Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamer InvZul-Antrag erfordert genaue Bezeichnung der Wirtschaftsgüter innerhalb der Antragsfrist; Vorbehalt der Nachprüfung verhindert grundsätzlich die Entstehung eines Vertrauensschutzes
Leitsatz (amtlich)
1. Setzt das FA die Investitionszulage lediglich abweichend vom Antrag des Anspruchsberechtigten in geringerer Höhe fest, so ist statthafte Klageart für ein auf die antragsgemäße Festsetzung gerichtetes Klagebegehren die Anfechtungsklage in der Form der Abänderungsklage (ständige Rechtsprechung, zuletzt Urteil des erkennenden Senats vom 20. Dezember 2000 III R 17/97, BFH/NV 2001, 914, m.w.N.).
2. Ein wirksamer Investitionszulagenantrag setzt in formeller Hinsicht u.a. voraus, dass innerhalb der ―für das Streitjahr geltenden― Antragsfrist die einzelnen Wirtschaftsgüter so genau bezeichnet worden sind, dass der für die Prüfung des Antrags und für die Festsetzung der Zulage zuständige Bedienstete mit Ablauf der Antragsfrist klar und eindeutig erkennen kann, für welche konkreten Wirtschaftsgüter die Zulage begehrt wird.
3. Eine unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehende Festsetzung der Investitionszulage verhindert grundsätzlich die Entstehung eines Vertrauensschutzes. Die Finanzbehörde ist an einer Änderung einer solchen Vorbehaltsfestsetzung auch nicht ausnahmsweise nach Treu und Glauben allein deswegen gehindert, weil das FA bei einer für zwei vorangegangene Wirtschaftsjahre durchgeführten Investitionszulagen-Sonderprüfung formelle Mängel der für diese Jahre gestellten Anträge nicht beanstandet hatte.
Normenkette
AO 1977 § 110 Abs. 1-3, § 164 Abs. 1-2; FGO § 40 Abs. 1 Alt. 2; InvZulG 1991 § 2 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 3 S. 2, § 7 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
FG Berlin (EFG 1999, 1198) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin der X AG (AG I) mit Sitz in …, die ihr Vermögen aufgrund des Verschmelzungsvertrages vom 26. Oktober 1993 zum 1. Juli 1993 auf die Klägerin übertragen hat.
Die AG I bilanzierte für das erste Halbjahr 1991 für ein Rumpfwirtschaftsjahr und stellte zum 1. Juli 1991 auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr um. Die AG I beantragte unter Mitwirkung der jetzigen Prozessvertreter mit Investitionszulagenantrag vom 27. September 1993, der am 28. September 1993 beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt ―FA―) einging, für das Wirtschaftsjahr 1991/92 Investitionszulage in Höhe von 7 454 817,84 DM auf Anschaffungskosten von 71 034 492,46 DM. Unter der laufenden Nr. 4 (Komplex 4) des Antrages wird u.a. für "Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung" eine Investitionszulage in Höhe von 12 v.H. beantragt. Zum Tag der Anschaffung der einzelnen Wirtschaftsgüter verwies die Rechtsvorgängerin auf eine dem Antrag beigefügte Anlage. Der Antrag enthält außerdem auf S. 3 den Zusatz: "Die Aufteilung nach einzelnen Wirtschaftsgütern ist den beigefügten Tabellen sowie den dazu gehörigen Anlagen zu entnehmen."
Die Anlage zum Komplex 4 enthält u.a. folgende Positionen:
lfd. Nummer |
Monat/Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung |
Bezeichnung des Wirtschaftsgutes (Vorhaben-Nr.) |
Bemessungs- Grundlage (DM) |
9 |
s. Anlage |
Diverse Hardware (s. Anlage 3) (228 104) |
44 929,65 DM |
10 |
s. Anlage |
Diverse Hardware (s. Anlage 4) (228 002) |
933 541,70 DM |
12 |
s. Anlage |
Diverse Hardware (s. Anlage 5) (228 104) |
230 540,50 DM |
28 |
s. Anlage |
Diverse Hardware (Anlage 10) (128 100) |
793 518,92 DM |
Anlage 3 enthält zwei Vorhaben-Nummern, drei Rechnungs-Nummern, das nach Monat und Jahr bestimmte Anschaffungsdatum sowie drei Bemessungsgrundlagen. In gleicher Weise ist in Anlage 4, Anlage 5 und in Anlage 10 verfahren worden. Einzelne Wirtschaftsgüter sind den eingereichten Unterlagen nicht zu entnehmen.
Für das Kalenderjahr 1990 und das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. Januar bis 30. Juni 1991 wurden lt. Betriebsprüfungsbericht (Ziff. 5) Sonderprüfungen durchgeführt; die Investitionszulage wurde gemäß § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) vorläufig festgesetzt. Für das Wirtschaftsjahr 1991/92 setzte das FA die Investitionszulage vorab unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und mit Änderungsbescheid vom 22. Februar 1994 unter Vornahme eines Abschlages von 5 v.H. bis zum Abschluss der Investitionszulagen-Sonderprüfung auf 7 082 079 DM fest.
Die für die Jahre 1990 bis 1993 ―auch für die Investitionszulage 1990 bis 1993― bei der Klägerin durchgeführte Außenprüfung beanstandete (vgl. Tz. 16 des Betriebsprüfungsberichts) u.a., mit der Angabe "diverse Hardware" in den Anlagen zum Investitionszulagenantrag für 1991/1992 würden die einzelnen Wirtschaftsgüter, für die eine Zulage beantragt worden sei, nicht bezeichnet; es werde lediglich auf die Rechnungs-Nummer und die Bemessungsgrundlage hingewiesen. Damit seien die formellen Voraussetzungen für die Gewährung einer Investitionszulage nicht erfüllt. Zudem stellten auch die einzelnen Rechnungen nur Sammelrechnungen dar, die diverse, nach Art oder Preis unterschiedliche Wirtschaftsgüter enthielten. Das FA berücksichtigte daraufhin die vorgenommenen Aufwendungen für diese Investitionen nicht und setzte die Investitionszulage ―wegen hier nicht streitiger Teilherstellungskosten teilweise vorläufig― mit Bescheid vom 29. November 1995 abweichend vom Investionszulagenantrag nur auf 6 328 433 DM fest.
Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage im Wesentlichen mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 1198 veröffentlichtem Urteil statt.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 6 Abs. 3 Satz 2 des Investitionszulagengesetzes ―InvZulG― 1991).
Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 InvZulG 1991 müssten die Investitionen im Zulagenantrag so genau bezeichnet werden, dass ihre Feststellung bei einer Nachprüfung möglich sei. Dies bedeute, dass für den Sachbearbeiter ohne weitere Nachforschungen erkennbar sein müsse, um welche Art von Einzelwirtschaftsgütern mit welchem Einzelpreis es sich handele. Indes seien die Wirtschaftsgüter in dem Zulagenantrag der Rechtsvorgängerin der Klägerin weder in einer Weise bezeichnet worden, dass sie individualisiert hätten werden können, noch sei die Stückzahl angegeben.
§ 6 Abs. 3 Satz 2 InvZulG 1991 unterscheide hinsichtlich der genauen Bezeichnung der einzelnen Wirtschaftsgüter auch nicht zwischen Großinvestitionen und Investitionen im geringen Umfang. Eine solche Differenzierung würde zudem gegen das Gebot der rechtlichen Gleichbehandlung verstoßen. Selbst bei Großinvestitionen könnten bloße Sammelbezeichnungen, unter denen verschiedenartige Wirtschaftsgüter zusammengefasst würden, nicht genügen, ebenso wenig die Angabe des Monats der Anschaffung und eine Belegnummer, unter der die angeschaffte Gruppe von Wirtschaftsgütern buchmäßig erfasst werde, so dass Anzahl, Art und Preis der Wirtschaftsgüter ggf. bei einer Nachprüfung ermittelt werden könnten. Auf eine derartige Prüfung bestehe überdies kein rechtlicher Anspruch.
Das FG meine zu Unrecht, unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Betriebes der Rechtsvorgängerin der Klägerin genüge die Bezeichnung den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Anforderungen. Indes seien die Wirtschaftsgüter ohne Mithilfe des beantragenden Betriebes nicht einmal bestimmbar; die ersten drei Ziffern der Rechnungsnummer der dem FG vorgelegten beiden Rechnungen zur Anlage 4 des Komplexes 4 und diejenigen auf den Belegen seien nämlich nicht identisch.
Im Streitfall sei auch kein Vertrauensschutz aufgrund besonderer Umstände gerechtfertigt. Der Zulagenantrag sei von einem mit dem formellen Zulagenrecht vertrauten Steuerberater vorbereitet worden. Es gehe auch nicht, wie in dem vom FG angezogenen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Februar 1996 III R 126/93 (BFHE 180, 480, BStBl II 1996, 542) um eine abweichende Verkehrsanschauung in den neuen Bundesländern. Das Erfordernis der genauen Bezeichnung werde vielmehr ausdrücklich gesetzlich geregelt.
Da der Zulagenantrag erst am 28. September 1993 eingegangen sei, habe das FA keine Möglichkeit mehr gehabt, die Klägerin zu einer Nachbesserung innerhalb der Antragsfrist aufzufordern.
Zu keinem Zeitpunkt habe ein Prüfer oder das FA die Angaben in den früheren Anträgen in formeller Hinsicht ausdrücklich gebilligt.
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Das FG hat zu Unrecht der als Verpflichtungsklage behandelten Klage durch Bescheidungsurteil stattgegeben. Der Zulagenantrag für das Wirtschaftsjahr 1991/92 entspricht weder den durch die Rechtsprechung konkretisierten gesetzlichen Anforderungen an die Bezeichnung des einzelnen Wirtschaftsguts nach § 6 Abs. 3 Satz 2 InvZulG 1991 noch rechtfertigen die vom FG angeführten Umstände, aus Gründen des Vertrauensschutzes von diesen gesetzlichen formellen Anforderungen im Streitfall abzuweichen.
1. Das FG hat abweichend vom klägerischen Antrag (vgl. Klageschrift vom 9. Juli 1996 und Sitzungsniederschrift vom 4. November 1998) sowie entgegen der ständigen Rechtsprechung des BFH das Anfechtungsbegehren zu Unrecht als Verpflichtungsklage ausgelegt.
Trifft das FA ―wie im Streitfall― eine Sachentscheidung und setzt die Investitionszulage abweichend vom Antrag in geringerer Höhe fest, so hat das FG gemäß § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO grundsätzlich die Investitionszulage selbst festzusetzen, wenn es die Anspruchsvoraussetzungen als gegeben ansieht. Statthafte Klageart ist für ein solches Klagebegehren die Anfechtungsklage in der Form der Abänderungsklage, die gegenüber der Verpflichtungsklage vorrangig ist (vgl. Senatsurteil vom 20. Dezember 2000 III R 17/97, BFH/NV 2001, 914, unter 2. der Gründe, m.w.N.).
2. a) Nach § 2 Satz 1 InvZulG 1991 sind begünstigte Investitionen ―unter weiteren hier nicht streitigen Voraussetzungen― die Anschaffung oder Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens.
Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 InvZulG 1991 sind in dem Antrag auf Gewährung von Investitionszulage die einzelnen Investitionen, für die eine Investitionszulage beansprucht wird, innerhalb der Antragsfrist nach § 6 Abs. 1 InvZulG 1991 so genau zu bezeichnen, dass ihre Feststellung bei einer Nachprüfung möglich ist.
Gegenstand der Förderung nach den ab 1979 geltenden Neufassungen der InvZulG ist nicht (mehr) das Investitionsvorhaben als solches, sondern das einzelne Wirtschaftsgut (Senatsurteil vom 14. Juli 1989 III R 54/84, BFHE 158, 273, BStBl II 1989, 1024). § 2 Satz 1 InvZulG 1991 definiert die begünstigte Investition als Anschaffung und Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Deshalb müssen auch die einzelnen begünstigten Wirtschaftsgüter hinreichend individualisiert sein. Die unmittelbare konkrete Bezeichnung im Antrag selbst ist allerdings dann entbehrlich, wenn sie in eindeutiger und nachprüfbarer Art aus gleichfalls innerhalb der Antragsfrist beigefügten Unterlagen, wie z.B. Rechnungen, ersichtlich ist.
Für die mit der Prüfung des Antrags befassten Beamten müssen bei Fristablauf die Wirtschaftsgüter, für welche die Zulagenbegünstigung in Anspruch genommen wird, klar erkennbar sein. Bei einer eventuell vorzunehmenden Überprüfung anhand der eingereichten Belege oder anlässlich einer Besichtigung der angeschafften Wirtschaftsgüter muss feststehen, dass die in den Belegen ausgewiesenen Gegenstände mit denjenigen identisch sind, für die eine Investitionszulage beantragt wird. Der Antragsteller soll durch die genaue Bezeichnung der Maßnahme das seinerseits Erforderliche und Mögliche zur zügigen Abwicklung des Verfahrens beitragen, insbesondere soll eine eventuelle doppelte Erfassung bzw. ein Auswechseln der Wirtschaftsgüter verhindert werden. Ebenso muss feststellbar sein, ob es sich um im maßgebenden Kalenderjahr angeschaffte Wirtschaftsgüter handelt.
Die Rechtsprechung hat dementsprechend als hinreichende Individualisierung der begünstigten Investitionen bloße Gattungsbezeichnungen nicht genügen lassen. Welche Anforderungen an die "Bezeichnung" konkret zu stellen sind, kann im Übrigen nur anhand der tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalles entschieden werden (vgl. grundsätzlich BFH-Urteil vom 7. November 2000 III R 7/97, BFHE 193, 219, BStBl II 2001, 200, unter II. 1. a der Gründe, m.umf.N.).
Bei der Auslegung des § 6 Abs. 3 Satz 2 InvZulG 1991 ist auch zu beachten, dass die für das Streitjahr noch bestehende Antragsfrist als Ausschlussfrist im Ergebnis leer liefe, wenn die Wirtschaftsgüter nicht bereits für den mit der Festsetzung der Investitionszulage befassten Beamten hinreichend individualisiert wären (vgl. auch BFH-Urteil vom 27. November 1981 III R 2/79, nicht veröffentlicht ―juris―; ferner bereits Hauter, Der Betrieb ―DB― 1978, 812). Der Beamte muss, selbst wenn regelmäßig die Investitionszulage unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird, anhand der fristgerecht eingereichten Erklärung und der ihr beigefügten Unterlagen erkennen können, für welche konkreten einzelnen Wirtschaftsgüter Investitionszulage begehrt wird und ob insoweit die materiell-rechtlichen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sein können, z.B. ob eine Zulagengewährung für ein geringwertiges Wirtschaftsgut ausgeschlossen ist (BFH-Urteil in BFHE 193, 219, BStBl II 2001, 200; BFH-Beschluss vom 19. Februar 1998 III B 65/97, BFH/NV 1998, 1249).
Schließlich ist die Antragsfrist, die ursprünglich bereits am 31. März des Folgejahres ablief, von 1979 an bis zum 30. September des Folgejahres verlängert worden (vgl. Dankmeyer in Blümich, Einkommensteuergesetz und Ertragsteuerliche Nebengesetze, § 5 InvZulG 1986 Rz. 17), um den zeitlichen Druck zu mildern, der bei Großinvestitionen bei der Beschaffung der Belege und der Zusammenstellung der einzelnen Wirtschaftsgüter entstehen kann (vgl. bereits zu diesem Anliegen Hauter, DB 1978, 812, 813).
b) Ausgehend von diesem Maßstab hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin die Wirtschaftsgüter in ihrem Investitionszulagenantrag für das Wirtschaftsjahr 1991/92 nicht hinreichend bestimmt.
Soweit die Wirtschaftsgüter im Antrag unter der laufenden Nr. 4 mit "andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung" umschrieben sind, liegt eine allgemein gehaltene Gattungsbezeichnung vor. Das trifft in gleicher Weise für die in der Anlage zum Komplex 4 unter den Positionen 9, 10, 12 und 28 gemachten Angaben "diverse Hardware" zu. Auch nach Auffassung des FG sind unter "Hardware" unterschiedliche Wirtschaftsgüter zu verstehen (gl. A. Selder in Blümich, Einkommensteuergesetz, § 2 InvZulG 1996 Rz. 21; Zitzmann, Zulagen für Investitionen in den neuen Bundesländern, 5. Aufl., Rz. 61).
Den Unteranlagen 3, 4, 5 und 10 konnte der für die Festsetzung der Investitionszulage zuständige Beamte nur Rechnungsnummern, Anschaffungsdaten nach Monat und Jahr sowie zusammengefasste Bemessungsgrundlagen entnehmen. Irgendwelche Erkenntnisse hinsichtlich einzelner begünstigter Wirtschaftsgüter ließen sich aus diesen abstrakten Angaben gleichfalls nicht gewinnen.
Das Zulagenrecht ist entsprechend seinem Sinn und Zweck, durch eine zügige Bearbeitung und Auszahlung der Investitionszulage die angestrebten wirtschaftlichen Impulse zeitnah zu bewirken, auch im formellen Bereich darauf angelegt, dass der Innendienst ohne aufwendige Ermittlungen und Nachforschungen bereits unmittelbar anhand des Antrags und der fristgerecht eingereichten Anlagen die Berechtigung der Zulage erkennen und rasch sowie ggf. abschließend darüber entscheiden kann (vgl. BFH-Urteil vom 4. August 1999 III R 60/97, BFHE 189, 268, BStBl II 1999, 791, unter II. 1. a der Gründe, m.w.N.; ferner Stuhrmann in Blümich, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl., § 5 InvZulG 1999 Rz. 9; Jasper/Sönksen, Investitionsförderung in den neuen Bundesländern, § 6 InvZulG Rz. 32 und 33).
Zu Recht hat das FA ferner anhand der vom FG beispielhaft angeführten zwei Rechnungen darauf hingewiesen, dass die in den Unteranlagen angegebenen Rechnungsnummern und die auf den betreffenden Rechnungen enthaltenen Nummern nicht identisch sind. Letztlich kommt es darauf aber nicht an; weil diese Rechnungen dem Investitionszulagenantrag nicht beigefügt worden waren.
c) Soweit die Klägerin meint, das FA sei gehalten gewesen, sie zu einer entsprechenden Ergänzung und Konkretisierung ihres Investitionszulagenantrags zu veranlassen, braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen eine derartige Verpflichtung der Finanzbehörde überhaupt bestehen könnte.
Im Streitfall ist der ausweislich der Bemessungsgrundlage von rd. 71 Mio. DM und der beigefügten Anlagen umfangreiche Antrag erst am 28. September 1993 beim FA eingegangen. Erfahrungsgemäß häufen sich gerade kurz vor Ablauf der Antragsfrist die Anträge, so dass von dem beklagten FA nicht erwartet werden konnte, innerhalb von nur zwei Tagen alle eingegangenen Anträge auf ihre formelle Ordnungsmäßigkeit hin zu überprüfen, um eventuell entdeckte Fehler durch die Antragstellerin noch fristgerecht beheben zu lassen (vgl. auch BFH-Urteile vom 30. März 1979 III R 8/77, BFHE 127, 486, BStBl II 1979, 450, unter 3. der Gründe; vom 16. Juli 1997 III R 266/94, BFHE 184, 142, BStBl II 1998, 31, unter II. 1. der Gründe). Dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 28. August 1991 (BStBl I 1991, 768) lässt sich ebenfalls keine weiter gehende Verpflichtung entnehmen. Nach Tz. 80 dieses Schreibens kann die Bezeichnung von im Antrag nicht aufgeführten Wirtschaftsgütern nur innerhalb der Antragsfrist nachgeholt werden. Lediglich die weiteren Anspruchsvoraussetzungen ―also außer der erforderlichen konkreten Bezeichnung der einzelnen Wirtschaftsgüter― können nach Tz. 81 dieses Schreibens unter bestimmten verfahrensrechtlichen Voraussetzungen noch nach Ablauf der Antragsfrist nachgeholt, ergänzt oder berichtigt werden.
Damit ist entgegen der Behauptung der Klägerin auch nach Auffassung der Verwaltung in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Anforderungen die hinreichend bestimmte Bezeichnung einzelner Wirtschaftsgüter innerhalb der Antragsfrist, für welche die Investitionszulage beantragt wird, für eine wirksame Antragstellung unentbehrlich (vgl. auch BFH-Urteil vom 14. Juli 1989 III R 157/84, BFH/NV 1990, 194, m.w.N.).
3. Zu Unrecht ist das FG der Auffassung, es sei auch die Verfahrensweise des beklagten FA in den dem Streitjahr vorangegangenen beiden Wirtschaftsjahren zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen.
a) Das FG hat sich bereits nicht mit der Frage auseinander gesetzt, ob das FA bei einer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Investitionszulagenfestsetzung überhaupt gehindert ist, im Zuge einer Änderung nach § 164 Abs. 2 AO 1977 zur Zeit der Vorbehaltsfestsetzung schon bekannte oder zumindest erkennbare Umstände später noch zu Lasten des Anspruchsberechtigten zu berücksichtigen (verneinend ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, BFH-Urteile vom 15. Dezember 1992 VIII R 52/91, BFH/NV 1993, 684, 685; vom 14. September 1994 I R 125/93, BFH/NV 1995, 369, 370, m.umf.N.; vom 28. April 1998 IX R 24/94, BFH/NV 1998, 1192, 1193). Der Vorbehalt der Nachprüfung verhindert insoweit die Entstehung eines Vertrauensschutzes (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 164 AO 1977 Tz. 30).
In dem vom FG zwar angeführten, jedoch im Streitfall für nicht anwendbar gehaltenen Urteil des BFH in BFHE 127, 486, BStBl II 1979, 450 (unter 3. der Gründe zu § 19 Abs. 3 und 4 des Berlinförderungsgesetzes) hat der erkennende Senat die Anwendbarkeit des Grundsatzes von Treu und Glauben verneint und das FA für berechtigt angesehen, die Einhaltung der Verfahrensvorschriften bei jedem Antrag erneut zu prüfen. Ein früheres entgegengesetztes Verhalten des FA könne allenfalls Bindungswirkung für die Vergangenheit, nicht jedoch für die Zukunft auslösen. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hält ―für die vergleichbare Rechtslage bei der Abschnittsbesteuerung― eine Bindung der Finanzbehörde an eine Sachbehandlung in den Vorjahren für nicht gegeben, sofern die Finanzbehörde sich für die Folgejahre nicht durch konkrete Zusicherungen gebunden hat. Selbst dem Umstand, dass in jenem Fall im Betriebsprüfungsbericht zunächst an der bislang vertretenen Auffassung festgehalten worden war, maß das BVerfG keine Bedeutung bei (Beschluss vom 28. Juni 1993 1 BvR 1346/89, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ―HFR― 1993, 544).
b) Zwar hat nach den nicht angegriffenen Feststellungen des FG das FA die Bezeichnung "Hardware" in den beiden Zulagenanträgen der Vorjahre rechtlich nicht beanstandet. Indes ist weder von der Klägerin behauptet noch vom FG festgestellt worden, dass das FA eine derartige Bezeichnung als eine hinreichende Bezeichnung zulagenbegünstigter Wirtschaftsgüter anerkannt, geschweige denn für die Zukunft insoweit irgendwelche vertrauensbegründenden Erklärungen abgegeben hätte (vgl. zum Ganzen auch Tipke/Kruse, a.a.O., § 4 AO 1977 Tz. 59 und 59 b und c, jeweils m.w.N.).
c) Ebenso wenig rechtfertigt der vom FG bemühte Aspekt einer milderen Behandlung von Unternehmen mit Sitz in den neuen Bundesländern einen zumindest übergangsweise noch für das Streitjahr zu bejahenden Vertrauensschutz bei Nichtbeachtung gesetzlich geregelter formeller Voraussetzungen. Zutreffend hat das FA auch darauf hingewiesen, dass bei der Erstellung des Investitionszulagenantrags die jetzigen Prozessvertreter bereits mitgewirkt haben.
d) Der Senat braucht der weiteren Frage nicht näher nachzugehen, ob unter den vom FG angeführten Umständen eventuell eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Irrtums über die Form der Fristwahrung in Betracht gekommen wäre (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 158, 273, BStBl II 1989, 1024, unter 2. a der Gründe, m.w.N.; ferner zur Berücksichtigung von nach Treu und Glauben anzuerkennendem schützenswerten Vertrauen im Rahmen des Verschuldens BFH-Urteil vom 14. September 1999 III R 78/97, BFHE 189, 273, BStBl II 2000, 37, unter 2. b der Gründe, m.w.N.).
Weder hat die Klägerin einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt noch könnte ein solcher Antrag (vgl. § 110 Abs. 3 AO 1977 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1991) nachgeholt werden. Vor allem hat sie bis heute die erforderliche Rechtshandlung, nämlich die hinreichend konkretisierte Bezeichnung bestimmter Wirtschaftsgüter, nicht nachgeholt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. Dezember 1998 III R 101/96, BFH/NV 1999, 967, unter 6. der Gründe).
4. Das finanzgerichtliche Urteil ist danach aufzuheben. Die Sache ist spruchreif (vgl. § 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO); die Klage ist mangels hinreichender Bezeichnung der Wirtschaftsgüter i.S. von § 6 Abs. 3 Satz 2 InvZulG 1991 abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 738383 |
BFH/NV 2002, 999 |
BStBl II 2002, 547 |
BFHE 198, 184 |
BB 2002, 1191 |
DB 2002, 1197 |
DStRE 2002, 833 |
HFR 2002, 634 |
WPg 2002, 869 |
FR 2002, 952 |
NWB 2002, 1761 |
BuW 2003, 195 |
EStB 2002, 262 |
VIZ 2002, 544 |
AO-StB 2002, 214 |
RdW 2002, 557 |
stak 2002, 0 |