentlichen Punkten unterschiedlich regelte. Dabei kommt es entgegen der Ansicht der Kläger nicht auf die Regelung in verschiedenen Gesetzen an. Es mag sein, daß eine Regelung der Besteuerung der natürlichen Personen und der Körperschaften in einem einzigen Gesetz technisch möglich wäre. Eine weitgehende Verzahnung besteht ja schon nach geltendem Recht in § 6 Abs. 1 KStG. Entscheidend ist vielmehr, daß auch bei Regelung in einem einzigen Gesetz die Verschiedenheit der zu behandelnden Gruppen (natürliche Personen und Körperschaften) beachtet werden müßte, wollte der Gesetzgeber nicht in unzulässiger Weise Ungleiches gleichbehandeln.
Das gilt nicht zuletzt für das hier allein zu entscheidende Gebiet der Steuertarife. Hier sind die Gegebenheiten bei natürlichen Personen einerseits und bei Körperschaften andererseits grundverschieden; es liegen unterschiedliche Sachverhalte vor, deren Gleichhehandlung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen würde. Das EStG hat einen durchgehenden Progressionstarif (mit einer vorgeschalteten und einer die Spitzeneinkommen erfassenden Proportionalstufe), für den nur durch das Ehegatten-Splitting Besonderheiten gelten. Das KStG weist dagegen in § 19 eine Vielzahl von Steuersätzen auf, die teilweise in festen Steuersätzen, teilweise in Staffelsätzen bestehen. In § 19 Abs. 2 a bis c KStG sind Sondertarife für verschiedene Arten von Kreditinstituten enthalten. Diese Sachlage zeigt klar, daß es sich bei der Besteuerung der natürlichen Personen und der Körperschaften um zwei wesentlich verschiedene Lebensbereiche handelt.
Dabei darf nicht übersehen werden, daß die Verschiedenheit der Besteuerungssysteme für Personengesellschaften einerseits und Körperschaften andererseits einem solchen Vergleich noch zusätzlich entgegensteht. Nach geltendem Einkommensteuerrecht wird der Gewinn einer Personengesellschaft nicht bei dieser erfaßt; er wird vielmehr gemäß § 215 Abs. 2 AO lediglich einheitlich festgestellt; einkommensteuerlich erfaßt werden gemäß § 15 Nr. 2 EStG die Gewinne der einzelnen Gesellschafter. Die Körperschaft ist dagegen als solche Steuersubjekt; bei der Gewinnermittlung werden lediglich in bestimmten Fällen bestimmte Arten von Einkünften tariflich besonders behandelt (vgl. im einzelnen § 19 Abs. 2, 2 b, 2 c KStG). Diese Rechtsgestaltung hat zur Folge, daß bei Körperschaften, die einem einheitlichen Steuersatz unterliegen - wie etwa öffentliche Sparkassen -, die Höhe der Belastung mit Körperschaftsteuer sich allein nach der Höhe der Gewinne richtet. Bei Kapitalgesellschaften ist nach § 19 Abs. 1 KStG die Körperschaftsteuerbelastung außer von der Höhe der Gewinne auch von der Höhe der berücksichtigungsfähigen Ausschüttungen abhängig. Die Belastung der Gewinne von Personengesellschaften durch die Einkommensteuer ihrer Gesellschafter ist dagegen außer von der Höhe der Einkommen der einzelnen Gesellschaften (Gesellschafter) unter Berücksichtigung anderer Einkünfte, u. U. auch von Verlustabzügen nach § 10 d EStG, auch von der Zahl der Gesellschafter abhängig. Ist der Gewinn der Gesellschaft hoch und die Zahl der Gesellschafter gering - wie im Streitfall -, so ergibt sich nach dem Einkommensteuertarif ein hoher Steuersatz (u. U. der Spitzensteuersatz). Ist dagegen der Gewinn niedrig und die Zahl der Gesellschafter groß, so ergibt sich eine Einkommensteuerbelastung der Gesellschafter durch die Einkommensteuern aus dem Gewinn ihrer Gesellschaft, die u. U. wesentlich geringer ist und (auf den Streitfall bezogen) u. U. wesentlich unter dem für öffentliche Sparkassen geltenden einheitlichen Körperschaftsteuersatz liegt.
Wie diese Ausführungen zeigen, sind die Besteuerung der natürlichen Personen einerseits und der Körperschaften andererseits so verschiedenartige Lebenssachverhalte, daß es nicht sachfremd und willkürlich ist, wenn der Gesetzgeber die Besteuerung der natürlichen Personen einerseits und der Körperschaften andererseits in wesentlichen Punkten verschieden regelte. Er handelte damit nur nach dem sich gleichfalls aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Gebot, Ungleiches ungleich zu behandeln.
Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, ist das Sparkassenprivileg als Privileg nur im Rahmen des Systems des Körperschaftsteuergesetzes erkennbar, wobei auch hier Einschränkungen gemacht werden müssen. Gegenüber der Belastung natürlicher Personen, die ein Bankgeschäft betreiben, kann der günstigere Körperschaftsteuersatz der öffentlichen Sparkassen u. U. noch höher sein als der für die natürlichen Personen geltende Einkommensteuersatz.
Der "Dualismus Einkommensteuer/Körperschaftsteuer" kann also nicht beiseite geschoben und zugunsten eines Vergleichs der Belastung der Angehörigen eines bestimmten Wirtschaftszweigs (Kreditinstitute) losgelöst von ihrer Rechtsform vernachlässigt werden.
Der Rechtszustand ist also grundlegend anders als in den beiden anderen Fällen, in denen die Kläger die Sonderbehandlung der öffentlichen Sparkassen angegriffen haben (Gewerbesteuer und Bewertung; vgl. BFH-Urteile I R 185/71 und III R 38/72). In beiden Fällen waren Sonderbehandlungen innerhalb e i n e s Gesetzes zu untersuchen und zu prüfen, ob sich die Privilegierung im System dieses einen Gesetzes hält. Im Streitfall wird dagegen die Prüfung der Auswirkung der Sonderbehandlung in einem Gesetz (Körperschaftsteuergesetz) auf Personen, die einem anderen Gesetz unterstehen, begehrt. Das ist aus den dargelegten Gründen nach Auffassung des Senats nicht möglich. Es geht nicht an, aus zwei Rechtsgebieten, die zu Recht ungleich behandelt sind, einen unter ein Gesetz fallenden Normaltatbestand (Einkommensbesteuerung des Gesellschafters einer KG) mit einem in einem anderen Gesetz statuierten Sondertatbestand (Körperschaftsteuerprivileg der Sparkassen) unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG nur deshalb zu vergleichen, weil beide Unternehmen (bzw. im ersten Fall das Unternehmen, an dem der Steuerpflichtige beteiligt ist) Kreditinstitute sind. Das wäre kein für die Prüfung unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG geeignetes "Vergleichspaar".
Da ein Vergleich der verschiedenen Rechtsgebiete, die durch das EStG und das KStG jeweils verschieden und zu Recht verschieden geregelt sind, aus dem dargelegten Grunde nicht möglich ist, braucht auf die Frage, wie weit innerhalb des KStG und seines Systems nach den im Streitjahr gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen eine Begünstigung der öffentlichen Sparkassen sachgemäß ist, nicht eingegangen zu werden.
2. Eine Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG liegt gleichfalls nicht vor. Art. 2 Abs. 1 GG schützt die Freiheit der Persönlichkeitsentfaltung. Diese Freiheit umfaßt den grundrechtlichen Anspruch, durch die Staatsgewalt nicht mit einem Nachteil belastet zu werden, der nicht in der verfassungsmäßigen Ordnung begründet ist. Die freie Gestaltung der Lebensführung setzt die Freiheit von unberechtigten Eingriffen der Staatsgewalt voraus (BVerfG-Beschluß vom 8. Januar 1959 1 BvR 425/52, BVerfGE 9, 83 [88]). Daher darf ein Bürger nur auf Grund solcher Vorschriften zur Steuer herangezogen werden, die formell und materiell der Verfassung gemäß sind und deshalb zur verfassungsmäßigen Ordnung gehören (BVerfG-Beschlüsse vom 13. Dezember 1966 1 BvR 512/65, BVerfGE 21, 1 [3], BStBl III 1967, 106 [107]; vom 15. Dezember 1970 1 BvR 559, 571, 586/70, BVerfGE 29, 402 [408], BStBl II 1971, 39 [41]).
Die von den Klägern beanstandete Regelung ist formell und materiell verfassungskonform. Sie enthält insbesondere keinen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip, das den einzelnen vor unnötigen Eingriffen der öffentlichen Gewalt schützt. Der Begründung des FG in diesem Punkt ist im wesentlichen zuzustimmen.
Die Kläger beanstanden den sich für sie aus dieser Gesamtregelung ergebenden Eingriff als solchen nicht. Sie glauben nur dadurch i. S. des Art. 2 Abs. 1 GG verletzt zu sein, weil eine bestimmte Gruppe von Konkurrenzunternehmen nach ihrer Ansicht zu Unrecht geringer belastet wird. Wie unter III. 1. dargelegt, ist dieser Ausgangspunkt schon fragwürdig. Je nach den bei einer in Form einer Personengesellschaft betriebenen Bank gegebenen Verhältnissen kann die Belastung des Unternehmens durch die Summe der Einkommensteuern seiner Gesellschafter höher, aber auch niedriger sein als die Belastung einer dem Geschäftsumfang nach vergleichbaren öffentlichen Sparkasse. Das kann von Jahr zu Jahr wechseln. Man wird aber kaum sagen können, daß sich hieraus ergebe, die Freiheit der Persönlichkeitsentfaltung würde wechselnd in verschiedenen Jahren beeinträchtigt oder nicht.
Aber selbst wenn man davon ausgeht, daß die Sparkassen durch Körperschaftsteuer insgesamt in der Regel geringer belastet werden als die Gesellschafter von Privatbanken, dürfte sich die Mehrbelastung doch in einer vertretbaren Größenordnung bewegen, jedenfalls nicht gegen die freie unternehmerische Entfaltung der Gesellschafter von Privatbanken verstoßen. Die Höhe des vom klagenden Ehemann im Streitjahr aus dem fraglichen Bankunternehmen erzielten Gewinns zeigt, daß das jedenfalls für ihn zutreffen dürfte.
Fundstellen
Haufe-Index 71465 |
BStBl II 1975, 666 |
BFHE 1975, 458 |